Episode 207: Tokyo Godfathers – Anime-Weihnachtsstimmung aus Japan
Drei Obdachlose leben gemeinsam auf den rauen Straßen Tokios im Winter. Der cholerische Alkoholiker Gin, die transidente ehemalige Nachtclubsängerin Hana und die jugendliche Ausreißerin Miyuki haben es geschafft, so etwas wie eine chaotische Ersatzfamilie zu bilden. Auf einem ihrer Streifzüge durch den Müll der besser Situierten entdecken sie ein anscheinend ausgesetztes Baby. Hana, die sich schon immer ein eigenes Kind gewünscht hat, überzeugt ihre Gefährten, den Findling nicht zur Polizei zu bringen, sondern auf eigene Faust dessen Eltern zu suchen.
Und so begeben sich die drei auf eine abenteuerliche Reise durch das Tokio der Weihnachtszeit. Eine Reise, bei der nicht nur einige Geheimnisse über die Eltern des ausgesetzten Babys an den Tag kommen, sondern auch die Hintergründe und Lebenswege der drei Obdachlosen.
Weihnachtsfilme gibt es nicht in vielen Farben: Meistens schneeweiß, mit einer Menge rosaroter Naivität. Nicht jedoch dieser Anime aus dem Jahr 2003, der keine Scheu davor hat, auch ernstere Topoi anzufassen. Wenn ihr als ein Weihnachtsmärchen sehen wollt mit Themen wie Kindesentführung, Alkoholismus, Spielsucht, Gewalt gegen Obdachlose, Yakuza Bandenkriminalität, Selbstmord und einem guten Schuss 2000er Transphobie seid ihr hier an der richtigen Stelle.
Johannes, warst du es?
: Podcast: Der mussmansehen Podcast - Filmbesprechungen Episode: Episode 207: Tokyo Godfathers – Anime-Weihnachtsstimmung aus Japan Publishing Date: 2024-12-18T08:14:00+01:00 Podcast URL: https://podcast.mussmansehen.de Episode URL: https://podcast.mussmansehen.de/2024/12/18/episode-207-tokyo-godfathers-anime-weihnachtsstimmung-aus-japan/
Florian Bayer: Sie glauben nicht fest daran, aber es ist zumindest so ein Spruch, der drei, dreimal fällt, dass Kyoko irgendwie ein Wunderkind ist. Ja,
Johannes Franke: aber macht sie das zu den drei heiligen Königen? Uh,
Florian Bayer: so weit habe ich noch nicht gedacht. Iyoshi ono yo hu o shiva ikari suwi no mi kou wa ma mune no nanka ne mori chau mo yo hu Wie lieb du ja hast du mich. Ich muss runtergehen! Ah,
Johannes Franke: der Schluss! Floor, yeah!
Florian Bayer: Okay, well, we butchered that. Herzlich willkommen, liebes Publikum, zu unserer dritten Weihnachtsepisode im wunderschönen Jahr 2024. Hallo, Johannes.
Johannes Franke: Es um Vergebung geht. Weihnachten handelt von Vergebung. Deswegen habe ich dich dieses Intro singen lassen, weil ich wusste, ich kann dir vergeben.
Florian Bayer: Hoffentlich könnt ihr uns auch vergeben.
Johannes Franke: Oh Gott,
Florian Bayer: Flo. Und Johannes, ich verlasse mich drauf, dass du das noch schön mit unterlegst. Ich werde es tot produzieren. Auto-Tuning. Auto-Tuning ist das Zauberwort.
Johannes Franke: Nein, du wirst es gänzlich. Ich werde nichts drunterlegen.
Florian Bayer: Ich werde danach wie Taylor Swift klicken. Das ist der Standard. Und wenn es kacke klingt, dann hast du nämlich die Produktion versaut. So sieht es aus. Herzlich willkommen nochmal. Hallo Johannes, schön, dass du da bist. Schön, dass wir wieder zusammen eine Weihnachtszeit durchleben können. Yay!
Johannes Franke: Ich bin ja nicht der große Fan von Weihnachten, die ihr inzwischen vielleicht wisst, wenn ihr die anderen Episoden gehört habt.
Florian Bayer: Und jedes Jahr um diese Zeit nötige ich Johannes Weihnachtsfilme auf. Und zwar nicht nur ich nötige ihm sie auf, sondern ich sag zu ihm auch, Johannes, ich brauch von dir auch Weihnachtsstoff. Ich brauche mehr, mehr Stoff, mehr Weihnachten, mehr Geschenke, mehr Weihnachtskitsch, mehr Weihnachtsbäume und vor allem auch mehr Weihnachtsmusik. Und dann hab ich letzte Woche, nachdem wir über den... wirklich zuckersüßen drei Haselnüsse für Aschenbrödel geredet haben.
Johannes Franke: Den ich vorgeschlagen habe, der zuckersüße, der gute.
Florian Bayer: Festgestellt, dass mir der Stoff ausgeht. Und dann habe ich ganz panisch bei Rotten Tomatoes geklickt und gesagt, gib mir Weihnachtsfilme. Ich brauche gute Weihnachtsfilme. Und Rotten Tomatoes hat gesagt, konnichiwa. Was? Und deswegen reden wir heute über einen japanischen Weihnachtsfilm, nämlich über Tokyo Godfathers von Satoshi Kon aus dem Jahr 2003.
Johannes Franke: Und wir werden ganz viele Namen falsch aussprechen. Ja.
Florian Bayer: Und wir entschuldigen uns jetzt schon mal, wie wir das ganz oft machen bei Folgen, in denen wir über Filme aus anderen Kurkreisen reden, dafür, dass wir das alles so kaputt machen. Das tut mir so leid. Entschuldigung für meinen Versuch, Stillen Nacht, Heilige Nacht auf Japanisch zu singen. Ich habe mir Mühe gegeben und wir werden uns auch dieser Episode Mühe geben. Tokio Godfathers, ein Anime aus dem Jahr 2003. Nicht das, wo man Weihnachten erwartet. Und doch, wir kriegen Weihnachten und zwar die volle Schlagbreite. Und worum es in diesem Weihnachten, in diesem Film geht, das erzähle ich euch jetzt kurz. Drei Obdachlose leben gemeinsam auf den rauen Straßen Tokios im Winter. Der cholerische Alkoholiker Jin, die transidente ehemalige Nachtclubsängerin Hana und die jugendliche Ausreißerin Miyuki haben es geschafft, so etwas wie eine chaotische Ersatzfamilie zu bilden. Auf einem ihrer Streifzüge durch den Müll der Besser-Situierten entdecken sie ein anscheinend ausgesetztes Baby. Hana, die sich schon immer ein eigenes Kind gewünscht hat, überzeugt ihre Gefährten, den Findling nicht zur Polizei zu bringen, sondern auf eigene Faust dessen Eltern zu suchen. Und so begeben sich die drei auf eine abenteuerliche Reise durch das Tokio der Weihnachtszeit. Eine Reise, bei der nicht nur einige Geheimnisse über die Eltern des ausgesetzten Babys an den Tag kommen, sondern auch die Hintergründe und Lebenswege der drei Obdachlosen. Weihnachtsfilme gibt es nicht in vielen Farben. Meistens schneeweiß mit einer Menge rosa-roter Naivität. Nicht jedoch in diesem Anime aus dem Jahr 2003, der keine Scheu davor hat, auch ernstere Topoi anzufassen. Wenn ihr also ein Weihnachtsmärchen sehen wollt, mit Themen wie Kindesentführung, Alkoholismus, Spielsucht, Gewalt gegen Obdachlose, Yakuza-Banden-Kriminalität, Selbstmord und einem guten Schuss 2000er-Transphobie, seid ihr hier an der richtigen Stelle. Johannes, warst du es denn?
Johannes Franke: Du hast jetzt alles schon gebracht. Wir können eigentlich aufhören. Sogar die Transphobie hast du schon angesprochen.
Florian Bayer: Ja, die springt einem aber auch wirklich ins Auge, oder?
Johannes Franke: Wirklich. Scheiße.
Florian Bayer: Und die ist auch wirklich hart. In den ersten Minuten sitzt man erstmal da und schluckt. Also wenn ihr bei dem Thema sensibel seid, und ich kann sagen, wir sind auch bei dem Thema sensibel. Ja, wirklich. In diesem Film wird am Anfang das F-Slur sehr oft benutzt.
Johannes Franke: Aber vor allem... in der Übersetzung natürlich in den Untertiteln. Wir haben es im original japanischen Original mit Untertiteln auf Englisch geschaut. Oder du hast es auf Englisch geschaut?
Florian Bayer: Ich habe auf Japanisch geguckt mit englischen Untertiteln. Wie man das macht bei so einem Film.
Johannes Franke: Genau. Und da wird das mit dem F-Wort übersetzt. Und es gibt natürlich auch ein entsprechendes japanisches Wort, das auch im Sinne verwendet wird. Aber glaube ich, ein kleines bisschen eine andere Konnotation hat. Aber so genau können wir es kulturell nicht auseinandernehmen.
Florian Bayer: Nee, aber das Japanische, also die japanische Sprache, die benutzt wird, ich habe so ein bisschen quer geguckt. Ja. Die ist auch nicht sensibel.
Johannes Franke: Die ist auch nicht sensibel.
Florian Bayer: Das ist ziemlich hart und es ist vor allem ziemlich hart, wie Jin mit Hannah redet, die ja eigentlich Gefährten und Freunde sind. Gleichzeitig ist das aber auch wieder das, was für mich ein bisschen auflöst, weil es ist einfach, diese drei Protagonisten, die wir haben, gehen extrem hart miteinander um. Die sind nicht sensibel untereinander. Das heißt, Hannah kriegt es voll ab wegen ihrer Transidentität und zwar auf verschiedensten Ebenen. Jin kriegt es ab wegen seinem Alkoholismus und Miyuki kriegt es ab, weil sie eine Jugendliche ist, inklusive, dass sie auch mal betatscht wird von Jin, der sagt, bei diesen kleinen Brüsten. Es ist wirklich hart. Du guckst das am Anfang und denkst erstmal, wow, krass, ja, die 2000er. Es war eine andere Zeit. Es war auch in Japan nochmal was anderes als in Deutschland oder in... amerikanischen Raum. Aber ich finde, es sind total spannende Themen, die dadurch auch entstehen und spannende Fragen. Und ich habe mich auch ein bisschen damit auseinandergesetzt, wie LGBTQ in Japan damals aussah und heute aussieht und wie der Umgang der Japaner mit dem Thema ist. It's complicated.
Johannes Franke: It's complicated. Und es ist auch das große, wichtige Thema, glaube ich, des Films, weil es ja auch die Hauptfigur betrifft und sich da wahnsinnig viel mit auseinandersetzt. Deswegen glaube ich, können wir auch gleich bei diesem Thema bleiben und das ein bisschen aus... kosten, oder?
Florian Bayer: Auf jeden Fall. Ich finde es toll, dass du auch Hannah als die Hauptfigur identifiziert hast. Weil das war sie für mich die ganze Zeit. Toll,
Johannes Franke: ja, ja. Oder Baby Jesus, aber...
Florian Bayer: Sie ist der Star der Truppe?
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Sie ist die Person, die sagt, wo es lang geht tatsächlich. Also sie hat ja was sie mit Jin hat, ist ja fast sowas wie eine Ehe. Also wir haben hier wirklich eine Dreierkonstellation mit Mutter, Vater,
Johannes Franke: Kind. Ja, genau.
Florian Bayer: Und Hannah ist aber die, die tatsächlich... Die schwierig ist, weil sie ist die, die sagt, wir behalten das Baby, was eine total irre Idee ist. Und du denkst, oh Gott, diese Verrückte, oh bitte nicht sie. Weil sie ist am Anfang, sie ist ja auch total begeistert von dem Baby. Das ist genau, vielleicht auch das noch dazu. Wir haben hier nicht nur Transphobie von den Leuten, sondern wir haben auch Transphobie in der Erzählung. Wie sie da gestaltet, mit diesem exaltierten Verhalten.
Johannes Franke: Da sind viele Jokes drin, die auf Kosten von Hannah gehen. Und es ist echt nicht schön. Was mich wirklich... bisschen abfuckt ist an der Stelle, dass der Regisseur offenbar sich ja das als Aufgabe gestellt hat und der Film auch ganz viel Sympathie und Liebe für sie übrig hat. Total viel und offensichtlich irgendwie aus einem positiven eigentlichen Gedanken kommt, aber dass da so eingebacken ist in seine Zeit, in der er groß geworden ist, in seiner Gegend vielleicht auch oder in all dem, aber irgendwie... Habe ich trotzdem das Gefühl, auch wenn er in seiner Zeit gelebt hat und so und man das ein bisschen entschuldigen will in der Richtung, aber dann hätte er sich mehr damit auseinandersetzen müssen, finde ich. Ich finde, man merkt, dass er sich damit schlechter auskennt, als mit dem Milieu des Obdachlosen oder des Wohnungslosen, das er da aufmacht, wo er viel tiefer reingeht in eine Sache, die ich ihm abnehme. Ja,
Florian Bayer: ich habe das Gefühl, die Darstellung von Hannah, und das kann auch wirklich einfach nur sein, weil sie mir ans Herz wächst, wächst mit dem Film. und wird auch erwachsener im Laufe des Films. Also wie sie am Anfang dargestellt ist, ist es so am schlimmsten, dieses wirklich krass Exaltierte, dieses Hysterische und dieses total Überzeichnete.
Johannes Franke: Aber das ist ja auch eine Entscheidung des Regisseurs, ne?
Florian Bayer: Absolut, genau.
Johannes Franke: Das ist ja nicht aus Versehen passiert. Nein,
Florian Bayer: nein, das ist nicht aus Versehen passiert, das meine ich, genau. Ich habe das Gefühl, Satoshi Kon, um den Regisseurnamen zu sagen, stellt am Anfang Hannah fast schon als Karikatur dar von Transidenten, auch mit dieser Verquickung von Transidentität mit Dragqueen-Verhalten.
Johannes Franke: Ja, total.
Florian Bayer: Und das ist natürlich auch so ein Ding der 2000er, dass das durcheinander geworfen wird. Ja,
Johannes Franke: dass Ravestee zusammengeworfen wird mit Transidentität und so. Das ist eine seltsame Zeit, wenn man so zurückblickt. Und ich weiß, ich hab die Zeit gelebt und ich hab's auch nicht auseinandergehalten. Es war nicht, es ist ein bisschen düster, muss man sagen, wenn man so zurückblickt.
Florian Bayer: Cross-Tressing, Transidentität. Und genau, Track Queen, Travestie und so, das war alles eine bunte Mischung. Und was natürlich auch dazu geführt hat, dass auf Menschen sehr lange und heute noch, die transident sind, mit einem sehr verzerrten Blick geguckt wird von vielen, weil sie das identifizieren halt mit den zwei. Meter Hühnen, die sich crossdressen, weil eigentlich keine Frauen sind, sondern coole Männer, die halt für einen Abend mal sauber auslassen.
Johannes Franke: Einfach nur Männer. Es gibt wahnsinnig viele Männer, die auch einfach nur crossdressen, ohne dass sie schwul sind. Dass sie einfach nur daran Spaß haben. Und das ist genauso existent wie alle anderen Varianten davon, die alle in dieser Suppe gelandet sind, damals.
Florian Bayer: Was ich meine mit der Blick auf Hannah wächst mit dem Film. Sie wird ruhiger im Laufe des Films, zumindest kommt es mir so vor. Das Exalbierte wird zurückgesetzt.
Johannes Franke: Ein bisschen.
Florian Bayer: Und je mehr wir über ihre Vergangenheit erfahren, umso mehr sehen wir so wie ihre Sehnsüchte sind. Und zwar ihre Sehnsucht, also es ist ganz klar, Familie ist ihr großer Sehnsucht. Ja, natürlich. Und sie hatte eine Familie. Sie war ja in diesem Nachtclub, wo sie gesungen hat. Und wo sie dann gegangen ist, was offensichtlich gar nicht so dramatisch war. Die Besitzerin sagt so, ey, wir haben da ein bisschen Geld hingemessen. Sie hat einen Gast halt angemacht. Sie hat ihn geschlagen. Er hat sie dumm angemacht, sie hat ihn geschlagen, dann ist sie ab. abgehauen.
