Episode 185: Barbenheimer I – Oppenheimer
Julius Robert Oppenheimer, der Vater der Atombombe. Ein Vater, der sich reuevoll zeigt, ob seiner Kreation. Christopher Nolan sieht eine in sich gespaltene Figur (Pun intended!).
Nolan setzt sich hin und versucht die Episoden in Oppenheimers Leben zusammenzutragen, die einem nachvollziehbaren Narrativ folgen: Oppenheimers Studium als junger Mensch. Sein Versuch, seinen Professor mit einem vergifteten Apfel zu strafen. Seine Obsession mit Nils Bohr und mit der Quantenmechanik. Wie er vom Militär angeworben wird, das Manhattanprojekt aufzubauen und zu leiten. Wie er andere Physiker überzeugt, dass es wichtiger ist, vor Hitler die Atombombe zu bauen. Und schließlich, wie sie die Atombombe auf einem Testgebiet zünden.
Aber, oh wai!. Nolan will auf 180 Minuten kommen, damit der Film länger ist, als sein bisher längster Film. Dann lass uns noch hinten ran hängen, wie die Bombe wirklich eingesetzt wird und wie er von Strauss, seinem Arbeitgeber und Weggefährten hintergangen wird und seine Sicherheitsfreigabe in einem bösartigen Tribunal verliert.
Oh Wait. Es ist ja Chris Nolan, er kann das Ding nicht einfach geradeaus erzählen. Dann werfen wir mal alle Teile der Geschichte in den Mixer, mal sehen was passiert. Oh, ein paar Teile haben die Farbe verloren…? Was soll’s. Die Reihenfolge der Ereignisse ist auch schwer wiederherstellbar, naja. Ich sag mal so: KUNST.
180 Minuten erzählt Nolan in bombastischen Bildern, wie es zur Atombombe kam und wie Oppenheimer diese Zeit erlebt hat. Oder erlebt haben könnte. Und vor allem: er lässt uns diese schreckliche Waffe erleben und wir dürfen uns judgmental fragen: Wie moralisch fragwürdig war diese Projekt und wäre es wirklich nötig gewesen, die Bomben am Ende des Weltkrieges, NACH Hitlers Tod, noch schnell auf Japan zu werfen?
Diese Frage gebe ich gleich mal an dich weiter. Plor.
: Podcast: Der mussmansehen Podcast - Filmbesprechungen Episode: Episode 185: Barbenheimer I – Oppenheimer Publishing Date: 2024-07-17T08:24:55+02:00 Podcast URL: https://podcast.mussmansehen.de Episode URL: https://podcast.mussmansehen.de/2024/07/17/episode-185-barbenheimer-i-oppenheimer/
Florian Bayer: Nolan-Filme sind Filme, die man sich besser nicht im Kino anschaut.
Johannes Franke: Jetzt bin ich gespannt. Das möchte ich bitte genauer erklärt haben. Und zwar eine 45-minütige PowerPoint-Präsentation. Barbenheimer!
Florian Bayer: Barbenheimer! Wir feiern mit Robert J. und mit Barbie. Hat Barbie einen Nachnamen?
Johannes Franke: Barbie B. Barbie heißt sie, glaube ich.
Florian Bayer: Oh mein Gott. Aber keine Sorge, wir trennen das in zwei Episoden, weil beide Filme bieten, glaube ich, genug Stoff, um eine ganze Episode zu füllen. Und bevor wir euch hier mit einem Drei-Stunden-Klopper erschlagen, wer will sowas machen? Werden wir sowieso! Das ist total sadistisch, drei Stunden Publikum zuzumuten. Also bevor wir das machen, sagen wir nein, nein, wir teilen das ein. Heute reden wir über Oppenheimer, nächste Woche reden wir bei... über Barbie und damit herzlich willkommen zum Muss-man-sehen-Podcast.
Johannes Franke: Der Muss-man-sehen-Podcast, wo Plur sein Mikro immer falsch einstellt.
Florian Bayer: Nein, das stimmt. Jetzt hast du es mir zu hoch gestellt.
Johannes Franke: Nein, es tut mir leid.
Florian Bayer: Hallo Johannes, schön wieder bei dir in der Küche zu sitzen und mit dir über einen Film zu reden. Ja,
Johannes Franke: schön, dass du wieder da bist. Es ist sehr schön mit dir. Wir trinken schön Tee. Das biete ich dir gleich am Anfang an. Möchtest du Tee, Plur? Oh ja,
Florian Bayer: bitte,
Johannes Franke: das wäre total gut. Ihr da draußen, setzt euch hin, trinkt einen Tee, kommt zur Ruhe und hört uns dabei zu, wie wir über Oppenheimer reden. Über den
Florian Bayer: Den zweiten Christopher Nolan Film, den dritten Christopher Nolan Film, den wir machen.
Johannes Franke: Oh ja, wir hatten das letzte Mal, glaube ich, Memento.
Florian Bayer: Wir haben letzte Woche über Memento geredet. Und soviel ich weiß, war es pain in the ass für Johannes, das Ganze zu schneiden. Wir werden nicht versuchen, keine Sorge, diese Episode so zu strukturieren, wie Christopher Nolan den entsprechenden Film strukturiert hat, sondern wir werden diesmal ganz traditionell, wie in jeder anderen, muss man sehen, Episode über den Film reden. Johannes hat ihn vorgeschlagen und... Konzept von unserem Podcast ist, einer schlägt dem anderen einen Film vor unter dem Motto, Junge, den musst du gesehen haben. Und natürlich auch, den müsst ihr gesehen haben. Denn, das sei gesagt, wir werden sehr viel spoilern. Das heißt, wir gehen so ein bisschen davon aus, dass ihr entweder den Film gesehen habt oder kein Problem damit habt, Spoiler zu einem Film zu hören, den ihr noch nicht gesehen habt.
Johannes Franke: Genau. Und damit ihr wisst, worum es geht, beziehungsweise wenn der Film zu lange her ist, dass ihr ihn gesehen habt, weil ich gehe davon aus, dass ihr ihn gesehen habt, werde ich jetzt nochmal zusammenfassen. Wie wär's? Julius Robert Oppenheimer, der Vater der Atombombe. Ein Vater, der sich reuevoll zeigt ob seiner Kreation. Chris Nolan sieht eine in sich gespaltene Figur. Gespaltene Figur, du verstehst? Gespalten? Atomkerne?
Florian Bayer: Weiter, bitte.
Johannes Franke: Okay. Nolan setzt sich hin und versucht, die Episoden in Oppenheimers Leben zusammenzutragen, die sich in einem nachvollziehbaren Narrativ erzählen lassen. Oppenheimers Studium als junger Mensch. Seinem Versuch, seinen Professor mit einem vergifteten Apfel zu strafen. Seine Obsession mit Niels Bohr und mit der Quantenmechanik. Wie er vom Militär angeworben wird, oder fahr's andersrum, das Manhattan-Projekt aufzubauen und zu leiten. Wie er andere Physiker überzeugt, dass es wichtiger ist, vor Hitler die Atombombe zu bauen. Und schließlich, wie sie die Atombombe auf einem Testgebiet zünden. Aber oh, wait, Nolan will ja auf 180 Minuten... kommen, damit der Film länger ist als sein bisher längster Film. Dann lass uns doch hinten dranhängen, wie die Bombe wirklich eingesetzt wird und wie er von Strauss, seinem Arbeitgeber und Weggefährten, hintergangen wird und seine Sicherheitsfreigabe in einem bösartigen Tribunal verliert. Oh, äh, wait, es ist ja Chris Nolan. Er kann das Ding nicht einfach nur geradeaus erzählen. Dann werfen wir mal alle Teile der Geschichte in einen Mixer und mal sehen, was passiert. Oh, ein paar Teile haben die Farbe verloren, was soll's. Die Reihenfolge der Ereignisse ist auch schwer wiederherstellbar. Aber naja. Ich sag mal so, Kunst. 180 Minuten erzählt Nolan in bombastischen Bildern, wie es zur Atombombe kam und wie Oppenheimer diese Zeit erlebt hat. Oder erlebt haben könnte. Und vor allem, er lässt uns diese schreckliche Waffe erleben und wir dürfen uns judgmental fragen, wie moralisch fragwürdig war dieses Projekt? Und wäre es wirklich nötig gewesen, die Bomben am Ende des Weltkrieges nach Hitlers Tod noch schnell auf Japan zu werfen? Diese Frage gebe ich mal gleich weiter an dich, Plor.
Florian Bayer: Ja, großartig. Wir müssen sehr viel über die Moral der Atombombe reden.
Johannes Franke: Oh ja.
Florian Bayer: Aber bevor wir zur großen moralischen Frage der Atombombe ausholen, vielleicht die kleine moralische Frage. Sie wurde zweimal eingesetzt und ich weiß, es ist eine große Debatte unter Historikern aus verschiedenen Richtungen, wie man das bewertet. Ich schließe mich tatsächlich tendenziell eher der... Es ist nicht die jüngere, sondern der pazifistische Interpretation an, dass der Atombombenabwurf auf Nagasaki und Hiroshima nicht nur unnötig war, sondern auch falsch war. Und ich würde sogar so weit gehen, ja, das als Kriegsverbrechen einzuordnen hat in vielen Punkten seine Richtigkeit. Allerdings ist damit meiner Meinung nach auch noch lange nicht alles zur Atombombe gesagt und zum Wert der Atombombe für das 20. Jahrhundert. Der Film selbst wirft die Frage immer mal wieder auf, beantwortet sie aber auch nicht. Nicht final und auch nicht in der Perspektive Oppenheimers. Und verpasst da vielleicht auch die ein oder andere Chance, nochmal ein bisschen mehr auf diese, ich sag's mal großspurig, Dialektik der Atombombe einzugehen und wie ambivalent das Ganze ist als Massenvernichtungswaffe, die gleichzeitig, und da wiederum kann ich vielen Apologeten der Atombombe zustimmen, die gleichzeitig sehr viel leben. retten kann und auch in der Geschichte des 20. Jahrhunderts sehr viele Leben gerettet hat.
Johannes Franke: Ich habe sehr gehofft, dass wir es schaffen, eine differenzierte Diskussion darüber zu betreiben. Und ich merke das gerade, dass das von dir so ein bisschen kommt und dass wir da sehr differenziert reingehen müssen, was die Atombabe kann und was sie sollte und was sie erreicht hat und was sie nicht erreichen kann überhaupt, obwohl das vielleicht der Wunsch war dahinter. Wollen wir erst... ein bisschen darüber reden, was dieser Film erzählt und wie ein Film das erzählt, bevor wir uns in die Atombombe hineinstürzen.
Florian Bayer: Vielleicht, um den historischen Kontext kurz außen vor zu lassen und zum filmhistorischen Kontext zu kommen, wir haben einen Christopher Nolan Film. Christopher Nolan ist in den letzten Jahrzehnten bekannt dafür, die großen Actionfilme und die großen Genrefilme zu machen im amerikanischen Kino.
Johannes Franke: Und zwar alles beides und manchmal gleichzeitig.
Florian Bayer: Und bei es meistens beides gleichzeitig. Nolan hat eigentlich bis jetzt, und ich sag bewusst bis jetzt, klare Genre-Filme gemacht. Er hat sich bei Tenet und Interstellar Richtung Science-Fiction bewegt, bei Prestige Richtung Fantasy einen Kriegsfilm gedreht und so weiter. Auch wenn wir hier diesen historischen Background haben, es ist kein reiner Historienfilm und es ist meiner Meinung nach auch der erste Film von Nolan, der nicht so klar Genre-Kino ist. Sondern der vielmehr in die Richtung geht, sehr traditionelles, episches Erzähltrauma. Sehr dialoglastiger Film. Das ist ein Film, der trotz, obwohl es die großen, epischen, breiten Bilder auch gibt, der sehr viel in Räumen stattfindet. Und ein Film, der sich vor allem extrem und wirklich extrem auch für neuen Verhältnisse auf die Personen konzentriert, über die er berichtet. Und zwar nicht nur die Personen, die im Mittelpunkt stehen, sondern auch die Personen, die am Rande stattfinden. Und zwar der Money Shot dieses Films ist der Face Shot. Wir kriegen hier sehr, sehr, sehr viele Gesichter zu sehen. Mit sehr krassen Nahaufnahmen.
Johannes Franke: Ja, es ist ein Film der Gesichter. Wurde mir mehrmals um die Ohren gehauen in der Recherche.
Florian Bayer: Und es stimmt ja auch einfach, dass es wirklich der Film ist. Der Name Dropping. Und zwar sowohl auf SchauspielerInnen-Seite, als auch auf Persönlichkeiten-Seite. Und der ist aber auch vor allem Face Dropping. Was mir aufgefallen ist, was tatsächlich bei mir ganz krass hängen geblieben ist, Christopher Nolan ist dafür, ich finde Christopher Nolan ist dafür bekannt. Meiner Meinung nach ist Christopher Nolan extrem gut in der Schauspielführung, aber er konzentriert sich in seinen Filmen immer nur auf eine Person. Dark Knight. Man hat das Gefühl, wenn man diesen Film sieht, alle Energie der Schauspielführung ist in diesen Joker gefallen. Dieser von Heath Ledger gespielte Joker, das ist das Wesentliche. Und man hat so das Gefühl, Christopher Nolan redet die ganze Zeit mit Heath Ledger und sagt, jetzt machen wir's. Und dann stehen im Hintergrund so Michael Caine und Christian Bale und sagen, Chris, hast du noch was? Nein, nein, nein, nein, nein, alles gut, ihr habt das perfekt gemacht, mach mal weiter so. Und auch bei anderen Filmen, bei Tenet zum Beispiel, hast du auch das Gefühl, dass er seine ganze Energie darin setzt, John David Washington anzuleiten und ihm zu sagen, du spielst das so und du musst so gucken. Und du findest eigentlich in jedem neuen Film so eine Figur, in die sehr viel Energie gesetzt ist. Das ist in diesem Film anders. In diesem Film habe ich das Gefühl, die Schauspielführung ist... Obwohl wir natürlich einen über allem stehenden Hauptdarsteller haben mit Cillian Murphy, ist die Schauspielführung von Nolan deutlich mehr auch an der Peripherie unterwegs. Und ich habe das Gefühl, er hat deutlich mehr Energie reingesetzt, auch anderen Akteuren Raum zu geben und anderen Akteuren Persönlichkeit zu geben. Mit ein, zwei Ausnahmen, auf die wir auf jeden Fall noch zu sprechen kommen.
Johannes Franke: Ich finde es sehr spannend, weil eigentlich hat er nämlich 85 Drehtage, die er dann runtergekürzt hat, auf 55. Oder ich glaube, er ist auf 57 Drehtage dann gekommen. Aber... das ist ja eigentlich Zeit, die man mit Schauspielführungen verbringen würde. Oder eben vielleicht noch mit besonders hoch aufgelöster Kameraführung oder mit krasser Technik, die mehrere Tage braucht, um aufzubauen oder was auch immer. Aber hier braucht er ja nicht diese Mind-Bendy World. Er muss ja nicht irgendwie irgendwelche Städte in 3D verformen. Was in der Vorbereitung wahnsinnig aufwendig ist. Aber... Trotzdem ist ja vieles davon nicht billiger als die anderen Filme. Ganz im Gegenteil, man hat das Gefühl, dass man teilweise noch aufwendigere Bilder sieht, obwohl sie sehr intim sind, obwohl sie nah an den Gesichtern sind. Es liegt vor allem eben an der Schwarz-Weiß-Kamera und daran, dass er das in IMAX gedreht hat. Ich hab's auch... als ich es das erste Mal gesehen habe, tatsächlich in einem Kino geguckt, wo es in der Form wiedergegeben wurde.
