Episode 168: Monster’s Ball – Poverty Porn oder bewegendes Drama?
In unserer aktuellen Episode widmen wir uns (wieder einmal) einem großen Drama um die Jahrtausendwende. Monster’s Ball von Marc Forster aus dem Jahr 2001, mit der Oscar prämierten Halle Berry. Wir feiern aber nicht nur die herausragende Leistung der Hauptdarstellerin, sondern schauen durchaus auch kritisch auf diesen Film, der eine Tragödie vom äußersten Rand der amerikanischen Gesellschaft erzählt und dabei auch vor viel Sentimentalität nicht zurückschreckt.
: Podcast: Der mussmansehen Podcast - Filmbesprechungen Episode: Episode 168: Monster’s Ball – Poverty Porn oder bewegendes Drama? Publishing Date: 2024-03-20T16:45:44+01:00 Podcast URL: https://podcast.mussmansehen.de Episode URL: https://podcast.mussmansehen.de/2024/03/20/episode-168-monsters-ball-poverty-porn-oder-bewegendes-drama/
Johannes Franke: Mark Foster wollte Halle Berry eigentlich nicht besetzen, weil er dachte, es passt nicht. Und zwar mit der Begründung, she's way too beautiful. I mean, who doesn't want to sleep with Halle Berry? Was ist das für ein Satz? Was ist das für eine Begründung für eine Besetzung? Oh mein Gott! Herzlich willkommen hier zum Muss-man-sehen-Podcast, wo wir eine neue Folge haben, in der mir Plor einen Film aufgedrückt hat. Ob ich wollte oder nicht, ich musste ihn gucken. Und ich habe damals, als ich den Film bemerkt habe und ihn eben nicht geschaut habe, ihn mir aus gutem Grund nicht angeschaut. Nämlich, ich hatte das Gefühl, dass es so ein wahnsinnig gewolltvolles Drama wird. Ich weiß nicht, was mich dazu gebracht hat, dieses Gefühl zu haben. Aber es hat sich bis heute gezogen und ich habe wirklich Angst davor gehabt, diesen Film zu gucken. Krass. Ich weiß nicht warum.
Florian Bayer: Es ist ein Film, der bei mir so ein bisschen auf der Liste liegt von, den muss ich Johannes zeigen, weil das ist ein Film, wo ich am Schluss sage, oh ja, man hat viel Elend gesehen. Aber hey, ich gehe da mit einem optimistischen Gefühl raus. Und es ist ein Drama, wo ich am Schluss denke, ah. Alles wird gut und ich mag das. Also es gibt so ein Genre von Filmen aus Amerika, vor allem Ende der 90er, Anfang der 2000er, die sehr tragisch, sehr schwer große, schlimme Sachen erzählen. aber am Schluss so ein Quäntchen Hoffnung mit sich tragen. Für mich fällt zum Beispiel Magnolia, einer meiner Lieblingsfilme, fällt da auch irgendwie rein. Auch sowas wie Revolutionary Road von dem American Beauty Regisseur oder Little Children, den ich noch nicht geben wollte. Und ich weiß nicht, ob ich dir den jemals geben will, weil der nochmal eine Nummer härter ist. Und ich mag das irgendwie. Also Filme, die wirklich eine Schwere haben und eine Tragik haben und die trotzdem am Ende so ein optimistisches Gefühl haben. Und so habe ich diesen Film auch abgespeichert. Und ich muss dazu sagen, Erstens, Entschuldigung, ich bin ein bisschen erkältet. Ich hoffe, das trägt sich trotzdem irgendwie durch den Podcast. Ich merke nur, dass meine Nase gerade wieder etwas doller zu ist.
Johannes Franke: Alles gut.
Florian Bayer: Zweitens, es ist schon sehr lange her, da ich diesen Film gesehen habe. Deswegen war ich auch sehr gespannt, wie ich den heute wahrnehme. Weil der eben lange auch so in meinen Toplisten war. Und ob ich den heute noch genauso wahrnehme wie damals. Und zumindest was das Emotionale betrifft, kann ich sagen, ja, ich sehe diesen Film. Ich sehe sehr viel Tragisches, was erzählt wird. Aber ich denke am Schluss. Ja, es gibt Hoffnung. Und vielleicht können wir ja mal damit einsteigen, gehen da unsere Wahrnehmungen, was diesen Punkt betrifft, schon wieder auseinander? Oder hast du das auch so empfunden?
Johannes Franke: Also folgendes, ich glaube, ich habe mich ein bisschen über mich selbst geärgert, nachdem ich über den Film nachgedacht habe, nachdem ich ihn gesehen habe, weil ich gemerkt habe, ich bin wahnsinnig bestechlich von gutem Schauspiel.
Florian Bayer: Ja.
Johannes Franke: Dieser Film schafft es, mich so reinzuziehen, einfach nur, weil die Schauspieler verdammt gut sind. Wirklich gut. Wenn ich dann darüber nachdenke, was da eigentlich passiert ist, was für Themen der Film behandelt und auf welche Art und Weise er sie behandelt, komme ich durchaus an ein paar Probleme. Und die werden wir wohl besprechen.
Florian Bayer: Die wir besprechen und die wir vor allem ins Fazit packen. Wir würden das immer machen. Aber vielleicht einmal grundsätzlich, worum es überhaupt geht. Ja. Monsters Ball aus dem Jahr 2001 erzählt die Geschichte von zwei Personen und zwar zum einen Letizia. gespielt von Hale Berry, deren Mann im Todestrakt sitzt und dann auch hingerichtet wird. Und die irgendwie versucht, mit ihrem Sohn alleine über die Runden zu kommen. Allerdings stirbt der Sohn kurz darauf auch bei einem tragischen Unfall, der allerdings nicht gezeigt wird. Und die zweite Person, die erzählt wird, ist Hank, gespielt von Billy Bob Thornton, der als Strafvollzugsbeamter arbeitet, eben in jedem Gefängnis, in dem Letitias Mann hingerichtet wird. zusammen mit seinem Sohn Sonny. Und das ist so eine Art Familiengeschäft, weil sein Vater hat das auch schon gemacht. Und er lebt auch mit seinem Vater zusammen und sein Sohn lebt auch bei ihm. Und nachdem sein Sohn einen Fehler macht bei der Hinrichtung von Letitias Mann, rastet Hank total aus, konfrontiert ihn auf übelste Weise damit, woraufhin Sonny sich umbringt. Also wir haben hier zwei Personen, die beide ihren Sohn verloren haben und die kommen durch Zufall zusammen. Letitia arbeitet in einem neuen Café, in dem Hank auch und er lebt auch. ist und sein Eis ist jeden Tag. Und die treffen sich dann und es entsteht eine unerwartete Romanze zwischen den beiden, weil Hank in einem extrem rassistischen Milieu aufgewachsen ist. Und sie klammern sich dabei so ein bisschen aneinander und erzählt wird eine Geschichte, die vor allem am Anfang aus Schmerzbetäubung steht, dann aber tatsächlich zu einer Art Liebesgeschichte wird. Und es wird erzählt, wie die beiden dann am Ende versuchen, diese Liebesgeschichte... aus dieser Romanze mehr werden zu lassen, obwohl sie beide ab einem gewissen Punkt wissen, wie sie miteinander verbunden sind. Nämlich, dass Hank Teil des Vollstreckungskommandos war, das Letischas Mann umgebracht hat.
Johannes Franke: Ich hab die ganze Zeit überlegt, wie schaffen wir es, an diesen Film ranzukommen. Und ich glaube, am besten schaffen wir es über die Figuren. Und ich würde eigentlich gerne die Hauptfiguren aufsparen und erstmal an die kleinen Nebenfiguren gehen, weil mich der Sohn von Letischa interessiert. Ja. der gespielt wurde von einem, der gar kein Schauspieler war, den sie von der Straße quasi gesammelt haben, mit dem sie wahnsinnig viele Gespräche führen mussten, weil ja Hal Berry mit ihm als Letitia wahnsinnig hart ins Gericht geht und da wirklich so eine Emotional Abuse-Sache bei rauskommt.
Florian Bayer: Tyrell heißt der Sohn.
Johannes Franke: Tyrell, genau. Und dieser Schauspieler ist auch vor zwei Jahren oder sowas gestorben mit 30.
Florian Bayer: Karanji Calhoun.
Johannes Franke: Und der... hat am Set, nachdem man ihn immer wieder gefragt hat, ist das in Ordnung? Geht das? Können wir das so machen? Ich hoffe, du kommst damit klar und so, hat der dann den Devastating-Satz gesagt, du, schlimmer als das, was die mit mir in der Schule machen, kannst du nicht werden.
Florian Bayer: Er ist extrem übergewichtig. Und es gibt diese eine Szene, während Letitias Mann umgebracht wird, sitzt sie zusammen mit Tyrell vorm Fernseher und... Es kommt dann einfach, also ihre Wut entlädt sich über die ganze Situation. Sie ist alleinerziehend, man sitzt ja schon länger im Gefängnis, sie ist mit allem überfordert. Und ihre Wut entlädt sich komplett auf Tyrell und zum einen ist sie physisch extrem grausam zu ihm, weil sie ihn wirklich rumschüttelt und festhält. Und zum Zweiten ist sie dann auch psychisch extrem grausam zu ihm, weil sie halt ihn dafür fertig macht, dass er Süßigkeiten versteckt hat. Wir merken auch, er ist tatsächlich in Frust, er hat überall Schokolade versteckt. Und nachdem sein Vater dann umgebracht wurde, legt er sich auch erstmal ins Schlafzimmer und isst da Schokolade. Und es ist eine extrem harte Szene. Und was ich wirklich stark finde in diesen Momenten, ist, dass sie es schaffen, diese Figur Letizia, die wir damit... Ja, natürlich ganz viel erzählt, die einfach überfordert ist mit so viel, die in Armut lebt, deren Mann im Todestrakt sitzt, die irgendwie mit ihrem Sohn klarkommen muss. Und es wird einfach ihre Überforderung erzählt und wie die sich entlädt. Aber es wird in dieser Szene nicht mit dem Finger auf sie gezeigt. Also wir kriegen vor allem das Leid von Tyrell natürlich erzählt. Echt? Du leidest auch wirklich mit? mit in diesem Moment.
Johannes Franke: Unglaublich, ja, ja.
Florian Bayer: Weil er geht halt auch durch so viel durch und er versucht irgendwie zu verstehen, warum wird sein Vater gerade umgebracht? Was ist das damit? Und wie steht er zu seinem Vater? Was hat er von seinem Vater? Nachdem er dieses Gespräch noch hatte im Gefängnis, wo sein Vater sagt, du bist das einzig Gute, was ich geschafft habe. Und es ist einfach eine wirklich harte, emotionale Szene.
Johannes Franke: Also man geht mit dem Jungen schon sehr stark mit, weil das, also irgendwie wird... tatsächlich für diese Teile, wo er da ist, zur Identifikationsfigur und zu diesem, meine Güte, geht man damit, dass er da seinen Vater im Gefängnis besucht und genau weiß, okay, das ist jetzt das letzte Mal, dass ich ihn sehen werde.
Florian Bayer: Das ist total krass, sich da so rein zu versetzen. Die beiden Drehbuchautoren Milo Edeka und Will Rockhausen hatten diesen Film ja eigentlich geschrieben so ein bisschen auch um Um für sich große Rollen zu schreiben. Das hat geklappt. Eigentlich sind wir gescheiterte Schauspieler, wir sind gar nicht erfolgreiche Drehbürokratoren. Auf jeden Fall sind sie mit dem Skript hausieren gegangen. Und ihnen wurden von mehreren Produzenten gesagt, denen sie das Ding verkaufen wollten, also vor allem Lionsgate hing dann irgendwann drin, ihr könnt das Kind nicht sterben lassen. Das ist ein Oscar-würdiges Skript, aber wenn ihr ein fucking Oscar haben wollt, dann muss das Kind überleben. Tötet nicht das Kind.
Johannes Franke: Oh man.
Florian Bayer: Und ich bin so froh, dass das Ding dann tatsächlich am Schluss bei Lee Daniels landet, ist der gesagt, nein, ey Leute, ich weiß, da passiert total viel schreckliches Zeug. Ja. Aber macht das so, wie ihr das geschrieben habt. Ja. Und was natürlich... Was aus dem Film natürlich nochmal einen Schlag in die Magengrube macht, weil wir haben, das Kind stirbt. Wir haben diesen Moment, wie sie über die Straße gehen und dann fährt unser anderer Protagonist auch noch Hank an ihnen vorbei. Und wir sollen ja auch irgendwie bei Hank sein und das ist verdammt schwer in diesen Momenten, wo er einfach nur ein Arsch ist, weil er ist durch sein soziales Umfeld halt einfach mal zum rassistischen Arschloch erzogen worden. Da reden wir gleich drüber,
Johannes Franke: genau.
Florian Bayer: Und dann... sehen wir nicht, was passiert ist, aber wir sind dann im Regen und wir sehen sie auf der Straße und er liegt da verletzt und es gab offensichtlich einen Autounfall und es ist schon so, ich glaube, das letzte Mal haben wir kurz drüber geredet, dass Filme auch gerne Elends-Pornografie sind und das ist so ein Moment, wo du das bei diesem Film natürlich auch denken kannst. Weil jetzt wird noch einer draufgesetzt, sie ist kurz davor, ihre Wohnung zu verlieren, ihr Mann wurde umgebracht, sie hat kein Geld und jetzt wird ihr Sohn überfahren und jetzt haben wir ihren Sohn auf der Straße verblutend liegen. und sie versucht ihn irgendwie ins Krankenhaus zu schaffen und es ist schwierig, ihn ins Auto zu kriegen, weil er so schwer ist. Also gerade in der Geschichte des Kindes ist das natürlich extrem emotional, aber was, der da erstmal so draufgeworfen wird.
Johannes Franke: Wie findest du den Jungen als Schauspieler?
Florian Bayer: Ich find ihn überzeugend. Er macht ja nicht so viel in dem Sinne, er ist sehr passiv, aber es ist einfach der richtige Schauspieler für die richtige Figur, den richtigen Setting.
Johannes Franke: Das stimmt, ja.
Florian Bayer: Gerade weil's... weil es halt einfach hart ist, weil halt immer nochmal einen draufgepackt wird und du davon halt auch emotional mitgerissen wirst. Also dieser Film startet einfach mal mit sehr viel Tragik.
Johannes Franke: Ja, aber es geht auch dem Film weiter mit viel Tragik.
Florian Bayer: Wir haben eine Death Road Szene, der Vater von Tyrell, der hingerichtet wird, wird von Sean Cobbs gespielt, von
Johannes Franke: P. Diddy, von P.
Florian Bayer: Diddy, der spielt Lawrence, den der hingerichtet wird und Und wir haben eine Death-Road-Szene, in der wir auf den letzten Metern die Perspektive von Lawrence einnehmen, wo wir sehen, wie das Gesicht verdeckt wird. Es wird schwarz. Und wir hören das Atmen von ihm ganz nah und wir warten quasi mit ihm auf den Tod.
Johannes Franke: Wenn wir gerade bei dieser Szene sind. Ja. Die üben das ja vorher. Ja,
Florian Bayer: mit einem Schwarzen als Proband.
Johannes Franke: Wie krass ist das denn? Bitteschön. Mit einem Schwarzen, den sie da hinsetzen und sagen, du bist jetzt derjenige. Alter, boah, war ich kurz wütend auf diesen Film.
Florian Bayer: Wir haben natürlich, also nur als Grund. Rahmen über dem ganzen Ding, so eine voll amerikanische, US-Südstaaten Apartheids-Geschichte. Also Letitia ist schwarz, Tyrell ist schwarz, Lawrence ist schwarz. Das sind die, die wirklich so kämpfen und denen immer wieder Steine in den Weg gelegt werden von der Gesellschaft und dann haben wir die Weißen und das sind halt Hank und Sonny und die ihr Hinrichtungsgeschäft quasi machen.
