Episode 167: Mermaids Don’t Cry – Magischer Realismus aus Österreich
Johannes hat auf den Hofer Filmtagen eine kleine Independentfilm-Perle gefunden und will sie unbedingt mit Plor und dem Publikum teilen: Mermaids don’t cry, der Debütfilm von Franziska Pflaum aus dem Jahr 2022.
Wir reden über das österreichische Kino, über die fantastische Hauptdarstellerin Stefanie Reinsperger über Feel Good Movies, soziale Konflikte und die richtige Mischung aus Alltag, Magie und Bizarrerie.
: Podcast: Der mussmansehen Podcast - Filmbesprechungen Episode: Episode 167: Mermaids Don’t Cry – Magischer Realismus aus Österreich Publishing Date: 2024-03-13T15:26:46+01:00 Podcast URL: https://podcast.mussmansehen.de Episode URL: https://podcast.mussmansehen.de/2024/03/13/episode-167-mermaids-dont-cry-magischer-realismus-aus-oesterreich/
Florian Bayer: gespielt von Inga Busch.
Johannes Franke: Und zwar nicht von Tilda Swinton, wie eigentlich gedacht.
Florian Bayer: Sie haben ihr das Drehbuch geschickt und Franziska Flaum meinte, sie hat es wahrscheinlich auch gelesen, aber sie war in anderen Projekten involviert. Sie hatte keine Zeit dafür, leider.
Johannes Franke: Hallo, ihr Meerjungfrauen da draußen.
Florian Bayer: Wirklich?
Johannes Franke: Ja, natürlich. Das ist das,
Florian Bayer: was dir einfällt, wenn ich sage, frei improvisiert, Freestyle. Herzlich willkommen zu einer neuen Episode vom Muss-man-sehen-Podcast hier.
Johannes Franke: Das ist nicht Freestyle. Wie süßen,
Florian Bayer: fantastischen Meerjungfrauen da draußen.
Johannes Franke: Also ihr süßen Meerjungfrauen da draußen, wir werden heute einen Film besprechen, der Mermaids Don't Cry heißt und er hat einen englischen Titel, obwohl er eigentlich aus Österreich kommt und zwar ein Film von Franziska Pflaum.
Florian Bayer: Ein Debütfilm.
Johannes Franke: Und zwar ein Debütfilm.
Florian Bayer: Aus dem Jahr 2022.
Johannes Franke: Haben wir auch selten. Die Frau ist wahrscheinlich frisch überwältigt von all dem, was passiert ist. Im letzten Jahr habe ich den Film in Hof gesehen beim Festival und da war sie noch ganz unsicher. Ja, stimmt. Das ist ein guter Film, war Premiere. Und ich wusste überhaupt noch nicht, ob der Film eine gute Resonanz hat. Wurde aber nicht abgefeiert,
Florian Bayer: ne?
Johannes Franke: Ja, also wir haben alle wirklich begeistert da gesessen und lange, lange applaudiert und ihr viele, viele Fragen gestellt und ich habe mich danach mit ihr lange unterhalten. Und der Film ist durch ganz viele... Sachen noch durchgegangen danach. Also positive Reaktionen.
Florian Bayer: Und korrigiere mich, wenn ich falsch liege, aber er hat bei Hof auch für das Set-Design eine Auszeichnung gekriegt.
Johannes Franke: Er hat eine Auszeichnung bekommen und das ist besonders süß, weil sie ihre Schwester das Set-Design und
Florian Bayer: Kostümen mit Geschwistern arbeiten, ist auf jeden Fall voll mutig.
Johannes Franke: Und da freut sie sich besonders, dass das geklappt hat und dass das auch noch einen Preis gebracht hat. Also die sind wirklich, glaube ich, sehr glücklich damit, mit dem, was passiert ist mit dem Film. Sie meinte, sie hat einen internationalen Titel gegeben, weil sie natürlich gehofft hat, dass er auch über Deutschland hinaus irgendwie noch bekannt wird. Übrigens, wollen wir unser Konzept mal kurz besprechen?
Florian Bayer: Ja, bitte. Es ist in der Regel so, einer von uns schlägt dem anderen für die kommende Woche einen Film vor. Und zwar nach dem Motto, den musst du gesehen haben.
Johannes Franke: Ja, also mit der Muss man sehen Podcast.
Florian Bayer: Und wir wechseln uns ab und diese Woche war Johannes dran. Das heißt, das ist einer seiner Vorschläge und er steht auch in einer kleinen Tradition von... deutschsprachigen Indie-Filmen oder geringeren Budget-Filmen, die Johannes mir oft gegeben hat, wo auch schon so die ein oder andere Perle zu finden war. Also zum Beispiel Schulze Get the Blues war eine ganz große Überraschung.
Johannes Franke: Und du sagst immer, deutsche Filme sind scheiße.
Florian Bayer: Das sag ich so gar nicht. Aber es gibt wirklich viele schlechte deutsche Filme. Aber ich würde niemals behaupten, dass deutsche Filme scheiße sind. Und erst recht nicht österreichische Filme. Nein, weil Österreich ja auch so ein bisschen das Land von Ulrich Seidel ist und von... Naja, egal. Österreich ist das Land von Ulrich Seidel. Und nenn mir mehr, wenn dir mehr einfallen. Aber natürlich kommen aus Österreich, genau wie aus Deutschland, auch ganz fantastische Filme. Und gerade so im Low-Budget-Bereich und gerade so im Bereich des Independent-Kinos. auch immer so mit dem Versuch, eine eigene Sprache zu finden über den Einfluss vom Amerikanischen, der ja oft da ist, der auch in diesem Film da ist, hinaus. Und ich freue mich eigentlich jedes Mal, wenn du mir so eine Perle hinwirfst. Vor allem sowas, was halt auch so bei Filmfestivals läuft und dann nicht so eine große Kinoauswertung hat. Ohne deinen Vorschlag hätte ich von diesem Film nicht gehört und hätte nicht gewusst, dass dieser Film existiert.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Weil es ist halt doch ein kleiner Film mit kleiner Auswertung.
Johannes Franke: Ja, das ist halt auch... Dadurch, dass wir so übermächtigen amerikanischen Markt haben, auch in Deutschland, sind viele Sachen... Hier im Kino eher so auf der B-Seite und naja, nachmittags irgendwann oder was weiß ich. Es geht viel unter. Ja,
Florian Bayer: wenn es nicht Til Schweiger ist.
Johannes Franke: Wenn es nicht Til Schweiger ist.
Florian Bayer: Mit vielen Fördergeldern bezahlte Til Schweiger Filme, die sind immer in aller Munde.
Johannes Franke: Ja, warum? Ich verstehe es nicht. Wir müssen ja erstmal rausfinden, ob dieser Film überhaupt gut ist und ob wir das Gefühl haben, dass er eine größere Kinoauswertung bräuchte. Dazu werden wir jetzt anderthalb Stunden über diesen Film reden.
Florian Bayer: Wir wollen auch nicht so krummelig da rein starten, weil wir haben das hier natürlich mit einem Feelgood-Film zu tun. Ja. Und wir sollen uns auch gut fühlen. Und es ist immer schön, wenn mal ein Film ein bisschen mehr Beachtung findet. Und man freut sich immer so grundsätzlich, unabhängig von der Qualität des Films, freut man sich einfach, auch wenn so kleine Indie-Perlen aus dem deutschsprachigen Raum nach vorne kommen. Und das ist hier auch der Fall. Und ich hoffe, dass der Film auch Aufmerksamkeit kriegt, weil er auf jeden Fall Aufmerksamkeit verdient.
Johannes Franke: Oh, jetzt gehst du schon ins Fazit.
Florian Bayer: Jetzt geh ich schon ins Fazit. Und gerade Franziska Pflaum auch. Ich meine, hey, es ist ein Debütfilm. Da steckt so viel Herzblut drin und das merkt man dem Film auch an.
Johannes Franke: Total. Ich kann ja mal kurz sagen, worum es überhaupt geht, damit wir ein Gefühl dafür haben, worüber wir hier reden werden. Es geht nämlich um Annika. Annika ist Ende 30, ich habe das nur in der Recherche erfahren, sie soll 37 sein, aber ich glaube, es wird im Film nicht gesagt. Und sie arbeitet als Kassiererin in einem Markt in Wien und lebt dort in einer... Plattenbausiedlung, es wird dort anders genannt, aber es ist quasi wie so eine deutsche Plattenbausiedlung, wie sie so ist. Und es spielt also in prekären oder zumindest dem nahen Verhältnissen. Und sie hat nicht viel Geld übrig, um sich Wünsche zu erfüllen. Einer dieser Wünsche, die man sich erfüllen will, ist... eine Meerjungfrauenflosse. Was schon mal eine absurde Idee ist.
Florian Bayer: Nicht nur irgendeine Meerjungfrauenflosse, sondern eine ganz besondere Meerjungfrauenflosse für...
Johannes Franke: Fürs Mermaiding?
Florian Bayer: Für 2458,90 Euro.
Johannes Franke: Das ist der Betrag genau drin. Es ist anscheinend auch nicht übertrieben, dass Geld so was oder mehr Geld muss man aufbringen, um sich so eine Flosse leisten zu können. Man kann das gerne mal recherchieren im Internet. Das ist sehr interessant. Jedenfalls will Annika gerne diese Flosse haben. Das ist ihr Abtauchen in eine andere Realität für sich. Wir sehen sie im Schwimmbad, wie sie das macht und irgendwie da aufgeht. Und dann reißt ihre Flosse, die sie hat, ist auch von der Qualität her nicht die beste und deswegen möchte sie diese teure aus Silikon. Und sie geht durch alle möglichen Sachen durch, um das Geld irgendwie aufzutreiben. Sie bekommt Unterstützung von den Kindern, ihrer besten Freundin und Gegenwind. von ihrem Vater und von ihrer besten Freundin. Viel steht ihr im Weg, viele Probleme werden aufgeworfen und am Ende, um mal den Spoiler schon reinzubringen, kriegt sie die Flosse, aber so richtig zufrieden scheint sie damit dann doch nicht zu sein.
Florian Bayer: Die Flosse landet ziemlich kurz, nachdem sie sie gekriegt hat, im Mülleimer in Kroatien. Nachdem sie mit dramatischer Geste im Meer gelandet ist, haben ein paar Kinder gesagt, du machst unser Meer nicht dreckig.
Johannes Franke: Eine ganz tolle Stelle übrigens. Aber da kommen wir dann dazu, wenn wir in der Geschichte voran sind.
Florian Bayer: Ich glaube, wir müssen erst mal kurz über diese Annika reden. Gespielt von Stefanie Reinsberger, die ich bis dato nicht so wirklich auf dem Schirm hatte. Aber sie ist offensichtlich Stammbesetzung in Dortmunder Tatort. Da spielt sie eine Hauptkommissarin. Und sie hat einen... relativ erfolgreiches Buch geschrieben und zwar auch in dem Jahr, in dem der Film rausgekommen ist, nämlich ganz schön wütend, in dem sie sich mit Body Positivity auseinandersetzt. Sie ist nämlich übergewichtig und sie hat da wohl sehr viele böse Anfeindungen und ätzende Kommentare erlebt, gerade als Frau, die in der Öffentlichkeit steht. Und wenn du als übergewichtige Frau in der Öffentlichkeit stehst, ist es heutzutage leider offensichtlich so, dass du einfach Scheiße abkriegst und mit Scheiße beworfen wirst. Und sie spielt großartig.