Florian Bayer: Ich mache nur 70 Millimeter.
Johannes Franke: Was wirklich, es gibt ja nur so ein paar Kinos auf der Welt, die das wiedergeben können. Das ist ja wirklich hart. Und dann waren wir in der Vorstellung und dann, das Problem ist, dann waren es mehrere Rollen Filmen, die man dann ganz traditionell wie früher wechseln musste. Und dann hat der Filmvorführer offensichtlich nicht genug Erfahrung gehabt.
Florian Bayer: Ein Scheiße.
Johannes Franke: Ja,
Florian Bayer: ja. Ich halte überhaupt nicht auf, weil es ein neuen Film ist.
Johannes Franke: Es fehlte jedenfalls etwas von einer Szene, wo man dachte, ah, scheiße, wieso ist das jetzt plötzlich?
Florian Bayer: Moment, warum sind sie von dem Projekt jetzt plötzlich weg? Sollte nicht eine Bombe explodieren?
Johannes Franke: Am Ende des Reels. Ich habe das nur gemerkt, weil es gibt ja bei Reels, die man wechseln muss, wenn man als Filmvorführer die Filmrollen, wie damals, als es noch nicht digital war, wechseln musste. Dann gab es oben, wenn man sich die alten Filme anschaut, kann man das noch sehen. So einen kleinen Ring, der reingestanzt wurde in den physischen Film. Und dann sieht man in der Projektion oben so einen kleinen Ring, der da auftaucht. Nur für einen Frame, sodass man gerade so sieht, okay, da ist was. Und den gibt es zweimal. Einmal als Vorbereitung für den Projektor, für den Menschen, der das Ganze projiziert und der dann die Rolle wechseln soll. Und das zweite Mal dann als, okay, in so und so viel Frames ist es soweit, musst du von einem Projektor auf den nächsten wechseln. Und das... hat der voll verhauen, der Typ. Nein,
Florian Bayer: das ist traurig.
Johannes Franke: Ich hab's halt nicht unbedingt an der Szene gemerkt, weil es glücklicherweise nicht mitten im Satz war. Aber es war so, dass ich den ersten Ring gesehen habe, aber dann hat die Szene schon gewechselt.
Florian Bayer: Oh nein. Kodak hat extra auf Wunsch von Nolan einen schwarz-weiß-Analogfilm hergestellt, den er wollte für dieses 65-mm-Analogfilm. Das ist so typisch Nolan. Das ist so dieser typische nolansche Größenwahn. Einmal zu sagen, ich brauche lieber Kodak. Ich brauche da was. Ich brauche da ein besonderes Filmformat, weil mein Film soll auch gut aussehen.
Johannes Franke: Es war ja auch dieses Filmformat, was damals verwendet wurde, als Fotograf für Kriegsszenen. Also er hat es ja nicht einfach sich ausgedacht, das will ich jetzt von Kodak irgendwie. Sondern das kam ja aus einer Tradition, aus einer fotografischen Tradition.
Florian Bayer: Und jetzt ist die Frage, weil, also wie gesagt, es sind ja sehr viele intime Szenen und sehr viele kamerspielartige Szenen. Hat es sich denn gelohnt? Also jetzt von der visuellen Perspektive?
Johannes Franke: Worauf hast du es denn gesehen? Auf deinem Fernseher?
Florian Bayer: Auf meinem Fernseher.
Johannes Franke: Ich habe es halt im Kino gesehen. Und ich habe jetzt auf dem Beamer nochmal geschaut. Und selbst auf meinem Beamer, wo ich eine schöne Leinwand habe, ist so viel verloren gegangen. Es ist so traurig, wirklich. Und ich habe gemerkt, dass der Beamer überfordert ist mit Farben. Ich weiß nicht, wie bei dir die Farben rüberkommen. Aber ich hatte das Gefühl, dass die Farben ziemlich stark komprimiert aufeinander geclashed sind. Und im Kino sah es perfekt großartig aus.
Florian Bayer: Also ich fand... Fand es auf visueller Ebene sehr stark, auch auf dem Fernseher. Aber ich werde heute ein, zwei Hot Takes bringen. Deswegen bringe ich meinen ersten Hot Take. Nolan-Filme sind Filme, die man sich besser nicht im Kino anschaut.
Johannes Franke: Jetzt bin ich gespannt. Das möchte ich bitte genauer erklärt haben. Und zwar eine 45-minütige PowerPoint-Präsentation.
Florian Bayer: Christopher Nolan ist bekannt dafür, und das wissen wir alle, mit Sound zu spielen und mit Sound das Publikum zu erschlagen. Und das ist so eine Krankheit, die er im Laufe seiner Filmzeit entwickelt hat und mehr und mehr ausgeprägt hat bis zum... Höhe.Tenet, jetzt ist es Gott sei Dank wieder ein bisschen weniger,
Johannes Franke: die Dialoge mit Sound zu erschlagen.
Florian Bayer: Und zwar bis zu dem Punkt, dass man einfach nur noch da sitzt und Brüllen von zwei Seiten kriegt. Und die ganze Zeit, was, was, was, was, was haben sie gesagt? Könnt ihr ein bisschen lauter reden? Und das ist im Kino natürlich viel, viel, viel schlimmer.
Johannes Franke: Nein, nein, nein, nein. Das ist im Kino viel,
Florian Bayer: viel besser. Nein, im Kino ist es viel schlimmer.
Johannes Franke: Ich erkläre dir warum. Rein technisch. Ob du das wirklich wahrnimmst oder nicht, ist was anderes. Aber ich erkläre dir, was das Ding dahinter ist. Im Kino hast du so und so viele Boxen, 5.1 oder 7.1 oder wie viel auch immer Boxen du da hast, die alle verschiedene Aufgaben haben. Und da sind die einen Boxen eher dafür verantwortlich, dass du den Dialog verstehst und die anderen Boxen sind eher dafür verantwortlich, dass der Sound der Musik ordentlich rüberkommt. Und im Kino kann das alles so genau geortet werden, dass dein Ohr viel mehr Chancen hat, den... den Dialog tatsächlich zu unterscheiden von der Musik. Während das in deinem, im schlimmsten Fall, Mono-Zuhause, das geht da einfach nicht. Mein Ohr nimmt das alles in einem Schleim raus.
Florian Bayer: Mein Ohr wandert zu der Box, wo der Dialog rauskommt im Kino. Von beiden Seiten kommen Boxen mit Ton. Gott sei Dank diesmal nicht Hans Zimmer und sagen und dann hört mein Ohr gar nichts mehr von dem Dialog. Und deswegen auch mein zweiter Hot-Take. Nolan-Filme sind Filme, die man sich besser in der synchronisierten Fassung anschaut. Und auch hier kann ich erklären, da sitzt nämlich Kurt in seinem Synchronstudio, nachdem er die Dialoge aufgenommen hat von den Leuten. Und dann fängt er an, und dann kult er sich das Original nochmal, und dann fängt er an abzumischen und stellt fest, so mach ich das nicht. Kurt hat nämlich schon seit 20 Jahren Filme synchronisiert. Und Kurt weiß, wie man Ton vernünftig abmischt, im Gegensatz zu Christopher Nolan. Und dann sagt Kurt, nee, Moment, wir müssen die Tonspur von Audio ein bisschen runterdrehen. Christopher-Nolan-Filme sind in der synchronisierten Fassung ein... deutlich angenehmeres Erlebnis. So, change my mind.
Johannes Franke: Du musst einfach im Kino das Ganze sehen. Ich glaube, das ist die Art von Chris Nolan zu sagen, geht verdammt nochmal ins Kino und guckt es nicht auf eurem blöden Fernseher mit einem Monosound.
Florian Bayer: Chris Nolan guckst du am besten auf dem CRTV, in der deutschen Fassung synchronisiert auf ProSieben, damit das Ganze auch auf zweieinhalb Stunden gekürzt ist und nicht drei Stunden dauert.
Johannes Franke: Du weißt, dass ich das als Single auskoppeln werde und veröffentliche.
Florian Bayer: Ja, natürlich.
Johannes Franke: Unkommentiert einfach diesen Kommentar von Floor.
Florian Bayer: Aber um zum Ursprung nochmal zurückzukommen, die Bilder sind atemberaubend. Ja. Und es ist tatsächlich krass, weil es, natürlich gibt es die, wir haben die schönen Los Alamos-Szenen, wir haben die schönen Wüsten-Szenen und so weiter, aber es sind nicht nur die Landschaften. Es ist auch nicht nur die Bombe und es ist auch nicht nur die wahnsinnige Explosion, sondern die Bilder. von Menschen, die in Räumen sitzen. Und die Kamera geht auf sie drauf, in der Nahen, auf ihre Emotionen. Es sind wirklich beeindruckende Bilder. Und es ist wirklich, Nolan hat es geschafft, aus Dialogkino das epische Moment rauszuziehen und zu präsentieren.
Johannes Franke: Wir müssen den Kameramann einmal, heute von heute mal, der schon viel mit Nolan gemacht hat und der immer großartige Bilder macht. Es ist einfach so.
Florian Bayer: Heute mal ist Nolan... Wie sagt man? Buddy? Lieutenant Dunker Interstellar, der war oft dabei. Hat aber auch andere Filme mit großartigen Bildern gemacht. Ad Astra zum Beispiel auch so ein Science-Fiction-Film mit philosophischem Gehalt. Und er hat es einfach drauf. Und Nolan hat es einfach drauf. Und die beiden ergeben einfach so ein Dreamteam. Und es ist schon krass. Es ist schon beeindruckend, wenn man sich vorstellt, wir haben hier einen dreistündigen Talkmovie. Und wir sind nicht mal in einem Gerichtssaal. Wir sind in diesem kleinen Kapuffe, in dem Oppenheimer verhört wird. Und wir sind in den Laboren, die halt wirklich die Labore von damals sind. Die sind halt auch nicht besonders groß. Die sind halt auch oft in kleinen Räumen. Da steht eine Tafel, wie so ein Labor aussieht in der Universität oder wie man das vorstellt. Und dann sind ein paar Stühle da und das war's dann. Und er schafft es, diese Räume mit seiner Kamera, das ist jetzt sehr esoterisch, im transzendentalen Sinne groß zu machen. Weil man spürt einfach... durch die visuelle Ebene, dass in diesen Räumen Großes passiert, weil große Dinge entwickelt werden, große Erkenntnisse gewonnen werden.
Johannes Franke: Wollen wir kurz auf die Struktur des Films noch eingehen, damit wir ein Gefühl dafür bekommen, was Nolan ja eigentlich macht?
Florian Bayer: Alter, Struktur, bitte, versuch's.
Johannes Franke: Ich weiß es nicht ganz genau, du hast gesagt, du hast eine Struktur aufgeschrieben, ich hab nur aufgeschrieben, yo, Alter, also... Farbe ist jetzt subjektiv und Schwarz-Weiß ist objektiver. Vielleicht.
Florian Bayer: Selbst das finde ich schon Bullshit. Und ich weiß, dass Nolan das gesagt hat. Und ich weiß, dass alle das sagen. Und ich halte es für totalen Bullshit.
Johannes Franke: Also retrospektiv gesehen kann ich dem tatsächlich was abgewinnen. Du hältst es jetzt für Bullshit. Und ich hätte es dir, während ich den Film geguckt habe, auch als Bullshit verkauft. Aber jetzt zurückinnert, finde ich es schon einigermaßen eingängig, dieses Konzept.
Florian Bayer: Ich kann dir auch ganz klar sagen, warum ich es für Bullshit halte. Weil... Es gibt nur eine subjektive Perspektive und das ist die von der Vorlage. Nolan hat nämlich offensichtlich in seiner Recherche und in seiner Vorbereitung des Films, ich kauf sofort, dass er auch andere Quellen benutzt hat, aber er war einfach zu begeistert von dem, was ja auch die Vorlage für den Film ist, American Prometheus von Kai Bird und Martin Sherman. Und er hat die Perspektive von den beiden. Sowohl in den Schwarz-Weiß-als auch in den Farbszenen. Ja. So ganz eindeutig, also das ist der eine Punkt.
Johannes Franke: Aber dann nimm es doch vielleicht andersrum. Dann ist die Farbe, die Subjektive von Oppenheimer und die Schwarz-Weiß-Sachen sind näher an Strauss dran. Ja,
Florian Bayer: aber selbst da versucht die Farbe zu sehr, auch wenn die Perspektive sehr subjektiv ist bei der Farbe, versucht sie trotzdem immer wieder zu anderen Personen zu finden und auch die Perspektive von anderen Personen darzustellen. Zum Beispiel Chevalier, der kommunistische Freund von Oppenheimer, der ja später nochmal eine große Rolle spielt, der wird... Dessen Wünsche an Oppenheimer werden aus seiner Perspektive eingefangen. Nicht so wie Oppenheimer sie wahrnimmt, sondern von meinem Gefühl her bin ich in dem Moment eher bei Chevalier.
Johannes Franke: Ja, okay.
Florian Bayer: Und auch der Diskurs mit Lawrence oder auch mit seinem Bruder, da gibt es ja diese Streitpunkte. Da werden Perspektiven auch reingebracht, dass ich sagen würde, dass... Der Film kommt immer wieder zu diesem Subjektiven zurück, aber das ist in der Farbe, es ist für mich nicht konsistent in der Farbe Subjektiv Oppenheimer und ein Schwarz-Weiß-Objektiv, was auch immer, Weltgeschehen.
Johannes Franke: Ja, die Frage ist, ob sich das durchziehen lässt, wenn man wirklich sagt, ich will aber das Hardcore machen, dass ich nur die Subjektive in der Farbe habe und nur die Objektive in der Schwarz-Weiß-Sache, dann würdest du ja noch viel öfter springen, weil du ja erzählen willst, was mit Chevalier ist. Du willst ja seinen Standpunkt verstehen. Und auch die anderen Figuren. Und dann jedes Mal zu springen ist vielleicht einfach zu crazy. Und dann geht es auch an dem vorbei, was man eigentlich rüberbringen will. Man will ja auch gleichzeitig, ich glaube, er will nämlich gleichzeitig auch die Zeiten mit rüberbringen.
Florian Bayer: Ein großes Problem des Films, meiner Meinung nach, ist halt, dass er springt. Dass er sehr viel springt. Und dass er für mich auch, natürlich gibt es diese dramaturgischen Kniffe, die auch teilweise hervorragend funktionieren. Nolan ist ein guter Regisseur und weiß, was er tut. Und aber trotzdem gibt es auch... diese Sprünge, die für mich oft was Willkürliches haben. Es war eigentlich der erste neuen Film, bei dem ich das Gefühl hatte, dieses Spiel mit der Zeit ist mehr Gimmick, als dass es der Story gut tut.