Johannes Franke: Worauf ich eigentlich auch noch hinaus will, dass der Schwarze ist. folgt auf eine unglaublich gute vorherige Einstellung, die nämlich die Überwachungskamera des Gefängnisses einnimmt, wo wir nur den elektrischen Stuhl sehen aus dieser schlechten, crappy Kamera, die Überwachungskamera ist, wo wir uns fast in so einem Reality-Schock-TV-Ding befinden und sehen, wie dieser Typ da mit dem... Sack überm Kopf auf diesem Stuhl sitzt und dann so tut, als hätte er jetzt diesen elektrischen Schlag. Was wir nicht wissen, dass er so tut. Das wird jetzt gleich aufgelöst. Aber das ist so eine furchtbare Szene in dem Moment, weil ich nicht weiß, wo sind wir? Ich hab keinen Sense of Place. Ich weiß nicht, was sonst ist. Nur, dass dieser fucking Stuhl da ist, dass da jemand drin sitzt und gleich gebrutzelt werden soll. Dass das ein Training ist, kriegen wir jetzt zu sehen. Aber es ist sehr effektiv gemacht, finde ich.
Florian Bayer: Wie fandst du denn diese Entscheidung? Weil Lawrence gehört ja nicht zu den Protagonisten. Erleben wir eigentlich nur auf diesen letzten Metern, sind wir wirklich nah bei ihm. Wie fandst du diese Entscheidung, jene Richtung aus seiner Perspektive zu erzählen? War das zu sensationalistisch? Wurdest du da reingezogen? War es immersiv? War es platt?
Johannes Franke: Nee, das hat funktioniert. Ich fand sowieso, dass P. Didi oder Didi oder wir auch...
Florian Bayer: Er hat schon Koms. Ich glaube, das war immer auch wichtig, als er dann angefangen hat mit der Schauspielerei, dass dieses Puff, dass er das so langsam sofort so ein bisschen los wurde.
Johannes Franke: Okay, okay. Also... Sean Combs macht das tatsächlich ganz gut, muss ich sagen. Ich war ganz überrascht. Ja. Ich fand ihn tatsächlich überzeugend. Und das ist natürlich einer der wichtigsten Faktoren dafür, dass ich am Ende auch seine Perspektive einnehmen will als Zuschauer. Wenn es ein schlechter Schauspieler gewesen wäre, dann hätte ich gedacht, was soll das? Aber so komme ich da gut rein. Und es gibt auch eine gute Beziehung mit dem Sohn der Familie, die diesen Strafvollzug leiten und so. Also es ist genug passiert, als dass ich da rein kann.
Florian Bayer: Ich finde es tatsächlich krass immersiv. Als ich es gesehen habe, hatte ich wirklich so diesen Gedanken, oh, wie fühlt sich das so an? Ja. Krass. Also ich kann mich reinversetzen. Ja. Wie fühlt sich das an? Du gehst diesen Weg und du weißt, du wirst gleich sterben. Du kriegst dieses Ding übergezogen. Du weißt, gleich werden Stromschläge durch meinen Körper gesetzt, die mich umbringen sollen. Ja. Und dann hatte ich auch so einen Schaudern. Aber dann dachte ich danach auch, oh ja, das ist vielleicht ein bisschen ausgeschlachtet, weil es war halt auch so nicht ein wohliges Schaudern, aber es war halt schon so dieses... Geisterwandschau dann. Und krass, wenn ich mich jetzt da so reinversetze, wo ich das Gefühl habe, dass so dieses Effektheicherische und dieses auf den Effekt abzielen, dass das natürlich total gut funktioniert hat, aber dass ich gleichzeitig als Zuschauer schon so das Gefühl habe, okay, er hat mir das jetzt gegeben und geschenkt und es ist so ein bisschen das auch ausgeschlachtet, dieses grundsätzliche Ding, die Todesstrafe ist etwas Schreckliches. Ja, ich glaube, da können wir uns einfach einmal überaltet. Ja,
Johannes Franke: genau.
Florian Bayer: Und dann habe ich schon das Gefühl, und das werde ich bei diesem Film auch jetzt, nachdem ich ihn jetzt frisch gesehen habe, noch ein paar Mal erwähnen. Das Gefühl, dass da sehr gezielt draufgehauen wird auf das Emotionale. Dass das funktioniert, steht außer Frage. Weil es hat emotional wieder funktioniert. Aber dass das dann auch manchmal ein bisschen kalkuliert wirkt. Das war der erste Moment, wo es für mich ein bisschen kalkuliert gewirkt hat.
Johannes Franke: Du fühlst dich manipuliert.
Florian Bayer: Das ist zu hart gesagt. Der Film, wenn er manipulieren würde, dann würde er es nicht ernst meinen. Der Film meint es total ernst mit seinen Emotionen. Okay,
Johannes Franke: gut.
Florian Bayer: Er setzt auf Effekte, um diese Emotionen, die ihm wichtig sind, zu erzeugen. Das funktioniert auch. Aber da ist ein bisschen Kalkül dahinter. Manipulation wäre mir zu hart gesagt. Aber das merke ich dann. Und das juckt mich dann auch so ein bisschen. Vielleicht ist das das Gefühl, was du auch meintest. Und es kommt zum ersten Mal danach. Und ich merke, wow, die Szene wirkt, die ist total toll. Die ist super inszeniert. Der Film hat sowieso... Ja, ist gut inszeniert. Mark Forster, Regisseur mit eigentlich... mit so seinem Regie-Debüt quasi, mit seinem großen Durchbruchsfilm, der dann später noch sehr viel drehen sollte, unter anderem Stay, ein 2000er-Mystery-Film, der so ein bisschen in Vergessenheit geraten ist, aber vor allem James Bond auch und World War Z, einen der großen, erfolgreichen Zombie-Filme der 2000er-Jahre, der allerdings auch sehr kritisch gesehen wurde. Der Film ist gut inszeniert, das funktioniert. Und in diesem Moment auch. Und ich bin in diesem Moment voll drin und danach denke ich, ach ja, so ein bisschen fühle ich mich auch so, als ob mich da jemand reingeschubst hätte.
Johannes Franke: Ja, vielleicht ist die Gefahr bei sowas einfach immer da. Also vielleicht kommt man da auch kaum drumrum als Regisseur, wenn man das so will, wenn man das so effizient erzählen will, wie er das halt erzählt.
Florian Bayer: Aber diese Figuren Lawrence und Tyrell sind natürlich auch vor allem Support für Leticia gestiegen, für Hal Berry. Ich weiß nicht, ob du darauf hinaus wolltest, als du von Schauspielleistungen geredet hast.
Johannes Franke: Natürlich. Was glaubst du denn?
Florian Bayer: Die erste schwarze Hauptdarstellerin, die erste schwarze, die den Oscar gewonnen hat als beste Hauptdarstellerin, überraschend 2002. Damit hat keiner gerechnet, weil alle haben auf Nicole Kidman gesetzt.
Johannes Franke: Sogar Nicole Kidman hat auf Nicole Kidman gesetzt wahrscheinlich.
Florian Bayer: Und dann kommt Hail Barry in diesem Film und Leticia ist, ich finde nicht nur dank dem Spiel von Hail Barry, ist eine krasse Figur und eine Ex. extrem gute Protagonistin.
Johannes Franke: Sie ist einfach so gut, dass sie den ganzen Film auf ihren Schultern tragen kann. Billy Bob Thornton ist super. Ich finde ihn auch sehr gut in diesem Film, aber Hal Berry macht einfach alles im Alleingang. Irgendwie habe ich das Gefühl. Also sogar die Szenen, in der eigentlich der Rassismus von der anderen Seite kommen soll. trägt sie mit. Irgendwie schafft sie das alles. Und das ist schon krass. Es ist wirklich toll.
Florian Bayer: Die Rolle schreit natürlich auch danach. Für diese Rolle kriegst du sowas klar. Wenn du weiß bist, ist das instant. Also im Jahr 2002 war das halt tatsächlich noch ein bisschen anders. Und die Rolle ist, ich finde die Rolle aber auch emotional stark. Also es ist natürlich das Spiel von Hal Berry, was sie total zur Entfaltung bringt.
Johannes Franke: Ja, ja, ja.
Florian Bayer: Und Aber es steckt auch noch mehr in dieser Rolle. Ich finde die Art, wie sie erzählt wird, eben als diese überforderte Frau, die wirklich in diesem Armutskreis ist, die da versucht irgendwie rauszukommen, die das nicht wirklich schafft und die sich deswegen auch scheiße verhält, eben ihrem Sohn gegenüber. Aber eben halt, sie wird halt so erzählt, dass man das nicht entschuldigen kann, aber dass man es nachvollziehen kann. Man versteht, wie sie tickt in diesem Moment. Man weiß, sie ist kein böser Mensch. Sie liebt ihren Sohn über alles. Aber sie ist einfach überfordert.
Johannes Franke: Sie ist nicht nur überfordert, sondern sie hat auch massiv Angst, weil sie weiß, was einem Menschen mit dieser Hautfarbe, mit diesem Übergewicht auf diesen Straßen, in denen sie leben, passieren kann. Ja. Und das versucht sie zu verhindern. Und schon verstehe ich, was mit ihr ist. Und ich finde es großartig, dass sie sie nicht einfach nur als strugglende Heilige darstellt. Genau,
Florian Bayer: ganz wichtig. Sie ist keine Heilige, sondern sie ist sie. Sie ist extrem schwierig und sie ist gewalttätig ihrem Sohn gegenüber. Man kann es nicht anders sagen. Das ist abusive, was sie da macht. Es ist nie der Moment, wo du das Gefühl hast, sie ist bösartig in dem, was sie macht, sondern du verstehst, warum sie es tut. Und du leidest wahrscheinlich genau deswegen umso sehr mit, sie liebt ihren Sohn über alles. Und er ist wahrscheinlich die einzige Bezugsperson, die sie gerade hat, die sie jetzt noch hat.
Johannes Franke: Ich finde, es funktioniert schon von Anfang an, weil sie ja im Gefängnis sind und den Lawrence besuchen, den Vater. Und ich finde es einen guten Kniff, dass sie eben nicht diejenige ist, die die liebende Frau ist. die jetzt das alles übernimmt und ihrem Mann hinterher trauert, was dem Ganzen nochmal irgendwie Emotionen Ballast drauf geben könnte, sondern nein, sie hat schon die Schnauze voll davon.
Florian Bayer: Ja, total.
Johannes Franke: Sie hat die Schnauze voll von ihm, weil er irgendwie anscheinend immer wieder Scheiße gebaut hat und eigentlich ist sie wegen des Sohnes, der einen Bezug zum Vater haben muss, da. Und da ergibt sich so viel daraus. Allein, dass sie da am Fenster steht, rauchend und rausguckt und vielleicht ein, zwei Worte dazu sagt, aber sonst nichts. Daraus ergibt sich schon die ganze Welt, in der sie gelebt hat mit der Familie. Und das finde ich total wichtig für das Verhältnis, was sie auch mit ihrem Sohn hat und das Verhältnis, das sie zur Welt hat.
Florian Bayer: Sie muss ihren Shit halt irgendwie auf die Reihe kriegen. Sie weiß, sie muss weiter funktionieren. Absolut. Egal wie hart es ist. und es muss irgendwie klappen, aber man sieht halt auch die ganze Zeit, dass dieser riesige Haufen da ist, der in jedem Moment über sie hereinbrechen kann. Weil es ist klar, sie wird ihre Wohnung verlieren. Also es ist ja in diesem Moment eigentlich schon klar, sie kann das nicht bezahlen. Sie wird ihre Wohnung verlieren, sie wird auf der Straße landen. Es ist so, das schwebt über ihr und sie versucht trotzdem, sich da irgendwie so weit sie das kann durchzubeißen. Und da gibt es aber auch nicht viel zu tun. Sie kann nur arbeiten und sich irgendwie um ihren Sohn kümmern. Und es ist einfach, ich finde, der Film erzählt das halt wirklich ziemlich stark. Und natürlich durch Hellberry, durch ihr Schauspiel überzeugend. Wie sie versucht, sich da durchzubeißen mit dem Wenigen, was sie hat, was sie an Möglichkeiten hat. Und das ist nicht viel.
Johannes Franke: Ja, es ist wirklich toll, was sie daraus macht. Sie meinte, dass diese emotionale Abuse-Szene mit dem Jungen das Schwierigste war. was sie in dem Film hatte. Das ging ihr wirklich so nahe, dass sie wirklich Schwierigkeiten hatte, das zu spielen. Was ein kleines bisschen überraschend sein könnte, weil sie eine unglaublich riesige, seltsame Sexszene hat in diesem Film. Die anscheinend nicht das Schwierigste war, was sie zu drehen hat. Aber dazu kommen wir vielleicht später noch, wenn wir über die anderen Sachen noch reden. Ich würde den Sex tatsächlich ein kleines bisschen hinten anstellen.
Florian Bayer: Lass uns das mal hinten anstellen. Wir kommen ja jetzt... zwangsweise zu den nächsten großen Figuren, wenn wir dieses Figuren-Ensemble hinter uns haben. Und zwar ist das die Familie, in der Hank sich bewegt, nämlich Hank zusammen mit seinem Vater Buck und seinem Sohn Sonny. Sonny, gespielt von Heath Ledger.
Johannes Franke: Was ich großartig finde. Oh, Heath Ledger. Das Geile ist,
Florian Bayer: als ich den Film vorgeschlagen habe, wusste ich das gar nicht mehr, dass das Heath Ledger war, der da mitgespielt hat.
Johannes Franke: Ich hätte auch keine Ahnung.
Florian Bayer: Dann habe ich gesehen und gedacht, ah ja stimmt, das war ja Heath Ledger und oh, Johannes wird sich freuen.
Johannes Franke: Total, ich liebe ihn, ich finde ihn so großartig und ich finde es so, so traurig, dass er einfach so früh von uns gegangen ist. Es ist so ein... toller Schauspieler. Und er ist in diese Rolle auch nur Last Minute reingekommen. Sollte eigentlich jemand anders spielen, der ist eingesprungen und zwar wirklich Last, Last Minute. Und was er da draus macht, ist wirklich toll. Es ist so gut.
Florian Bayer: Diese Dynamik zwischen diesem Dreiergespann. Ja. Diese Entfremdung, also dieses Aneinandergekettet sein und gleichzeitig entfremden zwischen, wir haben hier drei Generationen Vater, Sohn. Ja. Und es ist so deprimierend, ne? Vater und Sohn gehen zur selben Prostituierten, um sich für fünf Minuten ein bisschen irgendwas zu holen.
Johannes Franke: Das sind so harte Szenen, ich sag's dir, um Gottes Willen, weil auch diese Prostituierte total... geschäftsmäßig, ja hier dann, das ist unsere Stelle, wir machen das so und so und die unterhalten sich als, also es ist einfach so, dass sie schon 500 Mal genau die gleiche Situation hatten und alle wissen genau, was, wie, wann passiert und dann gibt es halt noch andere Themen, über die man sich währenddessen unterhält.
Florian Bayer: Mach heute mal vorsichtig, ich bin ein bisschen wund da unten gerade. Oh shit. Was? Sani? Wir merken aber sehr schnell, Sunny tickt anders als sein Vater, weil Sunny sehnt sich offensichtlich nach irgendeiner Art von Zuneigung. Er versucht ja auch das Gespräch mit ihr nach dem Sex, wo sie dann so, naja komm, tschüss Sunny, alles gut jetzt, das war's. Und er sehnt sich ja auch offensichtlich nach Zuneigung von seinem Vater, die er halt überhaupt nicht kriegt, weil diese Familie wird komplett durch Kälte dominiert. Und Hank hat das von Buck mitgekriegt, was Buck ihm mitgeben wollte, nämlich Stärke und keine Gefühle zeigen. Und Hank wollte das seinem Sohn Sunny auch mitgeben. Und es sieht offensichtlich ein Versagen darin, dadurch, dass Sani eben sensibel ist. Dass Sani offensichtlich nicht so funktioniert, wie er und sein Vater, sondern eher wie seine Mutter, die sich anscheinend umgebracht hat. Das sind so Informationsschnipsel, die so reinkommen.