Johannes Franke: Und ich würde sagen, aus heutiger Sicht, ja, bravo, gut gemacht, hast dich gewährt, alles in Ordnung.
Florian Bayer: Und die Besitzerin sagt ja auch offensichtlich, wenn sie dann nach Jahrzehnten wieder an der Bar ist, ah, da bist du ja, meine Tochter, wie großartig. Kommt zurück und damals, das war total schnell erledigt mit ein bisschen Geld. Also das ist der eine Punkt, wo sie wächst und dann der zweite und da kriegt sie ja auch eine ganz ruhige Szene, nachdem sie Jin vor seiner Tochter angeschrien hat und dann Miyuki und dann geht sie ja auch wieder weg und Miyuki rennt hinterher und fragt, was ist los? Und dann kriegt Hannah eine ganz ruhige Szene, in der sie diese Geschichte vom roten Teufel erzählt, der ja Jin ist und von dem blauen Teufel. Und der rote Teufel wollte geliebt werden und der blaue Teufel hat dann gesagt, okay, ich helfe dir, indem ich Bösewicht spiele und dann wirst du geliebt, aber dann muss der blaue Teufel verschwinden. Und es gibt diese zwei Momente, wo wir dann erfahren, dass Hannah ganz eindeutig in Jin verliebt ist. weggeht und das ist so ein ruhiger Moment und da ist nichts mehr von dieser exaltierten Person da, die wir vorher gesehen haben. Ja.
Johannes Franke: Es ist auch in der Betrachtung der anderen so, also die Jugendliche, ich krieg ihren Namen, Miyuki, sagt am Anfang auch Old Dirtbag oder sowas zu ihr. Ja,
Florian Bayer: sie hat diesen einen Namen, den sie ihr immer gibt, diesen Kosen-Namen, ne, Uncle Bag.
Johannes Franke: Ja, ja, genau, Uncle Bag. Und dann später ändert sich das dann auch, ne, die lernen sich nochmal auf eine andere Art und Weise kennen. Und dann geht sie dazu über, wie heißt das, Hannah-san? Oder wie, ich weiß nicht, wie die japanische Namensbildung da funktioniert. Aber es ist Miss Hannah im Grunde. Ja. Und kennt damit auch ihre Transidentität an. Was sie vorher offenbar nicht tun.
Florian Bayer: Überhaupt nicht, nee. Und genauso wenig wie Jin. Also es wird am Anfang sehr oft betont von Jin und von Miyuki auf ziemlich ruppige Weise, dass Hannah keine Frau ist. Und dann wird natürlich so voll in die Drehkiste von... Transphobie gegriffen.
Johannes Franke: Ja, total.
Florian Bayer: Und zwar so, dass es halt nicht kritisch durchleuchtet wird, sondern es ist einfach die logische, die rationale Position, dass Hannah keine Gebärmutter hat und keine Kinder kriegen kann, deswegen kann sie keine Frau sein.
Johannes Franke: Und deswegen ist es auch ein Hammergag, in Anführungsstrichen, wenn diejenige, die am Anfang das Essen ausgibt, einmal gesagt bekommt, ja und ich esse ja für zwei und so und dann später sieht sie Hannah mit einem Kind auf dem Arm und sagt... Sie war wirklich schwanger.
Florian Bayer: Wirklich für zwei gegessen.
Johannes Franke: Und das ist so ein Gag der 2000er, wo ich den Gag verstehe, den Aufbau-Punchline, aber der ist halt dann nicht mehr lustig irgendwann.
Florian Bayer: Um vielleicht ganz kurz reinzuspringen, wo wir herkommen, wie es in Japan aussieht. In den 2000ern, aber auch noch bis heute. LGBTQ-Rechte. Japan ist eigentlich ein Land, das keine krasse Feindseligkeit gegenüber Homosexuellen hat. Und gleichzeitig ist Japan, und das vergisst man oft, wenn man das... bunte, auch oft cross-getresste Japan sieht, wo vermeintlich die Geschlechterrollen total fluide sind. Japan ist eine sehr konservative Kultur. Und dieser Konservatismus, der zeigt sich auch in der Haltung gegenüber Homosexuellen und gegenüber transidenten Menschen. Und zwar unter anderem darin, dass bis zum heutigen Tag in Japan Homosexuelle nicht anerkannt werden. Die haben nicht den gleichen Status. Und Japan gehört damit zu den wenigen Ländern aus der zu den wenigen Industriestaaten der ersten Welt, bei denen homosexuelle Rechte noch ziemlich schwach ausgeprägt sind. Obwohl die meisten Japaner sagen, wir haben nichts gegen Schwule, es gibt Umfragen, gesellschaftlich gibt es weniger Probleme mit Sexualität. Und gleichzeitig werden aber dieses elementare Recht zu heiraten oder Kinder zu adoptieren, wird homosexuell nach wie vor zurückgehalten.
Johannes Franke: Das ist irgendwie ein seltsames Ding, weil es gibt ja genau diese Umfragen. Ich habe das ja auch mir ein bisschen durchgelesen. Es scheint ja gesellschaftlich tatsächlich die... Die Offenheit scheint da zu sein dafür, aber irgendwie schafft es der Gesetzgeber nicht, sich dann auch entsprechend zu verhalten. Ich finde es sehr seltsam. Ja,
Florian Bayer: ich habe so das Gefühl, so sozialpolitische Änderungen in Japan, dazu kommen wir auch, wenn wir nochmal über Obdachlosigkeit reden, werden wir nachher machen, passieren sehr langsam. Und diese Haltung gegenüber Homosexualität ist auch eine Haltung, die gegenüber Transidentität existiert. Und zwar auch wieder mit diesem Vorwort, it's complicated. Es gibt seit 2004, also ein Jahr, seit dieser Film... gemacht wurde, gab es ein spezielles Gesetz für Menschen, die eine Gender Identity Disorder haben. Also für dieses klassische, dass du nicht weißt, dass du ein anderes Geschlecht hast als der Körper, in dem du geboren wurdest.
Johannes Franke: Und das wird als Disorder bezeichnet?
Florian Bayer: Das wird als Disorder bezeichnet. Das hat auch einen großen Grund. Und das zieht sich auch durch diese ganze LGBTQ-Community in Japan. Und zwar ist es so, dass die japanische Gesellschaft eine... Es gibt in der japanischen Gesellschaft einen unglaublichen Drang, sich um die Schwachen zu kümmern. Und vor allem um die, die in irgendeiner Form beeinträchtigt sind. Also um Menschen, die krank sind, um Menschen, die Behinderungen haben, auch um Ältere. Das gehört so ein bisschen zur kulturellen Identität der Japaner, der japanischen Gesellschaft, dass sie sich um diese Menschen besonders kümmert. Und mit dem Ergebnis, dass Transgender-AktivistInnen von Anfang an in Japan das so geframed haben, dass es eine Art von Behinderung ist. Weil das dafür sorgt, dass sich gesetzlich mehr darum gekümmert wird. Dass zum Beispiel die Möglichkeit, das Geschlecht zu wechseln im Eintrag oder auch operativ anzugleichen, dass das erleichtert wird. Weil wenn es nämlich eine Art Krankheit ist oder eine Behinderung, eine Beeinträchtigung, dann will die Gesellschaft diesen Menschen helfen. Und wenn die... Dann sagen, und die Hilfe für uns ist, dass wir angleichende Operationen haben und dass wir akzeptiert werden in dem Geschlecht, in dem wir sind. Dann wird das auch gemacht.
Johannes Franke: Krass. Also okay, das heißt, ist es aber dann nur tatsächlich auf dem Papier etwas oder ist das tatsächlich auch in die Kultur, ins Gedächtnis eingebacken dann? Also
Florian Bayer: Transgender-Rechte sind ja ein wirklich junges Thema noch. Also dass man nur damit auseinandergesetzt wird, auch in unserer Gesellschaft. Dass das Gesetz von 2004 ist, ist im Vergleich zu Deutschland früh. Dieses Jahr, wir sind im Jahr 2024, 20 Jahre später und haben jetzt endlich ein Gesetz. Und selbst das ist noch so halbe Arschbacke. Ganz viele Transgender gucken drauf und sagen, ey Leute, ja, jetzt haben wir so lange dafür gekämpft und jetzt dürfen wir hier einen Eintrag ändern. Das ist es jetzt. Das ist eure Art, uns Freiheit und Gerechtigkeit zu geben. Okay, aber genau, das ist irgendwie was, was funktioniert hat. Was? Aber gleichzeitig ist es halt so, dass dadurch dieses Queer Pride sowohl bei Homosexuellen als auch bei Transgender in Japan nicht so stark ist wie in anderen Ländern. Wie in Deutschland oder Amerika. Es gibt in Japan nicht oder nur sehr zaghaft diese Bewegungen und diesen Gruppen. Gruppenstolz und so Pride-Veranstaltungen und sowas, was es hier ja sehr viel gibt, weil es hier einfach diesen kämpferischen Ansatz gibt. Diese Menschen kämpfen um unsere Rechte.
Johannes Franke: Aus der Ecke der Krankheit heraus kannst du das auch schwerer machen. Ich finde es auch einfach einen schlechten Startpunkt dann. Ja. Ach Mann.
Florian Bayer: Und dann nochmal dieses It's complicated. Ja. Und das sind diese Dichotomien, die wir in der japanischen Kultur haben. Es gibt in Japan eine extrem lange Tradition von Cross-Dressing. Ja. Im japanischen Theater und vor allem in diesem... Also in diesem Kabuki-Theater gab es Männer, die Frauen gespielt haben, genauso wie es Frauen gab, die Männer gespielt haben. Dafür gibt es auch eigene Namen. Dann gibt es in Japan ja schon seit Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten, je nachdem wie weit man geht, diese Cosplay-Tradition, dass du in andere Körper schlüpfen kannst. Und diese Cosplay-Tradition ist ja auch komplett genderfluid. auf Conventions bist, dann siehst du Männer, die als Frauen verkleidet sind, Frauen, die als Männer verkleidet sind, wo es einfach keine große Sache ist, wo es nicht um Geschlechtsidentität geht, sondern wo es einfach darum geht, sich kulturell auszudrücken und wo die Geschlechterrollen nicht so starr sind. Hier kriegen Männer Schnappatmung bei dem Gedanken, ein Frauenkostüm zu Halloween anzuziehen, während es da deutlich normaler ist, auch in Kreisen, die jetzt nicht irgendwie groß für LGBTQ-Rechte kämpfen. Und das wiederum. sorgt aber halt auch wieder so für diese Verstrickung, dass diese Frage, wie ernst ist es, wenn ein Mann als Frau angezogen ist? Ist es ein Mann, der als Frau angezogen ist oder ist es eine Frau? Ja. Dass die dann auch deutlich eher in die andere Richtung tendiert. Ja. Wenn du in Japan jemanden siehst, der aussieht wie ein Mann, der wie eine Frau angezogen ist.
Johannes Franke: Dann ist es Theater.
Florian Bayer: Dann ist es Theater. Ja. Und dieser Gedanke, nein, das ist eine Frau, der ist nicht so stark, weil es einfach das andere viel öfter gibt.
Johannes Franke: Ja, ich verstehe.
Florian Bayer: Genau und so geht der Film ja auch mit der Trans-Identität von Hannah um. Also Hannah wird auch sehr viel als Cross-Tresserin wahrgenommen von außen und aber auch als Cross-Tresserin inszeniert. Als Track-Queen, als Travestie-Künstlerin und sie kommt dann ja auch noch aus diesem Milieu, sie hat im Nachhinein gesungen. Ja.
Johannes Franke: Was ich ein bisschen schade finde daran ist, das was sie, ihr Selbstbild, was sie hat. Sie sagt, I'm one of God's mistakes.
Florian Bayer: Ja.
Johannes Franke: Das könnte eigentlich... schmerzhaft, aber stark sein als Charakter-Trait, weil sie einfach das von der Gesellschaft so erzählt bekommt und das dann irgendwann übernimmt. Wenn man das reflektieren würde als Film, aber das tut man in der Form nicht, weil der Film einfach aus der gleichen Ecke kommt. Also in diesem Fall ist es einfach ein Kritikpunkt von mir, dass sie das auch noch selber tut und sich selber auch noch nach vorne stellt. Wenn der Film von einer anderen Ecke kommen würde... Dann würde ich verstehen, dass man sagt, okay, wir können jetzt sie aber auch von der anderen Ecke kommen lassen und sagen lassen, okay, sie hat auch ein verqueres Selbstbild, weil die Gesellschaft ihr das so spiegelt. Aber dann muss man als Film damit natürlich anders umgehen.
Florian Bayer: Was den Blick auf Geschlechterklischees betrifft, ist der Film einfach auch nicht progressiv. So ganz banale Sachen, dass wenn wir Hannah in ihren starken Momenten haben, wenn sie kämpft für ihre Gruppe, dann ist sie nicht mehr Hannah. Dann kriegt sie diese tiefe Stimme und wird voll männlich. Oh Mann. muskulös,
Johannes Franke: hat
Florian Bayer: Angst vor ihr. Da ist der Film voll drin in diesen Geschlechterrollen. Und auch wie er seine anderen Protagonisten verteilt, wie Jin sich verhält. Jin ist ein Kerl. Und es ist Mann überall auf ihn drauf geschrieben.
Johannes Franke: Ich möchte einmal sagen, dass wir irgendwann noch zu dem Punkt kommen, wo wir beide da sitzen und sagen, ja, das ist voll toll. Hoffe ich noch. Also ich auf jeden Fall.
Florian Bayer: Ich gehe davon aus, dass wir das tun. Aber ich glaube, diesem Film wurde auch Transphobie oft vorgeworfen. Und das ist halt einfach wirklich ein Großteil. Und es ist ein Ding, was drin ist. Es ist ein Ding, was sowohl im Verhalten der Protagonisten ist, als auch ein Ding, das im Verhalten des Films gegenüber seiner Hauptprotagonistin ist. Aber wie gesagt, ich habe das Gefühl, der Film, und das ist, glaube ich, gar nicht so intendiert von Satoshi Kon, der Film macht auch eine Entwicklung durch. Es gibt eine Genese im Blick auf Hannah. Und wir schließen Hannah ins Herz.
Johannes Franke: Ja,
Florian Bayer: natürlich. Und das ist eine riesige Stärke des Films. Das schafft er nämlich mit allen Figuren, die er hat. Wir haben hier Figuren, die absolut sich am Rande der Gesellschaft bewegen. Und wir lernen diese Figuren nach und nach kennen. Und wie dieser Film das entfaltet. Was für Geschichten diese Figuren hinter sich haben. Was für Lebenswege sie hinter sich haben. Sorgen dafür, dass wir uns voll in sie reindenken können.
Johannes Franke: Aber weißt du, ich brauche nicht mal die Geschichten. Ich habe... fünf Minuten beim Streiten zugeschaut und ich bin voll bei allen dran. Wirklich, ich finde das sehr bemerkenswert, dass ich bei den Figuren innerhalb von fünf Minuten komplett dran bin und will, dass die alles schaffen, was sie an Steinen in den Weg bekommen.
Florian Bayer: Und das bei diesem echt ruppigen und rauen Streiten, das sie am Anfang haben. Die gehen ja voll aufeinander los. Ja,
Johannes Franke: aber die sind so gut geschrieben, die Dialoge. Und die sind so super miteinander. und reagieren so gut aufeinander. Was auch ein bisschen mit den Synchronsprechern zu tun hat, die haben nicht traditionell damals die Leute genommen, die die ganzen Animes gesprochen haben, sondern sie haben Schauspieler genommen, die tatsächlich in Filmen mitspielen normalerweise. Und das ist ein kleiner Unterschied. Also das ist nicht nur bei uns ein Unterschied, sondern in Japan nochmal ein größerer Unterschied, weil das ein ganzer Industriezweig Anime ist. Und das ist schon eine andere Nummer, eine Ansage, wenn du sagst, ich nehme aber Schauspieler.