Johannes Franke: Oh, das mit der Zeit würde ich es nicht sagen. Ich finde das mit dem Schwarz-Weißen und Farben, das ist das, was mich während des Films ein bisschen... ratlos zurücklässt. Wie gesagt, in der Recherche danach denke ich dann, ja, geht irgendwie auf. Aber während des Filmguckens habe ich tatsächlich das, was du jetzt sagst mit der Zeit, habe ich mit Farbe und Schwarz-Weiß, wo ich denke, irgendwie wirkt es doch immer mal wieder doch recht willkürlich. Aber mit der Zeit habe ich das Gefühl, dass es wahnsinnig wichtig ist, weil zum einen hast du versucht, der True-to-Character zu bleiben, indem er Oppenheimer als sehr stoischen und wortkargen Menschen darstellt. der nicht die ganze Zeit erzählt, warum er was, wie, wo macht. Deswegen brauchst du eine andere Erklärung dafür. Deswegen brauchst du den Vorausgriff auf die Zukunft, sodass die Zukunft die Vergangenheit einmal informiert. Für dich als Zuschauer, dass du das Gefühl hast, was steht denn auf dem Spiel? Was sind die Stakes?
Florian Bayer: Also Schwarz-Weiß sind ja tatsächlich hauptsächlich die Szenen, die Louis-Strauss. und seine Anhörung zeigen. Also eigentlich ist es relativ trivial. Wir haben drei Zeitebenen. Wir haben zum einen die Biografie Oppenheimers, die auch tatsächlich von seiner Jugend an, also von seinem jungen Studentenleben an, bis zur erfolgreichen Zündung des Erd-von-Trinity, also vom ersten Atombomb-Test gezeigt wird. Und dann haben wir diese zweite Zeitebene, die immer dazwischen reingeführt wird, die Oppenheimer zeigt bei seiner Anhörung, wo es darum geht, ob er seinen Sicherheitsstatus aberkannt bekommt. Und dann haben wir diese dritte Zeitebene, die den Intriganten, der dafür verantwortlich ist, dass diese Anhörung gab, nämlich Louis Strauss zeigt, wie er sich bewirbt um ein hohes politisches Amt und scheitert, weil eben das auf ihn zurückfällt, dass er damals gegen Oppenheimer intrigiert hat. Der Film erklärt mir nicht oder für mich erklärt sich nicht, warum der Film, abgesehen davon, dass es eine Möglichkeit ist, Spannungsbögen zu erzeugen, Dramatik zu erzeugen, warum es notwendig ist, diese Elemente so miteinander zu verquicken. Und wie gesagt, und ich habe auch nicht das Gefühl, dass es nach inneren stringenten Logik folgt, sondern dass das halt irgendwie eher so gesetzt ist als, um es mal ganz hart zu sagen, als Stilmittel, das ich als Zuschauer dann auch während des Films wahrnehme.
Johannes Franke: Ja, okay. Also ich habe schon das Gefühl, gut, wir wissen, wie es ausgeht eigentlich. Wir wissen, was mit der Atombombe ist. Es ist die Titanic im Grunde. Wir wissen, wenn wir in den Film gehen, es ist eine Atombombe, die ist zweimal gefallen. Das ist die Geschichte.
Florian Bayer: Aber ich kannte die Geschichte tatsächlich nicht. Ich wusste nicht, wie gegen Oppenheimer, wie das Verhältnis Louis Strauss-Oppenheimer war.
Johannes Franke: Das ist wurscht, da redet man nicht, sondern du weißt erstmal, du hast Vorwissen, wenn du in den Film gehst. Wie bei der Titanic weißt du auch nicht, was jetzt mit irgendwelchen reichen Leuten und den armen Leuten und wo die wann geschlafen haben, ist ja egal. Aber in diesem Film gehst du ja auch rein und weißt, okay, darauf läuft es hinaus. Trotzdem glaube ich, brauchen wir immer wieder eine Erinnerung daran, wo das Ganze... endet und wie die moralischen Implikationen sind. Und dass wir auch während des Films diese moralischen Implikationen aus der Zukunft heraus besprechen müssen, damit wir beurteilen können oder bewerten können, was in der Vergangenheit passiert. Weißt du, was ich meine? Ja,
Florian Bayer: und ich bin absolut bei dir. Aber die ganze Geschichte von Louis Strauss und Oppenheimer und der Anhörung und so weiter, die hat nichts mit den moralischen Implikationen der Atombombe zu tun, meiner Meinung nach.
Johannes Franke: Echt nicht?
Florian Bayer: Nein.
Johannes Franke: Meinst du nicht?
Florian Bayer: Das wäre für mich nämlich die zweite große Schwäche des Films, dass der Film eigentlich zwei Geschichten erzählt, die nicht zusammenfinden. Und das ist natürlich bedingt durch die Biografie Oppenheimers, weil es eben diese beiden großen Geschichten gab. Und das ist auch gut, der Film kondensiert sehr gut das Leben von Oppenheimer. Der Film schafft es innerhalb von drei Stunden, ein ganzes Leben und eine Biografie von 500 Seiten runterzubrechen. Und zwar so, dass sie wirklich ein Kondensat ist, das funktioniert. Danach hat man das Leben von Oppenheimer verstanden. Aber diese beiden Geschichten werden so erzählt, als ob sie Bezüge aufeinander hätten. Als ob die Dramatik der einen Geschichte einen Bezug zur Dramatik der anderen Geschichte hätte. Aber Oppenheimer stolpert ja nicht über seine Schuld der Atombombe. Und Oppenheimer stolpert auch eigentlich gar nicht so wirklich darüber, dass er danach gesagt hat, die Wasserstoffbombe ist schrecklich. Oppenheimer stolpert darüber, dass er einen hohen Wissenschaftler, der ihn angestellt hat, zweimal bloßgestellt hat. Einmal ohne es zu merken und einmal einfach, weil er halt Oppenheimer ist. Und das fällt so auf, das wird plötzlich so, also diese zweite Geschichte ist dadurch so trivial.
Johannes Franke: Ich glaube, du verpasst ein bisschen den Mittelsmann dazwischen, das ist J. Edgar Hoover. Also nicht wirklich J. Edgar Hoover, sondern der Kommunismus, der damals sehr stark als Feind gesehen wurde. Total. Und das ist das, was Strauss benutzt im Grunde. Aber das ist ja auch der Fallstrick eigentlich. Strauss ist ja nur das Werkzeug des Fallstrecks im Grunde. Oder andersrum.
Florian Bayer: Genau, genau, genau, andersrum. Ich habe totales Interesse daran, wie die McCarthy-Ära funktioniert hat. Wir haben hier mehrmals über die McCarthy-Ära geredet. Über diese Red Panic, die Angst vor dem Kommunismus, die Angst, dass jeder intellektuell ein Kommunist sein könnte und diese Paranoia, die bei den Politikern sind, auch in der intellektuellen Welt und so weiter. Voll spannend. Und dieses große strukturelle Thema. Wird nicht erzählt, sondern es wird erzählt, die Intrige von einem einzelnen kleinen Mann mit Minderwertigkeitskomplexen. Fantastisch gespielt von Robert Downey Jr. Ja,
Johannes Franke: fantastisch.
Florian Bayer: Der sich beleidigt fühlt, weil Oppenheimer an einer Stelle mit Einstein geredet hat, der nicht mitgekriegt hat, worum es ging. Und weil Oppenheimer einmal einen Witz gemacht hat darüber, dass man ja auch mit Schaufeln Bomben herstellen könnte. Darauf wird es runtergebrochen, diese Struktur, die echt spannend wäre. Die wird überhaupt nicht erzählt.
Johannes Franke: Naja, also es ist ja so, dass Nolan versucht, das Ganze auf eine menschliche Seite zu ziehen, damit man dem folgen will. Nur der Fakt des Kommunismus, der Red Scare, der funktioniert ja nur, wenn du ihn über eine menschliche Geschichte erzählst. Und er hat sich jetzt dafür entschieden, eben das Ganze nicht auf den Red Scare nur zu beziehen, sondern eben auf Strauss zu beziehen. Aber das ist auch die Geschichte, die ich sehen will, muss ich sagen. Also mich interessiert das total, was mit Strauss war. Ich finde es total gut. Ich will das sehen.
Florian Bayer: Es geht halt so ein bisschen, also es geht vielleicht so ein bisschen verloren, was man auch hätte erzählen können. Wie wurde damals mit Pazifismus umgegangen? Wie wurde damals mit linken Ideen umgegangen? Oder mit den Kleckern, die mal irgendwann Kommunisten waren. Weil Oppenheimer war ja kein Kommunist mehr, als diese ganze Geschichte passiert ist. Das ist ja auch das, was die Geschichte gemacht hat. Und das ist ja auch das, was die Biografie macht. Und was danach auch viele gemacht haben. Dass Louis Strauss so zum Feindbild wurde. Zu dem Bösen. Und dass diese... Und dass dieser Verlust des Ansehens Oppenheimers halt so sehr runtergebrochen wurde. Darauf Louis Strauss hat ihn hintergangen. Spannend an der tatsächlichen Geschichte, und ich bin nicht so tief in das Rabbit Hole reingegangen, Spannend aber an der tatsächlichen Geschichte ist, dass Strauss nicht nur aus diesem gekränkten Ego so gehandelt hat, sondern auch, weil er tatsächlich Angst vor dem potenziellen Kommunismus Oppenheimers hatte und weil er tatsächlich ein Hardliner war, der gesagt hat, wir müssen versuchen, diese, diese... diese kommunistischen Ideen aus der amerikanischen Wissenschaftenpolitik rauszuhalten und so weiter. Und das wird in dem Film nicht deutlich. Strauss wird so sehr klar als intrigant gezeichnet.
Johannes Franke: Naja, aber was mir aufgefallen ist während des Films, warum ich Strauss dann doch sehr wichtig fand, war genau, das geht in diese Richtung, dass der Zuschauer trotzdem nochmal darüber nachdenkt, ist denn das jetzt einfach nur ein, ich dreh mich... Einmal um mich selbst zu rechtfertigen, warum ich diese Atombombe gebaut habe. Und ich sage jetzt, ich habe wahnsinnige Gewissensbisse, aber eigentlich bin ich nur machtgeil. Also diese Frage stellt Strauss in den Film hier ein, ins Publikum. Was ich wahnsinnig wichtig für den Film finde. Damit wir nicht nur eine eindimensionale Erzählung von einem gewissensbissengeplagten Oppenheimer haben.
Florian Bayer: Aber wird Strauss jemals mehr als dieser Antagonist? Ich habe Strauss die ganze Zeit als diesen... Diesen typischen Schurken wahrgenommen, der so egoistisch ist, gekränkt ist, der auch so ein bisschen weich ist und nicht damit klarkommt, wenn hinter seinem Rücken schlecht geredet wird.
Johannes Franke: Ja, ja, ja, ich verstehe schon, was du meinst und es stimmt auch. Er hat keine tollen Schattierungen, an denen man sich wirklich gut abarbeiten kann, aber es gibt so ein paar Hinweise und die finde ich wahnsinnig wichtig für den Film.
Florian Bayer: Ich finde, dann gab es andere Charaktere, die so Potenzial für Antagonisten hatten, bei denen das besser funktioniert hat zum Beispiel. Auch großartig gespielt. Okay, ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich werde das sehr oft in diesem Podcast sagen. Großartig gespielt. Von Benny Safdie wird Edward Teller gespielt, der Vater der Wasserstoffbombe.
Johannes Franke: Super großartig gespielt.
Florian Bayer: Der große Konkurrent, Anagonist, aber gleichzeitig auch Verbündete von Oppenheimer. Ja. Und es wird so ein bisschen erzählt, wie die übereinander stolpern, wie sie gegeneinander geraten, also auch während dieses Los Alamos Projekt. Und Obdenheimer ihm dann gewisse Freiheiten ausräumt und ihn gleichzeitig aus dem Projekt schon rausdrückt und sagt, bastel nur an deiner Wasserstoffpumpe. Und dann gibt es ja diese Verhörszene von Edward Teller, wo klar wird, dass er kein Obdenheimer-Fan ist. Und da finde ich, kommen diese Nuancen raus, weil Edward Teller, kaufe ich das irgendwie ab, dass da noch mehr dahinter steckt, noch mehr Motive, mehr Ideen sind und so weiter. Und bei Louis Strauss allerdings sehe ich wirklich einfach nur dieses, der hat mich gekränkt, ich muss mich an ihm rächen.
Johannes Franke: Ich meine, es wird auch ganz, ganz groß gemacht am Ende des Films. Man hat aber auch den so 80% des Films keine Ahnung davon, dass der das ist. Er wird am Anfang schon als derjenige etabliert, der irgendwie helfen will und der ihn da in die Position bringt und so. Also man sieht ihn immer mal knabbern an irgendwas, aber man weiß noch nicht woran.
Florian Bayer: Moment. In der 40. Minute ist diese Bloßstellung mit der, wie Kurt Juse, shovel to build atomic weapons.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Und dann, es ist also... Du hast recht, es ist nicht am Anfang, aber es ist relativ früh, dass wir erfahren, dass Strauss schon der Intrigante ist. Ich versuche gerade zu gucken, ich habe es irgendwo aufgeschrieben, in welcher Minute das war. Es ist nicht am Anfang und es gibt tatsächlich so eine Zeit des Zweifels, wo wir es nicht genau wissen, was ganz spannend ist, wenn man die Geschichte tatsächlich nicht kennt. Ich bin relativ unbefleckt reingegangen in den Film und habe mir jetzt aber auch so ein paar Sachen angehört und ein bisschen was gelesen zum Oppenheimers Biografie. Wenn man es nicht weiß, ist es... dauert es tatsächlich ein bisschen bis man es weiß, aber es kommt schon relativ früh. Und das ist ja auch okay. Ich habe nichts dagegen, dass Louis Strauss als Arschloch dargestellt wird. Louis Strauss war offensichtlich ein Arschloch. Wenn wir uns anschauen, was er gemacht hat, wie er agiert hat in der Politik, er war ein Arschloch. Aber es war halt nicht nur ein Intrigant, sondern es war auch ein Mann mit Idealen. Und es war ein Mann mit konservativen Idealen. Und um das schleicht der Film so ein bisschen drum herum, um ihn einfach als jemanden zu zeigen, der sagt, Dem Oppenheimer pisse ich jetzt ans Bein.
Johannes Franke: Weißt du, das Problem bei diesem Film ist auch ein bisschen, dass man alle paar Minuten etwas findet, wo man sagt, oh, aber da möchte ich mehr sehen. Weißt du, das ist halt echt so, du musst dich halt entscheiden als Nolan, was nehme ich denn davon? Es gibt so wahnsinnig viele Themen, die nur so mit zwei Nadelstichen einmal angepisst sind und das war's.