Johannes Franke: Irgendwann wissen wir, warum die sich umgebracht hat. Also ich meine, es sagt keiner, aber man kann sich das vorstellen.
Florian Bayer: Man kann es sich total vorstellen. Es ist so ein deprimierender Alltag, in dem die leben.
Johannes Franke: Und das sind rassistische Arschlöcher, mit denen sie zusammengeblieben sind.
Florian Bayer: Es ist total deprimierend und es ist erschreckend, genau, dieser über Generationen hinweg vererbte Rassismus, der aber halt bei Sunny auch nicht gelandet ist. Sunny spielt, aber Sunny unterhält sich mit den Nachbarsjungen, die beide schwarz sind und Buck sagt zu Hank, was haben die auf meinem Grundstück zu suchen, woraufhin Hank, wie automatisiert, wie ein Roboter, das Gewehr holt und rausgeht und einmal in die Luft feuert und sagt, dass sie sich verziehen sollen.
Johannes Franke: Das ist eine gute Szene, weil wir... Und schon jetzt ahnen, dass sein Rassismus, der kommt nicht aus ihm selbst heraus, der kommt von seinem Vater.
Florian Bayer: Das ist wie ein Roboter, das ist total krass, wie sie da drin sitzen und Bugs sagt so ein Schlagwort und Sonny weiß sofort, was zu tun ist und geht raus, wirklich wie fremdgesteuert mit diesem Rassismus an Bord. Und dann ist es ja auch so eine Banalität, weswegen Hank komplett ausrastet, weil Sonny übergibt sich, als er Lawrence zum elektrischen Stuhl bringt. Davor hat Lawrence ihn auch gemalt und er hat so ein... Es gab so einen leichten Bonding-Moment, so einen ganz, ganz leichten Bonding-Moment zwischen Werther und Gefangenem.
Johannes Franke: Den ich total süß fand übrigens. Ich fand das wirklich gut gemacht. Auch Heath Ledger, der hat einfach verstanden. Dass man nicht viel machen muss. Er spielt einfach sehr effizient. Die Sachen, die er macht, sind voll auf den Punkt und man weiß sofort, wie die Emotionswelt ist und was die Verbindung zwischen den beiden Figuren ist. Es ist toll.
Florian Bayer: Ich glaube, deswegen funktioniert so jemand wie Sean Combs, der jetzt nicht so ein großer Schauspieler ist wie Fletcher oder wie Hal Berry, das funktioniert, weil die alle sehr zurückgenommen spielen. Also sie haben zwar ihre emotionalen Ausbrüche, wir haben von Hal Berry vor allem, eigentlich nur von Hal Berry haben wir so zwei, drei sehr emotionale Ausbruchsszenen, aber ansonsten spielen die... alle sehr zurückgenommen und es sind alles Leute, wo du merkst, die tragen eine tiefe Trauer, eine tiefe Verzweiflung, einen tiefen Schmerz in sich und lassen das nicht raus und haben das irgendwie versteckt hinter so einer Fassade und dann fällt es halt nicht auf, wenn Sean Combs wenig spielt, fällt es halt einfach nicht auf und die Fletcher kann aber spielen, dass er diesen Druck innen hat und wir sehen seine Traurigkeit in jeder Szene, wo er zu einer Frau in der Bar High sagt und die sagt, hau ab, spüren wir seine Traurigkeit und seine Sehnsucht. Genau, es ist eine Banalität. Also er übergibt sich und Hank rastet dann aber total aus und will ihn aus der Wohnung rausschmeißen deswegen. Ja. Weil das einfach so ein Moment der Schwäche war.
Johannes Franke: Und das Interessante daran ist, es ist ja nicht nur so, für mich jetzt in der Erklärung im Film gucken, es ist nicht nur so, dass der, dass Hank ausrastet, weil da eine Schwäche gezeigt wurde. sondern es geht an das schlechte Gewissen von Hank ran. Hank ahnt die Ungerechtigkeit, die da in diesem Todestrakt liegt.
Florian Bayer: Ja.
Johannes Franke: Und wenn man es dann nicht schafft, das ordentlich durchzuführen, dann hat man sogar noch in der Ungerechtigkeit versagt. Ja,
Florian Bayer: das ist so eine Lücke im System, die sich auch offenbart. Also es ist so ein Bruch mit dem System. Es ist ein subversiver Akt, wenn der Wärter, der einfach nur kalt den Gefangenen zum Stuhl bringen soll, plötzlich Emotionen zeigt. Ja. Und dann haben wir auch wieder so eine emotional sehr krasse Szene, wenn... Wenn Sunny sich das nicht gefallen lässt von Hank, sondern sich die Waffe greift und ihm dann droht und dann dieser Dialog zwischen den beiden, wo er sagt, du hast mich nie geliebt, oder? Und Hank eiskalt sagt, genau, ich hab dich nie geliebt.
Johannes Franke: Das ist unglaublich, das ist so hart. Und dann kommt dieser Tod so plötzlich. Du erwartest es nicht. Es ist so krass. Und vor allem ist es ja Heath Ledger. Das war damals vielleicht noch nicht so, aber als ich da vorgesessen habe, habe ich gedacht, oh Heath Ledger, das wird eine große Rolle. Und nein, der stirbt total plötzlich. Und ich finde es total krass und ich finde es dann auch total krass, wie sie mit dieser Beerdigung umgehen. Das tut so wahnsinnig weh, weil der nicht... der kriegt keinen Bibelfers, also ich lege auch keinen Wert darauf, einen Bibelfers zu bekommen, aber die waren alle gläubig und die legen Wert darauf, er kriegt keinen Bibelfers, die sagen, der war einfach nur schwach und den müssen wir jetzt so schnell wie möglich unter die Erde bringen und gut ist.
Florian Bayer: Und dann haben wir diese 10, die ich noch sehr gut in Erinnerung habe, wenn Hank immer an diesem, an dem Sessel sitzt und das Zauberwicht, das Blut wegwicht und dieses irgendwie, natürlich könnte man sagen, übertrieben Symbolik, er will diese Schuld loswerden, die er spürt, aber es ist halt auch einfach ein stark inszenierte Moment. Wir sind bei 30 Minuten und ihr merkt schon, man wird mit Elend konfrontiert in diesem Film und es ist noch nicht vorbei, weil dann wird eben nachdem sich Sunny erschossen hat, wird eben erzählt, wie Tyrell stirbt,
Johannes Franke: wie der Sohn von Halle Berry,
Florian Bayer: von Letitia. Und tatsächlich gibt es aber schon bevor das passiert, bevor Hank wirklich mit Letitia irgendwie in Kontakt kommt, gibt es diesen Moment, wo man merkt, es hat irgendwie ein Knacksen im Stadt gefunden, weil er kündigt dann. er verbrennt seine Uniform und er kauft sich diese Tankstelle. Also er sagt, er will irgendwie klarkommen und Buck ist natürlich total unzufrieden damit und Hank zieht das aber mit so einem gewissen Stoizismus dann irgendwie durch und rechtfertigt sich auch nicht viel vor ihm. Und dann kommt aber eben auch schon diese Begegnung mit Hey Barry, er wird zum unfreiwilligen Krankentransport für Tyrell, der blutend auf der Straße liegt und dann schafft er es eben doch nicht vorbeizufahren. Mhm.
Johannes Franke: Bevor wir da in diese Geschichte reingehen mit dem sterbenden Terrell, ich find's interessant, wie das in der Rezeption wahrgenommen wird. Es gibt viele Stimmen, die sagen, dass das so nicht ordentlich entwickelt wird, dass er da plötzlich kündigt und dass er versteht, was er da macht und so. Es wird überhaupt nicht verhandelt und so. Und da hab ich das erste Mal darüber nachgedacht erst, ob das jetzt viel entwickelt wird oder nicht. Und ich glaube, das liegt daran, dass dieser Film sehr viel Mut zur Lücke hat. Dieser Film ist nicht, der rusht nicht durch, sondern er gibt mir viele Momente, wo ich selber Gedanken entwickeln kann, wo ich selber überlegen kann, wie sind Situationen, wie wäre ich in der Situation und was verhandeln die da gerade. sie eben nicht alles erklären und nicht alles erzählen. Und die leben in einer sehr schweigsamen Familie.
Florian Bayer: Wir wissen nicht, was in Hank vorgeht. Wir können es manchmal erahnen an seinen Blicken, aber er ist so durch diesen Stoizismus total geprägt.
Johannes Franke: Ja, und ich finde es total krass, weil wir natürlich das nicht vorgekaut bekommen. Es wird nicht erzählt. Er sagt nicht ständig, ja, und dann mein rassistischer Vater und eigentlich bin ich es ja gar nicht oder sowas. Oder er reflektiert das und kommt dann irgendwann drauf. Nein, wir... wir müssen das selber mit ihm erleben.
Florian Bayer: Ja, aber was halt auch daran liegt, Hank wird ja nicht als Mensch erzählt, der viel reflektiert. Auch in diesem Moment nicht. Der handelt da impulsiv, der reflektiert auch nicht, dass das Ganze mit Letizia anfängt, sondern der handelt irgendwie. Aber ich glaube, Hank ist so durch diese Fremdsteuerung geprägt, so durch diese Fuchtel seines Vaters geprägt, dass er auch, glaube ich, überhaupt nicht mehr weiß, was er will. Hank versucht irgendwie auch so, während des gesamten Films, dass er sich nicht mehr so zu finden, was er will. Jetzt muss ich doch kurz die Sex-Szene erwähnen. Deswegen wirkt die Sex-Szene auch fast wie so ein Überfall von Hal Berry.
Johannes Franke: Ja,
Florian Bayer: total. Aber wenn wir sie sehen, wenn wir sie nebeneinander sitzen und das dann nochmal kurz durchgehen, dann denken wir, okay, er saß aber schon so neben ihr, da war schon eine Tension da. Aber er hat das überhaupt nicht gezeigt, wahrscheinlich, weil er es auch überhaupt nicht wusste. Und er mag offensichtlich Letizia, aber auch das, er kann es nicht zeigen. Und wahrscheinlich nicht nur, weil er Gefühle nicht zeigen kann, sondern weil er sich auch Gefühlen nicht bewusst werden kann. Weil das einfach... nicht zu seinem Programm gehörte. Du fühlst nichts, sondern du funktionierst.
Johannes Franke: Das ist interessant. Also so in der Ausprägung habe ich es mir nicht erklärt, aber ich finde das total spannend gerade. Dieses ferngesteuert sich auch seiner eigenen Gefühle überhaupt nicht bewusst sein, passt natürlich volle Kanne dazu. Und dann kann man natürlich auch verstehen, warum viele Leute sagen, ja, ich will aber auch das. sehen, warum, wenn er es nicht fühlt, warum sollte ich es dann fühlen? Aber ich finde eben, dass der Film genug Zeit gibt und genug Bilder gibt und genug Möglichkeiten gibt, emotional anzudocken und das für ihn zu fühlen.
Florian Bayer: Es ist halt das Schwierige für diesen Film grundsätzlich, es sind halt keine Identifikationsfiguren. Als der durchschnittliche Kinogänger, als die durchschnittliche Kinogängerin identifizierst du dich nicht mit einem... hingerichteten Mörder. Du identifizierst dich nicht mit einem Mann, der im amerikanischen Strafvollzug Todesstrafen durchführt und du identifizierst dich auch nicht mit einer Frau, die ihre Wohnung verliert und die ihren Sohn misshandelt. Der Film schafft keine Identifikationsfiguren, aber er muss halt Empathie irgendwie auf andere Art erzeugen und dafür, dass diese Figuren so weit weg von Identifikationsfiguren sind, finde ich, gelingt ihm das ziemlich gut, diese Empathie oder zumindest dieses Verstehen zu erzeugen, dass ich... Natürlich denke ich nicht so wie Henk, aber ich sehe irgendwie, wo er herkommt und was ihn so ticken lässt, wie er tickt. Und es tut mir unendlich leid, aber ich spüre es. Es ist nicht komplett weg. Es ist keine fremde Welt in dem Moment, weil es halt doch da ist, weil es halt doch nah ist.
Johannes Franke: Ja, die Frage ist, wenn er nicht reflektiert, wie kommt er dann? auf sein Handeln. Du sagst jetzt, es ist automatisiert, aber er trifft ja durchaus dann Entscheidungen, wie zum Beispiel den Vater tatsächlich einfach ins Heim zu geben. Was ich eine sehr krasse Lösung der Situation finde.
Florian Bayer: Die richtige Lösung. Und es ist so ein Akt der Genugtuung, wenn dieser rassistische Wichserpack von zwei schwarzen Pflegern hochgehoben wird und total irritiert guckt. Das tut so gut.
Johannes Franke: Aber gedenkt das mal logisch, also nicht logisch, sondern realistisch durch. Für uns ist es kathartisch, ich find's auch total geil, aber wenn ich jetzt darüber nachdenke, ich hätte einen rassistischen Vater, ich könnte meinen Vater trotzdem nicht einfach ins Heim abschieben. Das funktioniert nicht. Vor allem auf diese Art und Weise. Er steht da in der Tür und sagt, so, und jetzt kommt klar, tschüss, wir sehen uns nie wieder. Das ist schon echt ein bisschen gut.
Florian Bayer: Naja, nachdem was da passiert ist, finde ich es irgendwie... Er kümmert sich drum, er sagt, ich mag meinen Vater nicht, aber er ist mein Vater, also gucke ich, dass es... Was ist die Alternative? Soll er ihn bei sich wohnen lassen, wenn er mit Leticia zusammenzieht?
Johannes Franke: Aber er hätte wenigstens mit ihm reden können. Obwohl, die sind kein Team. Das stimmt, das stimmt.
Florian Bayer: Aber wir greifen jetzt sehr weit vorweg. Das kommt viel später mit dem Heim. Da ist er ja auch schon mit der Tisha zusammen. Ja,
Johannes Franke: ja.
Florian Bayer: Die fahrt ins Krankenhaus. Tyrell stirbt.
Johannes Franke: Tyrell stirbt, der Sohn von Halle Berry.
Florian Bayer: Es ist der nächste und eigentlich auch erstmal der letzte Schlag in die Magengrube. Der emotionale.
Johannes Franke: Ich hab nicht damit gerechnet. Ich hab wirklich nicht gedacht, dass der stirbt. Weil das wirklich... Und da wär ich fast geneigt zu verstehen, warum die Produktionsfirmen gesagt haben, du kannst den nicht sterben lassen. Wie krass ist das denn? Also für die Zeit? Anfang 2000er so ein Film und dann auch noch den Sohn sterben zu lassen? Wow.
Florian Bayer: Ich find's total... total nachvollziehbar von einem narrativen Standpunkt aus, weil natürlich haben wir jetzt zwei Charaktere, die verbunden sind durch das gleiche Schicksal. Sie haben beide ihren Sohn verloren. Ich bin froh, dass es drin geblieben ist.
Johannes Franke: Ja, natürlich.
Florian Bayer: Es ist auch ein Schlag in die Magengrube. Und es ist auch tatsächlich wieder der zweite Moment, wo ich denke, uff, ich merke wieder, wie mit einer schmerzhaften Erzählung, auch wie das Ganze ausgebreitet wird, soll Affekt erzeugt werden. Das funktioniert bei mir wieder. Das funktioniert bei mir wieder. Und danach denke ich trotzdem wieder, ah, wow. Ja. Da hat der Film sehr auf den Affekt gesetzt. Da hat der Film sehr drauf gesetzt, dass ich das so spüre. Und das ist ihm auch gelungen. Aber wow, du wolltest es. Okay,
Johannes Franke: ja.
