Kategorie: Asiatisches Kino

Episode 181: Pulgasari (1985) – Godzilla besucht Nordkorea

Seitdem ich vor ca. 15 Jahren The VICE Guide to North Korea von und mit Shane Smith gesehen habe, bin ich fasziniert von diesem Land, seiner Kultur, seiner Politik und natürlich auch von seinen zahllosen Kuriositäten: Eine erbarmungslose und brutale Diktatur, die letzte überlebende Oase des Kommunismus stalinistischer Prägung, und ein Sinnbild dafür, wie schräg eine Kultur werden kann, wenn sie in kompletter Abschottung gedeiht. 

Die großen Führer des Landes, egal ob sein Gründer Kim Ill Sung oder dessen Nachfahren Kim Jong Ill und Kim Jong Un waren stets bemüht, nicht nur ihre Macht zu festigen, sondern auch, der ganzen Welt zu beweisen, dass die nordkoreanische Kultur allen anderen Kulturen weltweit überlegen ist… nicht zuletzt auch im Cineastischen. 

Ein Kind dieses Bemühens ist der Godzilla-Klon Pulgasari aus dem Jahr 1985: Angesiedelt im Mittelalter erzählt er von einer Gruppe koreanischer Bauern, die von einem Tyrannen unterdrückt werden. Hilfe verspricht ein magisches Wesen, Pulgasari, ein aus Reis geformtes Minimonster, durch das Blut einer Bauerntochter zum Leben erweckt und durch das Futtern von Metall rapide wachsend. Pulgasari wächst und wächst, auf Menschengröße, auf Monstergröße, auf Godzillagröße… und führt die Aufständigen zum Sieg gegen den Unterdrücker… doch sein Hunger ist damit noch nicht gestillt.

Ein Monsterfilm, ein historisches Epos, natürlich auch ein Propagandafilm… und vor allem ein Werk dessen Entstehung mindestens genau so wild ist wie seine Handlung. Aber dazu kommen wir noch. Johannes, ich glaube, das war auch dein erster nordkoreanischer Film. Wird es denn der letzte bleiben?

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Episode 174: Kikujiros Sommer und die wunderbare Welt des Takeshi Kitano

Wir erfüllen immer wieder gerne Publikumswünsche… erst Recht, wenn sie uns in cineastische Diskussionen verstricken. Kikujiros Sommer von Takeshi Kitano aus dem Jahr 1999 ist ein solcher Fall. Takeshi Kitano, in Deutschland vor allem bekannt als Veranstalter der Survival Show Takeshis Castle, ist in seinem Heimatland Japan als wahres Multitalent unterwegs: Comedian, Schauspieler, Regisseur, Künstler und so weiter und so fort. Im Ausland sorgte er vor allem in den 90ern als Regisseur düsterer und bizarrer Yakuza Thriller für Aufsehen. Und Kikujiros Castle ist wiederum was ganz anderes: Road Movie, Tragikomödie, schräger Buddy Movie… irgendwas dazwischen. Und wir können uns nicht so ganz einigen, ob dieses dazwischen nun genial oder doof ist.

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Episode 169: I’m a Cyborg, But That’s OK – Liebe und andere Verrücktheiten

Nach seinem Mysterythriller-Hit Oldboy legte Park Chan-wook 2006 einen Film nach, mit dem in dieser Form niemand gerechnet hatte: Den bizarren Liebesfilm I’m a Cyborg, But That’s OK. Mal sehen, wie sehr diese Kuriosität heute noch unterhalten und verzaubern kann.

Und so sprechen wir über die Darstellung von psychischen Erkrankungen, die Elektrokonvulsionstherapie, die Vielfalt von Perspektiven und menschlichen Beziehungen, sowie über das wichtigste überhaupt: Die Liebe in all ihren wahnwitzigen Ausprägungen.

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Episode 144: Ghost in the Shell mit Yugen vom Indiefilmtalk-Podcast

Wir haben wieder einen Gast: Yugen vom Indiefilmtalk-Podcast ist zu Besuch und hat uns etwas mitgebracht: Den Anime-Klassiker Ghost in the Shell aus dem Jahr 1995. Aber nur über diesen zu reden, wäre ein bisschen zu einfach. Und so knöpfen wir uns auch das Remake aus dem Jahr 2017 mit Scarlett Johansson vor. 