Johannes Franke: Ich finde sie natürlich großartig.
Florian Bayer: Annika ist natürlich auch eine dankbare Figur. Aber Stefanie Reinsberger spielt diese Figur unglaublich nuanciert. Sie ist auch sehr nuanciert geschrieben, weil sie... lässt sich nicht auf einzelne Sachen reduzieren. Es ist so naheliegend, wenn du eine Protagonistin hast, die einen großen Traum hat, die einen großen Fetisch hat, Fetisch ist der falsche Begriff, aber die irgendwas Nerdiges macht, dann ist es so naheliegend zu sagen, okay, wir reduzieren sie jetzt voll drauf und wir zählen jetzt alles, was damit zusammenhängt. Sie wird jetzt einfach zu der Frau, die gerne Meerjungfrau wäre und sich diese Kostüme angucken soll. Sie kriegt...... Das passiert nicht, sondern sie kriegt wirklich viele Facetten. Sie wird erzählt als Freundin, sie wird erzählt als Partnerin, sie wird als Tochter und vor allem auch als Frau, die zu gutmütig ist. Das ist natürlich so ein bisschen das Hauptthema, was sich durch den ganzen Film spannt, die sich halt auch sehr viel von den Menschen in ihrer Umgebung, vor allem von ihrem Vater und ihrer Freundin ausnutzen lässt. Und da nicht so wirklich eine Stimme für sich selbst findet. sie wird aber auch nicht erzählt als einfach nur verschüchterte Frau, die das alles mit sich machen lässt, sondern sie kriegt eben auch einen Willen. Und sie kriegt auch eine starke Persönlichkeit und auch Momente, in denen sie so ein bisschen daraus ausbricht. Und das ist was, was man auf alle anderen Figuren auch übertragen kann, aber was natürlich bei dieser Annika am meisten auffällt, dass sie unglaublich nuanciert geschrieben ist und wirklich viele Facetten in sich vereint.
Johannes Franke: Da sagst du was, was ich... ganz stark gehofft habe, als ich dir den Film gegeben habe. Sie ist eine starke Figur. Was ich ganz toll finde, zum Beispiel, zeigt sich darin, dass sie ihren Vater das erste Mal mit Essen versorgt und er kriegt irgendeine Pampe und sie macht sich, glaube ich, Fisch oder sowas und er sagt, was, was, was? Ich will auch Fisch haben. Und sie so, ne, du kriegst erst Fisch, wenn du dich finanziell beteiligst.
Florian Bayer: Dazu muss man sagen, ihr Vater... sitzt im Rollstuhl. Oh, dass sie. Er hat sich da irgendwie auch so eine kleine eigene Realität aufgebaut, in der er im Rollstuhl sitzt und ist sehr darauf erpicht, dass das auch offiziell anerkannt wird, dass er als behindert gilt, damit er entsprechend Unterstützung vom Staat kriegt. Und er hat sich bei ihr eingenistet. Das passiert gleich am Anfang vom Film. Er wird zu ihrem unfreiwilligen Mitbewohner und lebt dann auch während des gesamten Films bei ihr. Und macht aber nichts anderes, als den ganzen Tag vorm Fernsehen zu sitzen und sich halt so um sein eigenes Zeug zu kümmern und eben sich von ihr bedienen zu lassen.
Johannes Franke: Wobei man sich fragt, was ist das eigene Zeug, um das er sich kümmert? Es gibt ja nicht wirklich was.
Florian Bayer: Das Fernsehen gucken halt.
Johannes Franke: Er sitzt wirklich da und guckt Fernsehen und dieses Motiv, dass er sich in den Rollstuhl setzt und sagt, okay, ich bin jetzt einfach behindert, obwohl er überhaupt gar keine Behinderung hat. Und sagt, ich will das jetzt offiziell machen, anerkennen lassen vom Arzt, dass ich im Rollstuhl sitze. Das ist ja nicht nur für diesen Arzt, sondern das ist ja symptomatisch für sein Leben.
Florian Bayer: Ja, total.
Johannes Franke: Er will sich bedienen lassen von vorne bis hinten.
Florian Bayer: Es geht ja auch wirklich nicht nur um diese Anerkennung vom Amt.
Johannes Franke: Willst du Tee haben, Flor? Oh ja,
Florian Bayer: sehr gerne.
Johannes Franke: Ich würde uns mal Tee eingießen, bevor es hier richtig hitzig wird.
Florian Bayer: Es geht ja nicht nur um diese Anerkennung vom Amt. Es geht nicht darum, dass er sich Geld erschwinden will, sondern... ihm ist das wirklich wichtig, dass das ernst genommen wird, dass er im Rollstuhl sitzt. Und auch wenn Annika zu ihm sagt, Papa, du sitzt doch gar nicht im Rollstuhl, dann wird das halt weggewischt. Nee, nee, eigentlich schon, eigentlich doch. Aber auch hier, der wird nicht einfach nur als Antagonist erzählt, auch ihre beste Freundin Caro, zu der wir gleich noch kommen. Diese Figuren werden auch nuanciert erzählt. Also man merkt auch, dass es auch ein Mann ist, der irgendwie so ein Bedürfnis nach, nicht nach Anerkennung hat, aber zumindest nach irgendwie... Vielleicht ein bisschen nach einer Führung, aber auch vor allem nach einer gewissen... Fürsorge.
Johannes Franke: Ja, Fürsorge.
Florian Bayer: Die auch so eine Art Liebesersatz ist. und es wird wenig über ihn erzählt, aber offensichtlich ist er ja Witwer. Oder schon länger von seiner Frau getrennt. Also die Mutter von Annika wird, glaube ich, wir haben das gesamte Film nicht einmal erwähnt.
Johannes Franke: Er ist bloß bei seiner derzeitigen Freundin rausgeschmissen worden, weil die anscheinend mitbekommen hat, dass er nicht wirklich im Rollstuhl sitzen müsste.
Florian Bayer: Aber er wird nicht unsympathisch erzählt. Er ist halt so ein Kauz, aber er ist halt auch irgendwie so ein bisschen witziger Kauz. Und noch stärker ist das bei Caro. die natürlich als die zweite große Ausnutzerin erzählt wird, die aber jetzt halt auch nicht einfach so eine ist, die die Gutmütigkeit ihrer besten Freundin komplett benutzt, um nur das zu kriegen, was sie will, sondern die hängt auch wirklich an Annika. Und Annika ist ihr als Freundin wirklich wichtig. Eben nicht nur als Babysitterin für ihre Kinder, sondern sie ist ihr auch wirklich wichtig als Freundin. Und das, finde ich, kann man den Film hoch anrechnen, dass er es schafft, alle Figuren bis runter auf die Miss Bieber. Ja. so nuanciert zu erzählen, dass keine unsympathische Figur in diesem Film vorkommt. Wir haben alle ihre Marken und ihre Schulen, aber es gibt niemanden, bei dem du sagst, ach, da haben wir die Antagonistin, da haben wir den Antagonisten, gegen den gilt es jetzt zu kämpfen.
Johannes Franke: Es ist so ein bisschen, es wirkt wie dieser Gegenentwurf zu den Filmen, die ja auch zwischendurch sehr in waren, wo es keine einzige... sympathische Figur gibt. Wo einfach alle Dreck am Stecken haben und alle irgendwie scheiße sind. Und hier haben auch alle Dreck am Stecken, aber alle irgendwie sympathisch. Und ich finde den Ansatz total toll. Und ich habe so ein bisschen auch über die Schauspieler gelesen und mir ein bisschen was angehört von denen und so. Und die berichten alle davon, dass es wirklich auch in der Arbeit mit der Regisseurin darum ging, den Figuren... Und eigene Motivationen, positive Eigenschaften und auch einen wirklichen eigenen Struggle und ganz eigene Geschichten mitzugeben, die eben dazu führen, dass du diesen Figuren auch folgen willst und dass du sie auch sympathisch findest. Ja. Ich finde es ganz, ganz, ganz toll, auch was sich Caro, also die Julia Franz Richter, was die sich alles gedacht hat, um diese Figur irgendwie zu füllen mit Leben und nicht nur einfach die Ausnutzerin zu sein, sondern wirklich, sie sagt, diese Figur hat in ihrem Leben... So viele Sachen erlebt, die dazu führen, dass sie sagt, okay, ich muss meine Grenzen klar setzen und ich muss nehmen, was ich kriegen kann.
Florian Bayer: Sie ist eine alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern. Ja. Und sie hat offensichtlich Struggle in ihrem Liebesleben, offensichtlich auch so das Händchen dafür, immer an die Falschen zu geraten. Es wird eine Geschichte von ihr erzählt, wie sie... Wirklich ein hoffnungsvolles Date hat mit einem Mann und es stellt sich dann kurz darauf heraus, dass der verheiratet ist, mit seiner Frau und seinen Kindern unterwegs ist und sie keines Blickes würdigt.
Johannes Franke: Eine sehr zufriedenstellende Szene, wie sie dann an der Kasse sitzt und ihn so richtig auflaufen lässt.
Florian Bayer: Ich habe hier übrigens noch die Fotos, nur so als Beweis. Ja, das ist eine sehr schöne Szene. Und wir fühlen da halt auch mit ihr, natürlich ist es sauschwer, wenn du zwei Kinder hast, wenn du in diesen Prä-Cam. Umständen lebst, wie sie. Sie lebt halt im selben Plattenbau wie Annika. Sie hat auch nicht viel Geld. Sie arbeitet auch nur als Kassiererin, wo man halt einfach echt zu wenig verdient. Und versucht irgendwie über die Runden zu kommen und es ist nicht leicht. Und natürlich ist Annika eine riesige Stütze für sie. Und das ist ja auch erstmal grundsätzlich ein... Kein schlechtes Verhältnis.
Johannes Franke: Ja, ja, genau.
Florian Bayer: Es wird auch, ich finde dazu kommen wir später, ich finde es wird ein bisschen zu sehr eskaliert meiner Meinung nach.
Johannes Franke: Ja, okay.
Florian Bayer: Weil ich finde es ist eigentlich so wie es erzählt wird, reicht es, dass man sagen kann, ja es gibt da so ein gewisses Ungleichgewicht und Annika ist hier die, die sich kümmert und die macht. Ja. Während Caro ist die irgendwie so durch ihr Leben stolpert, im wahrsten Sinne des Wortes. Was aber offensichtlich nicht geplant war, was sich so ein bisschen aus dem Dreh heraus entwickelt hat. Und Julia Franz-Richter hat offensichtlich erzählt, dass sie... Durch Zufall gestolpert ist aber, das war dann so witzig, dass sie es zum Charakter-Trademark gemacht haben, dass sie etwas tollpatschig ist.
Johannes Franke: Sie hat gleich am Anfang, gleich am ersten Drehtag, hat sie einen Haufen Sachen fallen gelassen. Und hat sich schnell wieder aufgehoben und hat sorry gesagt und hat weitergemacht mit ihrem Text, als wäre nichts passiert. Und dann haben sie es irgendwie mit eingebaut, dass ihr immer irgendwas passiert.