Florian Bayer: Ich finde es großartig, dass gezeigt wird, wie er die... wie er das Blut von Letitias Handtasche wegwischt. Er steht dann ja im Krankenhaus und sie sitzt im Hintergrund und er hat noch ihre Handtasche und wischt dann das Blut weg. Und ganz anders, als er das Blut von seinem Sohn weggewischt hat. Nicht so manig, das muss schnell weg, sondern ganz vorsichtig, fast schon sanft, wiegt er das weg und fragt auch so ganz schüchtern, haben sie vielleicht was zum Wegwischen, um ihr dann die Handtasche geben zu können. Und es ist krass, wie er erzählt wird, wie er sich zum einen... so reingeworfen fühlt in die Situation, in der er überhaupt nicht sein will. Er sagt die ganze Zeit, ich habe mit Ihnen nichts zu tun, ich kenne Sie überhaupt nicht. Und Sie lagen auf der Straße und ich wollte Ihnen helfen. Und er wird aufgefordert von den Ärzten, Sie nach Hause zu fahren. Aber es ist nicht so, dass es Ihnen Überwindung kostet, sondern wir haben zumindest das Gefühl, okay, er merkt es, dass gerade das Richtige ist.
Johannes Franke: Ja, ja, voll. Genau.
Florian Bayer: Und er ist ja auch irgendwie nett zu ihr. Er kann damit überhaupt nicht umgehen. Er kann überhaupt nicht mit Gefühlen umgehen. Und Billy Bob Thornton spielt so gut. Der, der überhaupt nicht mit Gefühlen umgehen kann.
Johannes Franke: Total. Total.
Florian Bayer: Und es ist aber auch wieder dieses, wir merken, dass sich da was verändert an diesem Charakter. Ganz langsam, wirklich langsam. Der Film, also was das betrifft, was die Charakteränderungen bei ihm betreffen, ist das wirklich sehr vorsichtig. Aber irgendwie merken wir, da hat irgendein Knacks stattgefunden. Ja. das wird dann ja weitergetragen. Tatsächlich wird dann ja so ein bisschen erzählt, wie Hanks sich vor allem verändert hat. Nämlich, dass er plötzlich mit den Nachbarn redet kurz und mit den Nachbars Jungs und die ihm einmal nochmal sagen, dass sie seinen Sohn mochten und er distanziert sich langsam von Buck, wie wir irgendwie merken. Und dann beginnt ja auch diese Freundschaft zuerst mal mit Leticia.
Johannes Franke: Ich glaube, so ein bisschen Reflektionsvermögen muss er ja dann doch haben. Ja. Weil... Er würde sonst nicht in das Gespräch mit den Nachbarn gehen. Er macht das ja bewusst. Er fährt ja mit dem Auto dahin, hält an, kurbelt das Fenster runter, um dieses Gespräch zu starten. Auch wenn es kein wirkliches Gespräch ist.
Florian Bayer: Er kann nicht reden.
Johannes Franke: Er sagt ja nur, danke und fährt weiter. Aber das holt er sich zumindest aktiv ab.
Florian Bayer: Oh, es ist so blöd, aber ich mag diesen Südstaaten-Akzent. Ich finde das irgendwie, also, ich meine, das klingt immer so voll nach Redneck und du hast immer so das Gefühl, du hörst einen Rassisten. Selbst wenn, wenn Hellberry, die hat ja dann ja auch so diesen Südstaaten-Akzent, selbst weil ihr denkt so, oh, sie klingt irgendwie rassistisch. Aber irgendwie,
Johannes Franke: ich finde das gemein.
Florian Bayer: Der hat so ein, dieses Südstaaten-Ding, das hat so einen eigenen Klang, den ich irgendwie cool finde. Es ist total doof, dass man das ständig assoziiert mit Trump und mit Rednecks und mit Rassisten und so weiter. Aber wenn man es jetzt wirklich nur aus so einer phonetischen Sicht betrachtet, ist das irgendwas? Es ist ein Akzent im Englischen, der irgendwie schick klingt, der irgendwie interessant klingt.
Johannes Franke: Also schick würde ich es nicht.
Florian Bayer: Nee, schick ist das Falsche, das stimmt.
Johannes Franke: Aber sehr schön bodenständig vielleicht?
Florian Bayer: Ja, da sind wir halt schon so, ich wollte das eigentlich vermeiden, weil da sind wir schon so bei so politischen Assoziationen. Bodenständig natürlich, weil das die Sprache des einfachen Mannes ist. Schick könnte ich sagen, weil das die Sprache der Südstaaten-Plantagenbesitzer ist. Guck dir irgendeinen... Guck dir einen Film über das 19. Jahrhundert an, über den amerikanischen Bürgerkrieg. Dann hast du einen Plantagenbesitzer, der diesen Akzent hat.
Johannes Franke: Aber auch der hat, wie das Wort Plantage sagt, mit der Erde zu tun, also bodenständig.
Florian Bayer: Ja, aber die haben ja den Boden nicht angefasst, das haben sie ja, wie wir wissen, anderen Menschen. Ja,
Johannes Franke: das stimmt vielleicht.
Florian Bayer: Und die sind dann schick angezogen und die haben auch diesen Akzent. Ich glaube es ist...
Johannes Franke: Ja, weiß nicht.
Florian Bayer: Was ist es? Ich versuche es ganz kurz so... Phonetik zu fassen. Es zieht sich ein bisschen mehr als das klassische Amerikanische. Und es zieht sich so nach unten so ein bisschen.
Johannes Franke: Wir kommen beim Phonetik-Seminar mit Plur.
Florian Bayer: Und wird dann immer so ein bisschen verschluckt, aber auch immer wieder ein bisschen hervorgehoben. Und dadurch hat es so einen gewissen Rhythmus. So ein Rhythmus. Der ist irgendwie aufregend. Man weiß nie genau, ob jetzt die Stimme ausbricht. Oder sich komplett in sich selbst zurückzieht.
Johannes Franke: Willkommen bei Plors Imitationskurs. Wie mache ich einen Redneck nach? Und bitte.
Florian Bayer: Vergiss es. Ja, auf jeden Fall die Art, wie die Beziehung zwischen Leticia und Hanks sich entwickelt.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Gut, überzeugend, zu schnell, zu langsam.
Johannes Franke: Dadurch, dass die Schauspieler das so gut machen, komme ich da gut mit. Das ist das große Problem. Deswegen kann ich dem gar nicht so sehr... Ich müsste nur das Drehbuch lesen und den Film komplett ausblenden, um das wirklich beurteilen zu können.
Florian Bayer: Bei dem Drehbuch steht ja nichts. Er fragt sie ja nur, wollen sie mitfahren? Dann sagt sie ja. Und dann fahren sie. Und dann sagt er vielleicht mal, es wird anfangen zu regnen oder so. Die Dialoge sind ja wirklich extrem spärlich. Und es ist so eine große Geste, dass er sie mitnimmt. Ich finde das... Ja. Es ist so was Banales. Aber er hält mit dem Auto an und sagt, kommen Sie mit. Und dann noch fast entschuldigen, ich fahre sowieso in die Richtung. Keine Sorge, ich will Ihnen keinen Gefallen. Ja,
Johannes Franke: ja, genau. Ja, und vielleicht, ich will Ihnen auch nichts tun. Auch Harmlosigkeit vielleicht ein bisschen.
Florian Bayer: Ja, aber ich glaube, das ist ja geklärt, nachdem er sie zum Krankenhaus gefahren hat.
Johannes Franke: Das stimmt vielleicht, ja.
Florian Bayer: Ich glaube, er will wirklich einfach nur sagen, keine Sorge, ich will Ihr Freund sein. Ich will Sie einfach nur mitnehmen, weil es ich sowieso mache. Ja. Und dann... Wir müssen über den Sex reden jetzt. Tut mir leid.
Johannes Franke: Nein, wir müssen erst über den Vater reden. Okay,
Florian Bayer: reden wir über Buck.
Johannes Franke: Der Schauspieler macht das auch verdammt gut und ich hasse ihn. Es ist unglaublich. Also dieser Vater, ich will ihn auf den Mond kicken.
Florian Bayer: Abgrundtief.
Johannes Franke: Von der ersten Sekunde an.
Florian Bayer: Peter Boyle, der auch... natürlich, ich meine, das Alter, als dieser Film gedreht wird, einfach mal ein Veteranendarsteller ist, der mit Mel Brooks zusammengearbeitet hat.
Johannes Franke: Okay, vielleicht kenne ich ihn da. Ich hätte die ganze Zeit gedacht, woher kenne ich ihn genau. Ja,
Florian Bayer: das Gesicht hat man, der hat so viel gespielt, das Gesicht hat man halt in Jung öfter gesehen. Und ja, das ist... Alter, ist das eine krasse Figur.
Johannes Franke: Ich finde, wie der, also das, was er ihr gegenüber sagt, das sitzt so bombenfest. Es ist so klar, warum sie dann abhaut und auch kein Wort mehr mit Hank reden will,
Florian Bayer: weil das so trifft. Ja.
Johannes Franke: Der hat das so gut abgeschossen, dass er, also da hat Erde im 500 Kilometer Umkreis verbrannt damit.
Florian Bayer: Das ist so krass, ne? Und er macht das so gezielt. Tatsächlich ist er wahrscheinlich der Intelligenteste von den dreien.
Johannes Franke: Oh Gott, oh Gott.
Florian Bayer: Ja, das ist das Gruselige daran. Aber also weder Hank noch Sonny noch Buck selbst werden als besonders intelligente Personen erzählt.
Johannes Franke: Ja, aber es spielt aber auch keine große Rolle.
Florian Bayer: Es spielt keine große Rolle. Aber Buck hat ja ganz oft in seinem Rassismus auch sowas krass Berechnendes. Er weiß ja genau, was er bei seinem Sohn auslöst, wenn er sagt, ey, was haben die beiden schwarzen Kinder da auf meiner Veranda zu suchen. Er weiß ja genau, was das Ergebnis davon ist. Er nimmt das ja voll im Kauf. Buck. Obwohl er nicht mehr im Dienst ist, schneidet Anzeigen aus von Leuten, die hingerichtet werden. Der sammelt die Zeitungsanzeigen von den Leuten, die hingerichtet werden.
Johannes Franke: Absoluter Rant.
Florian Bayer: In diesem Geist vor.
Johannes Franke: Und da merkst du dann, wie übermächtig der Rassismus und überhaupt dieses Machtding, was er da hat, auf die Kinder ist und sogar eben auf das Enkelkind wirken soll. Also da zerrt so viel an der Familie durch ihn. Und das ist wirklich, er macht das so gut, dass ich das voll abnehme und dass ich voll weiß, warum der Vater, warum Hank so ist und warum Sunny sich umbringt. Es ist wirklich krass und das muss man heavy lifting mit den paar Szenen, die er hat, das muss er erstmal schaffen.
Florian Bayer: Ja, total. Es ist halt das Krasseste, weil es auch so diese extreme Diskrepanz gibt zwischen seiner psychischen Macht, die er über Hank und Sunny hat. und zwischen seiner physischen kompletten Degeneration. Er kann gar nichts mehr. Er kann gar nichts mehr. Er ist wirklich ein alter Mann, der eigentlich nur noch da rumsitzt und der sich kaum bewegen kann. Und gleichzeitig hat er in jeder Szene, in der er mit ihnen zu sehen ist, so eine unfassbare Macht über die beiden. Also vor allem über Hank, dass es halt wirklich auch gruselig ist.
Johannes Franke: Also er macht das sehr gut und die Texte für ihn sind auch tatsächlich sehr gut geschrieben, würde ich sagen.
Florian Bayer: Ja, wenn man es versteht, was er sagt. Bei Herrn Back hat es teilweise wirklich Probleme. Weil da ist dieser südstarken Akzent nochmal potenziert und das ist wirklich das... Da kann man auch mal die Untertitel anhalten.
Johannes Franke: Ich habe Untertitel angemacht. Ich habe tatsächlich Untertitel dran gehabt. Also es ist keine Schande, Untertitel anzuhalten. Sage ich jetzt so, weil ich es machen muss. Oh mein Gott, was ist das für eine Musik?
Florian Bayer: Was war das? Wo sind wir? Ich glaube, wir wurden rausgerissen.
Johannes Franke: Aber wohin?
Florian Bayer: Oh mein Gott, Johannes. Ja? Ich befürchte, wir befinden uns in einer Self-Promo.
Johannes Franke: Oh no,
Florian Bayer: shit. Ganz schnell, ganz schnell, damit wir zurück zum Gespräch können. Was müssen wir machen? Was müssen wir sagen?
Johannes Franke: Wir müssen den Leuten unbedingt sagen, dass sie uns abonnieren sollen, wo auch immer sie sind, also auf Spotify oder Apple oder sowas.
Florian Bayer: Steam, whatever, was ihr auch benutzt.
Johannes Franke: Also abonnieren und anderen sagen, dass sie uns abonnieren.
Florian Bayer: Auf jeden Fall. Wenn euch die Folge gefällt, dann lasst ein Abo da und abonniert uns. gebt uns gerne Sterne, Herzchen, Daumen hoch, was auch immer euer Podcatcher anbietet.
Johannes Franke: Genau, und wenn sie euch nicht gefällt, dann schickt diese Episode weiter an eure Feinde oder eure Nachbarn oder so.
Florian Bayer: Und wenn ihr uns Feedback geben wollt, wir freuen uns total über jeden Kommentar an johannes-muss-man-sehen.de oder florian-muss-man-sehen.de.
Johannes Franke: Genau, schickt uns Filmvorschläge und so weiter. Boah, das...
Florian Bayer: Oh, wir sind schnell durchgekommen. Ja, jetzt schnell raus,
Johannes Franke: schnell wieder zurück ins Gespräch.
Florian Bayer: Warum möchte ich nicht über die Sexszenen reden?
Johannes Franke: Alles, was ich darüber weiß, finde ich ein bisschen verstörend, muss ich sagen. Also zum einen finde ich sie tatsächlich im Film verstörend lang und ausartend. dann finde ich das, was der Regisseur dazu gesagt hat, seltsam. Und ich finde, was Halle Berry dazu gesagt hat, auch ein kleines bisschen seltsam, aber das kommt als Letztes in der Liste.
Florian Bayer: Dann lass uns doch mal auseinanderfrieden. Bevor wir zu den Szenen selbst kommen, was hat Mark Forster dazu gesagt?
Johannes Franke: Mark Forster wollte Halle Berry eigentlich nicht besetzen, weil er dachte, das passt nicht. Und zwar mit der Begründung, she's way too beautiful. I mean, who doesn't want to sleep with Halle Berry? Was ist das für ein Satz? Was ist das für eine Begründung für eine Besetzung? Oh mein Gott! Hast du dir gerade zugehört? Wie krass ist das denn? Alter! Und dann das mit diesem Hintergrund eine Sexszene zu sehen, mit dem Hintergrund des Satzes I mean, who doesn't want to sleep with Halle Berry?
Florian Bayer: Aber die Sexszene war ja schon im Skript davor. Die Sexszene, es war tatsächlich eine ausrufende Sexszene geplant. die auch dazu geführt hat, dass andere Darstellerinnen abgesagt haben, weil sie gesagt haben, das ist zu hart. Und dieser Gedanke, hey, Barry is too beautiful, ist natürlich, ey, sie hat davor, es war tatsächlich Passwort Swordfish, hat sie ein Jahr davor gedreht. Der kam quasi kurz davor ins Kino. Es sind die 90er, beziehungsweise die 2000er, Anfang 2000er. Und alle haben gefeiert, dass man endlich Hail Barrys Boobs sieht. Das war ein großes Thema, als dieser Film rauskam. Und da gab es auch irgendwie so eine Geschichte drumherum. Ich glaube, es war sogar, es ist richtig schäbig, glaube ich, richtig hässlich. Irgendwas, dass das quasi drin war. Sie musste die zeigen, sie sollte die zeigen. Irgendwie wollten sie ihre Boobs sehen. Und dann gibt es diese Szene, die so total absurd ist und wie so reingeflanscht ist. morgens nackt da sitzt, eine Zeitung in der Hand hat und die dann zur Seite macht und dann sieht man sie kurz, die Brüste und dann hebt sie die Zeitung wieder hoch und es wirkt alles so wie, so, ihr lieben 16-jährigen Teenager, hier ist für euch die Brustszene von Halle Berry. Können wir jetzt über was anderes reden?
