Kategorie: 2000er

Episode 207: Tokyo Godfathers – Anime-Weihnachtsstimmung aus Japan

Drei Obdachlose leben gemeinsam auf den rauen Straßen Tokios im Winter. Der cholerische Alkoholiker Gin, die transidente ehemalige Nachtclubsängerin Hana und die jugendliche Ausreißerin Miyuki haben es geschafft, so etwas wie eine chaotische Ersatzfamilie zu bilden. Auf einem ihrer Streifzüge durch den Müll der besser Situierten entdecken sie ein anscheinend ausgesetztes Baby. Hana, die sich schon immer ein eigenes Kind gewünscht hat, überzeugt ihre Gefährten, den Findling nicht zur Polizei zu bringen, sondern auf eigene Faust dessen Eltern zu suchen.

Und so begeben sich die drei auf eine abenteuerliche Reise durch das Tokio der Weihnachtszeit. Eine Reise, bei der nicht nur einige Geheimnisse über die Eltern des ausgesetzten Babys an den Tag kommen, sondern auch die Hintergründe und Lebenswege der drei Obdachlosen.

Weihnachtsfilme gibt es nicht in vielen Farben: Meistens schneeweiß, mit einer Menge rosaroter Naivität. Nicht jedoch dieser Anime aus dem Jahr 2003, der keine Scheu davor hat, auch ernstere Topoi anzufassen. Wenn ihr als ein Weihnachtsmärchen sehen wollt mit Themen wie Kindesentführung, Alkoholismus, Spielsucht, Gewalt gegen Obdachlose, Yakuza Bandenkriminalität, Selbstmord und einem guten Schuss 2000er Transphobie seid ihr hier an der richtigen Stelle.

Johannes, warst du es?

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Episode 199: Martyrs und der brutale Horror der New French Extremity

Im Jahre 1971 gelingt es dem jungen Mädchen Lucie aus einem Fabrikgelände irgendwo in Frankreich zu fliehen. Was ihr dort widerfahren ist, weiß niemand, weil das Mädchen nicht über ihr Martyrium sprechen will. Aber die Untersuchungen des Tatorts lassen schreckliches erahnen. Lucie kommt in einem Kinderheim unter, wo sie sich mit der gleichaltrigen Anna anfreundet. Die Dämonen ihrer Vergangenheit lassen sie jedoch nicht in Ruhe.
Fünfzehn Jahre später glaubt sie ihre Peiniger von einst gefunden zu haben, Sie bricht in das Haus einer vierköpfigen Familie ein und erschießt die beiden Eltern und ihre Kinder. Kurz darauf trifft Anna ein und versucht die Spuren der Morde zu beseitigen und ihre Freundin zu beruhigen. Aber auch hier lauert Lucies Trauma: Verkörpert in einer monströsen Frau, die sie verfolgt, einzig mit dem Ziel sie zu verletzen. Und, wie sich kurz darauf herausstellt, birgt auch das Haus hinter seiner bürgerlichen Fassade ein düsteres Geheimnis.

Martyrs aus dem Jahr 2008, ist ein spätes Kind einer französischen Horror Nouvelle Vague, die aus der New French Extremity geboren wurde… und nicht nur so etwas wie ein Abschluss dieser kurzlebigen Welle, sondern auch irgendwie ein passender Abschluss für meine Versuch, Johannes den Horror nahe zu bringen. Nach dem vielen “Das könnte dir vielleicht gefallen…” jetzt einfach mal radikal, brutal, komplett kompromisslos und einfach nur böse. Also dann, Johannes, wie scheiße fandst du diesen Film?

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Episode 197: The Others – Traditioneller Spukhaushorror

The Others ist sicherlich einer DER großen Plot-Twist-Filme der jüngeren Filmgeschichte. Wer den Film nicht kennt, bekommt ihn am Besten als klassische Spukhausgeschichte beschrieben. Mutter Grace wohnt in einem altehrwürdigen Haus mit ihren beiden sonnenlichtsensitiven Kindern, um die sie sich aufopferungsvoll kümmert. Die neuen Bediensteten des Hauses werden von einer den ganzen Film über sehr nervösen Nicole Kidman angewiesen, wie sie Türen zu öffnen und wieder zu schließen haben, damit die Kinder nicht aus versehen an die Sonne geraten.

Als die Tochter Ann einen imaginären Freund anschleppt und schwört es wären fremde Menschen im Haus, ist Mutter Grace gar nicht begeistert. Sie glaubt nur an das was sie sieht. Und an Gott.