Florian Bayer: Aber diese Beziehung wird nicht so als parasitär dargestellt, sondern es ist wirklich eine Freundschaft, die man abkauft. Es gibt eine wirklich schöne Szene, eine ganz banale Alltagsszene. zwischen Caro und Annika, wie sie halt einfach abends im Park unterwegs sind, zusammen sitzen und sich so ein bisschen unterhalten und so ein bisschen miteinander auch träumen und wo das einfach auch als Freundschaft erzählt wird, die über dieses Ausnutzen, was auf jeden Fall stattfindet, hinaus funktioniert.
Johannes Franke: Ja, wir verstehen, und das versäumt dieser Film nie zu sagen, wir verstehen, warum die so in dieser Konstellation leben alle. Warum die sich eigentlich mögen, warum da irgendwie diese Verbindung da ist. Die so parasitär klingt irgendwie erstmal auf dem Papier, aber wenn man sie sieht, diese Szene ist übrigens auch improvisiert. Das ist die einzige Szene, die nicht komplett ausgeschrieben war im Drehbuch, sondern die sie einfach, wo sie sich hingesetzt haben und gesagt haben, okay, wir lassen mal die Figuren einfach leben, ohne dass... für einen festen Text haben. Und das hat wohl sehr, sehr gut funktioniert und wird auch als eine der schönsten Erinnerungen mitgenannt, wenn sie in Podcasts darüber reden. Das ist schön und das ist wirklich toll zu sehen, dass das nicht einfach nur auf diese eine Sache abgestellt ist, was du vorhin gesagt hast. Es wird nicht einfach nur daraufhin abgestellt, dass das so ein Ausnutzen ist oder dass Annika irgendwie nur das mit diesem Mermaid-Ding hat und sonst nichts. Und auch... Dass diese ganze Geschichte nicht nur darauf abgestellt ist, dass sie im prekären Milieu stattfindet, sondern dass sie tatsächlich sehr differenziert und sehr... lebendig dargestellt wird. Nicht so wie in anderen Filmen, wo man teilweise das Gefühl hat, okay, die haben alle Farben rausgezogen, es ist besonders trist.
Florian Bayer: Es ist ja überhaupt nicht. Es ist ein sehr bunter Film. Sehr bunter Film. Es ist kein Wunder, dass der Film auch für das Set-Design gewonnen hat. Nicht nur in den Traumsequenzen von Annika unter Wasser, sondern auch grundsätzlich drumherum haben wir hier sehr starke Farben, sehr poppige Farben, die so direkt ins Auge springen. Und um vielleicht nochmal zu... zur Protagonistin zurückzuspringen. Dass das nicht so wirkt, liegt natürlich auch daran, dass eben Annika immer wieder diese starken Momente kriegt, die auch so ganz alltäglich sind. Aber wo man sieht, die nimmt sich halt auch was vom Leben. Ja klar. Sie hat dieses Date mit Marco. Das ist das, was ich dem Film auch ein bisschen anlasse. Da wird diese Freundschaft zwischen Annika und Caro nachher eskaliert. Wenn Marc mit... Caro Sex hat. Aber ansonsten wird natürlich auch gezeigt, dass Annika mit ihm flirtet und die haben ein Date und die haben wirklich ein schönes, niedliches Date und die sind auch zusammen glücklich. Oder auch, wenn sie mit den Kindern unterwegs ist. Klar, sie passt auf die Kinder von Caro auf, weil Caro mal wieder ein Date hat. Aber sie macht mit den Kindern auch irgendwie Sachen, die sie machen will. Sie zeigt den Kindern das Meerjungfrauenkostüm und sagt, boah, das ist geil und geht das dann nochmal durch. Und erzählt, was sie daran fasziniert. Also Annika kriegt immer genug eigene Wünsche und eigenen Willen, dass es eben nicht zu so einer Elendsgeschichte wird, nicht zu so einer Märtyrer-Geschichte.
Johannes Franke: Genau das. Und da kommt die Verbindung zu diesen prekären Verhältnissen. Dass du nicht das Gefühl hast, dass die alle einfach nur vor sich hin leiden, weil sie in einer Plattenbausiedlung wohnen, weil sie sich nicht alles leisten können, was sie wollen oder sowas. Die haben Spaß. Die haben... Die haben auch Geschmack. Also wenn man sich die Einrichtungen anschaut, wie gesagt, die haben ja einen Preis dafür bekommen. Und zwar auch dafür, dass das eben nicht nur alles irgendwie runtergekommenes, schlechtes, nur weil man kein Geld hat, hat man nicht automatisch keinen Geschmack. Die sind alle relativ gut angezogen für das, was in dem Milieu einfach möglich ist, ist gut zusammengestellt. Man könnte ganz leicht in diese Falle tappen, zu sagen, die dicke Frau kann sich nicht richtig anziehen und wir machen da irgendwie schlechte... Weißt du, dann ist man so tief im Milieu drin und hat das Gefühl, so richtig dreckig und schlecht.
Florian Bayer: Und dann die ganze Zeit mit diesem elenden, leidenden Gesicht.
Johannes Franke: Ja, genau. Und das finde ich so... Als ich den in den Hof gesehen habe im Kino, war ich so erfrischt davon, dass ich gedacht habe, mein Gott, wie geil. Die haben alle Spaß, die sind im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Möglichkeiten total glücklich und es ist total schön und die haben natürlich ihre Probleme, zum Beispiel eben das Geld, aber es ist nicht dieses Elends-Betroffenheits-Ding. Ja.
Florian Bayer: Es ist ein Stück Realismus.
Johannes Franke: Ja,
Florian Bayer: also einfach, weil es sich halt eben nicht auf das Elend draufsetzt, weil es sich nicht auf das große Drama draufsetzt, auch gerade diese Feel-Good-Komponente, die sich die ganze Zeit durch den Film... zieht. Die Probleme, die aufgeworfen werden, sind größtenteils in dem Film ziemlich leicht. Also wie gesagt, Hauptthema ist, sie will diese Flosse haben und sie hat so wenig Geld. Sie kriegt die 2500 Euro nicht zusammen, die sie für diese Flosse braucht. Was macht sie? Sie verkauft Sachen und so weiter. Es werden einfache kleine Geschichten erzählt, die halt glaubwürdig sind. Sie hat Sorge um ihren Job. Es gibt immer wieder diese, es ist einfach dieses Damoklesschwert über dem Laden, dass Leute entlassen werden und sie hat Angst, davon auch betroffen zu sein. Und dann gibt es natürlich den Bruch in diesem Realismus und ich habe jetzt schon Job gesagt. Tatsächlich, wir haben einen sehr starken Bruch in diesem Realismus und das ist die Figur der Chefin von Annika und von Caro, die Miss Bieber, gespielt von Inga Busch.
Johannes Franke: Und zwar nicht von Tilda Swinton, wie eigentlich gedacht.
Florian Bayer: Sie haben ihr das Drehbuch geschickt und... Franziska Flau meinte, sie hat es wahrscheinlich auch gelesen, aber sie war in anderen Projekten involviert. Sie hatte keine Zeit dafür leider. Aber deswegen haben sie den englischen Namen genommen, Miss Kieber, weil sie ihre Amerikanerin vor Augen hatten, die das spielt. Und dann haben sie aber Inga Busch gefunden, die von der Volksbühne kommt, die unter Kassdorff und Pollisch gespielt hat. Und die sowas sehr Exzentrisches, Exaltiertes, Unrealistisches auch in diesen Film mit einbringt. Ja, das ist eine total... satirisch überzeichnete Figur. Nicht die tyrannische Chefin. So leicht machen sie es sich dann halt auch wieder nicht. Nee. Sondern, ja was ist sie? Ist sie eigentlich ein Guru?
Johannes Franke: Ich glaube, sie versucht, diesen Supermarkt zu führen, als wäre es ihre Sekte. Wir machen am Anfang jeden Tag irgendwelche Meditationsübungen. Dann gehen wir raus in die Welt, um die Leute zu beschenken. Und dann kommen die Leute und kaufen halt ein.
Florian Bayer: Aber sie ist auf jeden Fall eine sehr weirde Figur. Ja, sie hat immer so diese Kalendersprüche auf den Lippen. Sie ist die Off-Erzählerin ganz am Anfang, wenn wir Annika tauchen sehen. Und dann hat sie immer diese Lebensweisheiten und mitten in einem Personalgespräch mit Annika hypnotisiert sie sie mal so eben und sagt so, ja, jetzt machst du mal eine Traumreise, wo geht's hin? Natürlich geht's zum Meer. Ja,
Johannes Franke: natürlich.
Florian Bayer: Sie ist auch verantwortlich für eine der schrägsten Szenen, bizarrsten Szenen des ganzen Films, nämlich eine komplett eskalierende Drogenparty in der Mitte. Großartig. Und sie wild mit der Frau rumknutscht, die sie davor entlassen hat. Ja,
Johannes Franke: die auch sagt, das war die beste Entscheidung, das Beste, was mir passieren könnte, war die Entlassung. Jetzt kümmere ich mich um die Dinge, die wirklich wichtig sind in meinem Leben und so. Und das... nutzt diese Chefin auch aus als Argument für alle anderen. Weil es gibt ja dieses Damoklesschwert der Kündigung, das die ganze Zeit drüber hängt. Sie muss Leute noch entkündigen, entlassen. Und das versucht sie irgendwie besser zu machen, indem sie sagt, ja, dann habt ihr endlich Zeit, euch darum zu kümmern, was wirklich wichtig ist in eurem Leben.
Florian Bayer: So dämlich. So führt sie ihre Personalgespräche die ganze Zeit. Ja. Und dann macht sie auch so Yoga-Übungen und autogenes Training und so während der Arbeitszeiten. Und sie ist einfach ein total weirder Charakter, den man auch nicht so ganz zu greifen kriegt, weil man hat teilweise so das Gefühl, okay, soll sie jetzt so eine Art Mephisto sein? Weil es gibt ja auch den Moment, wo sie Annika das Geld gibt für den... Für die Flossen. Und dann haben wir diese Traumsequenz vor Annika, wo sie nochmal lachend zu sehen ist. Ja. Das ist wie es sein soll. Aber das ist sie gar nicht. Sie ist keine Teufelin.
Johannes Franke: Nein, überhaupt nicht.
Florian Bayer: Sie ist einfach ein weirder, merkwürdiger Charakter. Dem unglaublich wichtig ist, dass jede Mitarbeiterin, jeder Mitarbeiter mal Mitarbeiter des Monats ist. Das ist nämlich so das Damoklessische Pferd über Annika. Sie war nicht einmal Mitarbeiterin des Monats. Und ganz wichtig, kanntest du es, du hast keine Kinder, den Schweigefuchs.
Johannes Franke: Ja, der Schweigefuchs, natürlich kannte ich den Schweigefuchs.
Florian Bayer: Sie benutzt den Schweigefuchs in Personalgesprächen. Ich kannte das nicht, bevor ich damit nicht irgendwie so aus dem pädagogischen Milieu Kontakt hatte.
Johannes Franke: Achso, okay. Das Interessante ist, ich habe das Gefühl, den Schweigefuchs, das ist so eine Berliner Sache, aber Franziska Pflaum hat ja auch in Berlin studiert. Die kommt ja eigentlich aus dem Studium in Berlin und ist dann 2016 erst wieder zurück nach Wien gegangen.
Florian Bayer: Wappelsberg quasi, ne?