Johannes Franke: Oh mein Gott.
Florian Bayer: Auf jeden Fall war das großes Thema und Halle Berry war ja, Halle Berry war damals und dann auch in Folge nicht als große Schauspielerin bekannt, sondern Halle Berry war die, die Eye Candy ist. die bei Familie Feuerstein 1994 die Sekretärin spielt, die einen, keine Ahnung, so ein Fellbikini trägt und so ein bisschen Sexappeal in den Film reinbringt.
Johannes Franke: Es wurde ihr ganz, ganz lange empfohlen, auf gar keinen Fall zeigst du irgendwas.
Florian Bayer: Genau.
Johannes Franke: Weil das eben dann ausartet in genau das, was passiert ist.
Florian Bayer: Nee, aber Hellberry war dafür bekannt, dass sie eben genau, sie hat diese Anwendung gekriegt, du zeigst... Du zeigst keine Brüste, du zeigst dich nicht nackt, aber wir zeigen so viel Haut von dir, dass alle sich vorstellen wollen, wie du nackt aussehen könntest. Und das heißt, Hellberry war irgendwie die Frau im Bikini. Hellberry trägt in jedem Film irgendwie in den 90ern Bikini und läuft im Bikini durchs Bild. Und das hat sie danach ja auch gemacht. Später hat sie James Bond gedreht, wo sie eine berüchtigte Bikini-Szene hat. und dann drei Jahre später hat sie ja die goldene Himbeere gekriegt für Catwoman, wo sie die ganze Zeit nur in so einem sexy Outfit rumläuft. Das war Hellberry. Und vor dem Hintergrund kann ich verstehen, dass der Regisseur sagt, die passt da nicht rein, weil eigentlich ist sie, allein schon wegen ihrer Reputation, ist sie nicht die richtige Schauspielerin für diese Rolle. Das können wir kacke finden und das ist ja auch irgendwie kacke, aber es ist nachvollziehbar, was er da sagt.
Johannes Franke: Aber es war gar nicht mal der Hauptgrund. Und sie hatte, er hatte erst gesagt, sie ist viel zu schön. für die Figur, die ich erzählen will. Und hat dann selbstreflektiv, das muss ich mal nehmen, zugutehalten, gesagt, ja, aber wenn ich jetzt in das Milieu reingehe, in das ich da reingehen will in den Film und mal selber rumschaue, die sind ja nicht, weil sie arm sind, hässlich und dumm.
Florian Bayer: Ja, das ist das Problem mit diesem, was ja tatsächlich, was wir alle wissen, Klemmer macht Schönheit. Wir finden, Brad Pitt ist nicht zum sexiest man alive gewählt worden, weil er tatsächlich das sexiest man. live ist, sondern weil er maßgeschneiderte Anzüge trägt und damit auf dem roten Teppich steht und einen Personal Fitness Trainer hat. Sprich, natürlich kannst du einen schönen Menschen in so einem Milieu besetzen und gleichzeitig kann man natürlich auch erzählen, dass so ein Milieu hässlich macht, im Sinne von du, keine Ahnung, du hast nicht genug Geld, du hast einfach nicht die maßgeschneiderte Kleidung, die ein Hollywoodstar hat.
Johannes Franke: Aber du kannst trotzdem Geschmack haben, wie wir das letzte Mal festgestellt haben.
Florian Bayer: Aber... Das Realistische ist natürlich, dass das eine Rolle spielt beim Aussehen, bei der Erscheinung, was du verdienst. Jemand, der reich ist, hat mehr Möglichkeiten, sich das Aussehen zu geben, das nach außen halt Klemmer strahlt. Und da müssen wir gar nicht zu Schönheitsoperationen kommen, das kann man sich natürlich dann auch leisten. Aber es sind wirklich so einfache Sachen, ob du für deinen Friseur 300 Euro ausgibst oder 50 Euro. Das macht einen Unterschied.
Johannes Franke: Ja, natürlich, das macht einen Unterschied. Und ich finde, sie haben es natürlich im Film ganz gut hingekriegt soweit. Und sie ist nicht... Ich finde keine Richtung extrem. Ich finde ein kleines bisschen, dass ihr zu Hause ein bisschen zu sehr schreit.
Florian Bayer: Kammer aus.
Johannes Franke: Eine arme Familie. So finde ich ein bisschen... draufgedrückt, ein bisschen dolle. Vielleicht wäre das für unsere Liste von letzter Woche von schlechten Beispielen von sozialer Darstellung.
Florian Bayer: Aber diese kleinen Bungalows, das ist wirklich so ein Ding in Amerika. Gerade in Südstaaten, diese Häuser, die wirklich viel zu klein sind, die aussehen, als könnten sie jeden Moment zusammenfallen. Und wo dann eine vierköpfige Familie auf zwei Zimmern wohnt. Das ist glaubwürdig. Und wenn du wenig Platz hast, dann wird es halt auch viel schneller chaotisch, als wenn du mehr Platz hast.
Johannes Franke: Ja, es gibt noch ein paar andere Probleme mit diesem Film, die wir vielleicht auch noch besprechen werden.
Florian Bayer: Wir müssen bei der Sexszene bleiben. Das ist das, was Mark Forster gesagt hat. Was hat Halle Berry zur Sexszene gesagt?
Johannes Franke: Halle Berry hat mit Billy Bob Thornton zusammen beschlossen, wir choreografieren das nicht, wir gucken einfach, was passiert. Wir gehen einfach mal so drauf los. Was ich sehr weird finde, es gab keinen Stunt-Koordinator. Also heute gibt es ja so Intimacy-Koordinator. die am Set sind und sagen, du, deine Hand kommt dorthin, deine Hand kommt dorthin, ist das okay für dich?
Florian Bayer: Du kannst Dankkoordinator bei der Sechszene durchaus Sinn gemacht haben. Aber mach weiter, ja? Entschuldigung.
Johannes Franke: Und es ist für mich ein bisschen verstörend, dass zwei Schauspieler einfach wirklich sagen, die sind beide verheiratet gewesen in dem Moment und hatten beide durchaus Partner, die erstmal durchatmen mussten nach diesem Film, weil sie gesagt haben, okay,
Florian Bayer: das ist doch ein bisschen unangenehm.
Johannes Franke: oder ein bisschen viel für mich als Partner jetzt zu ertragen. Aber gut, sie sind alle drüber weggekommen. Aber die Entstehungsgeschichte finde ich fast verstörender und schwieriger für einen Partner als die Szene an sich. Weil ich denke, what the fuck, du kannst doch nicht einfach sagen, okay und dann go for it. Und wir haben keine Choreografie, sondern wir haben einfach zwei, drei Kameras um uns. Die nehmen das halt alles auf und dann mal gucken, was dabei ist. Und wenn nichts dabei ist, auch machen wir das Ganze einfach nochmal. Wie krass ist das denn? Alter.
Florian Bayer: Okay, und mit diesem Wissen um die Technik drumherum, soll ich loslegen?
Johannes Franke: Ja, mach mal.
Florian Bayer: Ich finde, es ist eine der stärksten emotionalen Sex-Szenen-Kino der 90er. Ja,
Johannes Franke: weil Halle Berry wahnsinnig gut ist.
Florian Bayer: Nein, ja. Sie spielt nur den Überfall,
Johannes Franke: den du vorhin gesagt hast, wahnsinnig gut.
Florian Bayer: Natürlich, aber Billy Bob Fond spielt es auch gut mit. Und es ist, unabhängig von der Qualität, Sex so als Verzweiflungstat, um sich an irgendwas klammern zu können, um irgendwie den Schmerz loswerden zu können, Ja. so. Inszeniert habe ich sonst noch nicht gesehen. Also das ist wirklich dieses absolut rein kathartische, dieses, oh mein Gott, das ist so viel elendig. Wir müssen den Schmerz irgendwie loswerden. Wir müssen den Schmerz irgendwie betäuben. Und das zieht sich durch diese ganze Sexszene. Und deswegen nehme ich auch die gesamte Länge. Ja, die ist lang inszeniert. Aber die ist nicht erotisch inszeniert. Die ist vielleicht ein bisschen juristisch inszeniert. Aber es ist egal, weil die die ganze Zeit getragen wird durch dieses, irgendwie muss der Schmerz weg. Und wenn es durch einen Orgasmus ist, dann ist es durch einen Orgasmus. Und dafür finde ich diese Szene unglaublich stark und auch wichtig.
Johannes Franke: Halle Berry meinte, es ist gar nicht der Orgasmus, den du ansprichst, sondern tatsächlich einfach dieses jemanden anderen spüren, dem man sich gerade nahe fühlen muss, damit man diesen Schmerz irgendwie los wird. Aber im Wesentlichen ist es ja egal, ob das jetzt auf den Orgasmus oder auf das Berühren und Nahe sein und aneinander reiben ist. Ich verstehe das emotional total. Ich finde, dass das nicht... ganz stimmt, wie sie da hinkommt. Also Halle Berry hat in dem Film wahnsinnig viele gute Sachen, aber ich finde, da schwankt sie so ein bisschen in der Qualität, dass sie da, aber es ist auch eine große Aufgabe, muss man sagen, sie da, die Letitia da hinzubringen, dass sie diesen Sex anzettelt. Da bin ich ein bisschen unsicher, ob das so gut funktioniert. Sie spielt die Sexszene an sich wahnsinnig gut, deswegen komme ich auch mit der Länge klar, aber ich habe trotzdem das Gefühl, durchzuspüren, dass sie das so gut kann. dass die Filmemacher ein kleines bisschen zu sehr davor saßen am Ende und gesagt haben, wir haben so tolle Sachen, die müssen wir alle verwenden und es muss alles da rein und es ist auch ein kleines bisschen zu voyeuristisch.
Florian Bayer: Ich finde, diese Sechszene muss so lang sein. Und ich finde sie überzeugend und ich glaube... Es ist tatsächlich in dem Moment auch egal, wer da sitzt. Daraus entwickelt sich eine Liebesgeschichte, aber in diesem Moment geht es wirklich nur um einen animalischen Instinkt bei beiden. Und das finde ich überzeugend inszeniert und das finde ich halt auch einfach stark, weil es eben zum einen dieses Animalische hat, dieses übereinander herfallen und zum zweiten diese emotionale Komponente dabei, die aber so eindeutig ist, nicht ich falle über dich her, weil ich in dich verliebt bin, sondern es muss einfach raus.
Johannes Franke: Ja, ja.
Florian Bayer: Und ich finde es wichtig, dass die Szene so lang ist. Weil in dieser Szene einfach viel emotional passiert mit den Charakteren. Und wir haben zum ersten Mal, wir haben gerade 70 Minuten Elend und Leid hinter uns.
Johannes Franke: Ich finde es so süß, dass wir immer die Zahlen aufschreiben. Wann was passiert.
Florian Bayer: Und wir haben so einen Befreiungsakt. Und es tut so gut, weil es das erste Mal da ist, dass das Leid sich in irgendwas anderes auflöst. Obwohl diese Szene auch mit Leid beginnt. Und das ist... so wichtig in diesem Moment. Und dann will ich auch die drei Minuten, vier Minuten haben, wo der Slide komplett aufgelöst wird.
Johannes Franke: Okay. Na gut. Du Oliver, ja. Dann sollst du deine... Halle Berry und Bob Thornton sind ja auch sehr zufrieden mit der Szene gewesen. Also die fanden das ja toll. Die haben das einmal gemacht und dann hat der Regisseur gesagt, okay, wir machen hier so ein, zwei Pickups und das war's dann. Also im Grunde der Best Case, den man sich vorstellen konnte dafür. Ich habe also insgesamt durchaus ab und zu das Gefühl, dass Halle Berry als Eye Candy herhalten soll.
Florian Bayer: Ich habe sie in diesem Film nie so wahrgenommen.
Johannes Franke: Ein bisschen habe ich das schon.
Florian Bayer: Halle Berry war, also sie war Eye Candy der 90er Jahre ganz lange. Und das ist das erste Mal, dass sie es nicht ist, obwohl es die freizügigste Szene ist, die sie je gespielt hat. Dafür, und das sage ich nochmal mit... dafür ist sie zu hässlich in dem Film. Und mit Hässlichkeit meine ich eben das, was sie verkörpert, was eben diese Schönheit, diese Hässlichkeit, die entstehen kann, wenn du einfach leidest. Und hässlich ist vielleicht auch der falsche Begriff dabei, aber dafür ist sie nicht klammerös genug in diesem Film. Ich glaube nicht, dass die Szene viele Halle Berry Fanboys zufriedengestellt hat oder groß Masturbationsvorlage für sie war.
Johannes Franke: Das Problem ist ja, dass die Szene so lang ist und deswegen kann man die durchaus als Single auskoppeln.
Florian Bayer: Liebe Kinder, vor eurer Zeit, es gab ein Medium, das nannte man CD. Damals gab es Alben, das ist das, was ihr auf Spotify heute noch seht, und es gab Singles. Das waren CDs, die bestanden nur aus einem Lied und haben 10 Mark gekostet. Liebe Kinder, Mark war vorm Euro unsere Währung.
Johannes Franke: Hörst du diese Stille? nachdem der letzte Gast gegangen ist,
Florian Bayer: kannst du so einen Froschquaken nachher im Schnitt einfügen.
Johannes Franke: Okay.
Florian Bayer: Ja, vielleicht. Vielleicht kann man das machen. Aber ich finde, die Szene ist richtig an dieser Stelle. Und ich habe auch nicht das Gefühl, dass die Macher, vor allem Mark Forster und Milo Etika und Will Rockhorst das gemacht haben, um sich an einer Hailberry-Sexszene aufzugeilen. Und wie gesagt, sie hatten Hailberry gar nicht im Kopf, als sie die Szene geschrieben haben. Und... Ich glaube, die wollten damit emotional was erzählen und das ist ihnen meiner Meinung nach gelungen.
Johannes Franke: Okay, ich möchte gerne als Schauspieler einmal den Kollegen sagen, bitte macht das niemals, niemals unvorbereitet in eine Sexszene gehen, auch wenn ihr noch so sehr das Gefühl habt, ah ja, das wird richtig cool, das wird richtig emotional und wir sind da besonders überzeugend. Aber so eine Sexszene einfach so zu drehen, ohne irgendwelche Absprachen, das, also... Niemals.
Florian Bayer: Das kann extrem tief gehen. Das würde heute auch nicht mehr so gemacht werden, hoffe ich doch.
Johannes Franke: Okay, Herr Berry war, wie du vorhin gesagt hast, die einzige Schwarze in der Geschichte, die diesen Preis bekommen hat, den Oscar. Und das ist sie bis heute, die einzige Schwarze. Es gab dann noch Michelle Yeoh, die den bekommen hat jetzt letztes Jahr, als andere farbige Frau. Aber... sonst sind wir sehr weiß.
Florian Bayer: Der Oscar ist eine sehr weiße Veranstaltung.
Johannes Franke: Also es ist, jedes Mal, wenn man sich sowas nochmal anschaut und dann auf solche Funfacts kommt, schwindet der Fun ein bisschen.
Florian Bayer: Ja, es sind keine Funfacts, es sind einfach traurige Realitätsfacts.
Johannes Franke: Gut, okay, also Hellbearer hat das wunderbar gemacht, ganz toll. Ich würde gerne Billy Bob Thornton nochmal ein bisschen nach vorne stellen, den ich tatsächlich... ein bisschen überschattet von Halperry, aber er macht das auch sehr, sehr gut. Wie wir vorhin gesagt haben, dieser Zwang von dem Vater, der da kommt und er spielt das wahnsinnig gut, diesen schweigsamen Typen, der nicht weiß, wie er mit seinen Emotionen umgehen soll und wie er überhaupt damit umgehen soll, dass etwas sich anders darstellt, als er sein ganzes Leben lang gelebt hat. Nämlich, dass man... durchaus eine emotionale Bindung zu Schwarzen herstellen kann. Neu, seltsam, aha.