Florian Bayer: Ja, auf jeden Fall. Und es ist authentisch. Es wirkt echt, es wirkt lebendig. Und es wird von der Straße gegriffen. Und das finde ich auch ganz wichtig, weil ich meine, hey, es ist ein Anime. Es ist ein Zeichentrickfilm. Und wenn man einen Zeichentrickfilm sieht, dann denkt man an Überzeichnungen. Und auch an fehlenden Realismus. Und wie es diesem Film gelingt dann, trotz der Zeichnungen, die auch teilweise sehr expressiv sind, über das Realistische hinausgehen, dieses Autor... Das authentische, raue Gefühl von Menschen, die hier auf der Straße leben, rüberzubringen, ist schon krass. Ja,
Johannes Franke: absolut. Aber wo du das gerade ansprichst, die Animation, das macht einiges richtig, was den Film natürlich verkauft. Du hast den Kontrast zu den anderen Animes eingebracht. Die haben hier wesentlich realistischere Bodytypes. Muss man sagen, man hat ja sonst, also weiß ich so sonst so aus.
Florian Bayer: Das ist ein großes Held.
Johannes Franke: Ja,
Florian Bayer: aber mach mal deine generale Anime-Kritik.
Johannes Franke: Meine generale Anime-Kritik ist, dass ich so Bodytypes vor mir habe von 16-jährigen, 14-jährigen Mädchen, die über die ganze... Bandbreite der Figuren einfach raufgeschüttet wird und die müssen alle irgendwie sexy mit kurzen Röckchen, weiß ich nicht, keine Ahnung. Es gibt's auch andere. Natürlich gibt es andere. Aber das ist das Richtige.
Florian Bayer: Du siehst ganz viele Anime-Fans, die gerade vor ihrem Rechner sitzen und Kommentare einsetzen. Johannes hat natürlich vollkommen recht, aber das war auch nicht anders zu erwarten. Ich bin kein großer Anime-Kenner und du bist es auch nicht,
Johannes Franke: ne? Nein, natürlich nicht.
Florian Bayer: Anime ist ein riesiges Feld und es gibt natürlich auch diese Bandbreite von Studio Ghibli kennen alle. Das ist das, was wir hier im Westen kennen. Und mein Sohn guckt gerade unglaublich viele Animes. Deswegen bin ich ein bisschen mehr drin. Ich war mit dem ja auch vor einem Monat auf einer Anime-Convention. Ach,
Johannes Franke: stimmt. Du hast was erzählt. Willst du ein kleines bisschen aus dem...
Florian Bayer: Anime-Conventions sind geil. Also ich bin mir vorgekommen, wie der Alte sagt, der Fehl am Platz ist. Ich habe den Altersschwind auch definitiv extrem gehoben.
Johannes Franke: Krass, Mann.
Florian Bayer: Und es war toll. Es war großartig. Es hat richtig Spaß gemacht, weil diese so eine krasse Willkommensart... Atmosphäre und du merkst, das sind natürlich die Leute, die sich stundenlang hingesetzt haben, um ihre Kostüme zu nähen, um sich Schminke aufzutragen, um so perfekt auszusehen wie der Avatar, den sie gerade darstellen wollen. Und es ist total egal, wenn du da hingehst und nur ein Stirnband trägst oder gar nichts hast. Es ist einfach eine super nette, freundliche Atmosphäre. Oh,
Johannes Franke: wie schön.
Florian Bayer: Es sind wirklich unglaublich angenehme Menschen. Und dann ist es auch einfach so ein LGBTQ-Fest. Weil, wie gesagt, dieses Cross-Dressing-Ding hast du da voll. Du hast da in allen erdenklichen Farben Menschen angezogen. Wie schön. Was Figuren Darstellung betrifft, du hast Männer in Frauenkostümen, Frauen in Männerkostümen. Du hast mit Sicherheit auch ganz viele Transidente dabei, weil du siehst sehr viele Regenbogenflaggen. Ja,
Johannes Franke: schön.
Florian Bayer: Und auch die wildesten Mischungen. Und du hast dann auch einen Batman da rumlaufen und daneben hast du halt ein 16-jähriges Mädchen, das gekleidet ist wie Naruto und sowas. Und es ist toll. Es war bunt, es war laut, es war ein riesiges Vergnügen. Selbst wenn ihr keine Anime-Fans seid, ich kann sowas wirklich nur empfehlen. Es war toll. Geil. Und dann gab es halt das Programm und das ganz viele Zeug auch wirklich für die Nerds. Und ich saß da auch verloren. Wir haben uns ein Theaterstück angeguckt, wo Naruto-Szenen gespielt wurden. Bela war voll drin. Geil. Der hat das richtig genossen. Oh, wie schön. Ich dachte nur, sowas passiert da. Was? Wie? Wer? Wo? Aber es war trotzdem geil. Und es ist einfach eine Community. Es gibt Anime-Rap. Das ist ein Riesending. Da sind die größten Anime-Rapper aus Deutschland aufgetreten, die rappen als die Figuren aus den
Johannes Franke: Animes. Okay.
Florian Bayer: Und zwar aus allen. Sowohl Naruto als auch Dragon Ball Als auch was es sonst noch gibt Oh Gott,
Johannes Franke: ich möchte auf diese Leute zugehen und fragen Kannst du davon leben?
Florian Bayer: Der kann davon leben, der hat davon erzählt, dass er so dankbar ist für die Community Dass er es geschafft hat jetzt seit ein paar Jahren davon zu leben, durch Sport-Einnahmen. Geil! Oh, ich bin ganz freundlich. Eine riesige Party.
Johannes Franke: Schön.
Florian Bayer: Und du fühlst dich die ganze Zeit willkommen. Ich hab gesagt, ich hab mich viel am Platze gefühlt. Das stimmt gar nicht. Ich hab mich nicht viel am Platze gefühlt. Vielleicht die ersten fünf Minuten, als ich die ganzen tollen, schönen Kostüme gesehen habe. Danach hab ich mich einfach nur wohl gefühlt. Es war toll. Es war richtig schön.
Johannes Franke: Hattest du irgendwas dabei, was dich ein bisschen, also Stirnband oder irgendwas?
Florian Bayer: Nee. Es wäre mir zu fake vorgekommen. Ich habe das Gefühl, wenn ich irgendwas versuche, und das ist dann auch meine eigene Social Anxiety, meine eigene Unsicherheit, und dann habe ich es lieber ganz gelassen. Und das war total okay, da sind ja auch Leute rumgelaufen, die nicht verkleidet waren. Es war einfach, du hast dich nicht viel am Platze gefühlt. Es war echt schön. Du konntest einfach mitfeiern und am Schluss stand ich vor der Bühne und habe zu irgendwelchen Anime-Texten gerappt von Animes, die ich überhaupt nicht kenne. Und habe das einfach genossen, es war großartig. Es war so toll.
Johannes Franke: Okay.
Florian Bayer: Wie sind wir drauf gekommen?
Johannes Franke: Wir waren eigentlich beim Animationsstil dieses Films. Und ich finde ihn großartig.
Florian Bayer: Es ist toll gezeichnet.
Johannes Franke: Sehr expressive Mimik. Ich liebe es. Ich liebe es auch, weil es sehr, trotz seiner Überzeichnung, sehr nah am Menschen dran ist.
Florian Bayer: Er hat nicht die Farben, die man unbedingt vom Weihnachtsfilm erwartet. Es gibt so einen warmen Farbton, aber es sind sehr viele gedämpfte Farben.
Johannes Franke: Ja, genau.
Florian Bayer: Braun und schwarz. Dreckig auch.
Johannes Franke: Es ist sehr dreckig, ja genau. Das ist auch überhaupt, die Stadt wird sehr gut dargestellt, finde ich. Ja. So man hat immer das Gefühl, wenn man von einem Ort zum anderen will, macht man sich auf eine Weltreise. Also wirklich so richtig.
Florian Bayer: Das ist Tokio.
Johannes Franke: Das ist Tokio, krass, meine Güte. Und es ist überall Dreck und die Leute sind alle in ihrem eigenen Tunnel. Und es ist wirklich sehr, sehr gut einfach auch visuell dargestellt.
Florian Bayer: Was ich wirklich geil finde, ist, dass es halt, du hast nie das Gefühl, dass es irgendwie so ein Sugar-Coding gibt. oder sowas. Es ist alles, es wird dargestellt wie es ist. Wir haben hier einen Zeichentrickfilm, aber die Straßen fühlen sich trotzdem dreckig an. Wir wissen, dass unsere Protagonisten alle stinken, weil die ungeduscht sind. Wir erfahren es durch die Reaktionen der Leute natürlich.
Johannes Franke: Ja, genau.
Florian Bayer: Aber wir erfahren es auch einfach dadurch, wie wir sie sehen, wie sie sehen, aussehen. Sie haben die Kleidung an, die sie wahrscheinlich seit zehn Tagen anhaben. Wir haben ewig keine Dusche mehr gesehen. Es wird hier nichts romantisiert, sondern es ist einfach mal das fucking Obdachlosenleben auf. den Straßen Tokios.
Johannes Franke: Ich hatte das heute wieder. Ich bin in Berlin. Also Berlin ist leider die Heimat von vielen solcher Menschen. Und hatte wieder in der U-Bahn jetzt jemanden sitzen mir gegenüber. Da war einfach der Geruch auch wirklich schwer zu ertragen.
Florian Bayer: Es ist vor allem im Winter echt hart.
Johannes Franke: Es tut mir so wahnsinnig leid. Ich meine, es gibt immer wieder so Auffangstationen und Zeug mit Duschen. Aber es scheint nicht zu reichen und das Geld wird ja immer überall gespart und es ist wirklich furchtbar.
Florian Bayer: Das krasse ist ja, als dieser Film entstanden ist, war Tokio an einem Peak von seinen Obdachlosen.
Johannes Franke: Ja, also es war wohl tatsächlich ein pressierendes Thema sowieso. Also der Film setzt sich da auf etwas, was jedem bekannt vorkam.
Florian Bayer: Es gab dieses Gesetz, ein Jahr bevor der Film rauskam, gab es dieses spezielle Gesetz, wo zum einen anerkannt wurde, dass Obdachlose existieren. In Japan. Und gleichzeitig geguckt wurde, dass Obdachlose besser unterstützt werden. Und dann wurden auch Zahlen erhoben. Und um das mal zu sagen, also war die Zeit Peak-Obdachlosigkeit in Japan. In der Zeit wurde davon ausgegangen, dass es 25.000 Obdachlose in Japan gibt. Japan hat 120 Millionen Einwohner.
Johannes Franke: Ja, das ist...
Florian Bayer: Zum Vergleich, seitdem sind sie runtergegangen, zum Vergleich, Deutschland hat 80 Millionen Einwohner und 50.000 Obdachlose. Was Peak-Obdachlosigkeit in Japan bedeutet hat, ist nichts im Vergleich zu Deutschland und erst recht nicht zu Amerika, wo es 650.000 Obdachlose gibt.
Johannes Franke: Ah, fuck. Es ist einfach ein trauriges Thema.
Florian Bayer: Es ist ein voll trauriges Thema. Und wenn du 25.000 Obdachlose hast, ist es auch schrecklich für jedes einzelne Schicksal. Aber in Japan ist Obdachlosigkeit was ganz anderes als in Deutschland. Allein schon von der Quantität.
Johannes Franke: Ja, ja, klar.
Florian Bayer: Es sind weniger als halb so viel pro Einwohner. Es sind 0,1% der Bevölkerung. Weniger als 0,1% der Bevölkerung. Und in Deutschland ist es einfach viel krasser.
Johannes Franke: Ja, das ist auch ein anderes... Man muss auch sagen, dass Wohnungslosigkeit damals... und heute wahrscheinlich auch noch anders einsortiert wird.
Florian Bayer: In der japanischen Kultur, ne?
Johannes Franke: In der Kultur. Ich habe darüber ein bisschen was auch gelesen und die Denke ist so ein bisschen von der anderen Seite. Also zumindest widespread in der Bevölkerung, die sich damit nicht auskennt, ist eher das Gefühl, wenn du kein Zuhause hast, dann musst du was so Schlimmes getan haben, dass dich dein Zuhause nicht mehr haben will.
Florian Bayer: Ja.
Johannes Franke: Und dann bist du natürlich sofort noch viel aussätziger, als du sowieso schon bist. Und das ist schon hart. Also der Gedanke ist ja, es würde sich deine Familie ja jederzeit um dich kümmern, wenn du nicht sowas Schlimmes gemacht hättest. Und dann ist klar, dass dir alle Leute aus dem Weg gehen und die Nase rümpfen und so und dir auch keine Unterstützung geben.
Florian Bayer: Die Familie wird in Japan, der Familienverband wird in Japan halt sehr hoch geschätzt. Und wenn du auf der Straße lebst und keine Unterkunft hast, niemanden, der dir hilft, dann... kann das ja nur bedeuten, dass du von der Familie verstoßen wurdest. Was für ein Monster musst du sein, dass das passiert ist.
Johannes Franke: Und da ist mein großer weiterer Kritikpunkt an diesem Film, der unterstützt das.
Florian Bayer: Findest du?
Johannes Franke: Ja, in seiner Art und Weise, wie die Geschichten gestrickt sind, unterstützt er das irgendwie subtil. Weil jeder dieser Menschen ist nicht obdachlos, weil Sachen außerhalb ihres Einflussvermögens sind. Was einfach fucking mal das größte Problem ist. Du kannst nicht als Obdachloser sagen, ja, ich traue mich halt nicht nach Hause. Du hast halt keins. Das sind Sachen, die sind außerhalb deines Einflussvermögens. Und drei von drei Geschichten sind Geschichten von Leuten, die einfach gesagt haben, ich habe irgendwas getan und ich traue mich nicht wieder denen unter die Augen zu kommen, um mit denen zu klären, was da eigentlich los war.
Florian Bayer: Ja, das stimmt. Das stimmt tatsächlich.
Johannes Franke: Und das finde ich scheiße. Ja. Ich finde, es ist eine Geschichte von dreien. Du hast drei Möglichkeiten, was zu erzählen. Du erzählst dreimal das Gleiche. Was soll das denn?
Florian Bayer: Naja, dreimal das Gleiche ist jetzt aber nicht natürlich. Es sind dreimal Geschichten von Menschen, die Dinge getan haben, die sie bereuen und sie können anderen deswegen nicht unter die Augen treten.
Johannes Franke: Ja. Und gehen davon aus, dass die sie verstoßen. Gehen davon aus und zwar nicht so im Sinne von, ja, der hat mich jetzt rausgeworfen, also komme ich nie wieder, sondern ich gehe schon mal präventiv. ohne mehr anzuhören, was der andere zu sagen hat.
Florian Bayer: Zumal dreimal erzählt wird, dass ihn vergeben wird. Ja. Und es kein Ding ist. Genau. Wollen wir mal kurz gucken auf die Geschichten? Also Hannah haben wir ja schon so ein bisschen erzählt mit dem Nachtclub, dass sie da raus ist und dann gibt es dieses Wiedersehen mit der Nachtclubbesitzerin, die sagt, ja, super, dass du wieder da bist.
Johannes Franke: Und da fängst du schon mit der Geschichte an, wo ich dann denke, da ist überhaupt gar kein Ding. Wie kommst du überhaupt auf den Gedanken, dass du jetzt irgendwas Schlimmes gemacht hast? Du hast dich einfach nur gewehrt und das war's. Also ich finde, bei Hannah ist es am schwächsten, dass sie irgendwie denkt, ich bin verstoßen.