Johannes Franke: Ich glaube, sie war ein... Babelsberg, mit Axel Ranisch auch, den wir auch schon besprochen haben in diesem Podcast, an der gleichen Schule. Und die Idee für den Film kam ihr auch schon hier in Berlin, als sie in einem Schwimmbad genau sowas beobachtet hat. Nämlich erwachsene Menschen mit... Mehr Jungfrauen flossen, die Mermaiding betreiben. Nochmal der Hinweis, guckt mal im Internet, schaut euch das mal an, es ist wirklich sehr süß.
Florian Bayer: Du kanntest das offensichtlich nicht so sehr davor und sie ja offensichtlich auch nicht. Ich kenne das schon seit ein paar Jahren.
Johannes Franke: Ich kannte das auch schon vorher so ein bisschen.
Florian Bayer: Ich finde es total faszinierend, wir können ja mal ganz kurz über das Mermaiding reden.
Johannes Franke: Klugscheißen mit Floor.
Florian Bayer: Achtung, steile These.
Johannes Franke: Ja?
Florian Bayer: Meerjungfrauen in der Kulturgeschichte sind immer mit dem männlichen Blick, mit dem Male Gaze irgendwie verbunden. Meerjungfrauen sind eigentlich Männerfantasien. Egal, ob es die kleine Meerjungfrau ist, wo es eher so um Romantik geht, oder ob es diese
Johannes Franke: Sirenen sind,
Florian Bayer: die die Männer verführen, oder eben dann in der Neuzeit dann einfach Frauen in schicken Meerjungfrauenkostümen in Zweiteiler, wo viel Bauch gezeigt wird. Und gerade so im 20. Jahrhundert die Darstellung von Mermaids. Es kommt ja auch irgendwie dann ganz viel aus diesem Woodville und aus dieser Kabarett-Szene, wo es halt wirklich einfach darum geht, die männlichen Blicke zu befriedigen. Das Mermaid-Ding, wie wir es heute kennen, wie es Privatpersonen machen, ist was anderes. Das ist irgendwann in den 2000ern entstanden und ich würde sagen, das ist eine Art Empowerment. Und eine Art, wir nehmen uns das, wir holen uns das jetzt zurück. Die, die das heute betreiben, betreiben das eben nicht für die männlichen Zuschauer, nicht für irgendeine Piepshow oder sowas, sondern das ist tatsächlich so, ey, ich mach das einfach nur für mich, weil ich mich wohlfühle. Deswegen würde ich sagen... Es hat eine ganz starke feministische Komponente, die man leicht übersieht, wenn man so draufguckt, wie haben sich Frauen in der Geschichte als Meerjungfrauen angezogen. Das muss man da wirklich zur Seite wischen und sagen, das ist was anderes. Es hat diese Komponente von, wir holen uns das jetzt, wir machen das für uns, wir fühlen uns wohl. Das machen ja auch sehr viele Kinder deswegen. Und es machen auch immer mehr kleine Jungs, was halt auch total cool ist. Und es hat irgendwie sowas Freies. Ich finde das total faszinierend und ich habe da einen riesigen Respekt davor, weil ich das Gefühl habe, ich habe das Gefühl, dass ich das Gefühl habe, dass ich das Gefühl habe, dass ich das Gefühl habe. Ja, da wird so ein Symbol genommen, was wir aus der Kulturgeschichte als männliches Dominanzsymbol kennen.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Und es wird uminterpretiert und es wird erfolgreich von den Frauen zurückerobert.
Johannes Franke: Das ist natürlich cool, ja. Ich habe das nicht betrachtet bisher, aber es ist natürlich toll. Es passt auch in das, was Annika da will, weil sie das ja auch für sich macht. Wir sehen sie, wenn sie da in diesem Wasser ist und diese Kulisse, diese Screensaver-Kulisse kommt und sich da durchschwimmt, sie ist in ihrem Paradies, in ihrem Element. Alleine, für sich. Flucht vor dem Alltag, Flucht vor der Realität, einfach mit sich im Reinen sein.
Florian Bayer: Das ist total geil, die haben das wirklich im Tauch-Silo in Wien getreten und sie haben sie trainiert, also die anderen, die im Unterwasser vorkommen, sie hatten nachher so Traumsequenzen im Unterwasser, die wurden mit Greenscreen reingemacht, aber sie ist wirklich getaucht, sie hatte wirklich ein Tauchtraining mit Beatmung, was offensichtlich ziemlich... kompliziert ist.
Johannes Franke: Und auch gefährlich sein kann.
Florian Bayer: Und gefährlich sein kann. Und dann haben die in diesem Tauch-Silo in Wien, haben sie die Kulissen aufgebaut, die echt schön sind. Also natürlich wurde auch am Computer nachgeholfen noch ein bisschen. Aber sie haben sich wirklich Mühe gegeben für dieses Set, für ihre Traumsequenzen, die ja gar nicht so oft vorkommen. Wir haben drei, vier, fünf Traumsequenzen unter Wasser. Auch so mit so sehr tiefen Psychologik, wenn dann gezeigt wird, wie ihr Vater und ihre Freundin im Concierge-Kostüm ihre Träume vernichten. aber davor auch ganz viel, wie sie einfach nur schwimmt und einfach glücklich ist, in ihrem Element zu sein. Es ist toll gemacht und ich finde es cool, dass sie das wirklich, dass sie sie wirklich haben tauchen lassen.
Johannes Franke: Sie haben es wirklich durchgezogen. Und Stefanie Reinsberger hat es auch voll durchgezogen. Und für Stefanie Reinsberger, sie hat ja nun auch dieses Buch geschrieben, über ihre Körperlichkeit und was für Anfeindungen sie bekommt. Da ist dieser Film nicht einfach. Weil sie wirklich auch als Mermaid und sehr knapp bekleidet und mit einem Bikini in der Gegend rumschwimmt.
Florian Bayer: Ich habe das Gefühl, sowohl Franziska Pflaum als auch ihr Kameramann Robert Oberreiner machen das sehr gut. Ich finde das auch. Was die Inszenierung von Annikas Körperlichkeit betrifft, ohne Scham und ohne Sensationalismus, wird es wirklich eingefangen und auch ohne Male Gaze. Es wird tatsächlich ihre Körperlichkeit so inszeniert, dass sie... was sehr würdevolles hat. Wenn sie unter Wasser ist, aber auch wenn sie, es gibt ja nicht so viele Momente, wo sie dann wirklich das Meerjungfrauenkostüm trägt. Ganz am Anfang, wenn sie am Beckenrand sitzt und das kaputt geht. Und dann nachher noch in der Wohnung, wo sie versucht, dieses 25-Kilo-Monstrum irgendwie mitzuschleifen.
Johannes Franke: Sie soll ja eigentlich, im Drehbuch stand ja, sie soll durch die ganze Wohnung robben mit dem Teil.
Florian Bayer: Aber das geht offensichtlich nicht so leicht.
Johannes Franke: Sie hat das Problem, dass sie das Ding nicht zur Probe hatten, weil das einfach zu aufwendig war und das einfach lange gedauert hat. Sie haben angefangen zu drehen, bevor sie das Ding wirklich hatten. Und dann konnten sie das nicht ordentlich ausprobieren alles. Und dann stand im Drehbuch, die robbt mit diesem Teil durch die ganze Wohnung. Das Ding war wirklich 25 Kilo schwer. Und sie hat keinen Millimeter damit geschafft. Und dann haben sie am Ende einen Teppich unter sie drunter gelegt und sie dann mit dem Teppich durch die Wohnung gezogen. Und sie hat so getan, als ob sie da durch die Gegend robbt. Aber weit haben sie sie nicht gehen lassen. Das ist nicht die ganze Wohnung gewesen.
Florian Bayer: Der Film gibt ihr durch diese Bilder, auch in diesem Bild, was ein bisschen Slapstick ist, auch wenn sie da rumrobbt, gibt ihr ihr sehr viel Würde.
Johannes Franke: Und ich würde sagen,
Florian Bayer: er macht was... muss man nicht so machen, aber es ist gut, dass er es so macht, dass es halt einfach auch gar nicht thematisiert wird. Body Positivity spielt auch keine große Rolle in diesem Film. Genauso wenig wie potenzielles Mobbing, Bullying gegenüber Übergewichtigen. Es wird einfach gar nicht thematisiert. Ihr Gewicht spielt keine Rolle in diesem Film. Und das kann man auch anders inszenieren. Und es gibt mit Sicherheit, könnte man auch eine Story erzählen, in der man das zum Thema macht. Was auch... einen spannenden Film geben würde, aber dieser Film entscheidet sich ganz bewusst so, auch weil er eben diese Vielgut-Ebene hat und es funktioniert.
Johannes Franke: Ich finde, dass dieser Film das schon irgendwie zum Thema macht, indem er es nicht zum Thema macht, indem er allein, stell dir den Film vor mit einer schlanken Meerjungfrau, mit einer schönen, schlanken Meerjungfrau, wie wir sie irgendwie über Jahrhunderte tradiert im Kopf haben.
Florian Bayer: Oh, aber...
Johannes Franke: Ich weiß,
Florian Bayer: dass du das nicht gemeint hast, aber Stefanie Reinsberger ist ein sehr schöner Mensch.
Johannes Franke: Ja, das habe ich nicht gemeint. Aber du hast vollkommen recht. Stefanie Reinsberger ist ein wahnsinnig schöner Mensch. Was ich meine, ist natürlich dieses tradierte, klassische Bild. Wenn wir das in diesem Film hätten, wäre das der langweiligste Film der Welt.
Florian Bayer: Vielleicht. Wahrscheinlich, keine Ahnung. Ich glaube, es würde auch, so wie der Film inszeniert ist, würde es glaube ich auch mit einer schlanken Meerjungfrau funktionieren.
Johannes Franke: Aber kann der Film das dann funktionieren? Weiß ich nicht genau.
Florian Bayer: Ja, eben weil es wirklich keine große Rolle spielt. Vielleicht. Ich stelle mir es gerade schwer vor, eine Schauspielerin zu finden, die das so füllen würde, wie Stefanie Reins.
Johannes Franke: Das ist halt das Ding, ja.
Florian Bayer: Aber das ist aber ihr Gewicht. Ihr Gewicht ist wirklich das Letzte, was dabei eine große Rolle spielt, sondern sie spielt das einfach saugut. Sie hat halt... Sie hat diesen Charisma, der sich halt auch zu diesem netten Charisma, dieses nette Charisma, das sich dann aber im Laufe des Films auch zu so einer Leck-mich-Attitüde entwickelt. Also zum einen, wenn sie zum Beispiel ihrem Vater den Fernseher wegnimmt, den sie verkaufen will. Und dann natürlich auch in der Szene, in der sie dann sagt, so, fuck you all und die Flamingo-Maske aufsetzt, um den Supermarkt zu überfallen. Das Spendengeld für den Kleinen, wie heißt der nochmal?
Johannes Franke: Amisch? Ja,
Florian Bayer: auf jeden Fall, genau. Das gehört auch zu den Facetten von Spieber, dass sie für einen Jungen gesammelt hat, für Brot für die Welt oder so. Und in dieser Spendenkasse wissen wir, es ist relativ viel Geld mittlerweile. Über 1000 Euro. Und Annika macht sich dann auf den Weg, nachdem Caro sie betrogen hat, macht sie sich auf den Weg, dieses Spendengeld zu klauen. Mit dem Mitarbeiterausweis von Caro, was ziemlich fies ist.