Florian Bayer: Das Krasse ist ja, ich habe den Film geguckt und ich habe gesagt, du alter Quatscher, Nolan, niemals, niemals hat... hat dieser Mann so viele Nobelpreisträger kennengelernt. Und dann guckst du dir seine Biografie an. Und er hat jeden einzelnen von ihnen getroffen, mit ihnen zusammengearbeitet. Wir haben hier, keine Ahnung, 526 Menschen, nachdem irgendein Elementarteilchen benannt ist. Wir haben 387 Nobelpreisträger und 20 Präsidenten und 15, was auch immer. Schlimmer als Forrest Gump. Oppenheimer hat sie alle getroffen und alle gekannt. Ja,
Johannes Franke: und zwar wirklich. Und es ist wirklich krass, wenn man sich den Film so auseinandernehmen will. Es gibt immer wieder natürlich Sachen, wo man sagt, ah, das Gespräch ist aber nicht mit Einstein gewesen, sondern das war mit einem anderen Physiker da am Institut. Und einen Haufen kleine Sachen. Und was alles noch hätte erzählt werden können und so. Aber viele, viele, viele wichtige Details sind absolut akkurat erzählt.
Florian Bayer: Ja, es ist natürlich immer so ein bisschen mit der Übertreibung, teilweise auch aus dem Buch, zum Beispiel diese berühmte Ab-
Johannes Franke: Apfelgeschichte? Ja, das mit dem Apfel.
Florian Bayer: Was ist dein Take auf die Apfelgeschichte? Was ist wirklich passiert?
Johannes Franke: Also, lass uns erstmal, lass uns da ran robben. Anscheinend hat Oppenheimer das selbst erzählt, dass das passiert ist. Ich weiß nicht genau, wie er es erzählt hat.
Florian Bayer: Er hat es mehrmals erzählt.
Johannes Franke: In welchem Wortlaut er das erzählt hat. Es wird ja oft wieder gekaut und es wird ja oft so erzählt, als wäre es wirklich genau so passiert und dass er wirklich erwischt wurde dann damals aber auch von der Uni und beinahe geflogen wäre. Sein Vater, der aber sehr reich war, ihn da irgendwie wieder reingekauft hat und er nicht geflogen ist. Aber ich glaube eigentlich nicht, dass es passiert ist. Ich kann mir vielleicht vorstellen, dass er vielleicht einen Apfel präpariert hat mit irgendwas, was so ein Durchfallmittel oder so ist. Ja, das kann ich mir vorstellen.
Florian Bayer: Niemals wäre er mit versuchtem Mord durchgekommen.
Johannes Franke: Niemals. Auf gar keinen Fall.
Florian Bayer: Und dann ist natürlich nochmal hier dramatisiert, dass Nils, oh, fast in den Apfel geknallt. Er hätte fast Kenneth Brenner umgebracht. Nein! Aber ich finde es tatsächlich okay. Das ist ja auch das, was wir schon gesagt haben. Es gibt diese subjektive Perspektive. Oppenheimer hat offensichtlich mehrmals diese Apfelgeschichte erzählt. Oppenheimer war auch wohl ganz gerne mal so ein bisschen ein Schwafler, was so sein Leben betrifft. Dann nehmen wir das so. Dann nehmen wir das auch als subjektive Perspektive. Und diese Angst und diese Unsicherheiten, die hat er ja offensichtlich tatsächlich. Er war ja auch in Therapie, als er da im Labor gearbeitet hat. Was tatsächlich krass ist, ist ja, diese Figuren, die da kommen, denen wir dann immer wieder begegnen. Die sind alle von großen Schauspielern gespielt. Das ist total schrecklich. Also Niels Bohr ist Kenneth Branagh. Und Ernest Lawrence wird von Josh Hartnett gespielt. Und
Johannes Franke: Matt Damon. Ja, und Manny Blunt. Und Junior Keiser, Affleck, Rami Malek.
Florian Bayer: Die Liste ist echt......den einen Deutschen, der immer einen amerikanischen Film mitspielen darf. Tschuldigung. Wie heißt der? Wer spielt Heisenberg? Ganz bekannter Darsteller. Und ich dachte, oh Gott, ist der alt geworden?
Johannes Franke: Ist der alt geworden? Was, das hast du gedacht?
Florian Bayer: Das hab ich gedacht, der ist furchtbar alt geworden.
Johannes Franke: Nein.
Florian Bayer: Moment.
Johannes Franke: Ich hab sogar mit ihm schon mal vor der Kamera gestanden.
Florian Bayer: Matthias Schweighöfer spielt Heisenberg. Und ich dachte, wow, der ist wirklich alt geworden. Liegt aber auch daran, dass ich Matthias Schweighöfer vor allem als sehr jungen Schauspieler kenne. Ja, gut,
Johannes Franke: okay.
Florian Bayer: Und dann irgendwann nicht mehr so wirklich gefolgt bin. Ja, wir haben auf jeden Fall... Es ist krass. dass jeder einzelne von diesen Nobelpreisträgern wird von einem großen Darsteller gespielt. Auch jeder einzelne von diesen Wissenschaftlern. Und das Schlimme ist, man könnte darüber lästern. Man sieht aber diesen Film und denkt, okay, es ist auch irgendwie gerechtfertigt. Weil du hast, natürlich sind es Stars, aber es sind auch so saugute Schauspieler.
Johannes Franke: Ja, natürlich.
Florian Bayer: Matt Damon.
Johannes Franke: Ich finde, Matt Damon macht einen Höllenjob. Der ist richtig gut. Der war eigentlich in einer Pause. Er hat seiner Frau versprochen, ich mache mal eine richtig gute, lange Pause von der Schauspielerei, damit wir endlich mal wieder zusammen... als Couple funktionieren. Und das Geile ist, es gab tatsächlich genau diese eine Ausnahme. Wenn Nolan anruft, dann muss ich das machen. Das war diese eine einzige Ausnahme. Und dann ruft auch noch Nolan an und sagt, ja komm, wir müssen...
Florian Bayer: Sehr viele Menschen machen für Nolan Ausnahmen. Mit dem spielt Groves diesen Militärtypen, der Oppenheimer anheuert. Und ja, Nolan hat echt in diesem Film Gespür für ambivalente Figuren. Ich lass mal Strauss außen vor, aber sonst zeigt er wirklich ambivalente Figuren. Toll! Und dieser Groves wird wirklich spannend gezeigt, als jemanden der Oppenheimer bewundert, der genervt von ihm ist, der ihm mehr zutraut als andere. Weil er geht ja sehr offen auf ihn zu und sagt so, ey, pass auf, ich glaube, ich bin hier richtig. Aber ich habe gehört, dass ich hier falsch bin.
Johannes Franke: Ich habe gehört, du kannst nicht mal einen Hotdog-Stand leiten. Könnte ich wirklich nicht. Und das ist tatsächlich passiert. Genau dieser Satz ist passiert. Man muss dazu sagen, dass Groves als real existierende Person viel krasser war. Hier, Matt Damon ist ja fast sympathisch zwischendurch. Ja. Und Groves war überhaupt nicht sympathisch.
Florian Bayer: Also dieser Groves, der hier im Film ist sehr sympathisch, sehr oft.
Johannes Franke: Und Groves ist aber als Persönlichkeit eigentlich, der war immer der Alpha Wolf im Raum und hat einfach alles bestimmt. Das war so ein krasser Militärmensch. Und für mich, also wenn ich den beginnen würde, ich garantiere dir, ich wäre nach zwei Sekunden aus dem Raum gerannt und hätte gesagt, um Gottes Willen, mit dem will ich nichts zu tun haben. Ja,
Florian Bayer: das war echt ein harter Hund. Und er wird in dem Film auch als harter Hund gezeigt. Aber es gibt fast so einen Anflug von einer Freundschaft zwischen ihr und Oppenheimer. Auch so ein Aufeinander verlassen. Sehr weit geht über seine Kompetenzen hinaus und zu Grove sagt einfach, ey du bist der Militär, wir sind die Wissenschaftler, lass uns unseren wissenschaftlichen Scheiß machen. Wir brauchen diesen Abend, wo wir uns hinsetzen und miteinander diskutieren und scheißegal, dass du Angst vor Spionage hast, wir müssen irgendwie offen reden. Ich glaube,
Johannes Franke: das ist auch tatsächlich das, was passiert ist. Also ich glaube, dass die beiden wirklich so eine Beziehung zu Finder hatten.
Florian Bayer: Obdenheimer hat das wohl, also Obdenheimer galt damals, als er diesen Job gekriegt hat, als... sehr charmant und sehr gewinnend. Das kommt im Film meiner Meinung nach manchmal ein bisschen kurz. Also Oppenheimer war als junger Student war ja wohl tatsächlich dieses sozial missgeschickte, beholfene Typ.
Johannes Franke: Der auch aus dem Labor rausgeflogen ist, weil er alles kaputt gemacht hat. Genau. Er war sehr ungeschickt.
Florian Bayer: Aber als er dann an der Universität in Kalifornien war und angefangen hat, da zu unterrichten, der hat sehr schnell eine Schar von wirklich Jüngern gewonnen, die ihm gefolgt sind auf Schritte und Tritten. Das war dann auch die Zeit, als er angefangen hat, diesen sehr markanten Hut zu tragen und diesen Anzug den man von ihm kennt und ständig Pfeife raucht. Und Obnheimer hat sowieso immer zwei Zigaretten gleichzeitig geraucht.
Johannes Franke: Er hat vier bis fünf Schachteln am Tag. Alter,
Florian Bayer: wie geht das? Ich bin Raucher. Alter. Und ich rauche meiner Meinung nach zu viel, aber ich habe keine Ahnung, wie man das schaffen wird. Furchtbar. Also gut, damals waren es andere Zeiten, da durfte man überall rauchen. Aber der galt als sehr charmant und sehr gewöhnt. Das wird im Film manchmal angedeutet, aber ein bisschen zu wenig gezeigt. Und deswegen kann man sich das auch gut vorstellen, dass er in diesem Projekt... dann auch sehr gut geschafft hat, Leute um seinen Finger zu wickeln.
Johannes Franke: Ja, ja, genau.
Florian Bayer: Er hat es geschafft, Leute dazu zu bringen, damit zusammenzuarbeiten, obwohl die krasse Bedenken hatten, wird auch im Film immer wieder angedeutet.
Johannes Franke: Ich finde genau diese beiden Montagen im Film total gut eigentlich, aber es irritiert mich ein bisschen, weil genau das fehlt. Also dieser Oppenheimer von damals ist mit den Studenten Bier trinken gegangen, hat denen einen ausgegeben, hat mit denen in Diskussionsrunden gesessen und so weiter. Aber ich sehe von diesen sozialen Fähigkeiten, die da eigentlich drinstecken, Sehe ich in dem Film kaum was. Und das ist ein bisschen schade, weil den Zusammenschnitt an sich finde ich toll, wo der Typ das erste Mal, also er kommt da rein in seinen Lehrraum, da sitzt ein und sagt, bin ich hier falsch, ich gehe da mal wieder. Und er sagt, nein, nein, nein, komm, komm, wir machen das jetzt zusammen. Und im Umschnitt sind schon 20 Leute da. Ich finde es toll, ganz, ganz toll, auch dass wir die anderen Wissenschaftler fürs Projekt engagiert. Das ist ein ganz toller Zusammenschnitt. Also Montages sind sowieso eine Kunst für sich, aber Nolan hat das drauf.
Florian Bayer: Nolan weiß, wann Montage aufhören muss. Ja, das ist es. Nolan-Montagen sind immer sehr kurz und das ist gut. Die Filmgeschichte neigt dazu, Montagen zu haben, die viel zu lange sind. Und bei Nolan reichen halt so ein paar Sekunden und wir haben verstanden, was passiert ist.
Johannes Franke: Er ist ja sehr effizient darin.
Florian Bayer: Und ja genau, der war halt ein charmanter Typ und konnte deswegen auch dieses wirklich gigantomanische Projekt. leiten in der Büste, einfach weil er wusste, wie er mit Leuten reden muss. Und kommen wir mal kurz zu Cillian Murphy zu sprechen, der hier die Rolle seines Lebens hat. Wahnsinn. Kann man nicht anders sagen, glaube ich.
Johannes Franke: Ich liebe es. Wirklich. Ich bin so in ihm drin, in seinem Kopf. Ich versuche, dich halt so rumzupulen. Was denkt der Typ? Was macht er? Was fühlt er? Es ist super.
Florian Bayer: Es ist geil, dass er es wirklich schafft, diese ambivalente Zerrissenheit von Oppenheimer darzustellen. Dieses Oppenheimer-Wahn-Opportunist. Und er stellt es dar. Wir sehen ganz oft dieses opportunistische Moment von Oppenheimer. Aber Oppenheimer war auch ein ehrgeiziger Mensch. Sehen wir auch ganz oft. Einer, der sich viele Fragen gestellt hat. Ein skeptischer Mensch, ein selbstkritischer Mensch. Bis hin zur Selbstzerfleischung. Cillian Murphy schafft es, diese Eigenschaften in einem Gesichtsausdruck zu vereinen. Und wie gesagt, Nolan ist ein Meister der Schauspielführung. Es ist meiner Meinung nach nicht zu unrecht eine der besten männlichen Schauspielleistungen seit Heath Ledgers Joker.
Johannes Franke: Ja, wahrscheinlich. Tatsächlich. Ich find's... großartig. Auch bei Heath Ledger habe ich im Kino gesessen und hab gedacht, hä? Was spielt er da? Weil man ja als Schauspieler doch so ein bisschen weiß, wie bereitet man sich vor, was nimmt man woher und so weiter und ein Gefühl dafür bekommt, wie bereitet sich jemand vor. Und beim Joker war es so völlig, hä? Wo nimmt der das her? Das war richtig krass. Bei Céline Murphy hatte ich jetzt nicht das Gefühl, dass ich nicht weiß, wo er es hernimmt, aber er macht das so wahnsinnig gut. Das ist wirklich beeindruckend toll.
Florian Bayer: Und ich glaube, also... Es ist immer schwer zu sagen, natürlich ist es auch seine Leistung. Den haben wir auch schon öfter in... Gut, starken Rollen gesehen. Aber nochmal, ich glaube, es ist auch wirklich Nolan, der weiß, wie er Schauspieler anleitet, um Positives aus ihnen rauszunehmen. Und ich gendere in diesem Fall nicht, weil es sind vor allem Schauspieler, die Nolan in der Regel anleitet. Nolan ist jetzt nicht bekannt dafür, starke Frauenrollen in seinen Filmen zu haben und aus Schauspielerinnen viel rauszuholen.
Johannes Franke: Ja, auch in diesem Film nicht, muss man sagen. Es ist wirklich ein bisschen traurig, weil eigentlich wäre da was drin gewesen, wenn man die Geschichte kennt von den Frauen. Von Kitty. Total. Dann müsste man da eigentlich viel mehr.
Florian Bayer: Es gibt eine unfassbar gute Szene. Eine Szene und es ist natürlich auch, es ist Emily Plant. Emily Plant ist eine verdammt gute Schauspielerin. Und Emily Plant kriegt genau eine Szene, wo du davor sitzt und denkst, nicht nur wow, ist diese Szene gut geschrieben, sondern wow, spielt Emily Plant das gut. Und zwar im Verhörzimmer. Im Verhör. Wenn sie verhört wird. Weil Oppenheimer hat die ganze Zeit, ist, ist. defensiv. Und Emily Plant, also Kitty, sagt die ganze Zeit zu ihm, du musst kämpfen. Du gibst dem jetzt nicht die Hand. Du musst dich dagegen wehren. Und dann sitzt Kitty in diesem Verhör und es wirkt kurz so, als ob sie ähnlich defensiv wie Oppenheimer wäre.