Florian Bayer: Bei Hannah finde ich es am stärksten. Ich finde nämlich, die Hintergrundgeschichte von Hannah wird spätestens in dem Moment total schlüssig, wenn sie sagt, dass sie das Baby behalten will, das sie finden. Kyoko übrigens, um den Namen auch einmal zu sagen. Sie nennen das Baby Kyoko. Das ist so viel Pure Child. Genau. Weil sie selbst als Kind verstoßen wurde. Hannah ist es gewohnt. verstoßen zu werden. Und Hannah ist es gewohnt, nicht akzeptiert zu werden. Und diese Angst für irgendwas, was man getan hat, nicht akzeptiert zu werden, ist in ihr so festgefahren, dass wir die durch den ganzen Film haben. Sie kämpft manchmal dagegen an, indem sie dann besonders krass sagt, ey, ich bin ich und ich stehe zu mir, was total geil ist. Aber sie trägt eigentlich die ganze Zeit diese Angst und diese Unsicherheit mit sich herum. Und deswegen versucht sie auf Teufel komm raus, diese Familie, die sie da haben, mit Jin und Miyuki zusammenzuhalten, weil ihr das so wichtig ist, weil sie so Angst hat, dass sie... verstoßen werden könnte. Ich finde das ganz toll von der Erzählung.
Johannes Franke: Ich finde das, den Teil davon, auch total toll. Aber ich finde diese Begründung, das, was sie getan hat, reicht für mich nicht aus dafür.
Florian Bayer: Natürlich nicht, aber in ihrem Kopf hat es ausgereicht. Und das wird uns dann ja auch erzählt. Das ist das Traurige an Hannah, dass sie diese Angst hat und dass sie diese Selbstzweifel hat, die ihr die Gesellschaft die ganze Zeit natürlich auch aufdrücken.
Johannes Franke: Vielleicht wäre es eine stärkere Geschichte, wenn die anderen beiden nicht genau ins gleiche Horn stoßen würden. Weil dann hast du vielleicht mehr Fokus auf dieses Problem, was da existiert, was in ihrem Kopf existiert.
Florian Bayer: Vielleicht.
Johannes Franke: Ja, so kann ich mich, wie es erzählt wird, nicht darauf konzentrieren, was bei ihr psychologisch da jetzt funktioniert, weil du hast die anderen beiden, die kommen ja auch zeitlich sehr nah aneinander, wird das aufgelöst irgendwie und dann hat der mit seiner Tochter und sie hat ihren Vater erstochen.
Florian Bayer: Der mit seiner Tochter,
Johannes Franke: Jin. Wieso heißt der Jin, wenn er Alkoholiker ist?
Florian Bayer: Cheeser wird er ja auch genannt. Sie haben tatsächlich alle diese anderen Namen, mit denen sie mal so genannt werden, mal so. Es macht ja total Sinn, dass sie ihn alle Jin nennen. Er ist ja die ganze Zeit am Saufen. Und Jin erzählt zuerst seinen Gefährten die Geschichte, dass seine Tochter gestorben ist. Und eigentlich diese total tragische Geschichte, dass er kein Geld hatte für die Krankenhausrechnung. Und dann erfahren wir aber im Laufe der Handlung, dass Ryn offensichtlich nicht nur Alkoholiker ist, sondern auch Glücksspielabhängig.
Johannes Franke: Und dass er kein Fahrradrennenmeister war.
Florian Bayer: Nein, aber sie hatten einen Fahrradladen. Das ist total süß. Das ist einfach Fahrradfahrer.
Johannes Franke: Ich bin total süß.
Florian Bayer: Und er hat es offensichtlich von jemandem ausgenommen worden oder hatte Schulden bei ihm. Auf den trifft er auch. Es gibt sehr viele Koinzidenzen in diesem Film. Ständig merkwürdige Begegnungen. Und dann hat er so viel Geld verloren, dass er sich geschämt hat und dann ist er ab. abgehauen von seiner Frau und seiner Tochter, die beide noch leben. Und es gibt das Wiedersehen mit seiner Tochter. Ich finde halt auch, ja, ich sehe total deinen Kritikpunkt. Alle drei kriegen diesen Grund, warum sie auf der Straße sind, der gesellschaftliche Ablehnung ist. Und jedes Wiedersehen, jede Versöhnung ist für mich total stark.
Johannes Franke: Ja, an sich ist es. Also das eine ist die Dramaturgie dahinter, was man sich auf dem Papier ausgedacht hat, was vielleicht eine schwierige Gesamtproblematik aufmacht. Aber die Inszenierung der einzelnen Szenen und der einzelnen Auflösungen, die ist hervorragend. Das muss man einfach sagen. Die kriegen das super gut hin. Wie ich vorhin gesagt habe, dass die Dialoge wahnsinnig echt sind und wahnsinnig gut sind. Und die Zeichnungen einfach alles verkaufen. Verkauft er mir auch in der Inszenierung diese ganzen emotionalen Momente total gut. Das klappt schon.
Florian Bayer: Also wir haben eine tolle, authentische Dramaturgie mit extrem unangenehmem moralischem Geschmäckle. So ungefähr würdest du das sagen.
Johannes Franke: Ja, genau, genau. Also beziehungsweise, ich würde nicht sagen, dass die Dramaturgie... glaubwürdig ist, weil die Zufälle einfach zu oft sind.
Florian Bayer: Dazu kommen wir zu...
Johannes Franke: Aber das sind weg. Das ist ein Märchenaspekt, da müssen wir anders drüber reden, genau.
Florian Bayer: Und dann haben wir Miyuki als Dritte im Bunde, die, wie wir später in einem Rückblick erfahren, ihren Vater mit einem Messer angegriffen hat und dann von zu Hause weg ist und sagt, sie kann nie wieder nach Hause.
Johannes Franke: Da kann ich es am ehesten verstehen, dass man das denkt. Gerade als Jugendliche, die das gemacht hat und dann irgendwie... Du bist in einer anderen Welt in dem Alter und mit dem, was du da... getan hast. Weil deine fucking Katze weg war, hat sie ihren Vater ange... Ich weiß nicht genau, was ich damit anfangen soll.
Florian Bayer: Und ich könnte jedes... Ich könnte jeden Moment losheulen, wenn ich sehe, wie ihr Vater verzweifelt nach ihr sucht. Wir kriegen immer wieder diese Hinten. Und es wird immer stärker, dass offensichtlich der Vater, sie ist wegen ihm weg, weil sie gedacht hat, er wird ihr nie verzeihen. Und er setzt alles in Bewegung, um sie zu finden. Und er gibt... Er gibt nicht auf und kämpft wirklich dafür und mit Zeitungsannoncen und Suchaktionen. Und wir erfahren nachher, dass er bei der Polizei ist. Und er macht wirklich alles, um sie zu sehen. Und es ist so, es reicht mir das Herz. Es ist so traurig und so schön zugleich.
Johannes Franke: Jaja, ich verstehe.
Florian Bayer: Nein, ich mag alle drei Geschichten. Und ja, ich sehe deinen moralischen Kritikpunkt. Auf jeden Fall, voll, der ist da. Das ist dieses Klischee von den Leuten, die Scheiße gebaut haben, deswegen auf die Straße gegangen sind. Genau. Und trotzdem ist jeder dieser drei Geschichten so, Herz.
Johannes Franke: Ja, natürlich, natürlich. Ja, man hat Pipi in den Augen, auf jeden Fall. Also es ist nur dann sozusagen in der Reflexion denkt man dann langsam irgendwann, ja, ach irgendwie, weiß ich nicht. Die Themen sind dann doch nicht so von allen Seiten betrachtet, wie man das gerne hätte für so wichtige Themen wie LGBTQ plus und Wohnungslosigkeit und so weiter.
Florian Bayer: Und dann werden diese drei wirklich eng zusammenhaltenden. Personen durch die Nacht geschickt. Und wir erleben Kokyo bei Nacht und es passieren wirklich schräge Dinge.
Johannes Franke: Es passiert ja alles.
Florian Bayer: Und es passieren schräge Dinge und es passieren es sind einfach so unwahrscheinliche Verquickungen die ganze Zeit und es wird auch thematisiert. Sie reden öfter mal von Kiyo. dass die so eine Art Schutzengel ist oder sowas, weil so merkwürdige Sachen passieren.
Johannes Franke: Echt, das habe ich ein bisschen verpasst, aber offensichtlich ist es das ja. Also Baby Jesus. Es ist Baby Jesus.
Florian Bayer: Wir können auch nachher noch was zu Weihnachten und vor allem zu Christentum in Japan sagen. Ja. Spoiler, es gibt nicht sehr viele Christen in Japan. Nein. Und dann passieren diese Sachen und es ist voll märchenhaft. Und dieser Clash, dieses raue Authentische mit wirklich harten, düsteren Themen.
Johannes Franke: Ja, und düsteren Bildern. Und auch harten. Szenen mit den Jugendlichen, die... Boah, krass,
Florian Bayer: ja, dazu müssen wir auf jeden Fall gleich kommen.
Johannes Franke: Das ist schon hart.
Florian Bayer: Und dann aber, wie das zusammenwirkt mit diesem Märchenhaften. Ja. Ungewöhnliche Sachen passieren, die man nicht erwartet, dass Zufälle passieren, die ihn den Arsch retten. Ich finde, das ist eine tolle Mischung. Man könnte ja sagen, oh Gott, das passt nicht zusammen. Wie willst du das in Einklang bringen?
Johannes Franke: Aber ich glaube, das ist wahnsinnig. Wichtig für den Film. Also beides wirkt für sich nur, weil die andere Seite da ist. Diese raue Stadt brauchst du, um das Wunder so darstellen zu können, ohne zu elegisch zu werden. Also es ist ja am Ende dieser Windstoß, der da kommt und dieses Banner noch hochwischt, ist noch das Elegischste,
Florian Bayer: was du da nimmst.
Johannes Franke: Das ist ja fast schon so ein bisschen so, da fehlt nur noch der große Schein aus dem Himmel, der dann macht. Aber die anderen Sachen sind ja, da reicht ja so ein kleines Funkeln quasi und schon bist du in so einem heiligen Schein. Gefühlt, aber eben nicht tatsächlich und das ist gut. Und dafür hast du aber die raue Stadt und andersrum wird die Stadt erst rau, weil auf der anderen Seite dieses Thema da ist, dieses Elegische, eigentlich Elegische.
Florian Bayer: Kommen wir mal zur ersten wirklich merkwürdigen Geschichte. Meiner Meinung nach.
Johannes Franke: Die erste merkwürdige Geschichte, die passiert in der ersten Minute. Sie finden das Kind.
Florian Bayer: Ich dachte jetzt an die Szene, wo sie den Yakuza-Chef oder was auch immer unterm Auto finden.
Johannes Franke: Das ist aber schon recht spät. Der Yakuza-Vorfall,
Florian Bayer: das ist erst 20 Minuten. Ah, okay. 25 Minuten. Das ist relativ früh. Ich habe auch gerade gedacht, das findet später statt, aber das ist relativ am Anfang. Dass sie diesen Typ unterm Auto finden, als sie sich auf dem Friedhof an diesen Gaben bedient haben. Was offensichtlich eine japanische Tradition ist.
Johannes Franke: Das scheint ein Ding zu sein da. Also das ist nicht so unwahrscheinlich, dass sie da diese Babywindeln finden.
Florian Bayer: Und offensichtlich haben sie sich beim Grab von seinem Vater bedient. Also zumindest der Name, der auf dem Knappen geht, weiß daraufhin. Das ist mir nicht aufgefallen. Muss man nicht. Ich kenne die Tradition. Tatsächlich, ich wusste nicht, dass das auch ein japanisches Ding ist. Ich kenne es aus anderen Kulturen. Es gibt ja viele Kulturen, die das machen. Sogar bei uns. Also ich meine, was wir an Blumen ans Grab stellen, das ist auch schon in diese Richtung.
Johannes Franke: Das stimmt.
Florian Bayer: Genau, Ota heißt der Yakuza-Boss. Und der sie dann... einlädt, weil sie ihm den Arsch retten. Er klemmt nämlich unter seinem Auto fest und sie packen einfach an, das auszutun an den Charakteren. Wenn sie merken, dass irgendjemand Hilfe braucht,
Johannes Franke: dann geht's los. Auf jeden Fall. Ja, natürlich.
Florian Bayer: Wie ein Uhrwerk, total toll. Und er sagt, dann komm mit zu unserer Hochzeit, zur Hochzeit von meiner Tochter, auf die ich überhaupt keine Bock habe. Und sie kommen mit, weil sie rausfinden, dass die Tochter einen Nachtclubbesitzer heiratet und zwar der Nachtclubbesitzer, in dessen Nachtclub die Frau, die vermeintliche Mutter des Babys, gearbeitet hat. die vermeintlichen Mutter Kyokus. Deswegen gehen sie mit, weil sie denken, oh, da können wir mehr erfahren.
Johannes Franke: Was für ein Zufall.
Florian Bayer: Und dann ist dieser Nachtclubbesitzer auch offensichtlich noch jemand aus der Vergangenheit von Jin, der sieht nämlich und denkt so, oh, dieser Typ ist verantwortlich für meine Armut und dafür, dass ich meine Frau und meine Tochter verlassen habe. Und dann ist so ein Moment, wo ich denke, hä, was? Moment, was? Was passiert hier? Was? Was zur Hölle ist los?
Johannes Franke: Es passieren sehr viele Sachen auf einmal.
Florian Bayer: Willst du's erzählen? Jin will diesen Typen angreifen und dann?
Johannes Franke: Und dann zieht irgendein... Also Bediensteter, das tut mir leid, das ist ein falsches Wort dafür. Ein Typ, der da arbeitet, eine Frau, die da arbeitet, zieht sich die Haare vom Kopf und ist ein Typ,
Florian Bayer: der da arbeitet. Ein Spanier oder Südamerikaner?
Johannes Franke: Ja, der dann eine Waffe zieht und den Typen umbringt, den Jin gerade umbringen wollte. What the fuck? Ja,
Florian Bayer: und es kommt so aus dem Nichts heraus.
Johannes Franke: Ich glaube, er wollte eigentlich den Boss umbringen. und dann hat sich dieser Typ, den Jin umbringen wollte, davor geschmissen.
Florian Bayer: Heldenhaft davor geschmissen?
Johannes Franke: Obwohl er gerade jemanden heiraten wollte, oder? Ja,
Florian Bayer: das ist der Typ, der die Tochter des Bosses heiraten will. Er springt vor den Boss, das ist offensichtlich auch irgendwie so ein Yakuza-Ding dann in dem Moment.
Johannes Franke: Okay.
Florian Bayer: Pures Chaos.
Johannes Franke: Pures Chaos und er stirbt noch nicht einmal. Später kriegen wir noch mit, dass er eigentlich immer im Krankenhaus gelandet ist.
Florian Bayer: Und der Attentäter entführt dann Miyuki, um da rauszukommen.
Johannes Franke: Ja. Und der Film nimmt mir in Bewendung, wo ich denke, hä, wo willst du denn eigentlich hin?
Florian Bayer: Willst du hin genau das? Weil er nimmt Miyuki mit, mit dem Baby. Großes Drama. Im Auto ist dann auch zuerst mal total einschüchternd. Und dann fährt er sie nach Hause zu seiner Frau und sie unterhält sich nett mit seiner Frau. Ja,
Johannes Franke: also alles aufgelöst. Einfach so. Und die unterhalten sich in Spanisch und Japanisch und keiner versteht den anderen. So geil. Und das ist die beste Szene, die ich mir vorstellen kann.
Florian Bayer: So ein tolles Bonding, auf jeden Fall.
Johannes Franke: Das ist super. Und ich finde es so süß, wie sie sich über ihre Mutter lustig macht. Und dann irgendwie ihre Gebete rein nachmacht. Später wird es ein kleines bisschen problematisch, weil wir dann in der Rückblende sehen, wie sie gerade ihren Vater ein Messer in den Bauch gerammt hat. Und im Hintergrund ist halt die Mutter, wie sie gerade vor sich hin betet, panisch. Und weiß nicht, ob ich das noch so geil finde, dass sie sich darüber lustig macht, wie ihre Mutter gerade im Hintergrund vor sich hin betet. Aber in dem Moment in der Szene finde ich es sehr geil.