Johannes Franke: Was sehr fies ist, aber... Wir in dem Moment als Zuschauer, ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich denke die ganze Zeit, jo, sehr gut, go for it.
Florian Bayer: Ich fand die Szene ganz lustig, es hat mich ein bisschen gestört, ich finde dieser Sex zwischen Caro und... Marc macht keinen Sinn.
Johannes Franke: Ich finde, dass er vor allem doch übertrieben direkt neben ihr stattfindet.
Florian Bayer: Das kommt noch dazu. Sie schläft, sie hat getrunken, sie schläft ihren Rausch aus und dann vögeln die direkt neben ihr und sie wird wach und sie sind beide schockiert. Was habt ihr erwartet?
Johannes Franke: Ja, also es ist schon wirklich dolle.
Florian Bayer: Und ich finde es auch tatsächlich storytechnisch nicht so geil. Ich finde, dass Caro wird als egoistische Person inszeniert. gekauft, geschenkt. Aber ich glaube, das wäre ein Punkt, wo sie sagen würden, nee. Und ich glaube, Marc würde das auch nicht machen, weil Marc ist in Annika verliebt und es gibt überhaupt keinen Grund dafür. Soll Caro jetzt als die wilde Verführerin inszeniert werden?
Johannes Franke: Auch nicht.
Florian Bayer: Ich weiß nicht, es hat mich nicht so überzeugt. Ich fand, es war auch zu viel. Weil der Konflikt mit Caro war halt davor so schön schwelend.
Johannes Franke: Und er braucht es nicht,
Florian Bayer: um auszubrechen.
Johannes Franke: Naja. Was ich interessant finde, ist, dass wir natürlich einen Grund brauchen, warum sie mit Annikas... Ich finde die Gedanken interessant zu sagen, die überwerfen sich an einer Stelle. Es muss ja irgendwann explodieren. Also ich würde es auch explodieren lassen wollen. Der Sex ist vielleicht wirklich ein bisschen seltsam und ich fand es auch tatsächlich beim Gucken so irgendwie unnötig und ein bisschen out of character für sowohl Marc als auch für Caro. Aber das, was daraus resultiert, will ich nicht missen. Wie sie in den Supermarkt geht mit dieser Maske und dann auch Caro diejenige ist, die da steht als Schuldige und so. Weil das ist wieder ein Konflikt, der mich interessiert.
Florian Bayer: Es gibt ja die Möglichkeit der Eskalation ohne das Ding. Kurz davor wird ja gezeigt, wie sie zur Mitarbeiterin des Monats wird. Caro ist offensichtlich ziemlich pisst.
Johannes Franke: Ich finde das total süß und sie spült das so wahnsinnig gut in dem Moment. Weil eigentlich sind sie beste Freunde. Aber ich kann mir das total gut vorstellen. Ich kenne das aus... einfach dem realen Leben. Ich kenne Menschen und vielleicht habe ich auch diesen Blick selber schon gehabt. Gegenüber Leuten, die man eigentlich total mag, mit denen man total eng ist und denkt man, aber ich, ich, was ist denn los? Ich habe hier wahnsinnig viel gearbeitet dafür und jetzt kriegst du das.
Florian Bayer: Es ist so geil, weil dieses Mitarbeiterinnen des Monats so offensichtlich überhaupt nichts gilt und es gibt auch überhaupt keine klaren Regeln, wie das gemacht wird. Also Caro ist... Sowohl Caro als auch Annika sind wirklich so die durchschnittlichsten Arbeiterinnen, die man sich vorstellen kann. Die sitzen einfach an der Kasse und machen ihren Job und arbeiten das Zeug runter. Auch nicht besonders enthusiastisch, nicht besonders fröhlich, sondern sie machen halt einfach diesen scheiß Job weg. Also zumindest wirken sie meistens so, als ob sie es so empfinden würden. Und dann war halt davor diese Party, wo Annika halt... sehr viel Kontakt hatte mit Miss Biber. Deswegen ist es so naheliegend, dass Miss Biber einfach gerade die Person, die sie mag, zur Mitarbeiterin des Monats macht. Davor hat sie ja offensichtlich diese ältere Frau Stefanie, ich weiß es nicht mehr genau, gemocht, die sie dann gefeuert hat. Und es ist überhaupt nicht klar, welche Regeln es ist. Es ist auch bewusst so inszeniert, dass Miss Biber einfach mit Chaos herrscht und selbst nicht weiß und das nicht mal böse meint, sondern einfach ihre Aufmerksamkeitsspanne ist halt einfach so groß. Aber umso alberner ist es dann natürlich, dass Caro total pisst ist deswegen, weil es ist vollkommen egal. Es gibt ja auch keine Gehaltserhöhung oder sowas. Nein, nein, nein. Sondern sie ist halt einfach, sie hat halt ihr Bild einmal an der Wand hängen. Und das ist offensichtlich ein Indikator dafür,
Johannes Franke: wer gefeuert wird und wer nicht.
Florian Bayer: Nicht mal das, glaube ich.
Johannes Franke: Also das sagt sie zumindest. Und das kann man dann halt als Angestellte vielleicht schon ernst nehmen und sagen, okay, ich muss hier irgendwie.
Florian Bayer: Frau Petra wird ja gefeuert, ne? Das ist die, die entlassen wird. Und die macht davor das Schulterrollen so gut. Und ich kann mir vorstellen, dass sie drei Monate in Folge Mitarbeiterin des Monats war. Das stimmt. Und die wird gefeuert und kriegt dann auch noch diesen Schweigefuchs vor die Nase gesetzt, wenn sie sich beschweren will.
Johannes Franke: Das tut mir so leid in dem Moment. Och man. Aber das krasse ist, dass nicht mal die Chefin irgendwie eine echte Antagonistin ist, sondern man hat auch so das Gefühl, also sie gibt ja auch das Geld dann aus und sie sagt am Ende, ja gut, du hast mich hintergangen und so, aber hab ich dir nicht zugetraut. großartig. Herzlichen Glückwunsch. Viel Spaß noch.
Florian Bayer: Ich feuere dich jetzt, damit du deine Abfindung kriegst. Also sie ist offensichtlich ihre Freundin. Also ich glaube, es ist nicht cool, so eine Chefin zu haben, aber sie ist halt irgendwie witzig.
Johannes Franke: Du kannst dich halt nicht darauf verlassen, dass sie am Ende dann irgendwie cool ist, sondern du kannst es vielleicht ahnen, weil du weißt, die ist irgendwie seltsam drauf, aber du kannst dich nicht auf nichts verlassen, weil das Chaos regiert. Oh mein Gott, was ist das für eine Musik?
Florian Bayer: Was war das? Wo sind wir? Ich glaube, wir wurden rausgerissen.
Johannes Franke: Aber wohin?
Florian Bayer: Oh mein Gott, Johannes.
Johannes Franke: Ja?
Florian Bayer: Ich befürchte, wir befinden uns in einer Self-Promo.
Johannes Franke: Oh nein!
Florian Bayer: Ganz schnell, ganz schnell, damit wir zurück zum Gespräch können. Was müssen wir machen? Was müssen wir sagen?
Johannes Franke: Wir müssen den Leuten unbedingt sagen, dass sie uns abonnieren sollen, wo auch immer sie sind, also auf Spotify oder Apple oder sowas.
Florian Bayer: Beam, whatever,
Johannes Franke: was ihr auch benutzt. Also abonnieren und anderen sagen, dass sie uns abonnieren.
Florian Bayer: Auf jeden Fall. Wenn euch die Folge gefällt, gebt uns gerne Sterne, Herzchen, Daumen hoch, was auch immer euer Podcatcher anbietet.
Johannes Franke: Genau, und wenn sie euch nicht gefällt, dann schickt diese Episode weiter an eure Feinde oder eure Nachbarn oder sowas.
Florian Bayer: Und wenn ihr uns Feedback geben wollt, wir freuen uns total über jeden Kommentar an Johann. an das muss man sehen.de oder florianettmussmansehen.de.
Johannes Franke: Genau, schickt uns Filmvorschläge und so weiter.
Florian Bayer: Oh, wir sind schnell durchgekommen. Ja, jetzt schnell raus,
Johannes Franke: schnell wieder zurück ins Gespräch.
Florian Bayer: Und dann kriegt sie auf jeden Fall das Geld tatsächlich von Miss Bieber. Und sie kann sich zum einen die Flosse leisten. Das ist ja diese Eskalation dann zum einen, dass der Vater den Fernseher zurückkauft. Also sie hat die Flosse bestellt, dann kauft der Vater den Fernseher zurück und da ist das Geld futsch. Und sie hat diese Flosse bestellt und kann sie nicht bezahlen. Was ja dann auch zu diesem Diebstahl führt und zu diesem wirklich süßen Geständnis, wenn sie zu Miss Bieber geht und sagt. Und übrigens... das ist das Geld, was ich von ihnen gekriegt habe, das ist das, was ich geklaut habe, so viel kriegen sie zurück und es fehlen noch 1000 Euro, die kriegen sie auch von mir und das war's jetzt.
Johannes Franke: Wie sie das auf den Cent genau erzählt. Wie sie das auf den Cent genau erzählt.
Florian Bayer: Und ja, dann hat sie die Flosse, ja.
Johannes Franke: Und dann wird's für mich ein kleines bisschen undurchsichtig. Ich kann mir's vorstellen, was so dahinter steckt, aber nichts führt so richtig gut dahin, dass sie dann nach Grazien fährt und diese Flosse und dann ins Meer wirft und sagt, ah, scheiß drauf, ist alles Kacke.
Florian Bayer: Ich find's richtig doof. Ich find's richtig doof und richtig unfair Annika gegenüber und, ich hab's jetzt schon abgefeiert, deswegen muss ich's nochmal sagen, auch dem Mermaid gegenüber. Ich seh total, was Franziska Pflaum damit erzählen wollte und ich find's doof. Sie lässt dann nämlich Annika ohne die Flossen ins Wasser gehen, nachdem sie die Flossen entsorgt hat und weggeworfen hat. Oh, schöne Selbstbefreiung.
Johannes Franke: Ja, ja, genau.
Florian Bayer: Aber warum haust du auf das Mermaid-Ding drauf? Was soll das für eine Moral sein? Das Mermaid-Ding war nicht schlimm. Das war gut. Das war ein Teil von ihrem Leben. Das war schön, dass sie das gemacht hat. Natürlich war es Eskapismus. Die Weltflucht ist okay. Sie hat so wichtige Entwicklungsschritte gemacht in diesem Film. Sie muss nicht auf das Mermaid-Ding verzichten, damit diese Entwicklungsschritte da sind. Sie hat sich von der Flosse befreit. Was ist denn das für eine Moral? Die Flosse war doch geil. Warum?
Johannes Franke: Ich kann mir vorstellen, dass sie da gesessen hat und gedacht hat, ja, aber wenn sie jetzt einfach nur am Ende die Flosse hat und wir das als letztes Bild sehen, wie sie unter Wasser mit der Flosse glücklich ist, ist irgendwie auch ein bisschen...
Florian Bayer: Ich sehe total, was sie damit machen wollte. Ja, natürlich. Und es ist auch ein starker moralischer Punkt. Es ist ein starker emotionaler Punkt. Oh, unser Charakter hat sich entwickelt. Sie ist eine andere. Ich finde es blöd, das an dem Mermaid-Ding festzumachen.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Weil das Mermaid-Ding war... Natürlich hat sie viel gemacht, um an diese Flosse zu kommen, aber das war ja auch ein geiles Ziel. Ja, es ist nur eine blöde Flosse für 2500 Euro, aber so blöd das klingt, es ist geil, solche Ziele zu haben.