In unserem Gespräch geht es um die vielen verschiedenen Facetten, sowohl des Originals als auch seiner „Amerikanisierung“. Und so reden wir nicht nur über seine beeindruckende Ästhetik sondern auch über die typischen Cyberpunk-Themen wie Künstliche Intelligenz, Mensch-Maschinen und Maschinenmenschen sowie die komplexe Politik dystopischer Zukunftsentwürfe.

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Episode 92: Akira Kurosaswas „Das Schloss im Spinnwebwald“ – Shakespeares MacBeth als Samurai

Das Schloss im Spinnwebwald in Akira Kurosawas gleichnamigen Film aus dem Jahr 1957 (Kumonosu-jō; um einmal den japanischen Originaltitel genannt zu haben) ist der Herrschaftssitz des großen Lords, der über mehrere angrenzende Provinzen herrscht. Die beiden Samurai Washizu und Miki reiten nach einer Dank ihnen erfolgreichen Verteidigungsschlacht zu eben jenem Herrschaftssitz um für ihren Dienst belohnt zu werden. Sie verirren sich im verwinkelten Wald und treffen dort auf einen Geist, der ihnen etwas prophezeit: Bald schon soll Washizu auf dem Thron jenes Schlosses sitzen, gefolgt von Mikis Sohn. Washizus Frau befürchtet, dass diese Vorhersage, Misstrauen im großen Lord gegenüber ihrem Mann wecken könnte. Und so überredet sie ihn, den großen Herrscher zu ermorden. Und so erfüllt sich die erste Prophezeiung. Washizu wird nach dem Mord Herrscher über das Reich… Allerdings findet er darin kein Glück. Überall wittert er Verrat und Feinde. Und er hat Angst vor der zweiten sowie der später gemachten Prophezeiung, dass er seine Macht verlöre, sobald sich die Bäume des Waldes bewegen.

Theater- und literaturaffine Zuhörer*Innen werden es bereits gemerkt haben: Hier wird Shakespeares MacBeth adaptiert, im Japan der Edo-Zeit, mit den Mitteln des Jidai-geki und des No Theaters.

Aber bevor ich den viel zitierten, viel geschorenen und viel missverstandenen Begriff der kulturellen Aneignung in den Raum werfe. Johannes, hat für dich dieser kulturelle Brückenschlag funktioniert?

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Episode 86: Prinzessin Mononoke und die Filme des Studio Ghibli

Mononoke oder auch Yōkai, (Obake) ist in Japan die Bezeichnung für gefährliche übernatürliche Wesen, am ehesten vergleichbar mit den Kreaturen, die wir im Westen als Dämonen bezeichnen. Im Mittelpunkt des Studio Ghibli Animes Mononoke Hime aus dem Jahr 1997 steht also eine Dämonenprinzessin… zumindest ist sie das in den Augen ihrer Antagonist*Innen.

Im Zentrum des Films steht aber vor allem ein junger Emishi-Prinz namens Ashitaka, der sich nach dem Kampf gegen ein rasendes dämonisches Wildschwein auf den Weg macht, um dessen Fluch loszuwerden, der seinen Arm befallen hat und ihn langsam von innen auffrisst. Auf der Suche nach Heilung findet er eine vormoderne Eisenhütten-Stadt, in der ehemalige Prostituierte und Leprakranke für die Herrscherin Eboshi Eisen verarbeiten und Waffen herstellen. Diese sind notwendig, um den Übergriffen der kriegerischen Samurai der Nachbarstädte Einhalt zu gebieten. Aber dafür muss der anliegende Wald gerodet werden, was nicht weniger bedeutet als eine Kriegserklärung an die dort lebenden Natur- und Tiergötter, die von der jungen Kriegerin San – der titelgebenden Mononoke – begleitet werden. Ashitaka findet sich inmitten eines weitreichenden Konfliktes wieder.