Florian Bayer: Also ich finde, es ist eine total schräge Szene. Also es ist diese Kette an Ereignissen, die dazu führt, dass dann Miyuki und Kiyoko am Schluss in dem Haushalt von diesem Einwanderer landen. Ist das Bannenkriminalität aus Südamerika? Irgend so ein Thema wird da sein. Dieser Typ kann auch kein Wort Japanisch und seine Frau kann auch kein Wort Japanisch. Das heißt, die sind auch irgendwie Menschen am Rande der Gesellschaft.
Johannes Franke: Ja, auf jeden Fall.
Florian Bayer: Gleichzeitig haben sie offensichtlich irgendwelche Kontakte zum organisierten Verbrechen. Wir erfahren nicht, warum der umgebracht werden sollte.
Johannes Franke: Es ist wahrscheinlich irgendein Klischee, das wir nicht kennen und über das wir es aufregen könnten, wenn wir es kennen würden. Vielleicht.
Florian Bayer: Ich finde es...
Johannes Franke: Keine Ahnung.
Florian Bayer: Und das Geile ist, um was zum Regisseur zu sagen, ganz kurz. Satoshi Kon. Als ich den Film rausgesucht habe bei Rotten Tomatoes, wusste ich nicht, dass er von ihm ist. Satoshi Kon ist ein toller Regisseur. War ein toller Regisseur.
Johannes Franke: Ja, ist mit 46 Jahren gestorben.
Florian Bayer: Ist total traurig. Er hat in den 90ern... Was hat er... Krebs. Krebs, ne? In den 2010 ist er gestorben. Er hat in den 90ern Anfang der 2000er hat er einige meiner liebsten Animes gemacht.
Johannes Franke: Hast du Paprika gesehen?
Florian Bayer: Paprika ist ein ganz toller Film. Ja?
Johannes Franke: Den würde ich nämlich gerne mal sehen.
Florian Bayer: Ja, das ist stell dir vor Inception. Ja. Aber in fantastisch und nicht in so urban, trocken, nüchtern oder mit dieser neuen Attitüde, dass alles urban und kalt ist,
Johannes Franke: sondern offenbar bunt. Weniger erklärt auch. Ja.
Florian Bayer: Ja, natürlich, das wird weniger gequatscht als in Inception, aber in neuen Filmen wird immer zu viel gequatscht. Ganz toller Film, aber auch Perfect Blue und Millennium Actress, ganz großartige Filme. Und wenn Paprika Inception vorweggenommen hat, dann hat Perfect Blue und Millennium Actress sowas wie Matrix vorweggenommen vielleicht?
Johannes Franke: Okay.
Florian Bayer: Ja, Flex One wird oft gesagt, ist davon inspiriert. Satoshi Kon hat wenige Filme gemacht, aber die, die ich von ihm kenne und er hat... Es sind nicht so viele. Tatsächlich kenne ich die meisten Filme von ihm.
Johannes Franke: Und eine Serie. Er hat noch eine Fernsehserie gemacht.
Florian Bayer: Es sind ganz wundervolle Animes. Ich kenne das aus den 90ern und 2000ern von ihm. Ich kann jetzt sagen, ich habe alle Filme von ihm von 1997 bis 2006 gesehen. Das sind vier Filme. Ganz toll. Und dieses Chaotische, dieses Hektische, das hat er in seinen Filmen immer drin. Auch diese Momente. Und es kann absolut eine kulturelle Ball... Barriere sein. Ich bin halt ein dover Wessi, der sich nicht auskennt mit der japanischen Kultur. Aber du sitzt da ganz oft davor und denkst so, what? Was?
Johannes Franke: Moment. Stopp,
Florian Bayer: langsam, langsam, langsam. Ich muss mal ganz kurz was recherchieren. Und das hat ja in diesem Film, der auf jeden Fall viel nüchterner und viel realistischer ist als alle seine anderen Filme, die ich gesehen habe, hat er in diesem Film auch dieses Hektische und dieses, es passieren Dinge und es erklären sich nicht Dinge, aber, und das ist seine Stärke, du bist gebannt. Du bist da voll dran. Ich hab keine Ahnung, warum der den umbringen wollte, warum er sie mitnimmt, warum er plötzlich so nett zu ihr ist. Aber ich bin voll drin in der Geschichte.
Johannes Franke: Ich hab das Gefühl, jetzt ein bisschen unterstützt durch die Recherche, dass in den Filmen aus dem japanischen Raum, überhaupt mehr aus dem asiatischen Raum, viel mehr Wert auf so Sidequests gelöst wird. Also das auch, der Hauptstrang ist irgendwie, du verlierst manchmal so ein bisschen den Fokus und dann kommt da noch was und da noch was und das ist noch wichtig und dann hat man hier Andeutungen und da Andeutungen an kulturelle... Dinge, die wir nicht kennen. Und ich glaube, das ist das, was vielen im Westen so Schwierigkeiten macht. Gar nicht nur diese Andeutungen, das ist eine andere Geschichte. Die meisten Filme schaffen es, auch eine Geschichte zu erzählen, die du verstehen kannst, ohne dass du die Andeutungen verstehst. Aber diese ganzen Sidequests, die du nicht verstehst, weil du nicht daran gewöhnt bist. dass vom Hauptstrang so viel abgegangen wird, ohne dass erklärt wird, warum das jetzt wichtig ist, dass sie zu diesem Yakuza-Typen gehen oder was auch immer. Und ich finde es aber ziemlich cool, muss ich sagen. Jetzt so nach dem ersten paar Mal gucken.
Florian Bayer: Ja, der Hauptstrang ist ja auch meistens sehr banal. Und es ist witzig, dass gerade, wir haben ja schon über ein paar asiatische Filme geredet. Und ich habe so das Gefühl, es ist oft so, dass der Hauptstrang eigentlich eine ziemlich banale Detektivgeschichte ist. Ich finde Item A, das weist auf Ort B hin. Ich finde an Bord Ort B. B, Item C und das weiß zu Ort D. Das ist ja das, was sie die ganze Zeit in diesem Film machen. Sie finden Hinweise und gehen von Ort zu Ort. Und es ist ja nicht viel, was da passiert. Wir haben diese Momente der Recherche, die sind banal.
Johannes Franke: Aber es ist auch einfach, man muss dazu sagen, es gibt andere Filme, die das ein kleines bisschen anders machen. Aber das ist sehr character-driven einfach. Darum geht es ja auch. Es geht ja auch um die Charaktere und gar nicht so sehr um das, was sie am Ende tatsächlich finden, rausfinden oder sowas. Die Charaktere sollen ja an der Geschichte wachsen. Und das Wachsen ist ja das Interessante.
Florian Bayer: Auch so, dass es immer wieder eingeworfen ist und jeder Charakter von ihnen kriegt ja auch so seinen Moment, wo seine Hintergrundgeschichte so ein bisschen stärker durchleuchtet wird und diesen Fokus. Und ich finde, das ist gut eingebunden in dieser Hauptstrang als auch in diese wirren Sidequests. Ich finde toll, dass du dieses Videospiel besprechen nimmst, weil das trifft ziemlich gut. Es sind Sidequests. Auch wenn Jin diesen, das ist nämlich so das Netz, was ich als große Sidequest hätte, wenn Jin den alten sterbenden Mann findet. Oh,
Johannes Franke: krass. Das ist so eine krasse Szene. Und sie ist so wahnsinnig witzig an dieser einen Stelle.
Florian Bayer: Wenn er nochmal einen letzten Schluck will, nachdem er die Augen zugemacht hat, ist es so toll.
Johannes Franke: Er macht, er legt so, wie man das so inszenieren würde, er legt den Kopf zur Seite und macht die Augen so halb zu und man denkt, okay, jetzt ist er tot. Der anwesende Jin denkt das auch und legt dann die Hand so auf seine Augen, um die Augen zuzumachen. Und wenn die Hand drüber geht, sind die Augen plötzlich auf und er schreckt total. Und wir erschrecken auch total. Und er so, hast du noch einen Schluck? Hast du noch einen Schluck? Und er nutzt draußen die Windräder, um zu symbolisieren, dass er stirbt. Indem die Windbäder dann irgendwie so still stehen. Das heißt, wir denken noch stärker, dass er jetzt tot ist. Und dann geht das aber alles fröhlich weiter. Ich finde, das war einer der besten Gags des ganzen Films.
Florian Bayer: So ein toller Moment. Und es bringt uns halt Shin auch noch mal nah. Ja. Einfach so liebevoll um diesen alten Mann kümmert. Ja.
Johannes Franke: Und dann wird er vermöbelt. Och,
Florian Bayer: Alter.
Johannes Franke: Ist das hart.
Florian Bayer: Das ist, da war echt so der Moment, wo ich dachte so, ey, wo ist mein Weihnachtsmärchen?
Johannes Franke: Ja, Weihnachtsmärchen kannst du an der Stelle vergessen.
Florian Bayer: Wir haben nämlich wirklich einfach die jugendlichen Assis, die sagen, wir räumen auf.
Johannes Franke: Es gibt einen Namen für die, das ist die Cleanup Crew. Ich finde das so krass, das ist ein Ding da.
Florian Bayer: Ja, Menschen. Also ich meine,
Johannes Franke: es gibt hier auch Idioten, es gibt auch Leute, die in der Gegend rumrennen, in Bannen und irgendwelche Scheiße machen. Aber es scheint einfach in Japan auch ein Ding zu sein. Und das ist hart.
Florian Bayer: Das ist so düster.
Johannes Franke: Das klingt super schwierig.
Florian Bayer: Die bringen ihn ja fast um. Ja,
Johannes Franke: ja, ja, natürlich. Und ihnen ist es auch egal. Und sie denken auch, dass sie ihn umheben, bis sie dann unterbrochen werden und sagen, oh, wir gehen mal da drüber. Und der wird nicht, es wird keiner von denen irgendwie zur Rechenschaft gezogen. Der Film ist in sehr düster in der Hinsicht.
Florian Bayer: Auf jeden Fall.
Johannes Franke: Es passiert und dann ist es vorbei und keiner von denen hat irgendwas zu befürchten.
Florian Bayer: Japan hatte nie einen Haze Code, ne? Die Bösen werden nicht bestraft. Und du sitzt da und hast echt ein Kloß im Hals. Total. Auch weil sie dann noch auf diesen alten Tod... Ja,
Johannes Franke: krass, Mann.
Florian Bayer: Also sie wissen ja nicht, dass er tot ist, aber sie prügeln auf einen 80-Jährigen ein, der da liegt und offensichtlich eher Hilfe braucht. Das ist wirklich abgefuckt.
Johannes Franke: Wie tief kann man sinken? Naja, okay. Aber er schafft das irgendwie, er überlebt das.
Florian Bayer: Ja, weil er von einem Engel gerettet wird. Das ist wieder so eine von diesen Koinzidenzen, wo diese Engelfigur kommt und sagt, möchtest du meine Hilfe oder möchtest du einen Krankenwagen?
Johannes Franke: Einen Krankenwagen bitte. Was? Das ist so ein Anime-Moment.
Florian Bayer: Das finde ich so geil. Auf jeden Fall. Ich habe da auch Sterbe gefeiert, als das passiert ist.
Johannes Franke: Großartig. Und dann ist es halt einer dieser Drag-Queens aus dem Club.
Florian Bayer: Genau. Und dann kommen wir zur dritten Sidequest, nämlich zu diesem Club, wo sie wieder aufeinandertreffen. Sie waren kurzzeitig getrennt und dann sind sie wieder da in diesem Club. Und es ist so eine schöne Atmosphäre. Ich mag diesen Club. Wenn sie da sitzen und sich alle mal ausruhen können, alle mal durchatmen können.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Und in einer Art zu Hause sind, ne? Ja,
Johannes Franke: das gibt so ein heimeliges Gefühl, was ich in den ganzen Filmen über natürlich nicht habe. Und das natürlich durch den Kontrast einmal da ist und wo ich nochmal das Gefühl habe, okay, ihr gehört einfach zusammen. Es ist einfach wichtig, dass ihr zusammen das alles durchsteht.
Florian Bayer: Sie sind so eine tolle Familie und gleichzeitig wissen wir auch, ihre Familie besteht aus der Obdachlosigkeit. Das heißt eigentlich, wenn wir wollen, dass Miyuki von der Straße runterkommt, heißt das, wir machen diese Familie kaputt. Wenn wir wollen, dass Jin sich mit seiner Familie versöhnt, heißt das, wir machen diese Familie kaputt. Und diese Zerrissenheit, diese emotional Zerrissenheit, die trägt der Film halt die ganze Zeit.
Johannes Franke: Das wird auch am Ende nicht besser, muss ich sagen. Das müssen wir dann auch gleich besprechen. Weil das Ende ja auch das mit sich trägt. Alles ist irgendwie endlich. Diese Verbindung ist irgendwie endlich. Naja, besprechen wir, wenn wir beim Ende sind. Mein Gott, was ist das für eine Musik?
Florian Bayer: Was war das? Wo sind wir? Ich glaube, wir wurden rausgerissen.
Johannes Franke: Aber wohin?
Florian Bayer: Oh mein Gott, Johannes. Ja? Ich befürchte, wir befinden uns in einer Selbstpromo.
Johannes Franke: Oh nein!
Florian Bayer: Ganz schnell, ganz schnell, damit wir zurück zum Gespräch können. Was müssen wir machen? Was müssen wir sagen?
Johannes Franke: Wir müssen den Leuten unbedingt sagen, dass sie uns abonnieren sollen, wo auch immer sie sind. Also auf Spotify oder Apple oder sowas.
Florian Bayer: Beam, whatever, was ihr auch nutzt.
Johannes Franke: Also abonnieren und anderen sagen, dass sie uns abonnieren sollen.
Florian Bayer: Auf jeden Fall. Wenn euch die Folge gefällt, gebt uns gerne Sterne, Herzchen, Daumen hoch, was auch immer euer Podcatcher anbietet.
Johannes Franke: Genau, und wenn sie euch nicht gefällt, dann schickt diese Episode weiter an eure Feinde oder eure Nachbarn oder sowas.
Florian Bayer: Und wenn ihr uns Feedback geben wollt, wir Wir freuen uns total über jeden Kommentar an johannes.mussmannsehen.de oder florian.mussmannsehen.de.
Johannes Franke: Genau, schickt uns Filmvorschläge und so weiter. Boah, das soll schnell durchkommen.
Florian Bayer: Ja, jetzt schnell raus,
Johannes Franke: schnell wieder zurück ins Gespräch.
Florian Bayer: Es passieren auch mehr verrückte Sachen. Also wir haben ein bisschen Recherche dazwischen. Und es gibt diese sehr witzige Szene, wo sie an dem Haus sind, wo die gelebt haben, die vermeintlichen Eltern von Kyoko.
Johannes Franke: Das Ding ist aber abgerissen oder verbrannt oder was?
Florian Bayer: Ja. Und das ist auch so, wenn Chin durch die Tür geht und sagt, Honey, I'm home. Oh,
Johannes Franke: das ist so hart. Das ist so ein harter Humor, den er da zieht.
Florian Bayer: Das ist so Chin, aber in diesem Moment. Und wirklich, wirklich tragisch und zynisch und auch ein bisschen zum Grinsen. Dann haben wir diesen wirklich witzigen Moment, wo nach und nach Nachbarn kommen und ihn helfen. Wir haben diese ganzen Nachbarinnen, die da stehen.
Johannes Franke: Und das ist ein super Schnitt, den er da auch durchzieht. Er hat ja wirklich ein super Timing in der Stelle, wie er erst die eine da überlegt. Und dann stehen plötzlich eine zweite dabei. überdenkt zusammen und dann steht da die ganze Gruppe und es ist super.