Florian Bayer: Er weiß ja auch gar nicht, wie er das jetzt machen soll. Er stolpert dann so ein bisschen durch dieses neue Ich und er lässt den Wagen reparieren von den Nachbarn. von dem schwarzen Nachbarn. Und er will ihr den Wagen schenken und seine Tankstelle nach ihr benennen. Man merkt irgendwie, er versucht irgendwie zu finden, was mache ich als Mensch, wenn ich jetzt so bin?
Johannes Franke: Beziehungsweise, was mache ich als Mensch, wenn ich Mensch bin?
Florian Bayer: Und es hat die ganze Zeit so Cringe, könnte man dazu sagen. Irgendwas so was Hilfloses. Was es halt auch nach... vollziehbarer macht, was es glaubwürdiger macht vor allem. Er wird jetzt nicht zum Strahlemann, er wird jetzt nicht zum Helden, er muss überhaupt erstmal rausfinden, was man macht, wenn man kein Arsch ist.
Johannes Franke: Ja, genau.
Florian Bayer: Und mit diesem, okay, ich versuche jetzt irgendwie ein anderer Mensch zu sein, ich weiß aber nicht so genau wie, wird dann ja auch diese Liebesgeschichte erzählt. Mit dem, es gibt diese sehr symbolische Szene, wo man wieder denkt, jetzt habt ihr aber ganz schön drauf gedrückt, wo er im Bad ist und dann das Bild von Lawrence sieht und sich erstmal übergibt. Er ist quasi mit Lawrence zusammen im Bad und was ja dem Film auch viel angelastet wurde, das ist eben diese, ach, was für ein Zufall, jetzt treffen die zusammen und jetzt müssen ausgerechnet sie sich ineinander verlieben. Wie ist das mit dieser Liebesgeschichte? Ist das so ein bisschen konstruiert dann einfach, dass es diese beiden Menschen sind, die so zusammenhängen, dass die versuchen gemeinsam was zu machen? Ist es zu viel? Zu viel Ballast? der da mitgegeben wird, wäre das überhaupt notwendig, dass er der Executioner ihres Mannes ist? Auch wenn er nicht selbst den Hebel umgelegt hat?
Johannes Franke: Ja, weiß ich nicht ganz genau, aber ich glaube, es stört nicht weiter. Also mich stört es nicht weiter. Mich stört vielmehr, dass das insgesamt so konstruiert wird, dass die Figur, die Hal Berry da eigentlich Letitia hat, dass sie sehr viel dann doch auch dafür da ist, seinen Rassismus zu überwinden. Und das erinnert mich an ganz seltsame
Florian Bayer: Stereotype. Ganz fieses Trope im 90er Jahre Kino. Ja. Wir haben den Weißen, der eigentlich nur einen netten Schwarzen kennen muss.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Damit er seinen Rassismus überwindet. Und ganz schlimm auch ein Schwarzen, dessen Rolle es wichtig ist, dass er der nette Schwarze ist.
Johannes Franke: Ja, ja, genau.
Florian Bayer: Und der muss natürlich die Stakes viel höher für ihn. Wenn du als Ausländer, als Schwarzer, als Migrant, whatever, beweisen musst, dass... Wenn es auch Nette gibt, dann kannst du nicht einfach nur Standard nett sein. Nein, nein,
Johannes Franke: dann musst du richtig nett sein. Dann musst du heilig sein.
Florian Bayer: Und das ist der entscheidende Unterschied. Das ist sie nämlich nicht.
Johannes Franke: Das ist sie nicht, das stimmt. Aber trotzdem ist sie dafür da, seinen Rassismus zu heilen. Was ich seltsam finde. Und ihr muss ein Haufen Zeug passieren. Ja.
Florian Bayer: Das ist das Zweite, was ich eher finde. Es ist natürlich dieses White Knight Ding. Nachdem sie ihre Konfrontation mit Buck hatte, will sie auch erstmal nichts mehr von ihm wissen, nachvollziehbarerweise. Und dann gewinnt er sie dadurch zurück, dass sie ihre Wohnung verliert. Dadurch, dass er sich wirklich um sie kümmern kann. Und er sagt sogar, ich will mich um dich kümmern, ich will für dich sorgen und für dich da sein. Und das ist schwierig. Ich finde, man kann den Film so lesen, dass er das auch ein bisschen mit erzählt. weiß nicht genau, was er machen soll. Und für Hank ist das irgendwas auch, woran er sich festklammern kann. Sprich, das Retten von ihr ist irgendwie, er kann zum ersten Mal fürsorglich für ein Männchen sein. Zum ersten Mal in seinem Leben. Und das ist diese Belege, nicht, du hast mich gerettet, ich hab dich, äh, nicht, ich hab dich gerettet, du hast mich gerettet. Ne, was so der Retter zur Geretteten sagt. Aber es wird so ein bisschen miterzählt, dass es halt auch was ist, woran er sich klammert. Er klammert sich auch an dieses Fürsorglichsein. Deswegen ist das auch so awkward ganz oft bei ihm, wenn er sie mit Eiscreme füttert. Das wirkt so ein bisschen merkwürdig awkward. Wir sehen, das ist alles so hilflos, das ist alles so ein bisschen ungelenk. Und er kriegt eigentlich keinen Moment in dieser Fürsorge. Wo er irgendwie, wo es natürlich wirkt, sondern es wirkt immer ein bisschen ungelenk und unbeholfen und hilflos. Und deswegen finde ich es okay, weil er ist einfach nicht der Retter. Er ist einfach nicht der strahlende Held.
Johannes Franke: Ja. Weiß ich nicht. Mir ist eigentlich egal, ob er dabei ungelenk ist oder nicht. Weil das, was er im Endeffekt macht, ist immer wieder zu sagen, hier, komm in meine Arme, hier, ich helfe dir hier, hier, ich helfe dir dort und ich bin der große Retter. Obwohl ich natürlich in meiner Haltung vielleicht nicht der große Held bin, aber im Endeffekt, es kommt doch aufs Gleiche hinaus.
Florian Bayer: Nee, nee, ich sehe total den Punkt, den du machst. Also ich sehe total, man kann das... zu lesen und das ist es wahrscheinlich auch, das was ich sage, ist wahrscheinlich überinterpretiert. Man kann es absolut so lesen, es macht total Sinn, das so zu sehen, oh nee, das ist schon wieder so eine Geschichte, dass der Weiße die arme Schwarze rettet. Oder die arme Frau rettet. Die Farbe spielt dabei gar keine so große Rolle, es ist einfach der Mann, der die Frau rettet, die hilflos ist. Aber er wird die ganze Zeit dabei so ungelenk inszeniert, dass das dadurch aufgebrochen wird.
Johannes Franke: Ja, es wird ein bisschen aufgebrochen. Das ist aber wiederum das, was... Was ich sage, ich bin bestechlich als Zuschauer vom Schauspiel. Das ist nur Schauspiel, es steht nicht im Drehbuch.
Florian Bayer: Ja, das ist mir vollkommen egal. Aber diese Awkwardness, die ist auch ganz wichtig dabei. Wie ungelenk er sie dann in die Wohnung bringt und sagt, du kannst da schlafen oder vielleicht da oder mal schauen und lass uns Sex haben vielleicht, ich weiß nicht. Es ist so hilflos die ganze Zeit, dass ich ihn einfach nicht als dieses Klischee sehe. Es ist zu weit weg von dem Klischee.
Johannes Franke: Also das hilft dem Film natürlich, absolut. Du hast total recht, dass das Ganze ein bisschen aufbricht. Ich finde bloß, dass es es nicht so auflöst so richtig und das wäre halt irgendwie cool gewesen. Ich glaube, es wäre cool gewesen, wenn sie noch mehr bekommen hätte, wenn sie noch mehr, es geht ja im Film quasi um ihn mehr. Es geht für mich in der Konsequenz, weil wir die ganze Zeit bei dem sind, was er für sie tut, geht es irgendwie um ihn. Weil auch er derjenige ist, der seinen rassistischen Vater an die Seite bekommt und er derjenige ist, der eine Emanzipationsgeschichte von seiner Familie bekommt oder von dem Rassismus seiner Familie. Und das angestoßen durch den Tod seines Sohnes, der vielleicht emotional schlauer war als alle anderen.
Florian Bayer: Ich finde, und dann bewegen wir uns schon zum Ende, im entscheidenden Moment geht es um sie. Wenn sie nämlich erkennt, wie ihre Verbindung ist und wenn wir dann die Frage haben, wie geht sie damit um. Und das ist natürlich das, wo ich sage, das ist dieser Moment, wo der Film den Twist zum Optimistischen kriegt. Aber wo vor allem auch sie diesen Twist zum Optimistischen kriegt. Sie ist damit konfrontiert. sie entscheidet sich gegen diese Verzweiflung. Diese Verzweiflung ist ihre erste absolut nachvollziehbare Reaktion. Und sie entscheidet sich dann bewusst dagegen und gar nicht in einem großen Act. Sie muss das ja auch mit ihm gar nicht kommunizieren. Sondern es findet einfach im Kleinen so eine Entscheidung statt. Nee, ich guck vorwärts. Und dann ist der Film ja eigentlich, also diese letzten fünf Minuten gehören ja ihr und ihrem. ihrem emotionalen Aufgeriebensein und ihrer Entscheidung, wie sie damit umgeht.
Johannes Franke: Nur um das nochmal zu klären, es geht um die Szene, dass sie wirklich rausfindet, dass er derjenige war, der in diesem Gefängnis, in dem Todestrakt gearbeitet hat.
Florian Bayer: Sie findet das raus, während er eiskaufen ist, er kommt zurück mit dem Eis und sie war davor ganz verzweifelt und sitzt dann auf der Veranda einfach fast wie gelähmt und er setzt sich zu ihr und sie gehen zusammen raus. Sie wirkt so ein bisschen wie betäubt und sie gucken dann nochmal zu den Gräbern und von seinen Familiengräbern sind ja bei ihm im Garten und es gibt irgendwie offensichtlich so Gedanken, die da stattfinden, aber wir wissen nicht genau, was in ihrem Kopf vorgeht, wie so oft in diesem Film und er füttert sie dann mit Eis und sie nimmt das irgendwie, sie wirkt immer noch wie betäubt und dann gibt es von ihm diesen wirklich ganz banalen Satz, I think we're gonna be alright. Er ist einfach so, ich glaube, das wird schon ganz okay sein.
Johannes Franke: Wo ich dann schon denke, ach Finn, versuchst du uns das optimistische Ende zu sagen.
Florian Bayer: Nein! Och komm, also wie er das sagt. Das ist ja wieder seine Awkwardness. Er weiß, er ist einfach ungelenk. Und das wird ja auch weiter sein. Es ist nicht das, was er sagt. Es ist das, wie sie blickt.
Johannes Franke: Ja, das ist das Eigentliche. Und ich glaube, das macht den Film sehr stark und sehr kontrovers. Weil das, ich habe da bestimmt 20.000 Meinungen zugelesen. Alle unterschiedlich. Jeder hat was anderes in diesem Blick gesehen. Und das ist Hal Berry zu verdanken, die wirklich es schafft. So indifferent ist das falsche Wort. Aber so zu gucken, dass man wirklich es schaffen würde, selbst rein zu interpretieren, dass sie jetzt beschließt, ihn umzubringen. Selbst das könntest du rein interpretieren.
Florian Bayer: Interpretierst du das rein?
Johannes Franke: Nein, das würde ich nicht. Aber die Möglichkeit, weißt du, du hast alle Möglichkeiten und dann gibt es Leute, die sagen, naja, es ist furchtbar, das Ende ist schlimm, weil sie das dann ja runterschluckt und gegen ihren eigentlichen Willen, sie hat ja gar keine andere Chance. Sie muss ja bei ihm bleiben, sie hat keine eigene Bleibe und so weiter. Und das kannst du alles.
Florian Bayer: Das kann ich nicht interpretieren, das ist halt Blödsinn, aber kannst du machen.
Johannes Franke: Aber es stimmt ja, sie hat eigentlich auch keine andere Chance. Also natürlich, so wie sie ist, so wie wir wissen, sie hat genug Kraft für alles Mögliche. Aber die Umstände geben schon auch die Möglichkeit vor, dass der Film auch sagen könnte, ja, da bist du jetzt dort gefangen, weil du hast ja keine anderen Optionen mehr. Bei demjenigen, der deinen Mann umgebracht hat.
Florian Bayer: Ich glaube, es ist dadurch, also ihre Verzweiflung ist so impulsiv. Wenn man drüber nachdenkt, ist ja diese Verknüpfung, die sie da sieht, natürlich ist das ein Schock, aber letzten Endes ist es halt auch eine Verknüpfung, die vielleicht gar nicht so eine Relevanz hat. Weil ich meine, sie war von ihrem Mann ja schon distanziert und ihr Mann wurde hingerichtet.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Und dadurch löst es sich meiner Meinung nach so ein bisschen auf. Ich sehe in ihrem Blick, dass sie... eine sehr bewusste Entscheidung trifft. Und die hat sie davor nämlich nicht getroffen, als sie in sein Haus kommt. Da sitzt sie einfach auf der Straße und weiß nicht, wohin. Und da kommt sie auch fast wie so ein Roboter da rein. Und naja, okay, jetzt habe ich wenigstens was. Und er weiß auch nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollen. Aber in dem Moment, und auch wenn es nur ein Blick ist, wenn es nur ein optimistischer, lächelnder Blick ist, ist sie aktiv. Da findet nämlich eine Entscheidung statt. Es geht jetzt vorwärts. Ich greife nicht mehr...... nicht mehr zurück auf diese Historie, sondern es geht jetzt irgendwie vorwärts.
Johannes Franke: Hast du den Film über das Gefühl, wenn wir gerade bei vorwärts sind, dass die beiden doch recht schnell von ihren Söhnen wegkommen oder irgendwie, ich weiß nicht, die sind so plötzlich nicht wirklich Thema, obwohl das eigentlich natürlich drunter liegt, aber es gibt so viele Leute da draußen, die sagen, ja, der Film ist so kalt mit ihren Toden und so.
Florian Bayer: Die sind doch total kaputt am Ende. Das wird ja auch, wir wissen doch, wir sehen diesen Optimismus, aber wir wissen auch, das wird nicht leicht. Das wird keine leichte Beziehung. Und die tragen so viel Ballast mit sich und das wird noch sehr viel Tränen geben. Das wird noch sehr viel Angst geben und Verzweiflung und Auseinandersetzung hoffentlich auch. Aber dieser erste optimistische Impuls, irgendwie wird das schon ganz okay werden. Irgendwie kriegen wir das hin. Der ist da und der ist das Entscheidende.
Johannes Franke: Ich kann... Aber auch, um das nächste andere Thema, was mir ständig begegnet ist, noch reinzuwerfen. Ich kann auch Leute verstehen, die sagen, oh, da haben wir aber jetzt ganz schnell, ganz leicht den Rassismus gelöst. Mensch, durchgespielt, wir haben es geschafft. Ja. Gibt keinen Rassismus mehr. Alles gut. Wir müssen nur jeder einmal eine nette schwarze Person kennenlernen, in die wir uns fällen.