Johannes Franke: Ja, natürlich.
Florian Bayer: Gönnen den Menschen solche Ziele. Wenn du alles mögliche verkaufst, um an sowas ranzukommen, das ist schön, dann hast du was geschafft, dann hast du auch was geleistet.
Johannes Franke: Das finde ich eben auch als einer der großen Verkaufsargumente für diesen Film, dass es nicht der... ganz krasse, große Traum, irgendein Heist oder irgendein, es ist kein Ocean's Eleven.
Florian Bayer: Nein, es ist kein Ocean's Eleven.
Johannes Franke: Sondern es ist wirklich nur eine verfickte Flosse. Und ich find's großartig, dass das... Das Beste, was ich mir für diesen Film hätte vorstellen können. So ein bodenständiges Ziel und so ein Traum, der so, es wirkt so unnötig, aber ist gerade deswegen genau das Richtige für sie. Ich find's super.
Florian Bayer: Und das ist sogar fast was, wo ich am Schluss dann halt auch so, dann doch nochmal am Schluss, nachdem sie das so gut umschifft haben, die ganze Zeit so ein intellektuelles Naserümpfen merken. Sie wird diese Flosse los und dieses Mermaid-Ding, das ist ja eigentlich auch nur Konsum und das ist ja eigentlich nicht das große Ziel und nicht der große Traum, das ist ja eigentlich nicht so viel wert. Und das hat sie am Schluss erkannt und so.
Johannes Franke: Ah, ich weiß nicht.
Florian Bayer: Ich bin da wirklich nicht so glücklich damit, weil es halt auch meiner Meinung nach so ein bisschen das kaputt macht, was das vorher so sympathisch gemacht hat. Wie du sagst, dass es dieser kleine Traum ist, der aber eine wichtige Bedeutung hat und der auch ein großer Traum ist. Wenn du wenig Geld hast, dann, also nicht nur, wenn du wenig Geld hast, 2500 Euro für eine Mehrungsfonds, das sind viel Geld.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Und daraufhin zu sparen und viel in Gang zu setzen, um da ranzukommen. das ist eine Leistung, das ist was wert. Und dann ist auch das Objekt, was sie hat, was wert. Man muss da nicht draufhauen. Das ist der Film am Ende halt schon so ein bisschen.
Johannes Franke: Das ist schade. Beim Gucken bin ich gar nicht so sehr drauf gekommen, weil der Film mich gar nicht so richtig dahin geführt hat. Ich hatte dann gedacht, naja, sie hat dann einfach so viel erlitten für diese Flosse, dass sie dann auf diese Flosse wütend wird quasi.
Florian Bayer: Ja, natürlich, das wird ja auch erzählt. Aber es ist dann, finde ich, hat es doch halt sowas von einer Selbstbefreiung. Vor allem, natürlich ist das toll inszeniert und natürlich ist das so naheliegend. Diese letzte Szene, wenn sie ins Wasser geht, sieht toll aus. Wir freuen uns mit ihr. hat bei mir halt doch dieses Geschmäckle hinterlassen von, du hast vielleicht gerade, vielleicht ist das die falsche Moral der Geschichte. Vielleicht ist das auf das Falsche drauf gehauen.
Johannes Franke: Ja. Und ich habe auch das Gefühl, dass sie damit am Ende, mit diesem Ende von dem weggeht, was mich den Film über interessiert hat. Mich hat ja die Flosse irgendwie als Gimmick irgendwie interessiert, aber vor allem hat mich ja interessiert, was sie da mit ihren Freunden und mit ihrem Vater an Emanzipation durchmacht von dieser ganzen Geschichte. Und das dann auf die Flosse zu beziehen am Ende, ja okay, kann man machen. Aber mich hätte viel mehr interessiert, wie sie am Ende in der Emanzipation lebt von ihrem Vater. Und auch dieses sich abgrenzen lernen und zu sagen, nee, das ist mein Leben und ihr könnt nur bis dahin da eindringen und der Rest gehört mir.
Florian Bayer: Ja, wobei das dann vielleicht auch ein bisschen, also das ist eine offene Stelle, die ich dem Film gebe. Das muss er mir nicht noch erzählen groß.
Johannes Franke: Ja, aber das Ende geht so weit weg davon.
Florian Bayer: Ja, ja, ja. Er muss halt irgendwann einen Punkt finden und es ist immer eine Schwierigkeit bei einem Film, der eine eher seichte Story hat, ein Ende zu finden, weil es kein großes Drama gibt, weil es keinen großen Konflikt gibt und oft ist es dann ja auch so, dass Filme so ausmeandern, ohne so richtig einen Schlusspunkt zu setzen und mit dieser Szene hat sie natürlich versucht, so einen Schlusspunkt zu setzen. Ich glaube, was du gerade da als Alternative in den Raum wirfst, kann man auf jeden Fall machen, das wäre halt eher so ein Ausmeandern, wo es dann halt irgendwie so wie so ein Ausfaden von einem Song.
Johannes Franke: Ja, stimmt. Ja, ja, ja, ja.
Florian Bayer: Hätte bestimmt auch funktioniert bei diesem Film. Ich will jetzt auch gar keine Alternative vorlegen zu dem, was ich gesagt habe. Ich finde die moralischen Implikationen irgendwie so ein bisschen daneben gehauen.
Johannes Franke: Ja, okay. Als Franziska Pflaum in die Siedlung gekommen ist, wo sie drehen wollte, hat sie sich mit den Leuten, die dort gelebt haben, auseinandergesetzt und hat mit denen erstmal Jägermeister gesoffen und hat gehört, dass die Leute gesagt haben, ja, ja, ihr kommt jetzt, ihr, die vom Film. kommt jetzt, um wieder zu zeigen, wie schlecht es uns hier im Problemviertel geht. So, ne?
Florian Bayer: Macht man eure Elendspornografie.
Johannes Franke: Ja, genau. Und das allein, dass die schon damit rechnen, dass das passiert, scheint ja auf ein Problem hinzudeuten, was wir im Fernsehen und im, also gerade im Fernsehen und vielleicht auch im Kino zu haben scheinen. So diese Elendspornografie quasi. Und ich hatte am Anfang überlegt, ob wir eine Top 3 schlechte Darstellungen von Sozialbau oder von prekären Situationen oder sowas haben. Aber ich fand das dann doch ein bisschen zu schwer. Hast du dir irgendwie Gedanken dazu?
Florian Bayer: Ich habe mir Gedanken gemacht. Ich bin überhaupt nicht glücklich mit meiner Liste.
Johannes Franke: Ich habe gar keine Liste geschaut.
Florian Bayer: Ich hatte dann irgendwie so Slumdog Millionär im Kopf und die Flodders.
Johannes Franke: Aha, okay. Und dachte so.
Florian Bayer: Muss jetzt eigentlich auch nicht sein. Aber das war dann ja auch der Grund, warum wir uns für was anderes entschieden haben, für unsere Top-Liste.
Johannes Franke: Ja, ja.
Florian Bayer: Und wir springen jetzt genau da rein.
Johannes Franke: Okay. Unsere Top 3. Wir haben eine Top 3. Und zwar Top 3. Oh,
Florian Bayer: nein. Das ist so schön.
Johannes Franke: Oh Mann. Und ich hatte große Schwierigkeiten, weil ich habe nur die Sachen, die einem sofort einfallen. Ich komme mir total schlecht vor und du hast bestimmt die beste Liste der Welt.
Florian Bayer: Ich habe auf jeden Fall die beste Liste der Welt. Es ist eine Top 5 geworden. Was? Oh mein Gott. Aber ich kann auch darauf verzichten. Einen würde ich auf jeden Fall gerne nennen, weil ich glaube, den hast du nicht gesehen. Deswegen habe ich keine Angst, ihn dir wegzunehmen. Einen Schweizer Film. Aus dem Jahr 2018, Blue My Mind von Lisa Prühmann. Und zwar geht es um eine, es ist eigentlich eine Coming-of-Age-Geschichte. Es geht um eine Jugendliche, die so ihre erste, nicht ihre erste, die Erfahrung macht mit Sex, mit Drogen und mit Kriminalität und so weiter. Und irgendwie groß wird in problematischen Verhältnissen und gleichzeitig auch echt kein Kind von Traurigkeit ist. Und die dann aber anfängt Veränderungen an sich festzustellen, die über die Pubertät hinausgehen. Und zwar verwandelt sie sich langsam in eine Meerjungfrau, wie wir nach und nach erfahren während dieses Films.
Johannes Franke: Okay.
Florian Bayer: Und das ist ein ziemlich krasser und düsterer Film. Ich glaube, man würde sagen, so ein bisschen Post-Horror als Genre, aber auch so ein bisschen Mystery und so ein bisschen Coming-of-Age-Drama. Und der war ein bisschen holprig. Das hat nicht alles funktioniert, aber super spannend, das Thema irgendwie aufgefangen. Und halt diese Metamorphose als... Parabel auf die Pubertät erzählt. Okay.
Johannes Franke: Klingt ein bisschen wie Red oder wie der hieß von Pixar. Wo sich jemand Panda verhandelt.
Florian Bayer: Muss ich noch sehen. Auf meine To-Do-To-See-Liste.
Johannes Franke: Strafende Blicke von mir.
Florian Bayer: Aber jetzt zu meiner Top 3. Okay. Mein Platz 3 ist ein Film aus dem Jahr 1988, der schlanke 60 Minuten geht. Mermaid in a Manhole. Ein Film aus der Guinea-Pick-Reihe. Und wem der Name was sagt, der weiß, worauf er sich einlassen muss. Okay. Das ist eine Horrorfilmreihe aus Japan. Und zwar Filme, die notorious sind für ihre Gewaltdarstellung und für ihre Splatter-Effekte. Und vor allem deswegen, weil ein Film aus dieser Reihe wurde besonders berühmt. Den hat Charlie Sheen gesehen. Und zwar Mitte der 80er Jahre. Das war der zweite der Reihe. Und Charlie Sheen dachte, es würde sich ein... um einen echten Snuff-Film halten und hat sich dann ans FBI gewandt. Was? Und dann gab es wohl offensichtlich Behördenbriefe an die Filmgesellschaft, die das gemacht hat. und die mussten sich dazu äußern und dann haben die wiederum Bilder geschickt von den DarstellerInnen und haben gesagt, nee, guck mal, die Menschen leben, denen geht's gut. Es ist wirklich, es ist nur inszeniert. Keine Ahnung, wie viel Legendenbildung bei der Geschichte dabei ist, aber es ist auch in den 80ern, da kann man sich das vorstellen, das war ja auch die Zeit der Satanic Panic und so weiter. Aber den Film, den ich habe, das ist der Film aus dem Jahr 1988. 1988? Und die anderen Filme der Guinea-Pic-Reihe waren eher so einfach wirklich harte Torture-Filme, aber... Mermaid in the Main Hole ist fast ein poetischer Film. Und so erzählt, wie ein trauernder Witwer eine Mähjungfrau in einem Kanal findet, in einer Kanalisation. Und die mit nach Hause nimmt und beginnt ein Bild von ihr zu zeichnen, während sie langsam zerfällt, also ihre Flosse langsam zerfällt. Eine ganz merkwürdige Mischung aus Romantik und Splatter und fast so eine Schönheit des menschlichen Zerfalls. Das fühlt sich ziemlich eklig an. Du würdest diesen Film nicht mögen, aber es ist ein wirklich toller, experimenteller Film.