Florian Bayer: Es ist fantastisch. Und dann haben wir eine neue Adresse, wie gesagt, die Jagd geht weiter und wir haben die nächste Sidequest, nämlich sie sind in einem Imbiss, Späti, whatever. Irgendjemand beschwert sich über sie wegen ihrem Gestank. Es gibt eine Diskussion. Und warum kracht der Krankenwagen dann da rein?
Johannes Franke: Damit sie einmal zeigen können, dass Baby Jesus dafür sorgt, dass sie nicht umkommen.
Florian Bayer: Es ist so krass, weil das wirklich... Und dann kommt der Typ aus dem Krankenwagen, kann jemand den Krankenwagen rufen? Was zur Hölle, warum? Es gibt überhaupt nichts, was darauf hindeutet und es wirklich führen würde.
Johannes Franke: Es führt nichts hin und es führt aber auch nichts weg davon. Also es ist einfach nur da reingepflanscht. Und ich glaube, diese Sidequest-Versessenheit hat auch was damit zu tun, dass Leute vielleicht ihre Ideen, ihre Schnapsideen nicht loslassen können.
Florian Bayer: Danke.
Johannes Franke: Weil dann hast du ein Bild im Kopf und denkst dir, ja, das wäre jetzt aber auch noch geil, wenn das noch passieren würde. Und dann wird das da halt einfach reingepflanzt und gut ist.
Florian Bayer: Paprika war genauso. Und ich denke jedes Mal, danke Satoshi Kon für diese Sachen. Ich verstehe sie nicht. Ich habe keine Ahnung, was du mir damit erzählen willst, aber ich finde es geil.
Johannes Franke: Es funktioniert super im Timing und so. Also insofern, ich habe damit gar kein Problem, das da so reinzuflanschen. Aber ist es tatsächlich auch einer der Gründe, warum ich so sehr an diesem Baby-Jesus-Konzept hänge? Ja, weil er wirklich, man hat ja irgendwann das Gefühl, der sorgt für all diese Situationen, diese Coincidences, dieses zufällige Zusammentreffen von Dingen.
Florian Bayer: Und wie gesagt, sie thematisieren das auch ein, zweimal. Sie glauben irgendwann, also sie glauben nicht fest daran, aber es ist zumindest so ein Spruch, der zwei, dreimal fällt, dass Kyoko irgendwie ein Wunderkind ist.
Johannes Franke: Aber macht sie das zu den drei heiligen Königen?
Florian Bayer: So weit habe ich noch nicht gedacht. Ein Prozent der Japaner sind christlich.
Johannes Franke: Ein Prozent? Ja, für die ein Prozent ist der Film.
Florian Bayer: Und das Christentum hat es in Japan auch echt schwer in der Geschichte. Das wurde verboten, das wurde unterdrückt.
Johannes Franke: Ich verstehe es auch, man will seine Kultur irgendwie auch schützen gegen die Leute, die da drüben gedacht haben, wir müssen jetzt überall auf der Welt diese scheiß Religionen unterbringen.
Florian Bayer: Ja, wobei teilweise war die Unterdrückung auch. Also ähnlich wie die Deutschen waren Japaner nicht the nicest guys im 20. Jahrhundert. Und eine Unterdrückung war halt auch während des Zweiten Weltkriegs. Und damals wurde... Chris, Weihnachten war ein Japan-Ding schon im 19. Jahrhundert. Und der Zweite Weltkrieg hat dann aber dazu geführt, dass es wieder einen harten Cut gab, weil die Japaner gesagt haben, das amerikanische Zeug, das macht ihr hier nicht.
Johannes Franke: Ja, ja, ja.
Florian Bayer: Und ist aber zurückgekommen im 20. Jahrhundert. Und ja, Weihnachten und Japan, es ist witzig, wenn man sich damit beschäftigt. Was gehört in Japan zu Weihnachten?
Johannes Franke: Kentucky Fried Chicken.
Florian Bayer: Danke. Kentucky Fried Chicken.
Johannes Franke: Es gibt riesige Schlangen, die dastehen und schon morgens sich anstellen, um für den Abend Kentucky Fried Chicken Zeug zu haben.
Florian Bayer: Und in einer Kultur, die bekannt dafür ist, wirklich fantastische Sachen mit Reis, Fisch, Meeresbraten und Rind zu machen.
Johannes Franke: Die haben so gute Sachen.
Florian Bayer: Das sind so frittierte Hähnchen aus Amerika. Und ich mag Fast Food. Ich kann Fast Food viel abgewinnen. Aber Kentucky Fried Chicken ist so... Mit das widerlichste Essen, das man sich vorstellen kann.
Johannes Franke: Danke, dass du das rausgeholt hast. Ich habe es gar nicht aufgeschrieben, aber ich habe es irgendwo gelesen. Es ist so dämlich.
Florian Bayer: Es ist total geil. Und es ist so ein banaler Grund. Wir haben einfach in den 60ern zur richtigen Zeit am richtigen Ort viel Werbung gemacht und gesagt, wenn ihr Weihnachten feiern wollt. Wie die Amerikaner das feiern, dann müsst ihr zu Kentucky Fried Chicken. Ja,
Johannes Franke: toll.
Florian Bayer: Und das ist so weit gegangen, dass die Leute zu Hause Kentucky Fried Chicken nachkochen. Wenn sie nicht an Weihnachten ins Restaurant gehen, also ins Restaurant, dann holen sie die Fritteuse raus und machen diese widerlichen panierten Hähnchenteile. Okay, Johannes ist Vegetarier, also kann ja gar nicht viel dazu sagen. Aber Leute, sagt mir mal, Kentucky Fried Chicken ist doch wirklich das Letzte, oder? Ich finde McDonalds und Burger King wirklich hinnehmbar und manchmal habe ich sogar Heißhunger drauf, aber KFC geht gar nicht.
Johannes Franke: Oh Gott, oh Gott, oh Gott.
Florian Bayer: Total schrecklich. Und das Zweite ist Valentinstag. Weihnachten ist in Japan Valentinstag. Das Daten ist das wirklich... Es gibt auch einen Japan-Valentinstag, aber das Dating, da spielt an Weihnachten eine ganz große Rolle. Wenn du an Weihnachten was machst, dann ist es meistens, du brauchst irgendjemanden, den du liebst, mit dem du die Zeit verbringen kannst. Und das ist ähnlich schrecklich für Singles wie bei uns der Valentinstag. Oh Gott. Weil es gehört einfach zur Tradition, dass du mit deinem Liebsten unterwegs bist oder mit deiner Liebsten.
Johannes Franke: Ich finde immer noch Finnland macht das am besten. Das ist kein Valentinstag für Verliebte, sondern für Freunde. Das ist einfach ein Freundetag.
Florian Bayer: Das finde ich ganz toll. Ne genau, aber das ist vor allem das große Ding in Japan und die japanische Kultur, weil eben so wenig christlicher Hintergrund ist, ist wunderbar eklektisch. Die Japaner lieben auch Weihnachtsmärkte. Es gibt in Japan ganz großartige deutsche Weihnachtsmärkte. Und der ganze Kitsch. Weihnachten in Japan ist auch sehr viel Konsum und es werden halt so aus allen möglichen Ländern Sachen genommen. Und das zieht sich auch dann von Weihnachten bis Silvester, wie unser Film. Von Weihnachten bis Neujahr. Das ist einfach eine Weihnachtswoche, wo viel gefeiert wird, wo es Partys gibt, wo gedatet wird und wo irgendwelcher Kitsch gekauft wird und dieser Weihnachtskuchen gebacken wird, der wohl ähnlich ist wie der deutsche Stollen.
Johannes Franke: Oh, okay. Ich mag ja Stollen tatsächlich sehr gerne.
Florian Bayer: Also es kommt drauf an. Ich mag Marzipanstollen. Ja,
Johannes Franke: ja, ich auch. Genau. Dieses weiche, was da drin... Ja, ja, ja, sehr gut.
Florian Bayer: Okay, perfekt.
Johannes Franke: Vielleicht noch mit einem Schuss Alkohol drin. Ja,
Florian Bayer: darf auf jeden Fall. Und das mag ich total, weil ich bin ja auch kein christlicher Weihnachtsfeier, sondern ich mag das Eklektik an Weihnachten und aus allen Kulturen was nehmen. Und dann ist halt auch der kitschige amerikanische Coca-Cola-Weihnachtsmann.
Johannes Franke: Ach Gott, ja.
Florian Bayer: Die Japaner machen das. Die feiern kein christliches Weihnachten, sondern Schuss Christentum, Schuss amerikanischer Konsum, Schuss deutsche Weihnachtsmärkte. Und alles durcheinander. Großartig.
Johannes Franke: Ja. Da ist dann halt, wenn die Religion da nicht im Hintergrund sozusagen wirkt, dann kann aber auch einfach der Kapitalismus sich so richtig hart durchsetzen.
Florian Bayer: Aber Weihnachten ist halt ein Konsum. Es muss, ja, jetzt müssen wir wieder Kapitalismuskritik üben, aber sich Zeug zu besorgen, sagen wir mal nicht kaufen, sondern einfach sich Zeug zu besorgen oder selbst basteln, das total kitschig ist und das Ganze mit einem Augenzwinkern, das ist für mich ein wichtiger Teil von Weihnachten. Ja, ich bin konsumorientiert. An Weihnachten bin ich
Johannes Franke: Das ist die Zeit, in der ich dich verachte.
Florian Bayer: Oh, wow. Das hat ein bisschen wehgetan. Aus.
Johannes Franke: Genug, als das draufhören würdest mit dem Kreis.
Florian Bayer: Als sieben Tage vor Weihnachten. Und so geht dieser Film natürlich auch mit den christlichen Motiven um. Die sind drin. Es gibt dieses, also am Anfang wird stille Nacht, heilige Nacht.
Johannes Franke: Ja, ja, ja.
Florian Bayer: Das ist total geil. Und es gibt immer wieder diese christlichen Motive. Sie haben einen Engel und sie reden über das Kind wie... Als ob es so eine Art Baby-Jesus wäre. Und du hast schon gesagt, ich finde das toll, die drei Weisen aus dem Morgenland. Natürlich ist das so. Aber immer mit dem Augenzwinkern. Wenn sie von göttlichen Wundern reden, dann ist es auch alles mit dem Augenzwinkern.
Johannes Franke: Wollen wir die Geschichte einfach mal ein bisschen zu Ende erzählen?
Florian Bayer: Jin bezahlt die Krankenhausrechnung für Hannah. Und ich mache jetzt kein großes Thema Krankenversicherung etc. In Krankenabsicherung in Japan auf.
Johannes Franke: Das ist so krass, weil die das gleiche Problem haben wie in Amerika. Dass man echt von einem Tag auf den anderen wegen irgendeiner Arztrechnung völlig im Ruin liegen kann, das muss echt, echt, echt schlimm sein.
Florian Bayer: Ja, das ist ziemlich krass. Und genau 30.000 Yen kostet ihre Behandlung und es ist tatsächlich nicht so viel Geld. Also für uns wäre es nicht so viel Geld, das sind irgendwie 200 Euro.
Johannes Franke: Okay, aber das ist,
Florian Bayer: also für ihn ist es viel. Er hat das angespart.
Johannes Franke: Ja, genau.
Florian Bayer: Er hat das angespart, er will ja auch sich mit seiner Tochter eigentlich versöhnen und er will das... Das Geld ist ja auch so, zumindest irgendwie so eine Form von Wiedergutmachung, die er leisten will.
Johannes Franke: Aber das Schöne ist, sie haben ja ein Lotterieticket.
Florian Bayer: Das kommt ganz am Schluss. Und dann kommen wir zur nächsten Koinzidenz, nämlich Chins Tochter, Kyoko, die auch Kyoko heißt, ist Pflegerin in dem Krankenhaus, in dem sie sind. Und es kommt zu der großen Versöhnungsszene zwischen Chin und seiner Tochter und vor allem auch dieser Moment, auf den wir schon kurz referiert haben, dass Hannah ihn wie aus dem Nichts anschreit. Wir denken, hä, was ist denn jetzt los?
Johannes Franke: Ja, genau. Also ich kann schon verstehen, sie erklärt es ja. Also Alter, du hast uns angelogen. Du hast uns dermaßen hinters Licht geführt darüber, was bei dir eigentlich los ist. Aber Hannah gibt ja nochmal eine andere Erklärung dafür.
Florian Bayer: Genau. Es wirkt auf mich in dem Moment total verquast. Und wenn sie dann Miyuki die Erklärung gibt, wirkt das immer noch verquast, aber irgendwie süß.
Johannes Franke: Ja, genau.
Florian Bayer: Weil es so traurig ist, dass sie sich opfert für ihn. Ja. Und obwohl sie in ihn verliebt ist.
Johannes Franke: Ja. Und dabei müsste es gar nicht nötig sein, das ist wie bei so vielen Sachen in diesem Film. Es ist ja gar nicht nötig, dass sie, dass Hannah sich opfert, in Anführungsstrichen.
Florian Bayer: Es ist genau, es ist komplett überflüssig und... Aber es ist so schön, die Tragik ihrer Figur. Die verliebt ist in Jin, die diese Familie unbedingt zusammenhalten will, weil sie endlich mal so was wie eine Heimat hat, eine familiäre Heimat. Und dann opfert sie das. Das ist traurig. Wir kommen zur nächsten, komplett ihren Koinzidenz. Tokio hat 9 Millionen Einwohner.
Johannes Franke: Und sie stolpert... Wie viele Ärzte, Hans?
Florian Bayer: Nein, das war schon nicht... Ich war bei der Selbstmörderin.
Johannes Franke: Okay.
Florian Bayer: Sie gehen über diese Brücke mit dem Baby, das sie zur Polizei bringen wollen. Und da steht die vermeintliche... Spoilerwarnung.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Mutter des Kindes, Sachiko, und will sich umbringen.
Johannes Franke: Ich finde die Szene allerdings sehr, sehr gut gemacht, weil sie da vorbeigehen und im Grunde passiert das einfach. Sie steigt da auf die Brüste von der Brücke. Ja. Und... und sie laufen da halt vorbei. Das heißt, die Kamera ist dann auch irgendwann vorbei und wir denken uns, Moment, da war doch jemand, da war doch jemand an der Brücke. Was ist denn los? Warum zeigt sie mir das nicht? Und dann rennen sie auf der Hinterseite wieder zurück und halten die auf, dass sie nicht runterspringt. Aber das finde ich eine total, die haben ein krasses Timing in dieser Geschichte einfach. Absolut. Ich finde die Inszenierung super timingmäßig, super toll erzählt.
Florian Bayer: Es ist total schräg, aber auch.
Johannes Franke: Ja, natürlich. Und ich bin mir auch nicht sicher, ob ich jetzt... an Hannas Stelle dieses Kind an der Stelle auch übergeben hätte. Nee. Weil sie wirklich, also sie wirkt nicht so, als ob sie sich um das Kind jetzt einfach so...
Florian Bayer: Nein, auf keinen Fall. Dieser Frau willst du, also du willst irgendwas machen, du willst helfen, natürlich und das macht ja auch total Sinn. Jaja. Aber nicht einfach so, okay, du hast gerade versucht, dich umzubringen, hier ist das Baby. Hier ist dein Baby,
Johannes Franke: genau.
Florian Bayer: Ah. Wir haben dann ja auch diese parallel ablaufende Handlung, nämlich wir, also zum einen haben wir die beiden, Miyuki und... Und Hannah, die zu Sachiko kommt, die zufällig die Mutter von dem Baby finden. Und gleichzeitig findet Jin ihren Ehemann und der sagt, nein, das ist nicht unser Baby. Die hat das aus dem Krankenhaus geklaut. Die hatte nämlich eine Fehlgefuhr. Alter, wir sind schon wieder bei so vollen Themen.
Johannes Franke: Rasse Themen, die da einfach mal aufgemacht werden. Also für einen Weihnachtsfilm ist es schon echt hart.