Johannes Franke: Und dann überwindet sie das.
Florian Bayer: Und dann schafft sie es, den Chefverhörer einmal so richtig zu rasieren. Und ja, es ist ein hoffnungsloser Kampf, das wird dann auch erzählt,
Johannes Franke: was gut ist.
Florian Bayer: Aber sie kämpft. Und und Es reicht nicht für einen Redemption-Arc für Chris Nolan. Chris Nolan ist immer noch nicht gut mit Frauen. Aber es ist zumindest diese eine Szene, die wirklich gut ist, wo ich denke, ja, du kannst es doch eigentlich. Leg endlich mal deine Misogynie ab. Ja,
Johannes Franke: und ich meine, man sieht hier, welches Potenzial diese Frau gehabt hätte. Was man auch in anderen Szenen hätte erzählen können, was da drin steckt. Und deswegen bin ich auch in dieser Szene, deswegen bin ich nämlich nicht ganz so glücklich mit der Szene, wie du das jetzt sein scheinst. Das offenbart nämlich die ganze Schwäche der Erzählung vorher dieser Figur. Weil ich es nicht erwartet habe. Weil ich in dem Moment da sitze und denke, wo kommt denn das jetzt her? Ja,
Florian Bayer: sie hängt die Wäsche raus. Das ist ihre Rolle. Was soll das? Im wahrsten Sinne des Wortes.
Johannes Franke: Fuck, Alter. Das ist doch traurig.
Florian Bayer: Ja, total.
Johannes Franke: Und in dieser Figur steckt so viel Tragik, die vielleicht auch ein bisschen angedeutet wird mit Regretting Motherhood und diesem ganzen Zeug. Ja, total.
Florian Bayer: Ihre Depression, ihr Alkoholismus und so weiter. Die hat zwei Zähne abgehandelt. Sie ist nicht mal im Bild zu sehen, wenn sie besoffen ist.
Johannes Franke: Das ist doch krass, Mann. Alter. Sie hätte so viel spielen können und die Frau hat das drauf.
Florian Bayer: Und sie war eine Biologin, sie war eine Kommunistin. Sie hatte eine Biografie. Wir erfahren nichts von ihrer Biografie.
Johannes Franke: Das ist so hart.
Florian Bayer: Sie ist einfach die zweite depressive, alkoholabhängige Frau, mit der Oppenheimer zusammen ist. Die erste ist noch schlimmer. Ich finde Florence Pugh spielt... Sie ist eine tolle Schauspielerin. Aber diese ganze Rolle...
Johannes Franke: Die ist so zusammengeschrumpft. Zu dieser Funktion fast.
Florian Bayer: Ja.
Johannes Franke: Obwohl sie... Figuren tragisch sind und ich durch die Schauspielerin auch an der Rolle dran bin irgendwie.
Florian Bayer: Weil sie saugut ist.
Johannes Franke: Aber nur, genau, nur weil sie gut ist und nicht, weil das gut geschrieben ist an der Stelle.
Florian Bayer: Warum besetzt er seine beiden Frauenfiguren, seine einzigen Frauenfiguren, seine wichtigen Frauenfiguren, weil es die einzigen sind, warum besetzt er die mit so fantastischen Schauspielerinnen und gibt denen dann so wenig Fleisch, so wenig zu tun?
Johannes Franke: Naja, besetzt sie deswegen mit guten Schauspielerinnen, weil er weiß, da ist nicht genug, da muss jemand dran, der das hinkriegt, der da noch was rausholt.
Florian Bayer: Erschienen tot. Jean Tadlock, die war Reporterin, die war Kommunistin. Natürlich war sie bekannt dafür, dass sie mit Oppenheimer gefögelt hat, aber noch für so viel mehr. Es gibt Geschichten über ihre Homosexualität, die sie hatte.
Johannes Franke: Das ist das große Ding. Dass sie das komplett rausgenommen hat.
Florian Bayer: Nichts davon. Auch ihre Depression, es wird komplett verkürzt auf ihre Beziehung für Oppenheimer. dafür verantwortlich gewesen wäre, dass sie in den Selbstmord gegangen ist. Sie hatte ein Leben, sie hatte Emotionen und sie hatte mehr als nur, oh nein, dieser Mann ist verheiratet mit einer anderen und er soll mir keine Blumen mitbringen.
Johannes Franke: Was sie übrigens wirklich gesagt hat. Ja,
Florian Bayer: was aber auch eher so ein bisschen Spiel zwischen den beiden war. Deren Beziehung war anders, also ja, sie hatten Sex, aber ihre Beziehung war anders, als sie im Film dargestellt wird und sie hatten ein verdammtes eigenes Leben. Sie hat viel rumgefögelt. Sie hat versucht, sich selbst zu finden. Sie hat versucht, mit ihrer Homosexualität klarzukommen. Ihrer Bisexualität. Was ganz klar ist. Ja, ja. Sie war depressiv. Sie hat... Mann! Gib dir ein Leben. Gib dir eine Persönlichkeit. Aber doch nicht... Bring mir keine Blumen mit. Du magst mich nicht mehr. Ich töte mich jetzt.
Johannes Franke: Das ist wirklich die... Diese Szene ganz am Schluss. Die letzte Szene von ihr. Wie sie da mit ihm... Was übrigens ein großartiges Bild ist. Er sitzt da nackt auf diesem Teil. Sie sitzt da nackt auf ihrem. Ich find's großartig.
Florian Bayer: Ja.
Johannes Franke: So richtig, wie ich mir... intellektuellen Sexvorstelle ohne Sex. Die sitzen einfach da und unterhalten sich nackt.
Florian Bayer: Achso, ich dachte, das wäre das Nachspiel oder Vorspiel. Oder das Nachspiel und Vorspiel.
Johannes Franke: Nein, nein, das ist der Akte. Nein, aber du weißt, was ich meine. Es ist großartig, wie er da sitzt mit den überschlagenen Beinen, abgemagert und die beide, und sie sitzt da und beide scheinen in einem intellektuellen Diskurs zu stecken eigentlich. Vom Bild her. Was tatsächlich passiert, finde ich total traurig, weil das nur darauf reduziert wird, dass sie sagt, wie jetzt, du willst nicht mehr, dann bringe ich mich um. Das ist das Einzige, was hier conveyed wird, was furchtbar ist.
Florian Bayer: Und in der Figur steckt viel Potenzial, auch in der Beziehung von den beiden steckt viel Potenzial. Wenn sie den ersten Flirt haben und das erste Mal Sex haben, hat man auch das Gefühl, es könnte interessant werden. Es ist tatsächlich eine geile Sechszene. Also ich stehe auf sowas. Ob nachher mal sie, sie gibt ihm das Sanskrit. Buch und sagt, lies mir das vor. Natürlich liest er sein berühmtestes Zitat, weil in diesem großen Sanskrit-Text steht nur ein Text, den Oppenheimer falsch übersetzt. Und dann hat sie Sex mit ihm, während er seinen Atombombenspruch liest. Aber es ist schon geil. Also ich stehe auf das. Ich weiß, es ist auch echt flach und so, aber es ist schon ziemlich geil.
Johannes Franke: Natürlich, aber er wählt ein Symbol, um den ganzen Film einmal irgendwie nochmal zu wiederholen in so einem kleinen Zitat. Ich finde es in Ordnung. Ich finde es auch in Ordnung. Ich habe aber zwischendurch, während ich es gesehen habe, habe ich schon gedacht, naja, okay, das ist schon jetzt ein bisschen...
Florian Bayer: Er ist voll drauf. Wie sehr drauf auf die Nase gedrückt findest du das, dass er dann nackt im Verhörzimmer sitzt und sie noch einmal auf ihm drauf reitet, während er verhört wird?
Johannes Franke: Im Drehbuch ist es seine Perspektive gewesen, offenbar. Im fertigen Film hat man das Gefühl, dass es die Perspektive von Kitty ist. Ja. Was ich tatsächlich eine gute Option finde. Ich finde es nicht schlecht.
Florian Bayer: Es wechselt so ein bisschen von seiner Perspektive zu Kittys Perspektive,
Johannes Franke: habe ich das Gefühl.
Florian Bayer: Ich finde es ein bisschen flach. Also ich tatsächlich, als ich das gesehen habe, dachte ich, wow, cool, wenn er nackt da sitzt, das fand ich super stark. Und dann dachte ich, oh, wenn sie dann auf ihm sitzen. Ich hätte es viel spannender gefunden, wenn er einfach allein nackt da gesessen hätte. Das war geil. Aber dass dann nochmal diese Sexszene rekapituliert wird, zumal, ja gut, das ist auch ein Kniff der Erzählung, dass wir danach erfahren, dass Kitty das sowieso schon längst wusste und dass wir mit ihm schon vorher drüber geredet hatten. Aber ich fand diese Bloßstellung, dass er nackt da sitzt, fand ich viel stärker, als dann nochmal sie drauf zu setzen.
Johannes Franke: Übrigens, wenn man sich ein bisschen mit Kitty beschäftigt, ich hab mich... nicht so exzessiv damit beschäftigt. Aber das, was ich so an Gefühlen mittrage, ist, dass die beide ihre Affären hatten. Und dass die immer damit offen umgegangen sind, miteinander geredet haben. Ja, glaube ich auch. Und das ist vielleicht für diesen Film jetzt eine seltsame moralische Sache, die dann aufgemacht wird. Das ist vielleicht das Brüder Amerika. Ja. Weißt du, dass das dann zum großen Problem wird. Ja, okay, ich muss es öffentlich erzählen. Ist vielleicht nochmal eine Nummer ein bisschen blöder. als jetzt zu Hause darüber zu reden, wer mit wem wann welche Affären hat. Aber das so groß zu machen, weiß ich nicht genau. Ich glaube, das ist ein bisschen übertrieben.
Florian Bayer: Naja, ich glaube, es gehört zu dem, was Nolan hier in dem Film teilweise ein bisschen macht, zu dieser Entschärfung der Biografie von Oppenheimer. Ja. Auch diese Fragen nach den politischen Implikationen, um die schlängelt er so ein bisschen drum herum. Um Oppenheimer so sehr diesen allgemeinen, sehr universellen Humanismus zu geben. Und den hatte ja Oppenheimer natürlich auch. Deswegen ist es nicht daneben, dem das zu geben. Und Oppenheimer war kein krasser Kommunist oder so. Aber um diese großen Fragen, wie funktioniert die amerikanische Gesellschaft und Politik der damaligen Zeit? Und was können wir da für heute mitnehmen? Was funktioniert heute vielleicht noch ähnlich? Da scheint er sich immer so ein bisschen rumzuschleichen. vielleicht auch, weil er Angstgefühl hat, einen Teil seines Publikums zu verkretzen. Vielleicht will er nicht zu politisch werden. Ja,
Johannes Franke: aber er hat ein politisches Thema, meine Güte.
Florian Bayer: Ein politisches Thema. Und das ist ja auch eine Tendenz von Nolan, dass Nolan politische Themen drin hat in seinen Filmen, aber die so allgemein erzählt, dass jeder andocken kann.
Johannes Franke: Ist aber auch eine Stärke auf der anderen Seite.
Florian Bayer: Ist auch eine Stärke.
Johannes Franke: Aber ich glaube, es hängt wirklich davon ab, dass wir jetzt den Film anders gucken, als vielleicht jemand, den er hätte verkretzen können damit. Also weil... wir natürlich so ein bisschen das vermissen, dass wir das vielleicht als zahnlos interpretieren könnten. Und deswegen das Ganze ein bisschen, naja, so ein Geschmäckle hat. Aber auf der anderen Seite, ich finde es schon auch gut, wenn man viele Leute da mitnimmt, dass man nicht nur Preaching to the Choir betreibt.
Florian Bayer: Nein, auf keinen Fall, das soll er auf keinen Fall machen. Ich finde es auch wirklich stark, dass er es schafft, uns ganz lange diese Geschichte von der Atombombe, von der Entwicklung der Atombombe als Erfolg zu zählen. Du sitzt da und du fieberst mit. Und wenn dann die Atombombe hochgeht und die Leute jubeln, dann jubelst du innerlich auch mit. Nein. Du jubelst nicht mit. Um Gottes Willen. Du bist dann schon verloren.
Johannes Franke: Ich bin völlig fertig mit den Nerven.
Florian Bayer: Ich bin dann auch bei ihnen. Ich finde, dieser ganze Moment, diese Freude und so, und jetzt haben wir es geschafft. Der Film kriegt mich emotional, und ich glaube, das will er auch, kriegt mich emotional da die ganze Zeit mit. Ich will, dass Los Alamos ein Erfolg wird. Ich weiß, dass es ein Erfolg geworden ist. Ich will, dass es erfolgreich wird.
Johannes Franke: In dem Moment, wenn die Bombe hochgeht, Hasse ich alle Wissenschaftler, die da anfangen zu jubeln. Ich find's so krass. Ich bin emotional so fertig mit den Nerven. Ihr habt so hart Tränen in den Augen, wenn diese Bombe hochgeht. Und ich komm nicht damit klar, dass auch nur eine Person jubelt.
Florian Bayer: Ich find's wunderschön. Die Bombe geht hoch und du denkst... Ist das ein schönes Bild?
Johannes Franke: Also das Bild ist total großartig gemacht.
Florian Bayer: Das Bild ist schön. Ja, ja. Es ist eine totale Schönheit der Bombe. Und Nolan wählt sehr bewusst diesen nicht konsequent durchgezogenen Moment der Stille, um diese Explosion zu zeigen. Und es ist Schönheit. Und ich glaube, der Film will uns auch in diesem Moment Schönheit zeigen. Ich glaube,
Johannes Franke: es ist physikalisch tatsächlich auch sehr sinnvoll. Es sind 80 Sekunden, glaube ich, die du diese Explosion siehst. Jetzt macht er Entfernung, wie weit die weg waren. 80 Sekunden sehen. bevor du sie hörst, weil Licht schneller als Schall und so weiter. Und diesen Moment so auszukosten ist für mich der Geniestreich des ganzen Films. Absolut.
Florian Bayer: Es ist kein langer Moment, ne?
Johannes Franke: Nicht lang, nein.
Florian Bayer: Ich war sehr überrascht davon, weil das ist ja so als der große Höhepunkt des Films. Das ist das, womit der Film auch geworben hat, was erzählt wird und jeder weiß, Nolan kann Boom machen. Du erwartest eigentlich, dass er damit irgendwie was ganz Gewaltiges macht. Und ich finde es überraschend, dass dieser Moment sehr kurz ist. Ich finde es nicht so überraschend, dass dieser Moment so ruhig ist. Das macht irgendwie Sinn. Aber auch ich hätte gedacht, dass das deutlich länger ist und dass er deutlich mehr zeigt. Also es ist wirklich auch so quantitativ, weil ich wirklich überrascht, wie wenig das ist.
Johannes Franke: Ich fand, der hat einfach, das ist halt wie so eine Atombombe eben ist. Der zieht alles an Aufmerksamkeit an und verkürzt alles andere, was darum passiert ist, zu einer Nichtigkeit. Weil das so ein Gravitas hat, so eine unglaubliche Schwere plötzlich im Raum steckt. Dass das egal ist, wie kurz oder lang diese Szene ist. Die macht so viel Eindruck, dass sie den ganzen Film bestimmt.