Johannes Franke: Nun gut, mach mal. Guck mal ruhig. Ich hätte auf meinem Platz 3, weil ich einfach nicht viel anderes gefunden habe, eine gecheatete Doctor Who Folge. Yay! In ein gesunkenes Schiff, das sie retten müssen. Eine Doctor Who-Folge. Curse of the Black Spot, glaube ich, heißt das Ding. Ich habe es mir nicht mal aufgeschrieben. Es ist einfach nur, ich rette mich in dieser Liste irgendwie durch Doctor Who.
Florian Bayer: Manchmal sitze ich daneben, wenn Johannes diese Listen macht. Und dann murmelt dann immer sowas in sich hinein. Ja, Doctor Who, stimmt, Doctor Who geht immer. Und tippt noch schnell eine Doctor Who-Folge auf. Weil wenn es irgendein fantastisches Thema gibt, Doctor Who hat es mit Sicherheit irgendwann wieder gemacht oder erlebt. Mein Platz 2, extrem naheliegend, aber mir auch extrem wichtig, den in der Liste zu haben. Disney.
Johannes Franke: Ariel, die Mail?
Florian Bayer: Natürlich.
Johannes Franke: Habe ich auch auf Platz 2.
Florian Bayer: Der Beginn der Disney-Renaissance. Der erste und wahrscheinlich auch der einzige Disney-Film, den ich im Kino gesehen habe. 1989, als 7-Jähriger. Mit meinem Partneronkel im Kino. Ich habe Erinnerungen dran, also wirklich, wenn ich mich an diesen Film erinnere, sehe ich mich so als verschwitztes Kind im Sessel sitzen und total begeistert sein von diesen Bildern. Weil... Es steht nicht zu Unrecht am Anfang von dieser Disney-Renaissance, die dann mit Das Schöne und das Biest und Aladdin und König der Löwen und so weiter einige der besten Disney-Zeichentrickfilme hervorgebracht hat, weil er schon so ein bisschen mit Computer arbeitet.
Johannes Franke: Und so, ich dachte, das wäre der erst Schöne und das Biest gemacht. Nee,
Florian Bayer: nee, Ariel, die Mähjungfrau hat damit auch schon ein bisschen angefangen, aber noch nicht so ehrfällig wie Schöne und das Biest. Okay. Die Welt vor allem unglaublich schöne Bilder hat und bunt und fantastisch und vielfältig.
Johannes Franke: So viel Abenteuer und so viel Begeisterung und grand, weißt du, so mit der Musik allein und so riesige, so ein Gefühl von Scope hat man irgendwie, dieses riesige Mehr und diese großen Emotionen. Also für mich als Kind auch großartig.
Florian Bayer: Absolut. Und es war auch vor allem ein Film, der im Kino halt unglaublich gut funktioniert hat. Ja. Und ich gucke den heute auch noch gerne und immer wenn ich ihn sehe, habe ich auch direkt wieder dieses Gefühl, diese Erinnerung an dieses Gefühl, wie ich im Kino sitze und irgendwie auch so an meinen Sitz gefesselt. und alles ist laut und alles ist bombastisch und groß. Wahrscheinlich sogar einer der ersten Kinofilme überhaupt, die ich gesehen habe.
Johannes Franke: Naja, okay.
Florian Bayer: Und wirklich schön. Oh,
Johannes Franke: toll. Ja, dann hätten wir beide den gleichen Platz 2. Das heißt, du bist wieder dran mit deinem Platz 1.
Florian Bayer: Mein Platz 1, auch relativ junger Film, 2017, Shape of Water. Wir haben einen mehr jungen Mann. Auf meinem Platz 1. Okay. Guillermo del Toro inszeniert eine Science-Fiction-Mystery-Liebesgeschichte, in der sich eine Putzkraft in ein Fischwesen, ein Amphibienwesen verliebt, das in einem Tank gehalten wird von Wissenschaftlern. Und sie verliebt sich in ihn und sie überlegt, auch wie sie ihn befreien und retten könnte. Und das ist ein typischer Guillermo del Toro-Film. Also irgendwie so zwischen düsterer Romantik und modernen Märchen. Ganz toll.
Johannes Franke: Okay. Warum kenne ich den nicht?
Florian Bayer: Warum kennst du den nicht? Der hat vollkommen zu Recht vier Oscars gewonnen. What? Ja. Oh mein Gott. Unter anderem für den besten Film 2017, 2018.
Johannes Franke: Krass. Okay. Ich hätte auf Platz 1 The Lighthouse, den du auch kennst.
Florian Bayer: Oh ja.
Johannes Franke: Und auch schätzt. Wenn ich das richtig... Ja,
Florian Bayer: düstere Meerjungfrauen.
Johannes Franke: Ja, sehr düstere. Also es geht vor allem um diese beiden Männer, die da... Also es ist ein sehr männlicher Film. Beide Männer, die da in diesem Lighthouse, in diesem... Wie sagt man? Ja,
Florian Bayer: wie nennt man das auf Deutsch?
Johannes Franke: In diesem Leuchtturm sitzen. Und es ist wie eine einzige große Tale, tall tale. Also so ein Seemannsgarn.
Florian Bayer: Seemannsgarn. Es ist Seemannsgarn.
Johannes Franke: Es ist echtes Seemannsgarn. Dieser Film ist so krass. Und die werden immer verrückter, werden die da in diesem Ding und trinken und geben sich, sind irgendwann wirklich irre, glaube ich einfach. Ja. Und ich glaube, der eine stirbt auch. Oder? Ich weiß es nicht mehr ganz genau.
Florian Bayer: Es überlebt nur einer, soweit ich mich erinnere. Ein Film mit Robert Pattinson und...
Johannes Franke: Das Gefühl, wo man sagt, Robert Pattinson hat sich diesen Film ausgesucht, damit er irgendwie von seinem Ruf wegkommt als glitzernder Vampir. Ja,
Florian Bayer: glitzernder Vampir. Und Willem Dafoe, der auch so komplett am Rad drehen darf in diesem Film.
Johannes Franke: Wahnsinn, absoluter Wahnsinn. Und da kommt halt eine Meerjungfrau vor, als das Angstwesen, vor dem sie dann irgendwie...
Florian Bayer: So das sexuelle Angstwesen. Irgendwie wird eine Vulva... inszeniert dann von dieser Mensch. Und er hat irgendwie auf ganz merkwürdige Art Sex mit ihr. Das war irgendwie schräg. Von Robert Eggers. Wir haben über The Witch gesprochen. Ja, stimmt. Schöner Platz 1. Hey, dann kannst du doch zufrieden sein. Ja,
Johannes Franke: Platz 1 und 2, aber naja, gut, okay. Okay, gehen wir zurück in unseren Film. Das war... unsere Top 3.
Florian Bayer: Ich glaube, wir kommen auch schon gleich zum Fazit, aber um vor das Fazit noch das Fazit von einer anderen Person zu stellen, deren Fazit vielleicht viel wichtiger ist, nämlich das von Franziska Pflaum selbst. Die war natürlich sehr zufrieden mit ihrem Film. Allerdings habe ich das Gefühl, wenn man sie so hört in Interviews, sie war ein bisschen unzufrieden mit der Zeit, die sie hatten.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Ihr war das dann offensichtlich doch ein bisschen zu eng. Engmaschig und sie sagte auch einmal wirklich tatsächlich wörtlich, sie würde nicht. so einen Film in so kurzer Zeit nicht mehr drehen, wenn sie nochmal die Wahl hätte.
Johannes Franke: 26 Drehtage hatten wir.
Florian Bayer: Das war echt eng. Aber das ist das,
Johannes Franke: was du kriegst in Deutschland. Jeder normale Kinofilm in Deutschland, das ist ungefähr das, was du kriegst. Mehr ist nicht drin.
Florian Bayer: Was mir so ein bisschen neidtut, weil man hört, dass sie offensichtlich, sie hätte sich gewünscht, dem Ganzen nochmal ein bisschen... Noch ein bisschen mehr Liebe geben zu können, wünscht man sich natürlich immer als Regisseurin, aber das ist ein bisschen schade.
Johannes Franke: Ja, sie wollte auch eigentlich den Film noch viel wilder machen lassen. Sie hat in ihrer ursprünglichen Fassung des Skripts, da war sie viel chaotischer noch und viel wilder und viel crazier. Und das musste dann natürlich irgendwie in etwas reingegossen werden, wo Förderanstalten dann sagen, ja das... Da geben wir Geld für.
Florian Bayer: Man hat auch das Gefühl, dass so satirische Punkte übrig geblieben sind, wo sie gesagt hat, aber die Miss Bieber nehmt ihr mir nicht weg.
Johannes Franke: Also ich finde es sowieso interessant, wie Franziska Pflaum da überhaupt rangekommen ist. Sie hat ja acht Jahre lang vorher versucht, einen anderen Film umzusetzen, der keine Förderung bekommen hat.
Florian Bayer: Krass, ne?
Johannes Franke: Weißt du, da sitzt man acht Jahre lang da und versucht irgendwie einen Film durchzukriegen und dann sagt irgendjemand, ja, du hast doch noch diese... Mehr-Jungen-Frauen-Idee. Und sie so, ja, ach komm, aber das ist viel zu abgefahren dafür. Das nimmt doch keiner. Und dann wirft sie das in den Raum und plötzlich sagen alle, ja, lass uns das machen.
Florian Bayer: Ich hatte sie auch schon als Konzept mehrere Jahre in der Schublade. Ja, genau. Und unter dem Arbeitstitel Mehr-Jungen-Frauen-Weinen nicht.
Johannes Franke: Damals war es noch Deutschsprach-Arbeitstitel. Ja, genau. Und das kommt zu einem anderen Thema. Ich finde es interessant, was sie sagt, ist, dass die Leute in ihrem Film nicht weinen. Über ihre Situationen nicht weinen. Sondern einfach sagen, ich... arbeite mit dem, was ich habe und ich gehe und hab Spaß mit dem und kümmere mich drum. Und das finde ich macht der Film auch total richtig, dass die Figuren alle aktiv sind.
Florian Bayer: Es gibt auf jeden Fall so eine Grundpositivität, die sich durch den Film dreht. Ja. Er ist auch, wenn er am ehesten in den Bereich der Tragikomödie passen würde, wenn man jetzt mal Genre-Schubladen aufmacht, ist es vor allem ein Film, nein, es ist ein Feel-Good-Movie. Es ist ein... Es ist ein... viel Good Movie in Österreich und im prekären Milieu. Ja. Aber diese positive Haltung zum Leben und zu seinen Sujets, die versucht er sich die ganze Zeit zu warnen.