Naturgötter, Dämonen, Samurai, der Kampf zwischen Tradition und Moderne in der Vor-Edo-Zeit, klassische japanische Hierarchien… Puh. Wir haben also wieder einen ganzen Batzen an fernöstlicher Kultur und Mythologie, durch den wir uns als halbgebildete Europäer wühlen müssen. Ja müssen, haben wir es hier doch mit dem in seiner Zeit erfolgreichsten Film Japans, einem prototypischen Hayao Miyazaki Meisterwerk und dem wohl epischsten Anime des Studio Ghibli zu tun. Ein Film, der auch ein westliches Publikum für sich gewinnen konnte und sogar von Disney international vertrieben wurde.

Auch dich? Johannes? Oder warst du mal wieder Lost in Translation, Johannes?

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Episode 69: Tiger and Dragon und der chinesische Wuxia-Film

Der chinesische Begriff Wuxia setzt sich aus zwei Silben zusammen. Die erste Silbe Wu bedeutet so viel wie Kampfkunst, die zweite Silbe Xia steht für die Personen, die dieser Kampfkunst in dem Genre des Wuxia Films oder Wuxia Romans nachgehen. Dabei handelt es sich um wandernde Ritter für die gute Sache, aber auch um Personen die in einem Spannungsverhältnis zu Gesellschaft und Obrigkeit stehen. Sie sind gesellschaftliche Randfiguren, zugleich aber auch Helden, die in abgelegeneren Regionen Chinas für die gerechte Sache streiten.

Der Film “Crouching Tiger, Hidden Dragon” aus dem Jahr 2000 war Ang Lees Versuch dieses spezifisch chinesische Filmgenre einem westlichen Publikum nahe zu bringen. Erzählt wird von der Region rund um Peking zur Zeit der Qing Dynastie im späten 18. Jahrhundert. Das grüne Schwert der Unterwelt, die Waffe des ehrwürdigen Wudang Meisters Li Mu Bai wurde gestohlen, kurz nachdem es dem Hohen Rat von Peking geschenkt wurde. Die Schwertmeisterin Yu Xiu Lian versucht die wertvolle Waffe wiederzufinden. Schnell stellt sich heraus, wer die Diebin ist: Yu Jiao Long, die junge Tochter des Gouverneurs, die bald verheiratet werden soll. Doch nicht nur das. Diese ist eine herausragende Kämpferin, die sich selbst die äußerst komplexe Wudang-Kampfkunst gelehrt hat und zugleich mit Jadefuchs im Bund steht, eine abtrünnige kriminelle Schwertmeisterin, die für den Tod von Li Mu Bais Lehrmeister verantwortlich ist.

Aber es ist nicht allein die Geschichte um Ehre, Kampfkunst, Liebe und die Suche nach dem richtigen Lebensweg, die Tiger and Dragon glänzen lässt. Der Film lebt von seiner Inszenierung des Kampfes und der Akrobatik seiner Schwertmeisterinnen: Menschen trotzen den Gesetzen der Physik, springen, tanzen und beginnen im wahrsten Sinne des Wortes zu fliegen. Der Kampf ist hier auch immer ein Stück Zauberei, die Welt ist eine magische und poetische, in der Kampf und Schönheit eng beieinander liegen.

Johannes, als durch und durch westlicher Zuschauer. Ist es diesem Film gelungen, dich in die Welt der Kampfkünste und diese fantastische Version des historischen Chinas zu entführen? War es eine Reise, die du gerne wiederholen würdest, oder bleibt es bei diesem einmaligen Trip?

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Episode 52: 2046

2046 ist das letzte Jahr von Hongkongs Sonderstatus als autonome Sonderverwaltungszone innerhalb der Volksrepublik China. 2046 ist die Nummer des Hotelzimmers, neben dem der Schriftsteller Chow Mo-Wan im Hong Kong des Jahres 1968 sein Quartier bezieht. Er mag die Zahl, nicht zuletzt auch, weil das Hotelzimmer, in dem er viele Jahre zuvor eine Affäre hatte, die gleiche Nummer besaß. 2046 ist der Titel des von Chow geplanten Romans. Es geht weniger um das Jahr 2046 als vielmehr um einen abstrakten zukünftigen Ort, 2046, ein Ort der Sehnsucht, durchzogen von einem komplexen Schienennetz, ein Ort, der sich – so sagt man – nie verändert. Menschen pendeln in endlos lange fahrenden Zügen dort hin… oder von dort weg, und einer der Passagiere verliebt sich in eine Androidin, die seine Liebe jedoch nicht erwidern kann.