Florian Bayer: Ja, und genau, wir erfahren, die hat das Baby aus dem Krankenhaus gestohlen. Wir wissen nicht, wer die richtigen Eltern des Babys sind. Aber die, die die ganze Zeit hinterher recherchiert haben, sind es nicht. Die haben das Baby einfach entführt. Und sie hat das gemacht, weil sie nicht darüber hinweggekommen ist, dass ihr Baby gestorben ist. Sie hat offensichtlich psychische Probleme. Die lebt da in irgendwelchen Wahnvorstellungen, wenn sie dann reden hören. Und dann ist es time for the action. Und es beginnt eine wilde Jagd durch Tokio. Nämlich sie müssen der Frau, der sie das Baby gegeben haben, obwohl es nicht ihres ist, hinterher. Und dann... haben wir eine wirklich schöne, wilde Verfolgungsjagd. Mit LKW, mit Fahrrad, mit Taxi, mit Crashs.
Johannes Franke: Dieser Taxifahrer. Der ist so geil.
Florian Bayer: Der ist so geil.
Johannes Franke: Der tut mir auch so ein bisschen leid. Was ist das für ein Abend, dass da diese Leute dann plötzlich bei mir in der ganzen Zeit Oh nein,
Florian Bayer: ich schau wieder die. Ist auch geil, dass sie ständig auf den wieder stehen.
Johannes Franke: Das ist aber auch so ein kleines bisschen eine Trope in diesen Animes geworden. Das ist immer wieder der gleiche, dann naja.
Florian Bayer: Und dann haben wir diese wilde Verfolgungsjagd hoch aufs Dach und es ist wirklich dramatisch, weil die will springen jetzt. Und die hat das Baby im Arm, die will mit Baby springen.
Johannes Franke: Und dann kommt das Unwahrscheinlichste der ganzen Sache, dass nämlich der Teenager sie einmal festhält, während sie da hängt. und nicht einfach hinterherfällt, sondern sich irgendwie mühelos festhält und sie da mühelos festhält. Und dann fallen die wieder rum und dann kommt Hannah hinterher gestürzt, hält dann die wiederum auf. Also da hängen jetzt gerade drei Leute an Hannah dran. Also völliger Quatsch eigentlich.
Florian Bayer: Das ist der Moment, wo der Film wirklich einmal so voll Zeichentrick wird. Ja,
Johannes Franke: ja, ja, total. Und ich hab's ihm nicht zugetraut in dem Moment. Also es kommt für mich überraschend. Natürlich ist das in dem Zeichentrick eigentlich nicht überraschend, dass das passiert, dass die Physik da einmal ausgehebelt wird. Aber den Rest des Films ist ja eigentlich, was Physik betrifft, relativ akkurat.
Florian Bayer: Ja, auf jeden Fall. Also ich meine, wenn sich in dem Film Leute verletzen, dann verletzen sie sich richtig. Dann fallen sie, dann können sie auch sterben.
Johannes Franke: Dann tut das auch weh. Und das merkt man dann auch. Und das tut einem beim Gucken weh. Und in diesem Moment verlässt er halt seinen Pfad so ein bisschen. Und der Pfad wird noch weiter verlassen, indem Hannah dann von diesem Banner, von dem Luftzug, der da kommt, von dem Banner nochmal hochgeweht wird und dann ganz sanft auf dem Boden hinuntergelassen wird und das Baby gerettet hat und sie dann die Heldin ist.
Florian Bayer: Das ist der Moment, wo der Film voll zum Märchen wird. Ich finde auch, wie es inszeniert ist, es gibt einen Bruch im Stil in diesem Moment. Ja, voll. Wenn sie vom Dach... runterfällt und dann schwebt sie. Und ich hatte in dem Moment, der Bruch mit dem Stil, den finde ich so hart, dass ich in dem Moment tatsächlich gedacht habe, Hannah stirbt. Wir haben hier eine Wahrnehmung von ihr, die ganz anders ist als das, was wirklich passiert. Sie schwebt gar nicht runter, sondern wir werden gleich sehen, dass sie gerade voll runterstürzt. Sie ärgert das Baby, aber sie selbst wird sich samtliche Knochen brechen. Das war meine Vorstellung. Weil diese Szene so traumhaft und so irreal wirkt im Vergleich zum Rest, dass ich einfach dachte, das ist einfach nur noch Hannas Wahrnehmung und sie stirbt gerade.
Johannes Franke: Ja, aber das fände ich, das wäre richtig hart gewesen. Oh mein Gott.
Florian Bayer: Ich bin froh, dass sie es nicht gemacht haben. Ich bin auch froh, dass der, also der Film hat ja wirklich viele düstere Momente. Ich bin froh, dass er uns diesen, naja, diesen Kitsch auch gibt. Das ist wichtig, dass er uns hier ein bisschen was fürs Herz gibt, dass wir uns wohlfühlen. Auch dieses komplett drüber, dass sie dann im Krankenhaus, dass die diesen Lottoschein haben.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Den Einsen.
Johannes Franke: das Geld gewonnen haben von dem alten Mein Güte.
Florian Bayer: Das ist toll. Pures Glück.
Johannes Franke: Alle haben am Ende nochmal gewonnen und alle sind glücklich und jeder durfte nochmal seine gute Seite zeigen und dann kommt auch noch der Vater rein.
Florian Bayer: Als Doktor. Genau, Kiyoko ist bei den richtigen Eltern und der Moment, jetzt muss ich das überlegen. Nee, der Vater ist doch Polizist, oder? Wo bin ich jetzt gerade?
Johannes Franke: Ist der Polizist? Ach Gott, vielleicht bin ich auch durcheinander geschoben. Ja,
Florian Bayer: genau, Miyuki's Vater ist der Polizist. Der ist Polizist, deswegen hat er auch so nach ihr gesucht. Und das macht irgendwie das nochmal ganz spannend, diesen Konflikt, den sie hatten. Nein, ich bin hin und weg dann. Das ist dieses ganze Märchenhafte. Es regt mich voll.
Johannes Franke: Ja. Okay, wir haben jetzt ein bisschen geschwelgt. Vielleicht unterbrechen wir das Ganze mit einer Top 3. Und dann können wir ja nochmal so ein bisschen... das Ganze wieder abrunden,
Florian Bayer: zum Fazit kommen. Perfekt, Top 3.
Johannes Franke: Unsere Top 3. Klingelingeling, wir haben eine Top 3 mit dem Titel
Florian Bayer: Baby on Board. Ich bin Filmer mit tollen Babys oder 10 mit tollen Babys und es ist schwierig.
Johannes Franke: Ich hab, als du es geschickt hast, hab ich gedacht, ja gut, okay, dann hol ich... suche ein paar Babyfilme raus und das war's. Und dann dachte ich verzweifelt nach einer halben Stunde, scheiße, es gibt keine guten.
Florian Bayer: Es gibt deutlich mehr gute Filme mit Schwangeren als mit Babys.
Johannes Franke: Ja, und vor allem auch, es gibt verdammt viele schlechte Filme mit Babys. Das ist mir so aufgefallen während der Recherche. Mann.
Florian Bayer: Es hat mich auch total überrascht. Ich habe eine Honorable Mention.
Johannes Franke: Ja, ich auch.
Florian Bayer: Den viele wahrscheinlich zu den schlechten packen würden. Oder zu den mittelmäßigen. Aber meiner Meinung nach eine wirklich süße Komödie Anfang der 90er Jahre. Ein wirklich schöner Film. Guck mal, wer da spricht. Im Original das Baby synchronisiert, nicht synchronisiert, sondern die Gedanken des Babys gesprochen von Bruce Willis. In der deutschen Synchro von der Mann, dessen Namen wir nicht sagen wollen.
Johannes Franke: Ja, der nicht mehr. Also der hat tatsächlich.
Florian Bayer: Dieser Mann hat es tatsächlich geschafft, seinen Podcast jetzt aufzuhören.
Johannes Franke: Ja, ich...
Florian Bayer: Böse Cancel Culture. Nachdem er ein Buch rausgebracht hat, in jeder fucking Talkshow-Raum zu sagen, dass er nicht mehr sagen darf, was er will. Ja,
Johannes Franke: genau.
Florian Bayer: Und dann bringt er ein Buch raus und macht diesen Podcast seit Jahren und sagt, äh, nee, aber jetzt sind mir die Linken echt zu anstrengend, jetzt... Fuck you, Tommy!
Johannes Franke: Wie krass! Oh, das ist wirklich seltsam. Das ist so seltsam. Das ist so cringe-worthy, was würde passieren bei dem Typen.
Florian Bayer: Alter Mann schreit gegen die Zeit an.
Johannes Franke: Das ist so seltsam.
Florian Bayer: Ganz schrecklich.
Johannes Franke: Na gut, ich hätte als honorable mention, weil ich es nicht wieder reinbringen will, Eraserhead. Oh,
Florian Bayer: fucking düster. Ich sehe schon jetzt voll in Weihnachten.
Johannes Franke: Wo ist sich der Typ um dieses Babe? Wie Fragezeichen kümmern muss. Es ist wirklich sehr David Lynch-y abgefuckt und man hat streckenweise keine gute Zeit, aber es ist wirklich ein krasser Film. Ein toller Film.
Florian Bayer: Was ist dein Platz 3?
Johannes Franke: Mein Platz 3 ist Good Omens. Weil Good Omens habe ich nur deswegen reingenommen, weil das auf Platz 3 nur, weil das am Anfang nur passiert. Das ist nicht die ganze Geschichte handelt von diesem Baby, sondern das Baby, das übergeben werden soll. spielt am Anfang einfach als Initialzündung für die Geschichte eine große Rolle. Und ich finde die Szene auch ganz toll. Es gibt halt diese Miniseries mit Michael Sheen und mit David Tennant. Ja. Super großartig. Ich liebe diese Serie, muss ich sagen.
Florian Bayer: Mein Lieblingsbuch von Terry Pratchett. Oh. Damit hat es eine Verfilmung immer schwer.
Johannes Franke: Natürlich, natürlich. Hast du es probiert?
Florian Bayer: Ich habe die erste Staffel geguckt, also das, was quasi das Buch ist. Ja, okay. Ich fand es okay. Okay? Es war einfach das Problem. Und das habe ich die ganze Zeit auch während des Guckens gedacht. Ja, ich habe einfach Bilder im Kopf, weil ich dieses Buch wirklich liebe. Die Serie trifft diese Bilder nicht. Und hat einen schweren Stand. Ich finde ganz viele Sachen super gelungen. Ich finde die beiden Darsteller für den Engel und Dämmerung großartig. Ich finde, sie machen es auch an ganz vielen Stellen richtig. Aber es sind so ein paar Sachen, wo ich sage, nee, das ist komplett anders als das, was ich mir vorgestellt habe von der Atmosphäre.
Johannes Franke: Okay.
Florian Bayer: Ich fand es ein bisschen weichgespült. Weichgespült? Ja. Und es ist also nicht... weichgespült an für sich, aber im Vergleich zum Buch ist es weichgespült ein bisschen.
Johannes Franke: Und hast du das Gefühl, dass es mit Neil Gaiman zu tun hat? Und dass der Einfluss von Terry Pratchett fehlt?
Florian Bayer: Nee, überhaupt nicht. Ich mag das Buch ja, weil Neil Gaiman mitgemacht hat. Neil Gaiman ist das. Ich bin kein großer Terry Pratchett Fan. Aha. Die meisten Scheibenwelt-Dinger relativ tröge. Und es gibt so ein paar Ausnahmen. Ich bin kein großer... Neil Gaiman ist der Tolle dabei. Neil Gaiman ist der Großartige. Und nein, es ist toll, dass er da auch so mit dran war und so. Und ähm... Nein, nein, und Neil Gaiman ist bestimmt kein Weichspüler.
Johannes Franke: Ja, also, hm, okay. Na gut,
Florian Bayer: Mein Platz 3 ist ein... Oh Gott, ich hab auch nur so Filme, die nicht zur Weihnachtsstimmung passen. Mein Platz 3, Trainspotting. Die Progis, die herunabhängigen die ganze Zeit, sich das Zeug spritzen und es ist ein Baby dabei. Und das ist nicht gut für dieses Baby.
Johannes Franke: Nein, oh Gott,
Florian Bayer: oh Gott.
Johannes Franke: Und dann kommt dieses Baby...
Florian Bayer: Und das Baby kommt dann auch später in den Träumen eines Protagonisten nochmal vor. Und das ist nicht gut für den Protagonisten.
Johannes Franke: Ist Träume das richtige Wort dafür?
Florian Bayer: Ja, wenn er auf einem Zug ist. Ja, ziemlich hart. Aber spannender Einsatz und wirklich harter Einsatz von Babys im Film.
Johannes Franke: Mein Platz 2 ist, haben wir besprochen, Raising Arizona.
Florian Bayer: Das ist mein Platz 1. Echt,
Johannes Franke: ja? Natürlich. Dann darfst du gleich noch was dazu sagen. Dann muss ich jetzt gleich weitermachen mit meinem Platz 1. The Kid. Das ist natürlich... Im Laufe des Films wird es älter, das Kind. Ja. Aber es fängt ja als Baby an und das ist die Initialzündung wieder.
Florian Bayer: Haben wir es gecheatet,
Johannes Franke: oder? Du kannst mich mal am Arsch lecken.
Florian Bayer: Das ist gecheatet. Die schönsten Szenen in dem Film sind zwischen ihm und dem Kind. Nicht zwischen ihm und dem Baby. Wie viele Minuten dieses Films ist das Kind ein Baby?
Johannes Franke: Mindestens fünf.
Florian Bayer: Mindestens zwei, würde ich eher sagen. Wenn überhaupt. Mein Platz 2, Children of Man, auch wenig weihnachtlich. Die Menschheit stirbt aus, weil keine Babys mehr geboren werden, aber dann wird ein Baby geboren und dann müssen sie dieses Baby durch diese dystopische Gesellschaft tragen und es gibt diese eine tolle Szene, wo eine riesige Straßenschlacht tobt und alle sich dabei sind umzubringen und dann sehen die plötzlich, dass da ein Baby ist und es halten alle inne und sie gehen mit diesem Baby an den Menschen vorbei, die total geschockt sind, weil sie zum ersten Mal seit 20 Jahren ein Baby sehen. äh, großartige Szene. Platz 1, Racing Arizona. Der schönste Film mit Baby, den es gibt. Wahrscheinlich der beste Film der Coens.
Johannes Franke: Ja, kann ich nicht ganz beurteilen, aber weil die Coens haben schon wirklich sehr, sehr gute Filme gemacht.
Florian Bayer: Ja, viele gute Filme gemacht. Ja. Wird immer einen großen Platz in meinem Herzen haben. Auch gerade, weil viele sagen, ah, der gehört eher zu den Schwächeren von ihnen. Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Meiner Meinung nach der Film, der am besten diese Mischung der Coens aus Humor, Action, Schrägheit, Düsternis und so weiter zusammenführt.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Und deswegen vielleicht mein liebster Cone, weil er einfach alles, weil die Cones haben Filme gemacht, die einfach nur düster sind. So wie No Country for Old Men, da ist wenig Platz für Humor. Gibt's auch ein bisschen, aber wenig. Oder sie haben Filme gemacht, die einfach nur witzig sind, wie Burned After Reading. Gibt's wenig Platz für Ernsthaftigkeit. Und sie haben wenige Filme gemacht, bei denen das alles so miteinander verzahnt ist. Und der ist halt so einer von denen.
Johannes Franke: Das stimmt, ja, ja, ja. Okay. Ja, schöne, schöne Sof 3. Toll. Dann wieder zurück in unserem Film Tokyo Godfathers. Das war unsere Top 3.
Florian Bayer: Und zu einem kleinen Fazit würde ich sagen. Ja,
Johannes Franke: also ich weiß nicht, ob wir vielleicht noch ein paar Kritikpunkte haben wollen. Ich finde nämlich zum Beispiel die ganzen rückblenden Flashbacks auf die Figuren. Da habe ich so das Gefühl, okay, da zeigt mir der Film zu sehr seine Dramaturgie.