Florian Bayer: Natürlich. Und das ist immer das Problem, wenn du anfängst. Einzelgeschichten, Anekdoten allegorisch zu lesen. Aber diese Geschichte, ich glaube nicht, dass die Erzählung hier ist, so überwindet man den Rassismus. Es geht um eine Einzelperson, die ihren Rassismus überwunden hat. Aber auch das ist nicht das Hauptthema, sondern es geht um zwei Menschen als Hauptthema, die Schreckliches erlebt haben und die es trotzdem irgendwie schaffen, sich aneinander zu klammern und miteinander da irgendwie rauszutreten aus diesem Schrecklichen, was sie erlebt haben. und die wirklich tief im Schlamm stecken, als sie sich begegnen und es trotzdem rausschaffen. Und das ist auch dieser Optimismus, den ich da drin sehe. Wir kriegen wirklich die ersten zwei Drittel des Films nur gezeigt, wie sie tiefer und tiefer im Sumpf versinken. Und deswegen ist diese Sexszene so wichtig, weil das machen sie im wahrsten Sinne des Wortes, ziehen sie sich da gemeinsam raus und dann werden die letzten 20 Minuten, die letzten 30 Minuten erzählt, schaffen sie es irgendwie sich da rauszuziehen oder schaffen sie es, nachdem sie sich aus dem... Gröbsten rausgezogen haben, da draußen zu bleiben. Und das ist für mich am Schluss die Antwort ja, obwohl es die ganze Zeit auf der Kippe ist. Aber um das nochmal dazu zu sagen, dieser Weg dahin, vor allem in den ersten zwei Dritteln, das hatte ich nicht mehr so in Erinnerung, hab ich oft dieses Gefühl, wow, der Film macht sehr viel, um Affekte zu erzeugen. Der Film ist ein extrem triebgesteuerter, affektgesteuerter Film. Und dann kommen wir wieder zu dem Begriff Elendsporn. Es wird sehr viel Elend gezeigt, vor allem im Leben von Hellberry. Du hast schon gesagt, die Wohnung sieht eine Nummer zu krass aus. Sie hat einen übergewichtigen Sohn, sie hat kein Geld. Es wird sehr viel draufgepackt. Und das finde ich noch okay, weil es gibt wirklich das gibt es. Das ist echt. Menschen leben so. Menschen leiden extrem unter Armut.
Johannes Franke: Aber ich hätte halt gerne öfter die Variante, die wir letzte Woche besprochen haben. wo Leute nicht in ihrem Elend verzweifeln und in ihrem Elend grau und grauer alles schrecklich dargestellt wird, dieses Elends-Porn-Ding.
Florian Bayer: Wir haben letzte Woche über Mermaid's Don't Cry gesprochen. Da geht es um auch einen Film, der im Prekariat spielt, nicht so extrem wie hier, aber wo vor allem eine Feel-Good-Story erzählt wird im Prekariat. Hört rein. Ja, ich finde halt, dazu dient halt... Also das entschärft so ein bisschen das... Aber ich wollte ja eigentlich sagen, womit ich Probleme habe. Also das letzte Drittel entschärft das ein bisschen. Aber ich merke halt sehr oft, dass diese Affekte reinhauen. Und ich finde es gut, weil er kriegt so eine Krabbitaste durch, dass es wirklich Elend erzählt. Aber du bist immer kurz davor zu denken, wow, es ist auch ein bisschen Elendspornografie. Weil es eben diese Affekte anspricht. Wie Lawrence hingerichtet wird. Wie Tyrell stirbt. wie Leticia komplett am Verzweifeln ist, weil sie die Wohnung verliert, wie sich Sunny tötet und so weiter. Das sind alles extrem effektive Momente. Und manchmal hat man danach das Gefühl, oh, die wurden sehr bewusst so inszeniert, dass sie so effektiv sind. Und das hatte ich zum ersten Mal bei dem Film. So ein bisschen dieses kritische Kratzen im Kopf. So, ah, das ist vielleicht doch ein bisschen sehr draufgehauen. Obwohl ich den Film immer noch sehr stark finde. Weil er ist meiner Meinung nach... erfolgreich und er schafft es halt einfach, er schafft es zum einen gut zu erzählen und zum anderen sind die Charaktere extrem stark gespielt und extrem stark geschrieben. Aber ja, er zeigt viel Elend. Er zeigt 70 Minuten Elend und 20 Minuten die Frage zu stellen, na, schaffen sie es raus?
Johannes Franke: Natürlich, du sagst ein positives Ende irgendwie, aber es ist... bei weitem nicht auserzählt, was ja der Film gut macht. Dass nicht am Ende sie reiten in den Sonnenuntergang und Geigen spielen und alles wird gut.
Florian Bayer: Ja, Gott sei Dank.
Johannes Franke: Man hat den Ausschnitt der beiden jetzt und weiß jetzt, okay, die beiden werden wohl eine Weile zusammen den Weg gehen.
Florian Bayer: Was ist denn dein Gefühl am Schluss? Wirst du mit einem positiven Gefühl entlassen oder ist das Elend zu groß davor, als dass das möglich wäre?
Johannes Franke: Nö, es kann schon... Der muss halt erstmal rausfinden, wer er ist, ohne Rassismus. Dieser Typ. Und ich kann mir vorstellen, dass er es eigentlich allein rausfinden sollte und nicht mit ihr, weil das irgendwie auch seltsam ist. Weil dann ist sie wieder diejenige, die dafür sorgen muss, dass er seinen Rassismus los wird. Aber sie kann natürlich eine Hilfe sein. Die Frage ist halt, was hat sie davon?
Florian Bayer: Ich glaube, sie muss auch mal herausfinden, wer sie ist, ohne kämpfen zu müssen. Sie hat den ganzen Film überkämpfen müssen. uns überleben und jetzt muss sie, glaube ich, auch herausfinden, wer sie ist, wenn sie mal nicht in die Ecke getrieben ist und irgendwie nach allem greifen, versucht zu greifen, was ihr halt bietet.
Johannes Franke: Ja, das stimmt.
Florian Bayer: Jingle.
Johannes Franke: Unsere Top 3. Jetzt hast du einfach so in die Top 3 hinübergeleitet.
Florian Bayer: Musste sein. Wir waren ja offensichtlich an einem Punkt, an dem wir gerade nicht weiterreden konnten. Top 3, Strafvollzug.
Johannes Franke: Strafvollzug.
Florian Bayer: Johannes, du musst anfangen.
Johannes Franke: Oh, ich muss anfangen, stimmt. Ich habe noch nicht mal sortiert. Ich gebe als Platz 3, weil das einfach sein musste. Ich schaffe es zu jedem Thema, entweder Dr. Who oder Wes Anderson zu holen.
Florian Bayer: Oh nein!
Johannes Franke: Und es ist Wes Anderson in diesem Fall.
Florian Bayer: Wes Anderson ist ein Film. ...oft eine Strafe.
Johannes Franke: Was?
Florian Bayer: Das gibt's überhaupt nicht.
Johannes Franke: Stopp, stopp,
Florian Bayer: stopp. Wes Anderson hat einen Film im Gefängnis gedreht?
Johannes Franke: Nein, natürlich nicht. Aber es gibt eine ganz tolle Ausbruchsszene aus dem Gefängnis bei Wes Anderson im Grand Budapest Hotel.
Florian Bayer: Alter. Ah, und es gibt auch diesen Maler im Gefängnis in...
Johannes Franke: Ja, genau....in The French Dispatch. Aber nein, ich gebe...
Florian Bayer: Aber im Gefängnis gibt's gar keine... Tapeten mit Waldmuster. Das stimmt.
Johannes Franke: Sie haben sehr gestreifte Anzüge an. Sehr gestreift. Bei Wes Anderson. Man hat das Gefühl, die sind gestreifter als alle anderen Anzüge, die es im Gefängnis gibt. Jedenfalls sitzt er irgendwann zwischendurch im Gefängnis und erzählt von seiner kriminellen Vergangenheit. Ich glaube, es war die Vergangenheit. Dann erzählt er, wie sie rausgebrochen sind. Ausgebrochen aus diesem Gefängnis. Und es ist ein absurd langer Weg, den die da nehmen, um auszubrechen. Sie rechnen hier vorbei, dort vorbei, dort vorbei. Und dann treffen sie doch noch auf irgendwelche Wächter, die dann umgebracht werden. Und der eine von denen, die da ausbrechen wollen, stirbt auch. Und die gucken da sehr lakotisch drauf und sagen, I guess that's what you call a tie. Während beide da liegen und sich gegenseitig erstochen haben. Es ist sehr süß. Mit realistischem Strafvollzug hat das nichts zu tun. Aber deswegen auch auf Platz 3.
Florian Bayer: Okay, Platz 3. Mein Platz 3 ist Clockwork Orange.
Johannes Franke: Ah, okay.
Florian Bayer: Strafvollzug, Haltestherapie, die übelste Variante.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Wir wollen aus Alex einen besseren Menschen machen. Deswegen fesseln wir einen Stuhl, spülen ihm die Uhr an die Freude vor und zeigen ihm irgendwelche barbarischen Szenen. Ja.
Johannes Franke: Damit hättest du meinen Platz 2.
Florian Bayer: Entschuldigung.
Johannes Franke: Aber Clockwork Orange, unglaublicher Film. Man kann sehr verstört daraus gehen. Sorry for that. Also müssen wir auf jeden Fall vorgewarnt sein. Der ist sehr verstörend, schreckenweise. Aber es ist ein sehr, sehr guter Film.
Florian Bayer: Müssen wir auch irgendwann mal gucken, glaube ich.
Johannes Franke: Ja, wahrscheinlich, ja. Platz 1.
Florian Bayer: Ja, dein Platz 1. Ich bin... Ah, nee, nee, da muss ich meinen Platz 2 nennen. Ach so, du musst... Wenn dein Platz 2 Clockwork Orange war.
Johannes Franke: Ja, genau.
Florian Bayer: Mein Platz 2 Serie. Ich habe sie eine Zeit lang immer empfohlen und alle haben gesagt,
Johannes Franke: Orange is the New Black.
Florian Bayer: Es ist eine tolle Serie. Meiner Meinung nach wirklich gut. Natürlich... Wir... wie viele Serien mit den späteren Staffeln immer schlechter. Aber am Anfang erzählt sie genau den richtigen Punkttreffen zwischen realistisch und albern Alltag im Minimumsicherheitsstrafverzug von den Frauen. Und das auch wirklich überzeugend. Und es sind keine großen Geschichten, die da stattfinden, sondern es sind so die kleinen Alltagsstreitereien und Intrigen und so weiter. Und es ist wirklich witzig gemacht. Und es ist toll. Es ist auf jeden Fall sehenswert. Mittlerweile ja auch schon über zehn Jahre alt. Tolle Serie, die erste große erfolgreiche Netflix-Serie.
Johannes Franke: Oh, okay.
Florian Bayer: Auf jeden Fall sehenswert, vielleicht auch für so einen Rewatch.
Johannes Franke: Ich hatte zwischendurch gedacht, Green Mile vielleicht reinzubringen, aber ich war so jung, dass ich glaube, ich habe keine Ahnung gehabt, was Qualität ist und ich befürchte ein bisschen bei diesem Film, dass der gar nicht so gut ist, wie ich dachte.
Florian Bayer: Ich glaube, der ist immer noch okay, aber ich würde sagen, ich habe den als guten Film in Erinnerung.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Ich hatte ja so eine krasse Stephen King Phase und da fällt der rein. Und ich fand den Film besser als das Buch.
Johannes Franke: Aha, okay. Aber der ist so kitschig, oder?
Florian Bayer: Der ist voll kitschig, absolut. Und der hat auch dieses ganz schreckliche Trope von dem Schwarzen, der weise Schwarze, der den Weißen hilft. Und dessen einzige Rolle ist es, Märtyrer zu sein für die Weißen.
Johannes Franke: Ja. Und ich hatte noch einen Flug übers Kuckucksnest überlegt, habe ich aber dann nicht gemacht. Weil er ja nur dem Strafvollzug entgehen will und dann in einem anderen Strafvollzug quasi landet, indem er in der geschlossenen Station da landet. Ja. Irgendwie auch eine Form von Strafvollzug. Ja, auch nicht schlecht. Ja. Ich habe das Schweigen der Lämmer als Platz 1.
Florian Bayer: Oh. Oh, ja. Ja, Hannibal Lecter ist im Strafvollzug.
Johannes Franke: Ja. Und es gibt diese eine wundervolle Szene, die wirklich immer zitiert wird, wie er im Gefängnis steht, hinter den Gitterstäben. Und sie, Clarice, steht davor und die unterhalten sich und er macht dieses...
Florian Bayer: Improvisiert, ne? Von Anthony Hopkins, die große improvisierte Szene.
Johannes Franke: Also das ist wirklich eine sehr, sehr gute Szene, weil beide Schauspieler und beide Figuren showcasen dürfen, worum es geht bei ihnen, was die Figuren ausmacht und was die Schauspieler können. Das ist schon toll. Cool.
Florian Bayer: Mein Platz 1, du hast Greenmail gesagt, Stephen King, die Verurteilten. Ah,
Johannes Franke: okay.
Florian Bayer: Shawshank Redemption. Großartiger Film, hat mit Sicherheit auch seine Schwächen, hat auch dieses Klischee, auch dieses Drop von dem Weißen, Schwarzen, der eigentlich nur da ist, Supportcharakter für den Weißen zu sein. Aber unabhängig davon, wirklich ein starkes, großes Hollywood-Drama, das ich dir vielleicht auch irgendwann mal aufs Auge drücke.
Johannes Franke: Okay, na gut. Ich habe ihn nämlich, glaube ich, nicht richtig gesehen. Ich glaube, ich war sehr jung. Na, mal gucken. Dann gehen wir zurück in unseren Film. Das war's. unsere Top
Florian Bayer: 3. Hast du die Dankesrede noch in Erinnerung von Hellberry?
Johannes Franke: Ich hab sie mir nicht nochmal angeschaut. Ich erinnere mich daran, dass es total emotional und krass war.
Florian Bayer: Das ist voll schön.
Johannes Franke: Hast du nochmal geguckt, ja?
Florian Bayer: So kurz. Ich hab sie nicht nochmal komplett geguckt, aber ich hab sie so angeteasert und dachte, ach ja, schön. Weil sie wirklich überrascht ist und sich wirklich freut. auch so ein bisschen überfordert ist. Und Held Barry hat dann ja auch drei Jahre später die Goldene Himbeere gekriegt.
Johannes Franke: Ja, genau.
Florian Bayer: Und ist da ja auch als eine der wenigen auch erschienen.
Johannes Franke: Die ist hingegangen?
Florian Bayer: Die ist hingegangen, die hat sich das Ding abgeholt und hat dann so ein bisschen auch ihre Oscar-Rede parodiert dabei.
Johannes Franke: Nein, wirklich?
Florian Bayer: Also so ergriffen gespielt.
Johannes Franke: Oh mein Gott.
Florian Bayer: Das ist, finde ich, irgendwie ganz niedlich. Ja, sie ist halt einfach saugut in diesem Film.
Johannes Franke: Sie ist wirklich einfach saugut und ich hätte mir gewünscht, dass sie noch mehr solche Filme zu spielen bekommt. Aber so richtig viel, was hat Halle Berry noch gemacht? Also
Florian Bayer: Halle Berry hat ja wirklich eine sehr, sehr, sehr, sehr lange Schauspielkarriere hinter sich. Die ist ja mittlerweile auch
Johannes Franke: 56 oder sowas.
Florian Bayer: Ganz kurz gucken. Die ist fast 60. Oh. Die ist 1966 geboren. Und die hat ja dann ganz viel, die hat Superheldenzeug gedreht, ne? Bei den X-Men hat sie Storm gespielt. Und, aber ja, ansonsten ist mir Hellberry als wirklich starke Schauspielerin nirgendwo mehr aufgefallen. Das gibt's doch nicht.
Johannes Franke: Echt jetzt? Jetzt ist es wirklich traurig. Wow.
Florian Bayer: Ja. Und sie ist halt so präsent. Cloud Atlas war noch ganz spannend, aber da war es ja eigentlich auch eher so die Maske.
Johannes Franke: Ja, das stimmt.
Florian Bayer: Äh, nee.