2046 aus dem Jahr 2004 ist der achte Spielfilm von Wong Kar Wai, einem der wichtigsten Regisseure Hongkongs. Er erzählt von Chows Leben im Hotelzimmer 2047 und vor allem von den Frauen, denen er im Nebenzimmer 2046 begegnet. Da ist die Tänzerin Lulu, der er einst in Singapur begegnete und die sich nicht mehr an ihn erinnern kann. Da ist Jing-Wen, die Tochter des Hotelbesitzers, die in einen Japaner verliebt ist, der von ihrem Vater nicht akzeptiert wird. Da ist die Prostituierte Bai Ling, die sich schließlich auf eine leidenschaftliche Affäre mit Chow einlässt. Dazwischen gibt es Erinnerungen an verflossene Lieben und Affären, Träume und Hoffnungen… und eine scheinbar stillstehende Zeit, zumindest zeitweise.

Der ultimative Liebesfilm, so wurde 2046 im deutschen Verleih genannt. Ein größenwahnsinniges Statement, aber durchaus ein passendes. In 2046 geht es um die Liebe als Sehnsuchtsort, als abstrakten Raum, als Gesuchtes und Nicht Gefundenes. Als Versprechen, dass es bei dem nächsten Mal vielleicht doch endlich klappen wird. Als Hoffnung und Enttäuschung. Das alles in elegischen Cinemascope-Bildern, die sich in ihrer beiläufigen Poesie immer wieder einer konkreten Erzählung entziehen. Und dann auch noch mit der kulturellen Barriere, die ein Film aus Hong Kong für uns als westliches Publikum praktisch zwangsläufig mitbringt.

Puh… trotzdem sehenswert? Johannes?

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Episode 33: Amazon Studios Inclusion Policy

Uff, heavy stuff and a very special episode… Wir sprechen über das Aufregerthema der letzten Wochen, die Amazon Studiocs Inclusion Policy und das dazugehörige Playbook. Es wurde schon viel darüber gesprochen und jeder und jede, der/die sich mit Filmproduktion und -Distribution auseinandersetzt, dürfte dazu eine Meinung haben. Wir wollen dennoch versuchen, neue Impulse für die Diskussion um Kunst und Identitätspolitik zu finden und dabei vielleicht auch ein wenig einer scheinbaren Mehrheitsmeinung zu widersprechen. Und so gehen wir die gesamte Inclusion Policy Punkt für Punkt durch, schwenken hin und wieder zum Playbook rüber und versuchen zu ergründen, worum es in den entsprechenden Texten geht und worauf wir uns als Publikum und Filmschaffende einstellen müssen. Wie immer höchst subjektiv, aber zumindest mit dem Versuch, ein wenig Sachlichkeit in den Diskurs zu bringen. Spoiler: Wir scheitern.

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Episode 19: I’m not there, Oldboy

Wir werfen einen Blick auf einen der ungewöhnlichsten Biopics der Filmgeschichte, I’m not there, der sich mit dem künstlerischen Wirken von Bob Dylan auseinandersetzt, und wir reden über den koreanischen Revengethriller-Klassiker Oldboy. Zwei große Filme aus den 2000er Jahren, von denen jeder auf seine eigene Art und Weise ungewöhnlich ist. Der eine als obskure Rachegeschichte zwischen Thriller, Action und Drama, der andere als diversifizierte Künstlerbiografie, die die Realität weit hinter sich lässt oder in symbolische Bilder kleidet.

Da die Schauspielleistung vor allem von Cate Blanchett als Verkörperung der Rock N Roll Seiten Dylans so unverschämt gut ist, schauen wir in unserer ersten Topliste darauf, welche Schauspielleistungen uns sonst noch besonders begeistern konnten. In der zweiten Topliste beschäftigen wir uns mit Rache im Film in den verschiedensten Formen.

Und am Ende des Podcasts gibt es noch eine kleine Überraschung. Unser Studio wird nämlich gekapert und wir werden uns nächste Woche wohl oder übel mit einem Filmgenre auseinandersetzen müssen, von dem wir beide so überhaupt keine Ahnung haben…

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