Florian Bayer: Sie ist natürlich irgendwie das Herz des Films. Auch wenn sie nicht in der Mitte des Films steht. Entschuldigung.
Johannes Franke: Hast du die Zeit aufgeschrieben,
Florian Bayer: Flo? Moment, ja, lass mich mal gucken. 115 Minuten. Okay. Also es ist gut nach zwei Dritteln des Films ungefähr.
Johannes Franke: Ja, eigentlich ein Moment, wo man denkt, ah, darauf geht der Film hin und jetzt ist er bald zu Ende. Moment,
Florian Bayer: wir haben noch eine Stunde. Ja,
Johannes Franke: was ist denn jetzt los?
Florian Bayer: Ich fand, es war... Ich fand, es war wirklich in der Art, wie es gezeigt wurde, ein schöner, romantischer Moment. Es ist auch ein stylischer Moment, wenn du die Wissenschaftler hast, die die Brillen aufsitzen, dann hast du einen Heller, der sich einmal komplett eingeschmiert hat mit Sonnencreme, dann auf einem Auto sitzt. Und es ist, ich bin da noch dabei, ich verstehe die Begeisterung für die Bombe und ich verstehe die Freude darüber, dass es geklappt hat. Ja, und ich freue mich darüber, dass es zum Erfolg geworden ist für alle Beteiligten. Und ich finde, das macht der Film richtig, dass der Film uns das so erzählt. Dass wir während dieses ganzen Los Alamos-Projekt, was ja auch tatsächlich ungefähr keine Stunde im Film einnimmt, doch fast eine Stunde, aber nicht ganz, dass wir da die ganze Zeit dabei sind und sehen, wie das entsteht und es ist einfach mal ein riesiges, gewaltiges Projekt. Und dem Film wurde ja vorgeworfen, da können wir auch noch drauf zu sprechen kommen, dass er die Opfer ignoriert. Er erwähnt dann, dass die in Jana vertrieben wurden, wird halt auch mit so einem Nebensatz weggetan.
Johannes Franke: Das ist ja so krass. Einfach so mit einem Halbsatz. Ja, wir müssen die übrigens vertreiben. What? Leute.
Florian Bayer: Aber dann wird das ja auch wirklich als großes Streben von Menschen gezeigt, was zu erreichen. Und es wird so gezeigt, es wird affirmativ gezeigt. Wir wollen das. Also ich habe zumindest das Gefühl, dass da kein Zweifel dran besteht, dass wir wollen, dass es weitergeht, dass sie erfolgreich sind und dass die Hürden überwunden werden. Und dann wird ja die klassische Erfolgsgeschichte erzählt. Dann gibt es diese Hürde. Diese Angst vor Spionage, jetzt dürfen sie sich nicht mehr so oft treffen. Jetzt ist Edward Teller irgendwie so antikollegial, jetzt muss mit dem umgegangen werden. Und wir sehen, wie Oppenheimer eine Hürde nach der anderen überwindet. Und ja, du machst das.
Johannes Franke: Das stimmt schon, natürlich. Du hast hier Leuten vor dir, wo du... Das ist ganz klassisch, wenn es jetzt nicht die Atombombe wäre. Und in deinem Falle scheint es ja auch nicht so ein Problem gewesen zu sein. Erstmal, wohlgemerkt. Aber du willst ja... in Filmen Leuten dabei zuschauen, wie sie ihrer Leidenschaft nachgehen und etwas trotz Hürden schaffen. Und dann ist es natürlich eine klassische Erzählweise. Und Nolan setzt sich da voll drauf. Und ich finde es ja auch total richtig, dass er das macht. Und es ist auch total wichtig für den weiteren Verlauf nach der Atombombe. Ja,
Florian Bayer: absolut.
Johannes Franke: Es ist ja auch total wichtig, dass man gesehen hat, wie viel Herzblut da drin steckt und wie wichtig denn das ist. Und natürlich die Argumentation mit... Mit Hitler wird ja auch vorher gebracht, dass wenn wir es nicht machen, hat Hitler unter Umständen diese Atombombe schon lange vor uns und wir können uns nicht mehr wehren und wir können nicht auf Augenhöhe agieren.
Florian Bayer: Es wird leider nicht so richtig erzählt, Nils Bohr kommt ja, wir kriegen Nils Bohr endlich aus Europa rausgeschmuggelt und er redet dann mit Oppenheimer. Und Nils Bohr hat mit Oppenheimer geredet und Nils Bohr hat ja gesagt, er will nicht helfen kommen, sondern er will drüber reden, dass die gefahren sind und so weiter. In Wirklichkeit hat Nils Bohr einiges an Informationen mitgebracht, wie weit die Deutschen waren. Und obner einmal da drauf geguckt und hat festgestellt, okay, was die haben, ist nix.
Johannes Franke: Wir sind Kinder und Spielzeug.
Florian Bayer: Die haben keine Ahnung. Wir sind ihnen meilenweit voraus. Eigentlich gibt es diese Angst nicht mehr, dass sie schneller sein könnten als wir.
Johannes Franke: Und das ist ein krasser Moment. Im Film wird der ja nicht erzählt. Der wird dann erst erzählt, wenn Hitler tot ist. Dann kommt der Moment. Ich kann auch verstehen, dass man das dann sozusagen nicht erzählt, weil man will das ja alles konzentrieren auf einen Moment. in dem klar ist, okay, wir brauchen sie eigentlich nicht mehr in der Form, für den ursprünglichen Plan zumindest nicht, aber... dass relativ bald dann doch klar war, dass Deutschland, also jetzt nicht in der Filmhandlung, sondern in der Realität, dass Deutschland nicht in der Lage ist, das Ding zu bauen. Und auch die Pläne sehr stiefmütterlich behandelt hat auf irgendeine Art und Weise. Es wurde auch als Judentechnik und so weiter diffamiert und so weiter. Das ist alles nicht...
Florian Bayer: Hitler hatte auch tatsächlich deutlich mehr Angst davor, dass die Atombombe die Welt zerstören könnte, als die Amerikaner.
Johannes Franke: Seine schöne Welt, die er ja beherrschen wollte.
Florian Bayer: Genau.
Johannes Franke: Das ist ein bisschen süß, aber egal. Ich fand das weltpolitisch, dass das auch klar war eigentlich, zumindest in einem eingeweihten Kreis, dass das nicht dazu geführt hat, dass man das Ding einstellt oder dass man es nicht einsetzen muss. Vielleicht, okay, ich verstehe, dass man daran forscht, ich verstehe den wissenschaftlichen Gedanken dahinter, aber ich verstehe nicht, warum man nicht dann die Form der Einsetzung überdenkt einfach.
Florian Bayer: Naja, das war ja schon ziemlich früh. Klar. Und auch bevor die Nazis besiegt waren, war ja die zweite Frage nach dem, haben es die Nazis? War vielleicht nicht so sehr, hat es Japan, weil Japan war einfach anders.
Johannes Franke: Ja, natürlich.
Florian Bayer: Aber haben es die Russen?
Johannes Franke: Haben es die Russen, ja.
Florian Bayer: Und das war ja auch die entscheidende Frage dann meiner Meinung nach für den Abwurf, haben es die Russen? Und wie viel Angst haben wir vor der Sowjetunion? Und vielleicht kommen wir jetzt mal tatsächlich so zwischendrin, hauen wir mal so rein, Dialektik der Bombe, der Atombombe.
Johannes Franke: Ja, und auch die tatsächliche... Welche weltpolitische Lage und warum das Ganze überhaupt jetzt, weil du es schon sagst, Russland ist das der Hauptfeind und sehen wir schon den Kalten Krieg vor uns? Mein Gott, was ist das für eine Musik?
Florian Bayer: Was war das? Wo sind wir? Ich glaube, wir wurden rausgerissen.
Johannes Franke: Aber wohin?
Florian Bayer: Oh mein Gott, Johannes. Ja? Ich befürchte, wir befinden uns in einer Selbstmord.
Johannes Franke: Oh nein.
Florian Bayer: Ganz schnell, ganz schnell, damit wir zurück zum Gespräch können. Was müssen wir machen? Was müssen wir sagen?
Johannes Franke: Wir müssen den Leuten unbedingt sagen, dass sie uns abonnieren sollen, wo auch immer sie sind. Also auf Spotify oder Apple oder sowas.
Florian Bayer: Beam, whatever, was ihr auch nutzt.
Johannes Franke: abonnieren und anderen sagen, dass sie uns abonnieren wollen.
Florian Bayer: Auf jeden Fall. Wenn euch die Folge gefällt, gebt uns gerne Sterne, Herzchen, Daumen hoch, was auch immer euer Podcatcher anbietet.
Johannes Franke: Genau. Und wenn sie euch nicht gefällt, dann schickt diese Episode weiter an eure Feinde oder eure Nachbarn oder sowas.
Florian Bayer: Und wenn ihr uns Feedback geben wollt, wir freuen uns total über jeden Kommentar an johannes.mussmannsehen.de oder florian.mussmannsehen.de.
Johannes Franke: Genau. Schickt uns Filmvorschläge und so weiter. Boah, das soll schnell durchkommen.
Florian Bayer: Ja, jetzt schnell raus,
Johannes Franke: schnell wieder zurück ins Gespräch.
Florian Bayer: Ich hab... Ich habe am Anfang so ein bisschen moralisch ausgeholt. Wie ist denn dein Verhältnis zu dem Thema Atombombe?
Johannes Franke: In mir streitet sich natürlich alles. Das erste ist, dass ich denke, um Gottes Willen, Pandoras Box, mach die wieder zu. Da darf das, also auf gar keinen Fall darf irgendjemand irgendwas bitte machen mit so einem Ding. Das Ding ist, natürlich sind wir Menschen und können nicht die Menschen in Russland dazu zwingen, genauso wie du selbst, dieses Ding nicht anzufassen. Natürlich hast du irgendwie eine Obligation, einen auf Augenhöhe streiten zu müssen. Weil du kannst dich nicht absichtlich in eine Defensive hauen und dann sagen, okay, Pech gehabt, dann haben die Russen das halt und ich hab nichts. Das funktioniert auch nicht so richtig. Und das ist alles sowieso sehr vereinfacht dargestellt gerade. Aber eigentlich will ich, dass niemand auch nur einen Gedanken daran verschwendet, so eine und schon gar keine Wasserstoffbombe zu bauen. Nur ist es nochmal schärfer, wenn du darüber nachfragst. ob man das Ding einsetzt oder ob man das hat. Das ist die entscheidende Frage. Genau, das ist es nämlich. Das ist die entscheidende Frage. Weil haben, beziehungsweise die Möglichkeit zu haben, das Ding zu bauen und alle wissen zu lassen, dass es existiert, dass die Möglichkeit besteht, das ist ja das, was auch Oppenheimer zwischendurch gesagt hat. Dass wir alle dann dastehen und sagen, okay, die schlimmste Waffe der Welt existiert, jetzt kann eigentlich kein Krieg mehr stattfinden. Den Grundgedanken philosophischer Natur. So naiv er sein mag, finde ich gut.
Florian Bayer: Er ist allein schon deswegen naiv, weil es ist gut, dass es diesen Narrativ gibt. Aber natürlich ist die Atombombe, wie wir heute wissen, nicht die schlimmste mögliche Waffe, die man sich vorstellen kann.
Johannes Franke: Ja. Oh Gott, heutige Bezüge müssen wir sowieso noch. Oh Gott, riesiges Thema. Und insofern bin ich auch völlig dagegen, dass die eingesetzt wurde in Japan. Zumal die Situation eigentlich so war, dass Japan damals... schon rübergeschielt hat, zur Sowjetunion gedacht hat, vielleicht können die für uns so ein bisschen Vermittler spielen, weil wir sind auch nicht mehr so richtig zufrieden mit dem Kriegszustand. Wir wissen eigentlich auch, dass es bald vorbei ist und zwar nicht für uns gut ausgeht. Die wollten halt ihr Kaiserreich behalten und deswegen wollten die irgendwie die ganze Zeit noch Verhandlungen führen und nicht bedingungslos kapitulieren. Denn Amerika wollte unbedingt, dass die komplett... bedingungslos kapitulieren. Und deswegen haben sie die Bombe geworfen. Auch unter anderem, damit da keine Bedingungen dran geknüpft sind an die Kapitulation. Und was haben sie am Ende gemacht? Die haben trotzdem gesagt, okay, macht euer Kaiserreich weiter. Das war total sinnlos.
Florian Bayer: Es war ein Atombombenabwurf auf sehr zynische Weise gegen die Sowjetunion. Es war eigentlich fast auch die erste Atombombe gegen die Sowjetunion. Weil die... Weil das typische Ding im Zweiten Weltkrieg, die Russen kommen von der einen Seite und die Amerikaner von der anderen Seite. Und dann ist die Frage, wo trifft man sich? Wie teilt man das Ganze dann auf? Und in Deutschland kamen die Amerikaner halt bis nach Hessen. Und deswegen sind Sachsen, Thüringen und Berlin an die Russen gegangen. Und in Japan kamen die Russen von Norden. Und es war klar, so wie das gerade aufgebaut ist beim konventionellen Krieg. Und wir können auch gleich noch über die potenziellen Verluste reden, weil ich finde, das ist ein Argument, was man nicht wegignorieren darf. Bei einem potenziellen Krieg, die Amerikaner kommen von Süden und marschieren ein, verlieren viele Soldaten dabei und die Russen kämpfen weiter von Norden und dann trifft man sich irgendwo in der Mitte und Japan wird geteilt oder wie auch immer. Und das ist natürlich schon in Hinsicht auf den sich nahenden Ost-West-Konflikt ist das natürlich auch eine Frage der Machtstrukturen. Wie viel können wir der Sowjetunion noch von der Welt geben? Und das war glaube ich ganz wesentlich und das war vielleicht sogar die wesentlichste Frage dabei. als die abgeworfen wurde. Weil wenn Japan jetzt kapituliert, weil wir die Bombe abgeworfen haben, dann haben wir zum einen den Krieg beendet und haben das in der Hand. Und zum zweiten haben wir die Sowjetunion gezeigt. Ja, guck mal, was wir haben.
Johannes Franke: Genau.
Florian Bayer: Und zum dritten kann die Sowjetunion nicht weiter nach Japan einmarschieren.
Johannes Franke: Ja. Und die Sowjetunion kriegt ein ordentliches Argument. Hier, guck mal, wir haben den Krieg beendet und wir haben hier dafür gesorgt, dass das alles, ihr kriegt hier gar nichts. Wir sind diejenigen, die das alles bestimmt haben.
Florian Bayer: Aber that being said, es stimmt. dass es, wenn es einen konventionellen Krieg gegeben hätte um Japan, und Japan war da bekannt dafür, sehr ehrgeizig zu kämpfen und sich nicht einfach aufzugeben, wären sehr viele Soldaten gestorben. Das ist natürlich total zynisch zu sagen, okay, wir verlagern die Verluste auf die Zivilisten, dafür, dass weniger Soldaten sterben.
Johannes Franke: Da waren 70.000 Leute sofort tot bei dem ersten Abwurf.
Florian Bayer: Es sind, genau, und es sind insgesamt, eine Viertelmillion Menschen sind insgesamt gestorben, wenn man die Folgeschäden mitnimmt. Genau. Das war ein richtig krasses Ding.