Allerdings weitet sich der Spuk aus und alle müssen anerkennen: es gibt Eindringlinge im Haus, nur kann sie keiner sehen, außer Ann. Und die Bediensteten, wie sich später herausstellt, aber das ist schon Spoiler Territory und da wollen wir doch nicht hin, oder Plor?

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Episode 188: Die fabelhafte Welt der Amélie – Eine märchenhafte Reise nach Paris

Amelie wohnt nicht in dieser Welt. Ihre Welt ist phantastisch und voller kleiner magischer Momente, die zu verschleiern versuchen, wie allein und zurückgezogen die junge und extrem schüchterne Amelie lebt.

Als sie eines Tages ein kleines Metallkästchen hinter den Fliesen ihres Bades entdeckt, das einem Vormieter gehört haben muss, beschließt sie, dass es Zeit ist, andere Menschen in ihr Leben zu lassen. Aber nach ihrem Tempo und Regeln. Am besten wissen die anderen gar nicht, dass sie in ihrem Leben ist. Sie macht den ehemaligen Besitzer des Kästchens ausfindig und legt es ihm in eine Telefonzelle, in die sie ihn hinein lockt. Und tatsächlich, der Mann ist gerührt und sein Leben verspricht eine positive Wendung zu nehmen. Amelie fühlt sich bestärkt und als ein zum verlieben exzentrischer und zum Glück gut aussehender Sammler sein Fotoalbum voller Fotofix-Automat-Bilder verliert, baut sie eine Schnitzeljagd zusammen, damit er zu ihr und damit wieder an sein Buch kommt. Und um die Zuschauer von der Liebe auf den ersten Blick zu überzeugen.

Plor, bist du überzeugt? Zweimal gesehen, kein Wort geredet und beim dritten mal romantische Küsse und Sex auch ohne Worte?

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Episode 187: Das Leben der Anderen – zwischen Oscar-Nominierung und Vorabendprogramm

Ost-Berlin 1984. Der idealistische und gründlich arbeitende Stasi-Hauptmann Wiesler – Alias HGW XX/7 – wird damit beauftragt, den bisher unauffälligen Autoren Georg Dreyman zu beschatten. Es ist jedoch ein offenes Geheimnis, dass die Beschattung vor allem dazu dienen soll, Dreymann aus dem Weg zu räumen, damit der skrupellose Minister Bruno Hempf, dessen Lebensgefährtin, die Schauspielerin Christa-Maria Sieland, für sich allein haben kann.

Durch den Selbstmord eines Künstlerkollegen beginnt Dreymann dann tatsächlich die Methoden der DDR in Zweifel zu ziehen. Und Wiesler belauscht ihn dabei: Er hört, wie der Dissident die Veröffentlichung eines DDR-kritischen Artikels plant, wie er sich mit anderen Aufrührern trifft… und wie er Die Sonate des guten Menschen spielt. Er lauscht, er ist bewegt… und es geschieht etwas unerhörtes. Wiesler begehrt auf, indem er den Überwachten deckt. Zuerst nur durch das Fälschen von Beobachtungsprotokollen, später schließlich gar durch aktives Eingreifen zu dessen Schutz. Und das alles in einem System, dass solche Abweichungen nicht duldet.

17 Jahre nach dem Fall der Mauer – im Jahre 2006 – veröffentlichte Florian Henckel von Donnersmarck seinen Debütfilm “Das Leben der Anderen”. International gefeiert und mit einem Oscar prämiert. 17 Jahre nach seiner Veröffentlichung reden wir nun über diesen bereits zum Klassiker gewordenen deutschen Film. Johannes, im Gegensatz zu mir und Donnersmarck bist du ja tatsächlich in der DDR groß geworden. Wie sehr hast du in diesem Film eine Widerspiegelung der damaligen Lebensrealität gesehen?

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Episode 184: Memento – otnemeM

Memento trotzt filmischen Konventionen an der einen Stelle und befolgt sie fast sklavisch an der anderen. Seine Struktur sorgt dafür, dass der emotionalste Moment im Mittelpunkt steht, seine Struktur sorgt dafür, dass der wichtigste Plottwist am Ende präsentiert werden kann, dass die Spannung gegen Ende des Films zum Beginn der Handlung am stärksten ist. Und das ist die große Erkenntnis, die man aus diesem Film mitnehmen kann… dass ein solcher Bruch der Konventionen am besten funktioniert, wenn man die Konventionen perfekt verinnerlicht hat und diese pointiert einzusetzen weiß.