Johannes Franke: Also sie hat nie wieder so richtig krasses Zeug zu spielen bekommen. Es ist natürlich auch selten so krasses Zeug, aber ich hätte mir schon gewünscht, dass sie da noch ein paar Mal zeigen darf, was sie kann.
Florian Bayer: Springs We Lost in the Fire 2007, da hat sie zusammen mit Benicio del Toro, das war auch so ein großes Drama, da hat sie ein bisschen gezeigt, dass sie das eigentlich noch kann, aber dann wurde sie halt auch nur für Scheiß besetzt. Und wenn sie Und dann musste sie halt ein Bond-Girl spielen und so wirklich so ein Klischee-Bond-Girl. Das war sogar das direkte nach Monsters Ball, hat sie das absolute Klischee-Bond-Girl gespielt.
Johannes Franke: Das stand alles schon fest, glaube ich. Aber sie hat sich auch sehr darauf gefreut. Im Interview hatte sie gesagt, wer träumt nicht davon, Bond-Girl zu sein? Und ich dachte, wer träumt nicht davon, die Hauptfigur zu sein, aber Bond-Girl?
Florian Bayer: Ja, so. Ich weiß das nicht.
Johannes Franke: Aber das ist auch seltsam. Ich habe so das Gefühl, dass man in dieser Zeit sich als Frau schon über solche Sachen freuen musste oft. Und das ist schon echt hart.
Florian Bayer: Das ist wirklich hart, ja.
Johannes Franke: Und dann haben wir ganz viele Interviews von Frauen, die solche Sachen sagen, auch genuinely sich freuen über solche Sachen, aber nur weil sie einfach ihre Grenzen kennen, weil sie wissen, okay, Bond geht nicht, also muss es Bond Girl sein. Ja.
Florian Bayer: Das ist bitter. Das ist voll bitter. Bitter finde ich tatsächlich auch, dass weder Will Rockhaus noch Milo Etika groß als Drehbuchautoren aufgefallen sind. Die haben ja eigentlich das Ding gemacht, eigentlich wollten sie Schauspieler sein, dann haben sie diesen Film gedreht für ihre großen Rollen, wo sie wahrscheinlich Hank und Sonny spielen wollten als Kameraden. Und dann haben sie hier nur zwei Nebenrollen gekriegt. Und dann aber jetzt wenigstens sind wir coole Drehbuchautoren, die jeder kennt. Und dann haben sie aber auch nicht mehr viel gemacht. Also Milo Etika hat das Drehbuch zu Börf geschrieben dann noch 2004, so ein Nicole Kidman Mystery Film.
Johannes Franke: Okay.
Florian Bayer: Wo ihr sie einem Kind begegnet, das sagt, es wäre die Wiedergeburt ihres toten Mannes.
Johannes Franke: Oh Gott, oh Gott.
Florian Bayer: Ja, ist auch kein besonders guter Film. Will Rockhaus hat quasi gar nichts mehr gedreht, aber die haben so als Produzenten noch gearbeitet. Aber irgendwie ein bisschen traurig vielleicht, dass sie, also sie haben es einfach nicht geschafft, die Schauspieler zu werden, die sie eigentlich werden wollten.
Johannes Franke: Schade.
Florian Bayer: Und dann haben sie sich halt irgendwie in Hollywood so durchgeschlagen. Naja. Und Mark Forster ist durch diesen Film berühmt geworden, wobei ich auch sagen muss, dass er nicht zu meinen Lieblingsregisseuren zählt eigentlich.
Johannes Franke: Aber Mark Forster hat natürlich sehr viel Krasses gemacht und er ist deutsch-österreichischer. Nee, deutsch-schweizerischer Filmregisseur, Produzent und Drehbuchautor. Er hat viel gemacht, aber James Bond schräger als Fiktion. Stranger than Fiction.
Florian Bayer: Aber genau, ich finde, er hat teilweise gute Filme gemacht. Ich finde ihn ein bisschen bieder in seiner Inszenierung. Also ich finde zum Beispiel Stranger than Fiction ist eigentlich total geil auf dem Papier. Er hätte ein bisschen wildere Inszenierung verdient gehabt.
Johannes Franke: Ah ja, ist okay. Vielleicht ist er ein bisschen bieder geworden. Aber... World War Z kennt man... Man kennt... Genau,
Florian Bayer: das ist die biedere Variante des Zombiefilms. Die biedere Variante des Zombiefilms ist World War Z. Okay.
Johannes Franke: Und einen Mann namens Otto habe ich auch noch nicht gesehen, aber soll ganz gut sein.
Florian Bayer: Ist das nicht dieses neue Tom Hanks Ding hier?
Johannes Franke: Ja, ja, genau. Naja, gut. Okay.
Florian Bayer: Fun Fact. Ja?
Johannes Franke: Flugscheißen mit Plor.
Florian Bayer: Monsters Ball, der Begriff. Ich hab's nicht gefunden. Ich hab wirklich lange gesucht. Ich hab mich mit Chetchi Pichi unterhalten. Ich hab in Google Books und in Büchereien eine große Recherche gemacht. Ich glaub, das ist Bullshit, was sie in diesem Film sagen. Diesen Begriff gibt's nicht. Dieser Begriff taucht zumindest nicht in der Historie. Die Story ist, Monsters Ball wurde quasi das letzte Essen für den Gefangenen genannt vor seiner Hinrichtung. Sie feiern noch einmal ein Fest für ihn. Das ist der Monsters Ball, weil er jetzt gleich in die Hölle geht.
Johannes Franke: Angeblich in Großbritannien groß.
Florian Bayer: Genau, es soll ein englischer Begriff aus Großbritannien sein. Ich finde keine historische Quellen dazu. Du findest historische Quellen zu dem Begriff Monstersport, aber im anderen Kontext. Nicht in diesem Kontext. Und du findest, also man kann mit Sicherheit nochmal exzessiver recherchen, als ich das getan habe. Ich hab auch so ein bisschen Bibliotheken und dann so, was ich halt... als Möglichkeit hatte, online zu gucken. Ich bin nicht nochmal extra in die Bibliotheken gegangen und hab das, was ich gefunden habe, nochmal quergecheckt. Das wäre zu viel gewesen. Dafür hatte ich auch einfach keine Zeit. Aber ich hab nichts gefunden, wo dieser Begriff verbürgt wäre als Definition davon. Wenn man nach dem Begriff Monsters Ball sucht, findet man vor allem viele, viele, viele, viele filmwissenschaftliche Texte, die sich mit diesem Film auseinandersetzen. Man findet... nichts Historisches. Also der Begriff Monsterspot taucht immer mal wieder auf, aber nicht in diesem Zusammenhang. Also eventuell eine große Räuberpistole, dass das so genannt wurde.
Johannes Franke: Aber ich meine trotzdem eine geniale Erfindung, weil du damit Roots in Wirklichkeit setzt, beziehungsweise gefühlter Wirklichkeit setzt und irgendwie eine Verbindung herstellst zu außerhalb des Kinos, was total gut ist. Also das ist wirklich eine sehr, sehr gute Erfindung. Ich bin gerade ein bisschen... beeindruckt, wie viel Recherchearbeit du mit diesem Podcast auf dich nimmst. Du hast eine 30, 40 Stunden Stelle.
Florian Bayer: Das ist komplett eskaliert. Es ist einfach so ein Rabbit Hole, in den ich reingeklettert bin, weil ich dachte, ah ja, weißt du, ich wollte eigentlich, dass du einmal nochmal einen Klugscheißen mit Blur Jingle spielen kannst.
Johannes Franke: Ach so.
Florian Bayer: Und dann hab ich nichts...
Johannes Franke: Kannst du trotzdem haben. Gar kein Problem.
Florian Bayer: Dann hat die einfache Google-Suche nichts gebracht und dann hab ich halt die Google-Book-Suche gemacht. Und dann hat das auch nichts gebracht, außer so ganz obskure Sachen. Dann habe ich halt nochmal da auf den Ding geklickt und dann war ich plötzlich in so einer Bibliothekssoftware und habe da nochmal quer geguckt. Und parallel habe ich dann, weil ich echt dann verzweifelt war, Chat-GPT aufgemacht und habe Chat-GPT nochmal gefragt. Und es hat mich zwei Stunden meines Lebens gekostet, zu sagen, nein, ich habe nichts gefunden.
Johannes Franke: Oh Mann, es tut mir sehr leid.
Florian Bayer: Ist okay. Dafür gibt es diese Woche keinen Klugscheißen mit Blur-Dschingel.
Johannes Franke: Du weißt, dass ich den eingespielt habe, einfach so, oder?
Florian Bayer: Ja, ich weiß. Okay. Willst du mal noch ein Fazit zu dem Film raushauen?
Johannes Franke: Tja, Fazit zu diesem Film.
Florian Bayer: Wie manipuliert fühlst du dich und wie sehr ist dieser Film Elendsporno?
Johannes Franke: Das Urseil. Ja, also das stört mich schon. Also dieses Elendspornografische. Das stört mich schon. Mich stört auch, dass Halle Berry wahnsinnig viel passieren muss, damit er kein Rassist mehr ist. Also ich find's schon wirklich ein bisschen doll. Aber wie am Anfang schon gesagt, und da schließt sich der Kreis, ich bin einfach so bestochen von den Schauspielern, dass ich alles mitgehe und dass ich mich für diese beiden Figuren wahnsinnig interessiere und das unbedingt sehen will und auch über den Film hinaus darüber nachdenke, was ein Film erstmal schaffen muss. Total gut. Er hat viele Probleme, finde ich, aber er hat viel geschafft.
Florian Bayer: Mir sind auf jeden Fall jetzt auch mehr Schwächen aufgefallen, als bei meinem letzten Mal, wo ich ihn geschaut habe. Ich finde, er hat manchmal was Kalkuliertes, was so die emotionale Schlagseite betrifft. Ich hatte nicht so viele Probleme mit dem, was du jetzt angesprochen hast, mit dem, dass sie sie da durch den Fleischwolf drehen, damit er kein Rassist mehr ist. Weil ich das auch gar nicht als das Wesentliche sah. Also ich sah diese Überwindung des Rassismus nicht als das Hauptthema des Films, sondern für mich war es einfach zwei geschundene Seelen, die sich aneinanderklammern. und sie erklammert sich genauso an sie wie sie an ihn. Aber ich sehe auch, wie man das so lesen kann und dass da so ein bisschen diese sehr klischeehaften Tropes mit drin sind aus dem US-Kino. Das sehe ich auch. Ich finde, es ist ein emotional nach wie vor extrem wirksamer Film. Ich mag das Ende. Ich mag die Gravitas, wie an all diesen großen Dramen um diese Zeit. Aber er hat ein ganz klein bisschen nachgelassen. Also ich fand ihn früher besser, als ich ihn heute finde. Aber immer noch ein starker Film und meiner Meinung nach auch immer noch ein Film, den man bedenkenlos weiterempfehlen kann. Ganz im Sinne dieses Podcasts.
Johannes Franke: Ich glaube, dass der Film vor allem in seiner Zeit zu verorten ist. Ich glaube, so wie damals würde er heute nicht mehr gedreht werden, weil wir viel zu aware sind für diese Tropes,
Florian Bayer: die da einfach drinstecken. Heute würde das so inszeniert und auch so geschrieben. eher für Stian Rünzeln sorgen und eher so ein bisschen peinlich wirken.
Johannes Franke: Aber für damals und auch diese Art und Weise, wie sich der Film jetzt anschaut, durch diese Brille aus 2000 oder 2001, ist der schon wirklich sehr, sehr gut. Also tatsächlich empfehlenswert. Vielen Dank, Flor.
Florian Bayer: Ja, danke, Johannes. Und danke euch auch fürs Zuhören. Wenn ihr wissen wollt, was Johannes mir nächste Woche, für nächste Woche aufgeben wird, was ihr auch sehen solltet, wie immer. Dann bleibt noch kurz dran. Ansonsten euch eine schöne Woche.
Johannes Franke: Bleibt gesund.
Florian Bayer: Bis dann.
Johannes Franke: Ciao. Ciao. Südkorea geht.
Florian Bayer: Oh mein Gott, assi-artiges Kino von Johannes.
Johannes Franke: Es ist unglaublich, ich hätte nie gedacht, dass ich mal derjenige sein würde, der sagt, ja, genug vom westlichen Kino, wir gehen mal wieder rüber. Aber Park Chang-wook, oder wie sich dieser Name ausspricht, oh mein Gott, es tut mir so leid, wir werden echt wieder Probleme haben damit. Es tut mir wahnsinnig leid. Wir werden uns bemühen. Und zwar ein Film, der heißt I'm a Cyborg, but that's okay. Du kennst diesen Film, oder?
Florian Bayer: Ich habe ihn nur einmal gesehen. Und das ist wirklich schon lange her. Ich habe ihn damals gesehen, als er rauskam, weil ich großer Park Chan-wook-Fan war zur damaligen Zeit. Ich freue mich total drauf, weil es ist wirklich lange her und ich habe kaum noch Erinnerungen dran.
Johannes Franke: Ich habe ihn, glaube ich, so zwei oder dreimal gesehen. Und ich fand ihn jedes Mal wieder ganz, ganz großartig.
Florian Bayer: Sehr geil. Also tolle Empfehlung. Guckt ihn euch an, Leute. Weil wir werden den wie immer knallenlos spoilern, wenn wir drüber reden nächste Woche. Und lasst euch vielleicht auch ein bisschen vom südkoreanischen, etwas schrägeren Kino mitreißen.
Johannes Franke: Ja, also es ist auch sehr, also man muss nicht fürchten, dass man einen Film, den man überhaupt nicht versteht, vor sich hat. Wenn ich einen Film aus dieser Gegend empfehle, dann kann man sicher sein, der ist einigermaßen westlich zugänglich so kulturell. vielleicht auch gegen mich spricht, aber naja, ich meine, warum komme ich mit solchen Filmen um die Ecke und nicht mit den abgefahrenen Sachen? Mit den abgefahrenen Sachen kommst du um die Ecke und ich denke mir jedes Mal, ja, ich mit meinem ignoranten westlichen...
Florian Bayer: Mit Mermaid's Don't Cry hattest du ja schon letzte Woche was ein bisschen abgefahreneres und ich bin...
Johannes Franke: Was abgefahreneres? Das war ein österreichischer Film, damit abgefahren zu sagen, das ist ja... Oh Gott. Ja gut, okay. In meinem Rahmen vielleicht.
Florian Bayer: So, Moment, jetzt muss ich nochmal gucken. Nein, du bist gar nicht so konservativ. Jetzt hör auf, dich schlecht zu reden. Also damit hast du ja jetzt auch schon ein bisschen was Schrägeres. Von dir kam ja auch vor kurzem Night on Earth. Jetzt zähle ich einfach unser Podcast-Archiv auf.
Johannes Franke: Ja, genau. Guckt es euch selber an. Ich habe einen Haufen Zeug vorgeschlafen.
Florian Bayer: Ich wusste nicht, dass Charlie Chaplin so bizarr sein kann. Und auf Fair in Love.
Johannes Franke: Auf Fair in Love, das ist vielleicht mein gewagtester Vorschlag in diesem Podcast.
Florian Bayer: Oh nein, das glaube ich nicht. Dein gewagtester Vorschlag in diesem Podcast war ganz eindeutig äh äh Er kann nicht krass gewesen sein. Eine Taube sitzt auf einem Zweig und denkt über das Leben nach.
Johannes Franke: Das stimmt, damit wollte ich dich beeindrucken.
Florian Bayer: Und davor die Woche hattest du letztes Jahr ein Marienbad vorgeschlagen.
Johannes Franke: Ja, damit wollte ich meine Freundin beintragen.
Florian Bayer: Okay, und die Woche davor Skatstiff mit Dean Martin und Jerry Lewis.
Johannes Franke: Damit habe ich einfach nur gefreut.
Florian Bayer: In diesem Sinne, wir sehen uns, wir hören uns nächste Woche.
Johannes Franke: Bis dahin, ciao.