Johannes Franke: Ich weiß nicht, ob du das... Japan war immer hart im Verluste hinnehmen. Der Zweite Weltkrieg hat wirklich viele Leben gekostet in Japan auch. Und für die war das eine Größenordnung, 70.000, die gar nicht so ganz ungewöhnlich war, muss man leider sagen. Das heißt, die haben ja auch nicht sofort reagiert. Es hat ja drei Tage gedauert, dann kam Nagasaki dran, weil die auch nicht reagiert haben. Ja.
Florian Bayer: Und Truman, also ich bin kein Truman-Fan, aber Truman hat natürlich direkt nach dem Abwurf auf Hiroshima, ging von Truman die Forderung nach Kapitulation wieder weiter. Es wurde gesagt, so Leute, ihr habt gesehen, was wir können. Wir können das auch nochmal machen. Und dieser Gedanke der zweiten Bombe war natürlich auch zu zeigen, wir sind nicht ein One-Hit-Wonder, sondern wir haben einfach eine zweite Waffe. Wir können das so oft wiederholen, wie wir wollen. Wir können euch komplett in Schutt und Asche legen.
Johannes Franke: Sollte übrigens nicht Nagasaki sein, sondern es war irgendein anderer Ort geplant. Und dann war das Wetter so schlecht.
Florian Bayer: Oh Gott. Ist dieses zynische Kyoto-Zitat überliefert, weißt du das?
Johannes Franke: Das Kyoto-Zitat, wir waren da auf unserem Hochzeitsreise, wie er das so schön sagt.
Florian Bayer: Truman sagt, bitte nicht Kyoto, da waren wir auf unserer Hochzeitsreise, das ist zu hübsch.
Johannes Franke: Truman hat das gesagt, ne? Ne,
Florian Bayer: nicht Truman, Bullshit.
Johannes Franke: Ich hab den Namen auch nicht parat.
Florian Bayer: Nicht Roosevelt.
Johannes Franke: Nein, nein.
Florian Bayer: Eisenhower auch nicht. Ach scheiße, Mann. Nein,
Johannes Franke: das war nicht der Präsident.
Florian Bayer: Das war nicht der Präsident? Zu viele Menschen, zu viele wichtige Politiker. War es der Verteidigungsminister?
Johannes Franke: Vielleicht.
Florian Bayer: Das war auf jeden Fall eine Politikerrunde. Sicher, dass es nicht der Präsident war?
Johannes Franke: Nicht ganz.
Florian Bayer: Moment, lass mich kurz gucken. Kyoto, Atombombe, Hochzeitsreise, Honeymoon sollte ich eingeben. Stimson.
Johannes Franke: Stimson war es, genau.
Florian Bayer: Kriegsminister Henry Stimson.
Johannes Franke: Also, ich glaube, dass Stimson damals das nicht gesagt hat, das ist nicht wirklich überliefert, es hat aber... ein Schauspieler, nämlich der Schauspieler, der Stimson gespielt hat, damals am Set zu Nolan gesagt, dass dieser Mensch das gesagt haben soll. Also Schauspieler recherchiert ja selber seine Rolle und so und geht mehrere Quellen an und so und dann ist ihm das anscheinend über den Weg gelaufen. Aber, also am Set hat Nolan gesagt, okay, das nehmen wir mit rein, das ist schön zynisch, das illustriert sehr gut unser Bild, was wir vermitteln wollen, aber dass das wirklich übermittelt ist und dass das wirklich stimmt, Ist schwer nachzuvollziehen. Also eigentlich ist es nirgendwo wieder aufgetaucht. Aber ich finde das eine super Illustration. Ich muss Nolan da absolut recht geben, das da reinzunehmen. Selbst wenn er es nicht gesagt hat, ist es genau das, was ich denke die ganze Zeit. Ach du Scheiße, was für ein typischer Kommentar.
Florian Bayer: Hier wird mit Menschenleben umgegangen. Ja,
Johannes Franke: total.
Florian Bayer: Und das ist ja, wie gesagt, wir haben ja gesagt, die Atombombe auf Japan kann man als Kriegsverbrechen sehen. Es war ein Land, das... Und über einen konventionellen Krieg hätte es einen Sieg gegeben.
Johannes Franke: Sie hätten wenigstens was sagen können vorher. Sie haben ja total aus dem blauen Himmel heraus, naja blau war der Film schon lange nicht mehr, aber aus dem Nichts heraus einfach diese Bombe abgeworfen.
Florian Bayer: Sie wollten der Welt zeigen, was sie haben. Das war einer der Hauptgründe dafür. Der Krieg hätte auch anders beendet werden können. Der Krieg war eigentlich schon so gut wie vorbei. Aber auch da wieder, wir haben dieses Kriegsverbrechen meinetwegen, Atombombe auf Hiroshima und Nagasaki. Im 20. Jahrhundert hat die Existenz der Atombombe oder dann mehrere Atombomben auf beiden Seiten um einen sehr hohen Preis, nämlich dass ganze Generationen Angst vor einem Atomkrieg hatten, sehr viele Menschenleben gerettet. Und einfach weil es ein... Ein wesentlicher Garant dafür war, dass die Mächte nicht aneinander geraten sind, sondern dass es maximal diese aufreglichen Stellvertreterkriege gäbe. Aber stell dir mal vor, sowas wie Vietnam oder sowas wie Korea auf einer globalen Ebene, dann wäre von der Welt wirklich nichts mehr übrig. Und dass das nicht passiert ist, dass in Berlin nicht so gekämpft wurde und dass das in ganz Asien und so nicht so gekämpft wurde, ist auch ein Verdienst dieser Bombe. Deswegen finde ich, man kann zumindest einmal drüber nachdenken, wie viele Menschenleben hat die Bombe gerettet. Wahrscheinlich sehr, sehr, sehr viele.
Johannes Franke: Tja, ich finde es ist hoch spekulativ.
Florian Bayer: Absolut.
Johannes Franke: Und ich glaube, dass man dadurch da auch keine definitive Antwort geben kann einfach. Man kann sich in Überlegungen verstricken. Ich glaube, dass selbst wenn wir sagen, dass diese Bombe viele Menschenleben gerettet hat und wenn wir eine hypothetische Situation aufmachen, in der es mehr Menschen gerettet hat, als es gekostet hat. Bleibt das ein Kriegsverbrechen?
Florian Bayer: Ja, auf jeden Fall. Der Abwurf der Atombombe ist ein Kriegsverbrechen. Die Frage ist, wie wir die Existenz der Atombombe werfen, ohne dass die eingesetzt wird.
Johannes Franke: Ach so.
Florian Bayer: Ja, weil, dass die Atombombe eingesetzt wurde, das ist schrecklich. Und natürlich, bei dieser Bewertung der Existenz der Atombombe spielt natürlich auch immer eine Rolle, dass ständig die Gefahr in der Luft liegt, die war ja auch nicht virtuell, dass die eingesetzt werden könnte. Die Menschheit war mehrmals kurz davor, dass Bomben fliegen und dass dann alles vernichtet wird. Aber so ist es nicht gekommen, wir wissen nach. Der Abwurf der Atombombe auf Nagasaki war der letzte Atombombenabwurf auf bewohntes Territorium. Wir wissen, dass die Atombombe existiert hat, ohne eingesetzt zu werden. Und wir wissen, dass es einen Krieg gab zwischen zwei riesigen Mächten. Und alle haben sich entschieden, es gab quasi einen Weltkrieg von 1945 bis 1990. Und in diesem Weltkrieg gab es keine direkte Konfrontation, sondern nur Scharmützel an der Peripherie, die schrecklich waren. Aber es gab nicht die direkte Konfrontation wie im Zweiten Weltkrieg. Und ich glaube, die Atombombe ist dafür ganz stark mitverantwortlich.
Johannes Franke: Ich glaube, dass dieser alte Satz, müssen wir alles machen, was wir können, hier ganz groß zum Tragen kommt. Ich glaube, dass wir feststellen müssen, was wir können. Ich glaube insofern, dass die Bombe tatsächlich als theoretische Konstrukt und als theoretische Möglichkeit zu existieren eine gute Sache ist. Aber das habe ich vorhin auch schon gesagt, dass man im Grunde das, was Oppenheimer hoffte, Dass dieser Waffenstillstand entsteht, weil alle wissen, okay, wenn wir diese Bombe zünden, dann sind wir bald alle gänzlich von dieser Erde verschwunden. Dass das natürlich geholfen hat, auf jeden Fall. Also das theoretische Konstrukt ist wichtig. Und ich glaube auch, dass wir in Zukunft solche Sachen nicht unangetastet lassen sollten. Aber wenn wir jetzt zum Beispiel auf die KI gucken, wenn wir Sam Altman als modernen Prometheus sehen. Dann müssen wir uns die Fragen von vorne stellen.
Florian Bayer: Naja, die KI ist keine Waffe. Du kannst die KI... Oh,
Johannes Franke: du kannst KI als Waffe benutzen. Ja,
Florian Bayer: KI hat auf jeden Fall Gefahren und Missbrauchspotenzial und so weiter, aber ich finde, du kannst trotzdem nicht die Entwicklung von KI mit der Entwicklung der Atombombe vergleichen. Weil die Atombombe wurde gebaut, um Menschenleben zu vernichten und Menschenleben zu töten. Das wurde die KI nicht.
Johannes Franke: Der Ursprüngliche Zweck ist natürlich ein anderer, das stimmt. Aber ich glaube, dass die KI durchaus... Potenzial hat, wenn man in die eine oder andere Richtung zu sehr hinein sticht.
Florian Bayer: Das ist halt ganz spannend. Es wird ja auch erzählt, dass sie dann erfahren, dass Otto Hahn das geschafft hat, das Atom zu spalten und dann gucken sie sich das an. Und die beiden schlauen Wissenschaftler, nämlich Lawrence und Oppenheimer, sitzen da und sagen, ah, denkst du was? Ich denke ja natürlich. Weil sie direkt wissen, das ist eine Waffe. Das wird als Waffe eingesetzt. Das ist der erste Gedanke.
Johannes Franke: Nein, der erste Gedanke ist, das kann nicht sein. Ich rechne nach. Und er hat nachgerechnet und hat gesagt, das geht nicht. Und das ist tatsächlich passiert. Er hat nachgerechnet und hat gesagt, nö, geht nicht. Und dann kommen die von der Praxis rüber und sagen, jo, wir haben es gemacht.
Florian Bayer: Das ist wunderschön.
Johannes Franke: Das ist eine wunderschöne Szene und die ist genauso passiert und ich finde es ganz, ganz, ganz toll. Ich finde auch, da kommt das eigentliche Genie, darüber müssen wir kurz reden, das eigentliche Genie von Oppenheimer. Der ist ja gar kein toller Wissenschaftler. Der ist ja einfach nur ein genialer Typ im Reagieren und Wissen, was jetzt als nächstes gemacht werden muss. Der sitzt da, er ist einfach ein guter, begeisterter Redenschwinger. Einer, der es schafft, die Leute zu begeistern und im richtigen Moment zu sagen, okay, das machen wir jetzt, das machen wir jetzt und das machen wir jetzt. Naja,
Florian Bayer: der hat schon ein paar ganz gute, also ja, ich gebe dir recht zu großen Teilen, aber er hat schon ein paar gute, wichtige Arbeiten geschrieben. Wenn man sich die Biografie anschaut von Oppenheimer, damals, als er in Kalifornien war, hat er auch wirklich wissenschaftliche Arbeiten geschrieben. die sehr hoch angesehen waren. Er konnte offensichtlich nicht formulieren, weil manche haben gesagt, diese eine Arbeit, war es über schwarze Löcher? Irgendeine Arbeit hat er geschrieben und die hat gesagt, die versteht kein Mensch. Ja, genau. Keiner konnte was dazu sagen, weil niemand hat es verstanden. Und das ist immer der Fehler von dem, der schreibt. Wenn du was sagst, was keiner versteht, dann ist es dein Fehler.
Johannes Franke: Aber du kannst mir meine populäre Meinung jetzt nicht kaputt machen. Nein,
Florian Bayer: überhaupt nicht. Ich versuche jetzt den Leuten was zu geben,
Johannes Franke: woran sie festhalten können. Oppenheimer war kein guter Wissenschaftler.
Florian Bayer: Nein, aber kein Wissen. Oppenheimer war ein Dirigent.
Johannes Franke: Genau.
Florian Bayer: Okay, gebe ich dir.
Johannes Franke: Flipp das bitte.
Florian Bayer: Wir sehen ihn ja auch als Dirigenten oder wie auch immer, als Organisatoren. Genau, das kann er. Und es ist erstaunlich, wie gesagt, das war ja auch das, was wir schon hatten, dass der Film gar nicht so viel von seinem Charisma zeigt. Das ist ja unglaublich wichtig für dieses Orchestrieren von so vielen Menschen. Es war ein ganzes Dorf. Er war Bürgermeister von einem ganzen Dorf. Die hatten eine Kirche. Die hatten Freizeitanlagen.
Johannes Franke: Die hatten ein Freudenhaus.
Florian Bayer: Die hatten ein Freudenhaus. What the fuck?
Johannes Franke: Sie hatten... Also es war nicht geplant, ein Freudenhaus zu haben. Vor allem nicht in den USA als Städteplaner. Sondern es war so, die haben ja auch ganz viele Frauen, Ehefrauen, aber auch Frauen, die irgendwie, naja, Stenotypistinnen und so weiter sein sollten, die als... Sekretärin, na welche Jobs halt für Frauen damals da waren. Selbst die Biologinnen waren im Grunde diejenigen, die aufgeschrieben haben.
Florian Bayer: Es gibt wenigstens eine Szene, wo das kurz thematisiert wird. Finde ich ganz nett.
Johannes Franke: Und es wird im Film nicht thematisiert, aber dadurch, dass es fast eine Kleinstadt war, waren so viele Frauen da, dass die irgendwann gesagt haben, wir machen jetzt einfach so ein
Florian Bayer: Freudenhaus. Wir machen einen Puff.
Johannes Franke: Die haben wirklich einen Puff aufgemacht. Und dann gab es aber das Problem, dass es durchaus Krankheiten gab, die dann entstanden sind und sich ausgebreitet haben und dann hat irgendwann mal, ich glaube Groves, gesagt, Leute, das Ding ist zu. Er macht das nicht weiter. Und das Krasse ist, die haben das eine Weile zugemacht und dann kamen irgendwann die Beschwerden und der konnte sich irgendwann einfach nicht mehr gegen die Beschwerden wehren und das Ding musste wieder aufgemacht werden.
Florian Bayer: Also wenn man manchen Geschichten aus Los Alamos glauben schenkt, war das ein riesiges Fick-und Sauflager. Das ist total krass, die haben die ganze Zeit gesopft, gefögelt. Die hatten halt auch, ich meine, du sitzt da in der Wüste, du bist komplett abgeschieden von allen Kontakten außerhalb. Wenn du Glück hast, wenn du schon verheiratet bist, hast du halt eine Familie, aber ich meine, da waren ja auch junge Wissenschaftler, dann hast du halt nicht viel. Und natürlich, wenn du in der Wüste bist, säufst du und vögelst du, was willst du denn machen? Kannst dich sonnen lassen, aber dann kriegst du einen Sonnenbrand.