Florian Bayer: Bullshit. Nächster Punkt.
Johannes Franke: Nein,
Florian Bayer: wirklich.
Johannes Franke: Ich bin in dem Moment wirklich so, ja, jetzt muss ich hier einen Flashback haben, damit die Geschichte erzählt wird und dann kommt die nächste Geschichte von dem anderen. Irgendwie fand ich das nicht gut eingebaut.
Florian Bayer: Ich finde diese Sachen, die die Inszenierung aufbrechen, wir haben ja schon festgestellt, dass die eher so ein bisschen rauer, realistischer ist, die so ins Fantastische aufbrechen, finde ich ganz schön. Dazu gehören zum einen die Flashbacks, die alle in diesem Reichzeichner sind und zum zweiten die Haikus von Anna.
Johannes Franke: Die sind tatsächlich sehr schön. Die wollte ich auch noch mal aufbringen, weil die sind wirklich nett. Die machen natürlich so, hier, wir gehen jetzt in Akt 2 und wir gehen jetzt in Akt 3.
Florian Bayer: Sie strukturieren das Ding ganz schön.
Johannes Franke: Aber es ist total nett. Ich finde es total schön.
Florian Bayer: Es ist so schön poetisch, im wahrsten Sinne des Wortes. Und ähnlich fühle ich mich auch bei diesen Rückblenden, weil die diesen Weichzeichner-Ton haben und auch immer so ein bisschen diesen verklärten Ton. Ich mag das.
Johannes Franke: Und über die Musik haben wir auch noch nicht geredet. Ja. Müssen wir mal sagen, sehr sitcom-y.
Florian Bayer: Sitcom-y?
Johannes Franke: Ich habe das Gefühl, zwischendurch an der Sitcom beizuwohnen. Das gibt so kleine Montagen, wo bestimmte Musik drüber ist und man dann denkt, okay, hier kommt der Szenenwechsel in der Sitcom. Tür auf, Tür zu, irgendwie, weiß ich nicht. Aber ich finde es nett. Ich finde die tatsächlich ganz nett.
Florian Bayer: Ich habe zur Musik überhaupt nichts aufgeschrieben, weil die Musik mich tatsächlich... Aber sie ist mir nicht störend aufgefallen, sie ist mir aber auch nicht besonders aufgefallen.
Johannes Franke: Also ich finde, dass die Musik das sehr, sehr wesentlich unterstützt, dass wir einen Film für uns haben, der wahnsinnig schwierige Themen hat, aber so leicht aufbereitet, dass ich nicht zerstört aus dem Film rausgehe.
Florian Bayer: Ja, vielleicht.
Johannes Franke: Das ist wahnsinnig wichtig bei der Musik. Das finde ich total gut, dass sie es so gemacht haben, wie sie es gemacht haben.
Florian Bayer: Kaichi Suzuki heißt der Musiker, der verantwortlich ist für die Musik und er hat vor allem Videospielmusik auch gemacht. Also vielleicht macht es ein bisschen Sinn,
Johannes Franke: wenn ich mir das jetzt überlege.
Florian Bayer: Ich bin einfach hin und weg, wenn sie am Anfang still nach Heiligen Nacht auf Japanisch singen und wenn dann dazwischen irgendwann Freude schöner Götterfunk nie oder an die Freude gespielt wird, wenn mit seiner Tochter versöhnt wird. Übrigens auch was, was die Japaner aus Deutschland extrem lieben. Oder an die Freude, riesige Fans davon. Nein, Musik ist okay, hat bei mir keinen Eindruck hinterlassen, weder positiv noch negativ.
Johannes Franke: Hm, na sowas. Ja, aber das waren die Sachen, wo ich gesagt habe, das müssen wir vielleicht noch ganz kurz wenigstens einbringen.
Florian Bayer: Um vielleicht noch zwei, drei Sachen zum Dubbing zu sagen. Du hast schon gesagt, er hat den F-Bubbler genommen. Ja. Tori Emori, der den Chin spricht, war die Stimme von Clark Gable, von Red Butler, als vom Winde verweht im Fernsehen gezeigt wurde in Japan 1988. Und? Und noch besser, der den alten Sterbenden spielt, Ryuchi Saikashi, das ist Rafiki aus König der Löwen, in der japanischen Synchronisation. Okay,
Johannes Franke: okay. Okay, aber das ist jetzt hart Trivia.
Florian Bayer: Und dann noch eins hast du bestimmt auch. Satomi Kuroki, die Kiyoki macht, diesen niedlichen, das Baby. Keine Ahnung, was die sonst gemacht hat. Wenn man sich aber, es gibt ein Behind-the-Voice-Actors-Wiki, wo alle möglichen Voice-Actors drin sind. Wenn man sich anschaut, was sie gemacht hat, sie ist offensichtlich ge... gebucht für niedliche Geräusche. Man sieht nur Bilder von irgendwelchen Animes, wo irgendwelche niedlichen Viecher stehen. Wie süß. Und sie ist offensichtlich die, die die Quacklaute machen kann und deswegen immer irgendwelches Tierzeug. Es ist so was Visuelles. Stell dir vor,
Johannes Franke: wie sie auf Partys gefragt wird. Was machst du so beruflich? Moment.
Florian Bayer: Es ist wirklich so richtig Comedy. Es tut mir leid, dass ich euch das nicht zeigen kann, aber das ist ihre Page auf diesem Ding. So was spricht sie. Oh,
Johannes Franke: wie schön.
Florian Bayer: Pikachu. Ja, Pikachu ist dabei. Sie hat offensichtlich mal Pikachu gemacht. In Super Smash Bros. hat sie Pikachu gemacht. Oh, wie schön. Und ansonsten sind es einfach niedliche kleine Viecher mit großen Augen größtenteils. Sie hat Tweety gemacht bei den Lonitons. Oh Gott,
Johannes Franke: ist das toll.
Florian Bayer: Und nicht die japanische, sondern die amerikanische, die englische Synchronisation und zwar die spätere.
Johannes Franke: Aha, okay.
Florian Bayer: Die haben eine Transaktivistin genommen für Hannah, was total toll ist und zwar die zweite Synchro aus den USA. Ja, Shakina Nayfack, die hat die englischen Dubs damals gemacht und... Und die ist Trans-Aktivist und auch relativ bekannt, weil sie die erste Trans-Person war, die in einer großen Comedy-Show, nämlich Connecting, ich kenne es nicht leider, in Amerika das Ganze hosten durfte. Aha,
Johannes Franke: okay. Noch einen ganz kleinen Fun-Fact hintendran, das Ganze existierte vorher schon, das ist ja gar keine originäre Geschichte, die sich der Regisseur ausgedacht hat oder so, sondern es gibt eine Adaption. Die hieß Drei Männer im Schnee, Three Godfathers, nach einer Novelle von Peter B. Kine aus dem Jahre 1913. Drei Männer im Schnee ist allerdings eine John Wayne Story, was ich sehr witzig finde.
Florian Bayer: Und man kann sich direkt John Wayne als Chin vorstellen, oder? Ja, stimmt. Aber John Wayne darf keine Asiaten mehr spielen, seitdem Ching es kann. Was? Genghis Khan? Ich weiß es nicht. Das war auf jeden Fall so einer der großen, düsteren Kapitel Hollywoods. Black Facing bzw. Asia Facing. Yellow Facing heißt das. John Wayne als, ich glaube, als mongolen König.
Johannes Franke: Ja. In diesem Fall, in dieser Geschichte, in dieser John-Wayne-Story, raubt er eine Bank aus, wird irgendwie so verletzt, dass er sterben würde sowieso und hat aber dieses Kind gefunden und bringt dieses Kind dann, weil er weiß, ich werde sowieso sterben, zurück in die Stadt, um es an den... die dort wieder hinzubringen, wo es hingehört. Und plötzlich sind alle total nett zu ihm in der Stadt und sagen, ach komm, das vergessen wir mit dem Bankraub. Toller Typ, so wird gefeiert und ich glaube, er stirbt dann auch nicht oder so. Ich weiß es nicht ganz genau.
Florian Bayer: It's a Christmas miracle.
Johannes Franke: Ja, ganz toll. Das Urteil.
Florian Bayer: Ja, was hältst du denn von... dieser Version von der John-Wayne-Geschichte.
Johannes Franke: Viel, viel besser, als ich mir vorstellen kann, dass John Wayne das gemacht hat. Aber ich finde, es hat so viele Probleme, die wir am Anfang besprochen haben, aber beim Gucken ist man so verzaubert von der ganzen Geschichte, dass man voll drin verschwindet und das voll schafft, über diese Hürden von Hannah zum Beispiel eben hinwegzukommen und einfach dem ganzen... nahe zu sein und Hannah auch nahe zu sein und sie so lieben zu lernen und die anderen beiden auch so lieben zu lernen, dass das, dass das, was wir an Kritikpunkten haben, gar nicht so hart ins Gewicht fällt.
Florian Bayer: Geht mir ähnlich. Ich finde es ein wunderschöner Film. Ich bin total froh, dass ich den entdeckt habe. Ich frage mich, warum ich den vorher nicht kannte, weil ich Satoshi Kon, also ich habe den Namen Satoshi Kon auch immer nur so am Rande gehabt. Ich wusste auch irgendwie nicht mehr, was der nach... Paprika gemacht hat. Ich wusste nicht, dass der nach Paprika vier Jahre später gestorben ist. Ja. Ich mag den Regisseur auf jeden Fall. Und keine Ahnung, ich hab den von dem Film, ich hab von dem Film nie gehört davor. Ich bin total froh, dass ich drauf gestoßen bin. Es war wirklich ein wunderschönes Märchen. Es hat mich genau in die richtige Weihnachtsstimmung gebracht jetzt. Oh,
Johannes Franke: wie schön. Schön. Ja, dann dir noch eine schöne Woche vor Weihnachten, wa?
Florian Bayer: Wenn ihr wissen wollt, wie Johannes mir die Weihnachtsstimmung kaputt macht. Wir werden nämlich noch eine Folge veröffentlichen. Und zwar am 25. Am ersten Weihnachtsfeiertag. Ja, wenn... bevor ihr irgendwas anderes macht, müsst ihr aufstehen und müsst euren, müsst am 25.12.
Johannes Franke: Einfach Hangover diesen Podcast einmal hören.
Florian Bayer: Nachdem ihr am Abend davor bei KFC wart, um japanisch Weihnachten zu feiern, mit eurer Liebsten oder eurem Liebsten, schaltet am nächsten Morgen unseren Podcast ein und lasst euch so richtig in Weihnachtsstimmung bringen und mit welchem Film, das erfahrt ihr nach dem Schingel.
Johannes Franke: Nach dem Schingel, den wir nochmal einspielen. Viel Spaß da. So Flo, ich hab was für dich. Es muss ja alles weihnachtlich sein. Die Sache ist die, ich bin immer noch, das hast du die ganze Zeit nicht mitbekommen, ich bin immer noch beleidigt. Weil du damals, als wir von Dickens die ganzen Christmas Carol Sachen gemacht haben, hast du die Doctor Who Episode nicht gesehen, die ich dir empfohlen habe.
Florian Bayer: Weil ich sie nicht gefunden habe.
Johannes Franke: Nein, nein, nein, nein, nein. So kannst du dich nicht rausreden. Das funktioniert nicht. Ich habe nochmal reingehört in die Episode. Und du hast es mit Ignoranz gestraft. Hast mich kurz erzählen lassen. Worum geht es denn? Und dann sind wir einfach weitergegangen ins Nächste. Und das kann ich nicht auf mir sitzen.
Florian Bayer: Oh nein, du willst mir nicht wirklich Dr. Who geben.
Johannes Franke: Ich gebe dir diese fucking... Doctor Who Episode, in der sie A Christmas Carol auch aufgreifen.
Florian Bayer: Okay, zur historischen Einordnung für euch alle. Ich bin kein großer Doctor Who Fan. Eine der ersten Episoden, die wir gemacht haben, da hat Johannes mir die Folge Vincent und der Doktor gegeben, mit Vincent van Gogh. Und auch danach war ich kein großer Doctor Who Fan. Wobei ich hatte ein bisschen Redemption Arc jetzt. Ja,
Johannes Franke: das stimmt.
Florian Bayer: Das ist ein Episode, wo ich gesagt habe, okay, ich bin immer noch nicht der größte Fan der Serie, aber diese Schlussszene von Vincent und Doktor, die war fantastisch, wenn er im Museum ist. Ja,
Johannes Franke: und... Das habe ich als Anlass genommen und habe gedacht, okay, dann muss ich in die kleine Lücke, die du mir jetzt gegeben hast, einmal reinpreschen.
Florian Bayer: Dann hoffe ich aber, dass es auch Weihnachten, also Weihnachtsromantik, oder?
Johannes Franke: Es ist eine Weihnachtsepisode. Dr. Who hat traditionell seit, ich glaube seit 2010, haben die jedes Mal eine Weihnachtsepisode auch extra gemacht. Die sind mal mehr, mal weniger weihnachtlich, aber die ist wirklich die weihnachtlichste, die es überhaupt bei Dr. Who je gegeben hat.
Florian Bayer: Und du hast Christmas Carol gesagt, das heißt ich kann mich auf Dickens einstellen?
Johannes Franke: Du kannst dich ein bisschen auf Dickens einstellen.
Florian Bayer: Okay, nehme ich. Ja? Ich bin sehr gespannt.
Johannes Franke: Okay, und ihr guckt euch die auch an. Es ist die Christmas Carol, ich glaube von der fünften Staffel. Diese Folge wurde 2010 ausgestrahlt. 25. Dezember traditionell auf BBC One. Also man kann, wenn man ein VPN hat, auf BBC alles gucken von Doctor Who. Aber da muss man ein kleines bisschen schummeln halt. Aha. Mit dem VPN. Und es ist eine tolle Episode mit Matt Smith als der elfte Doktor. Den hast du auch bei Vincent und der Doktor schon gesehen.
Florian Bayer: Und das ist dein Lieblingsdoktor auch?
Johannes Franke: Das ist mein Lieblingsdoktor. Und ich werde dir auch lang und breit erzählen, warum.
Florian Bayer: Okay, alles klar. Und genau, es ist die, oh Gott, Doktor Who, ne? Die elfte, die, die, welche Staffel? Die fünfte Staffel, sagst du? Es ist die, und der wievielte Doktor? Alter, okay, das müssen wir alles nächste Woche lernen. Leute, euch. Also, A Christmas Carol heißt die Episode Dr. Who 2010.
Johannes Franke: Genau.
Florian Bayer: Wir versuchen das zu finden, zusammen. Wir kriegen das hin. Vielen Dank fürs Zuhören. Ja,
Johannes Franke: vielen Dank. Es war sehr schön mit euch. Und ich hoffe, es ist bald vorbei mit dem Weihnachtsscheiß. Und wir können ins nächste Jahr starten. Ich hoffe, wir starten ins nächste Jahr nicht wieder so mit so sehr maskulinem Zeug wie letztes Mal.
Florian Bayer: Ja, mal schauen.
Johannes Franke: Aber erstmal nächste Woche noch ein bisschen abgesangt auf Weihnachten. Ja. Freut euch drauf. Ho, ho, ho.
Florian Bayer: Feiert schön Heilig.
Johannes Franke: Feiert schön. Feiert schön. Lasst es euch nicht zu sehr in den Kapitalismus-Scheiß hineinziehen. Und sagt auch mal, nee, Mama, ich gehe jetzt nicht mit in die Kirche. Ich brauche einfach mal Zeit für mich.
Florian Bayer: Aber beschenkt eure Lieben. Und trefft euch mit euren Lieben. Oder trefft euch nicht mit euren Lieben, aber lebt euer bestes Leben.
Johannes Franke: Das ist alles,
Florian Bayer: was wir sagen. Bis dahin.
Johannes Franke: Bis dahin.