Johannes Franke: Ja. Also dieses, was ich gerade gesagt habe, dieses aktive, ich glaube Franziska Pflaum hatte es mit Selbstermächtigung beschrieben. Und das finde ich wahnsinnig stark an dem Film. Weil mich... Ein Film oft stört, dass so Hauptfiguren manchmal so inaktiv sind und einem, die dann durch den Film durchgeschleppt werden. Dir passiert hier was, dir passiert da was und dir passiert dort was und eigentlich kannst du als Hauptfigur gar nicht richtig, du reagierst nur. Du kannst gar nicht aktiv an dem arbeiten, was du eigentlich willst. Und dann interessiert mich die Figur nicht mehr so dolle, weil ich das Gefühl habe, ja, aber dann mach halt auch was. Und hier sind wirklich alle proaktiv und alle kümmern sich um ihre Selbstermächtigung aus ihrer sozialen Situation heraus. Und das finde ich ganz, ganz, ganz, ganz toll. Und deswegen, glaube ich, sagt mir der Film auch sehr viel. Und deswegen sagt er auch, glaube ich, anderen Leuten sehr viel, weil man oft das kennt. Ich meine, wir kommen alle irgendwie aus... So Situationen oder Kennensituationen spätestens, als wir als Studenten in der Gegend rumgekrepelt sind. Man hat nicht viel Geld, aber man macht was draus. Und man sitzt nicht einfach nur da und sagt, ich hab kein Geld, sondern man geht raus.
Florian Bayer: Man versucht das Leben trotzdem zu genießen. Ja,
Johannes Franke: genau. Und das finde ich wichtig und ganz toll für diesen Film.
Florian Bayer: Wobei das auch leicht gesagt ist, wenn man sagt, als Student. Es ist was anderes, als Student arm zu sein, als Hartz-IV-Empfänger seit zehn Jahren.
Johannes Franke: Natürlich, natürlich. Ja, das ist richtig. Ja, aber das ist so... mein Ding gewesen, dass ich das Gefühl hatte, okay, die kümmern sich alle und das ist total wichtig für diesen Film. Ansonsten finde ich noch wichtig, dass sie tatsächlich nicht abhängig von irgendeinem Traumtrinzen ist. Obwohl sie das andeuten mit der Liebesgeschichte, dass es da irgendwas gibt, aber es ist nicht wesentlich für diesen Film.
Florian Bayer: Es ist nicht zentral, ja, ja. Das würde den Film auch wirklich kaputt machen.
Johannes Franke: Und das ist eine der Stellen, die mich tatsächlich stören in dem Film und die ich schwierig finde, ist nicht mal, dass Caro... diejenige ist, die dann mit ihm schläft, sondern vor allem, dass er derjenige ist, der dann sich als wohnungslos herausstellt und sich bei ihr einnistet und damit potenziell eine Motivation dafür bietet, warum er sich überhaupt mit ihr trifft, was ich total blöde finde, weil ich das so schön finde, wie die sich kennenlernen. Wie die auf dem Dach sind und wie die sich in ihren Liegestühlen da...
Florian Bayer: Das erste Date mit der Harmonika macht es total weh.
Johannes Franke: So, so toll und so, so süß.
Florian Bayer: Aber ich glaube auch, also... Ich habe es nicht so wahrgenommen, dass es so erzählt wird, dass er eigentlich nur eine Bleibe braucht.
Johannes Franke: Nein, aber das Potenzial dafür ist...
Florian Bayer: Das Potenzial ist da, das stimmt.
Johannes Franke: Und natürlich ist es so, dass ihr alle Leute auf die Pelle rücken. Ihre Wohnung wird okkupiert vom Vater, von diesem Freund, von den Kindern, von Caro. Sie hat ihren Space nicht für sich. Und ich finde es total lebendig in dem Moment, weil natürlich alles auf sie einstimmt von allen Seiten und sie irgendwie zwingt, was zu tun. Das finde ich total gut. Aber das... Dass das nun ausgerechnet bedeutet, dass der Freund wohnungslos ist und dass der dann irgendwie so eine Motivation seltsame bekommt und dass er sich dann auch irgendwie, ich weiß nicht, was das soll, dass er sich mit Caro dann, das ist wirklich traurig, weil ich das viel schöner gefunden hätte, wenn das auch nebensächlich geblieben wäre, aber eben nicht so komisch abgebrochen wäre.
Florian Bayer: Was mich tatsächlich an dem Film am meisten gestört hat, so, und das ist so, so. was Allgemeines, ist, dass er an vielen Stellen dann doch zu viel Pop ist. Also ich, im wahrsten Sinne des Wortes, so diese Popmusik, die ihr auch wirklich reingebracht habt, es gibt einfach diese Szenen, die vorangetrieben werden mit so Elektro-Popmusik, aber auch von seiner Grundhaltung. Und ich finde es total gut, das so positiv zu erzählen, mit so positiven Charakteren. Aber es entsteht dadurch unter der Oberfläche immer so ein bisschen das Gefühl von Substanzlosigkeit. Immer so ein bisschen das Gefühl von, es ist ein Stück zu viel, viel gut. es könnte ein bisschen, wahrscheinlich das, was deutlich stärker gewesen wäre, wenn Franziska Pflaum das hätte machen können, wie es ihr vorgeschwebt ist, es könnte krasser sein, es könnte ein bisschen wilder sein und es ist so ein bisschen seicht an vielen Stellen und immer drückt so gegen die Oberfläche und du hast so viel, ah, jetzt könnte es aber auch nochmal durchbrechen und das passiert halt nie, also es bleibt einfach auf so einem gewissen seichten Niveau und das ist... vorsichtig gesagt, das ist wirklich eine leichte Kritik, die ich an dem Film habe, weil natürlich hat der Film auch so einen Ansatz, der das auch so ein bisschen gebietet, dass er sich so erzählt, weil es soll kein großes Drama werden, das wäre eine Katastrophe, wenn der Film irgendwie eine große Tragödie erzählt wird oder ein Konflikt. Das ist schon richtig so. Aber dafür fühlt es sich dann manchmal doch ein bisschen zu seicht an und ich glaube, also mir hätte es gefallen, wenn einfach die satirischen Momente, wie die von der Miss Bieber noch ein bisschen präsenter gewesen wären. Ja,
Johannes Franke: okay.
Florian Bayer: Es ist halt einfach... Es hat sich halt einfach so ein bisschen zu sehr nach Pop angefühlt dann an manchen Stellen.
Johannes Franke: Okay. Ja, ich verstehe aber auch, dass der Pop drin ist, weil er die Leichtigkeit reinbringt, die eben wichtig ist auch dafür. Ja, naja, okay. Ja, dann haben wir aber quasi unsere Fazitze schon drin, oder? Ja,
Florian Bayer: vielleicht nochmal zu sagen, das ist eine leichte Kritik, die ich habe. Es ist wirklich ein sehr schöner Film. Sehr witziger, sehr warmherziger Film. Er lohnt sich allein schon wegen Stefanie Reinsberger. Ja,
Johannes Franke: absolut.
Florian Bayer: Aber auch die anderen machen einen super Job. Tolles Regie-Debüt. Also ich bin sehr gespannt, was wir von Franziska Pflaum in den nächsten Jahren noch sehen werden. Ich glaube, viel Gutes.
Johannes Franke: Ja, also das möchte ich auch nochmal voranstellen. Sie hat auch irgendwie einen Kurzfilmpreis bekommen und hat gedacht, okay, jetzt mit so einem Kurzfilmpreis, nächstes Jahr drehe ich meinen ersten großen Film. Und dann hat sie acht Jahre gebraucht. Und das ist so ein bisschen crazy und das finde ich so ein bisschen traurig, dass das so lange dauert. Und das als Debütfilm, dieser Film, als ersten Langfilm, finde ich schon wirklich, das ist eine Nummer.
Florian Bayer: Auf jeden Fall.
Johannes Franke: Der Druck vielleicht auch recht hoch,
Florian Bayer: den zweiten Film zu machen,
Johannes Franke: aber das kriegt sie alles hin. Ich bin da ganz sicher. Ich glaube, sie ist wirklich eine ganz tolle Regisseurin.
Florian Bayer: Ich kann mir sie total gut als Regisseurin vorstellen, die auch irgendwann Richtung Amerika wandert. Ich glaube nicht, dass das der Film ist. bei dem Amerika auf sie aufmerksam wird. Aber der hat solche Ansätze, die ich mir sehr gut vorstellen kann, dass das bei einem der nächsten Filme passiert. Und ich kann mir sie total gut auch als österreichischen Export vorstellen, der in Hollywood irgendwie eine richtig geile amerikanische Indie-Comedy macht. So zusammen mit Greta Gerwig und Noah Baumbach irgendwie. Das kann man sich bei ihr vorstellen. Sie hat das auf jeden Fall. Sie hat das Talent dafür. Und Das Gespür für Bilder und für interessante Geschichten, die nicht zu dramatisch sind und nicht zu oberflächlich.
Johannes Franke: Das ist doch ein schöner Schlusswort. Vielen Dank, Flor. Vielen Dank, dass du den Film geguckt hast. Danke,
Florian Bayer: dass du ihn mir gegeben hast.
Johannes Franke: Ja, gerne. Sehr gerne. Es ist lange her,
Florian Bayer: dass es sich so richtig angefühlt hat, 10 Euro bei Amazon für einen Film auszugeben. Ja,
Johannes Franke: stimmt. Geht und schaut euch den Film an. Wenn ihr die Episode jetzt gehört habt, ohne den Film gesehen zu haben, bitte geht und schaut euch den Film an. Nicht nur, weil er gut ist, sondern vielleicht auch ein bisschen, um... die Regisseurin zu unterstützen, weil ich echt will, dass die nach vorne kommt.
Florian Bayer: Aber vor allem, weil er gut ist.
Johannes Franke: Man unterstützt so wenig irgendwie Filmemacher direkt, weil man ein großes Studio unterstützt. Aber in diesem Fall, das ist ja eine kleine Sache.
Florian Bayer: Wenn ihr wissen wollt, was ich Johannes nächste Woche aufgebe und euch damit auch, weil es lohnt sich immer, die Filme zu gucken, bevor ihr bei uns reinhört, dann bleibt noch kurz dran. Ansonsten euch vielen Dank fürs Zuhören. eine schöne Woche und wir hören uns nächstes Mal.
Johannes Franke: Bleibt gesund, nicht so wie Plur, der verschmutzt, schnupft.
Florian Bayer: Ciao. Sollen wir gleich machen? Und dann rauche ich eine.
Johannes Franke: So, Flo, was hast du denn für mich?
Florian Bayer: Ich hab das schon lange auf meiner Liste stehen und schon lange nicht mehr gesehen und will das endlich mal von der Liste runter haben von Filmen, die ich meinem Johannes noch entgegenwerfen muss. Monsterspawl aus dem Jahr 2001.
Johannes Franke: Na,
Florian Bayer: Monsterspawl. Großes Drama, große Emotionen und der wird ja viel zu deprimierend sein. Vielleicht auch nicht, ich weiß nicht. Ich hab ihn echt schon lange nicht mehr gesehen. Ich bin mal gespannt. Ich hab den halt so großen Erinnerungen wirklich an in der Film, der eigentlich immer in meinen... Topliste war und ich bin mal gespannt, wie ich ihn heute sehe.
Johannes Franke: Als ich damals die Werbung dafür gesehen habe, habe ich mich nicht getraut, den zu gucken.
Florian Bayer: Weil zu düster?
Johannes Franke: Ja, so düster dramatisch wirkte der, dass ich dachte, oh, vielleicht ist das irgendwie einfach zu viel. Vielleicht will ich das nicht.
Florian Bayer: Mal schauen. Also, nächste Woche Monsterspawl aus dem Jahr 2001 und bis dahin. Ciao.
Johannes Franke: Ciao.