Und so macht er auch verständlich, wie Christopher Nolan in den kommenden Jahren zu einem der gefragtesten Blockbusterregisseure Hollywoods werden sollte. Er versteht sein Handwerk und kann selbst eine so kryptische, hermetische Geschichte so erzählen, dass sie das Publikum am Ende zufrieden zurücklässt.

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Episode 177: Mamma Mia! – Zwei Dudes im Abba-Musical

Dancing Queen, Money Money Money, Super Trooper, Mamma Mia und natürlich Waterloo… Man muss kein großer Abba-Fan oder 70er Popexperte sein, um beim Hören dieser Songtitel ein paar harte Ohrwürmer verpasst zu bekommen, die nicht so schnell wieder verschwinden. Seitdem ich den heute zu besprechenden Film gesehen habe – was immerhin schon eine Woche her ist – ertappe ich mich auf jeden Fall täglich beim Summen irgendeines Abba Hits. 

Mamma Mia! Aus dem Jahr 2008 ist die Verfilmung des gleichnamigen Musicals aus dem Jahr 1999, eine bunte Romcom, die in Griechenland spielt und musikalisch von zahllosen Abba-Songs weniger begleitet und viel mehr getragen wird.

Im Mittelpunkt stehen Sophie und ihre Mutter Donna. Sophie steht kurz davor zu heiraten, und sehnt sich danach, von ihrem Vater zum Altar geführt zu werden. Leider weiß sie von diesem nur, dass er eine Sommerromanze ihrer Mutter war, und da laut deren Tagebuch aus dieser Zeit gleich drei Typen in Frage kommen, werden diese auch – ohne von der potentiellen Tochter zu ahnen, zur Hochzeit eingeladen. Da Donnas ehemalige Bandkolleginnen auch auf der Gästeliste stehen, ist für eine Menge Tohuwabohu gesorgt, und eine Menge Tanz und Gesang. 

Und damit kommen wir auch schon zur Gretchen oder in diesem Fall Agnetha-Frage: Johannes, wie hältst du es mit Abba. Und wie hältst du es mit diesem späten cineastischen Revival der schwedischen Popikonen?

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Episode 175: Adaptation – Postmoderne in der Midlife Crisis

Postmoderne kann sehr sexy sein… oder auch sehr unsexy… und dennoch oder gerade deswegen verflucht unterhaltsam. Adaptation von Charlie Kaufman und Spike Jonze aus dem Jahr 2002 ist so etwas wie die Postmoderne in ihrer Midlife Crisis. Und da die Macher dieses Podcasts sich auch irgendwie in ihrer Midlife Crisis befinden, sieht das doch nach dem perfekten Match aus.

Wir reden über den Journalismus einer Susan Orlean, über selbstverliebte Autoren, die Freude an Selbstreferenzialität und natürlich auch über den fantastischen Nicolas Cage. Wir versuchen, so gut es geht, nicht Meta zu werden, und werden es dann doch irgendwie… und ihr könnt uns dabei zuhören, wie wir versuchen aus dem ganzen Schlamassel wieder rauszukommen.

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Episode 169: I’m a Cyborg, But That’s OK – Liebe und andere Verrücktheiten

Nach seinem Mysterythriller-Hit Oldboy legte Park Chan-wook 2006 einen Film nach, mit dem in dieser Form niemand gerechnet hatte: Den bizarren Liebesfilm I’m a Cyborg, But That’s OK. Mal sehen, wie sehr diese Kuriosität heute noch unterhalten und verzaubern kann.

Und so sprechen wir über die Darstellung von psychischen Erkrankungen, die Elektrokonvulsionstherapie, die Vielfalt von Perspektiven und menschlichen Beziehungen, sowie über das wichtigste überhaupt: Die Liebe in all ihren wahnwitzigen Ausprägungen.

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Episode 168: Monster’s Ball – Poverty Porn oder bewegendes Drama?

In unserer aktuellen Episode widmen wir uns (wieder einmal) einem großen Drama um die Jahrtausendwende. Monster’s Ball von Marc Forster aus dem Jahr 2001, mit der Oscar prämierten Halle Berry. Wir feiern aber nicht nur die herausragende Leistung der Hauptdarstellerin, sondern schauen durchaus auch kritisch auf diesen Film, der eine Tragödie vom äußersten Rand der amerikanischen Gesellschaft erzählt und dabei auch vor viel Sentimentalität nicht zurückschreckt.

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