Johannes Franke: Aber das unterstreicht nochmal meinen Punkt, dass Oppenheimer einfach ein sehr guter Führer war. Der wusste von Anfang an, die Wissenschaftler, die ich brauche, kommen nur, wenn die Familie mitkommen kann. Das von Anfang an alles ordentlich einzuplanen, das zeugt von, ich weiß, wie es läuft.
Florian Bayer: Absolut. Und ich finde es tatsächlich stark, dass der Film uns auch Oppenheimer nicht als den Zweifler verkauft, der er zu der Zeit nicht war. Sondern dass Oppenheimer der ist, der das Ding vorantreibt, der das Ding pusht. Der sagt, wenn irgendwie Fragen kommen zum Thema Moral, sagt er, ey, wir sind Theoretiker. Ich bin Theoretiker, ich habe dazu nichts zu sagen. Er macht das, was Groves ihm sagt. Er ist sogar... Er schwärzt sogar fast, ohne es zu wollen, schwärzt er ja fast seinen Freund an. Also er schwärzt seinen Freund an, ohne seinen Namen zu nennen und verstrickt sich dabei in wirklich unglückliche Äußerungen. Aber er will ein guter Amerikaner sein.
Johannes Franke: Er ist ein bisschen naiv auf diesem Gebiet, habe ich das Gefühl.
Florian Bayer: Nee, er ist nicht naiv, er ist einfach obrigkeitshörig.
Johannes Franke: Ja, auch das, ja.
Florian Bayer: Und das ist, glaube ich, ein ganz wesentliches Charaktermerkmal von ihm, was teilweise sehr schön auserzählt wird, auch in den Verhören. Später Oppenheim ist eigentlich ein ziemlich obrigkeitshöriger Mensch, dafür, dass er so eine rebellische Natur auch hat. Wenn ihm eine Autorität eine Frage stellt, dann antwortet er darauf.
Johannes Franke: Ja, und wenn ihm eine Obrigkeit sagt, hier, zieh eine Uniform an, während du auf dem Gelände bist. Dann zieht er dir erstmal an, bist dein bester Freund und sagt, Alter, zieh das scheiß Teil aus. Bist als Wissenschaftler hier und nicht als Soldat.
Florian Bayer: Und wenn ihm irgendein Wissenschaftler, der ihn davor verraten hat, die Hand reicht, dann erwidert er das. Also er ist schon... Das stimmt. Ich finde, das wird gut erzählt, weil Oppenheimer... Es ist die Person, an die wir uns die ganze Zeit klammern in diesem Film. Es ist unsere Identifikationsfigur, weil hauptsächlich seine Perspektive erzählt wird. Und der Film schafft es, uns ihn trotzdem in seinen Ambivalenzen zu erzählen, in seinen Schwächen. Und dazu gehört eben unter anderem, dass er so opportunistisch und umbrichkeitshörig ist. Und bis zu dem Punkt, wo er, und dann sogar noch darüber hinaus, wo er dann da in dieser, es ist eine Kirche, es ist ein Versammlungsraum, in dem Versammlungshaus steht, nachdem die Bombe abgeworfen wurde.
Johannes Franke: Oh mein Gott.
Florian Bayer: Und dann sagt... Ich weiß nicht, wie Bombe war, aber ich bin sicher, den Japanern hat sie nicht gefallen. Und wir sehen schon so ein bisschen diese, dazu muss ich gleich kommen, diese Frage nach seiner Reue. Und ich habe dazu auch nochmal einen Outtake zu seiner Reue. Aber er zieht es trotzdem durch, dass er seine Rede hält und sagt, gut gemacht, wir haben 250.000 Menschen getötet. Yay, go on.
Johannes Franke: Ja, der Film gibt ihm natürlich eine Tendenz. Eine massive Tendenz, in dem er zwar die Rede akkurat wiedergibt, aber dem natürlich inszenatorisch wahnsinnig viele Gewissensbisse reingibt.
Florian Bayer: Ja, dann zeigen wir einmal eine verbrannte Leiche, auf die du zufällig trittst.
Johannes Franke: Und wie den Leuten im Publikum durch die Atombombe die Haut vom Gesicht gefetzt wird und so weiter. Also es ist schon wirklich inszenatorisch ganz tief in den Topf reingegriffen.
Florian Bayer: Das ist dann nämlich auch zu viel. Weil genau bis zu dem Punkt denke ich, ja, das ist Oppenheimer, opportunistisch, ich bin Theoretiker, ich mache das, ich mache meinen Job. Und dann aber diese Zerrissenheit, weil es wird erzählt, er ist in ein Loch gefallen danach. Ich glaube nicht, dass das Reue war. Ich glaube, das war ein typisches Loch von, ich hatte ein riesiges Projekt. Ich habe fünf Jahre an einem riesigen Projekt gearbeitet, jetzt ist es vorbei, scheiße, was mache ich jetzt? Ich glaube, das erste Loch, in das er gefallen ist, wo gesagt wurde, er war depressiv, er war so... von Zweifeln geprägt, er konnte nicht schlafen und so weiter. Ich glaube, das ist nichts anderes als das Loch nach dem erfolgreichen Projekt. Ich glaube nicht, dass das schon der Moment war, wo er diese Gegnerschaft zur Wasserstoffbombe entwickelt hat.
Johannes Franke: Aber dass es dieses Loch gab, ist tatsächlich verbirgt. Das wissen wir. Kitty hat das auch berichtet. Alle möglichen Leute, die ihn kannten, haben gesagt, es war nicht gut drauf.
Florian Bayer: Aber das bin ich auch nicht. Also ich falle nicht in so ein Loch. Aber wenn ich ein großes Projekt abgeschlossen habe, dann ist es auch so. Du kennst das doch bestimmt auch vom Moment der Ernüchterung, der Erschlaffung und dein Körper sagt jetzt, du hast so drauf hingearbeitet, jetzt hast du es geschafft. Okay, jetzt ist es erstmal so, jetzt kommt der ganze Stress raus.
Johannes Franke: Ja und auch überhaupt, wenn du auf so einem High warst und dann ist plötzlich Ruhe, dann ist natürlich erstmal ein Loch da und du denkst dir um Gottes Willen, was ist hier? Ich habe alles, woran ich mich festgehalten habe in den letzten Jahren, ist einfach weg.
Florian Bayer: Und ich glaube nämlich, das ist auch der zweite Punkt und das ist ziemlich hart und ich weiß nicht, es kann sein, dass nicht viele Historiker damit konform gehen. Ich glaube, was halt Oppenheimers spätere Reue und vor Opposition gegenüber Waffenbau und Aufrüstung auch war, war, ich bin der Vater der Atombombe. Mein Baby wird nicht durch ein anderes Baby verdrängt. Oh,
Johannes Franke: das ist auch ein bisschen zynisch.
Florian Bayer: Ja, ich glaube, das hat aber auch eine Rolle dabei gespielt.
Johannes Franke: Nein, das möchte ich nicht wissen. Nein, also ich muss sagen, der Film hat es geschafft, mich da ein bisschen reinzuehen. Also die Frage bleibt im Raum für mich immer. Ob das nur Opportunismus und ob das nur der Versuch ist, sich ein bisschen... Also es ist ja so, dass er gesagt hat, es gab ein Theaterstück über sein Leben, noch zu Lebzeiten. Er hat sich dieses Theaterstück angeschaut und hat einen offenen Brief geschrieben, in dem er gesagt hat, also diese ganzen Gewissensbisse und so, die ihr reingeschrieben habt, ich habe nie bereut, dieses Projekt zu machen. Also es war ihm schon wichtig, nochmal ganz klarzustellen, Das Manhattan-Projekt ist sein Projekt gewesen und dahinter steht er an sich.
Florian Bayer: Genau. Aber jetzt keine Wasserstoffbombe.
Johannes Franke: Ja, aber er hat sich ja auch gegen den Einsatz von weiteren Atombomben...
Florian Bayer: Oh mein Gott, ich bin plötzlich der Chefankläger. Da hatten sie plötzlich moralische Bedenken und da nicht? Wie passt das zusammen? Keine moralische Bedenken, moralische Bedenken. Keine moralische Bedenken, moralische Bedenken.
Johannes Franke: Weißt du, was ich, glaube ich, wahnsinnig wichtig finde, ist das, was du gesagt hast, dass man Oberrichtkeitshörigkeit bei ihm so sehr spürt. Und das macht es für mich ein kleines bisschen tragisch als Figur. Man versucht, das Richtige zu tun. Amerika sagt, ich muss das machen, also mache ich das. Und er sagt ja auch oft genug, ich bin nicht die moralische Instanz, sondern ich bin der Wissenschaftler, der euch das Ass in den Ärmel hineinsteckt. Und wann ihr dieses Ass im Ärmel zieht und auf welche Art und Weise, das ist euer Ding. Das müsst ihr wissen und machen. Dann sieht man sich natürlich schön aus der Affäre und so. Finde ich moralisch nicht geil. Aber... Aber das ist sein Standpunkt. Und dann, ich kann mir aber total vorstellen, dass wenn man dann den Einsatz dieser Bombe sieht, dass das durchaus nochmal mit einem etwas macht. Und dass man durchaus nochmal merkt, scheiße, ich will eigentlich nicht, dass das Ding wirklich eingesetzt wird. Ich wollte eigentlich vor allem Hitler irgendwie den Wind aus dem Segel nehmen. Das hat dann irgendwie, haben wir es doch zu Ende gebracht, weil alle gesagt haben, wir müssen. Aber irgendwann ist halt auch mal gut. Und irgendwann merke ich auch, dass das in eine Richtung geht, die einfach zu krass ist. Und ja, man könnte dann sagen, ja, dann hättest du mal vorher drüber nachdenken können. Aber ich denke dann auch, ja, besser spät als nie.
Florian Bayer: Wir sehen ja nichts von der Bombe. Also wir sehen die Bombe, wie sie explodiert beim Test. Wir sehen Trinity, aber wir sehen nichts von den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki. Es gibt den Vorwurf, der dem Film gegenüber gemacht wird, dass er... Die Täterperspektive. Ja. Willst du was dazu sagen?
Johannes Franke: Ich bin so unentschlossen. Ich weiß, es wäre eigentlich schon gut, eine Opferperspektive zu erzählen, aber dann ist es halt auch ein anderer Film. Und es gibt ja Filme, die die Opferperspektive haben.
Florian Bayer: Das wäre auch meine Haltung. Ich finde den total dumm. Weil wenn du das Leben von Oppenheimer erzählst, erzählst du das Leben von einem Täter. Ja. Und du erzählst, wie Oppenheimer den Atombombenabwurf in Nagasaki und Hiroshima mitgekriegt hat. Und das war halt übers Radio. Ja. Und das mehr ist es nicht. Und deswegen, ich finde es eine sehr gute Entscheidung von dem Film, uns das gar nicht zu zeigen. Wenn du das so machst, dann musst du geradeaus fahren und dann finden die Atombombenabwürfe nur als Text statt. Und als Opferzahlen, die dir genannt werden, als potenzielle Opferzahlen und die Übertragungsleistung, da gab es Opfer, die musst du dann auch ein bisschen bringen.
Johannes Franke: Ja, weil ich glaube, wenn man dann anfangen würde, das tatsächlich zu machen, dann auch Perspektive zu zeigen. Dann kannst du nur verlieren, weil du hast ja drei Stunden Film und dann müsstest du den ganzen Film darum spielen lassen, weil du sonst garantiert viel zu kurz kommst.
Florian Bayer: Und deswegen ist diese Szene in dem Saal auch so blöd, wenn gezeigt wird, wie ihre Gesichter schmelzen, wie er in diese Leiche tritt.
Johannes Franke: Aber es ist seine Perspektive, da komme ich mit. Ja,
Florian Bayer: aber der Film betreibt dann halt auch so ein bisschen so eine Romantisierung von meiner Meinung nach, von seiner Reue. Wie gesagt, er bereut es nicht, das gemacht zu haben. Und jetzt will der Film hier verkaufen, dass er am Abend, an dem das abgeworfen wurde, wo er das gehört hat, da ist versetzt eine Reue ein, die ihn fertig macht?
Johannes Franke: Nein, das merkt man doch vorher schon. Weißt du, was du vorhin mit dem Test der Atommomber, als sie das erste Mal hochgeht in diesem Testzentrum, übrigens dreimal so groß die Reichweite wie berechnet. Und es ist so geil, weil die vorher ja darüber reden. Ist das genug Abstand? Ich weiß es nicht. Und er sagt, du hast es berechnet. Du hast also jetzt Zweifel anzumelden nach deiner Berechnung. Ich weiß nicht, was das soll. Es wird Zeit, dass du daran glaubst, was du berechnest.
Florian Bayer: Es ist so geil, wie schlampig die damit umgegangen sind. Ja,
Johannes Franke: total krass.
Florian Bayer: Es gibt ja auch diese Geschichte von diesen Halbkugeln, die zusammengeübt wurden und dann strahlen. Und die wurden mit einem Schraubenzieher auseinandergehalten. Und der Schraubenzieher ist dann auch irgendwann mal wo weggeklappt. Die Dinger waren zusammen. Und Strahlung für... mehrere Leute, die dann auch wirklich tödliche Folgen hatte.
Johannes Franke: Wie krass ist das?
Florian Bayer: Die sind so schlampig mit dieser Energie umgegangen. Und allein, dass sie auch rechnen und sagen, ah, okay, es könnte sein, dass wir die ganze Atmosphäre zerstören.
Johannes Franke: Was für ein krasses Ding ist das?
Florian Bayer: Was machen wir denn jetzt?
Johannes Franke: Ich find's aber geil, wie Nolan damit umgeht, ne? Wie er das möglichst früh einbringt, damit wir den ganzen Film über Dome Dagnach denken und denken... Was macht ihr hier? Hat jemand mal darüber nachgedacht, dass Nier Null, also nahe Null-Wahrscheinlichkeit nicht Null ist?
Florian Bayer: Nein, Nolan hat nicht mit Albert Einstein darüber geredet.
Johannes Franke: Nein, nein, nein.
Florian Bayer: Es gibt tatsächlich, mit irgendjemandem hat er drüber geredet.
Johannes Franke: Ja, ich hab den Namen aber vergessen.
Florian Bayer: Aber Nolan war, also Nolan Oppenheimer war, kannte Einstein, fand Einstein tatsächlich auch teilweise beeindruckend, aber für Oppenheimer war Einstein immer... Was auch gesagt wird im Film, ein Physiker vergangener Zeiten. Und Oppenheimer konnte mit der Religiösität von Einstein überhaupt nichts anfangen.
Johannes Franke: Ja, verstehe ich auch. Ja,
Florian Bayer: verstehe ich auch.
Johannes Franke: Aber was ich schön finde, was der Film sagt, ist, irgendjemand sagt zu Oppenheimer, warum gehst du jetzt zu Einstein? Ihr seid beide völlig unterschiedlicher Meinung, was das betrifft. Und Oppenheimer sagt, ja genau, deswegen gehe ich ja zu Einstein. Und das finde ich eine super wichtige Haltung, eine wissenschaftliche Haltung.
Florian Bayer: Meine Antwort wäre gewesen, weil Tom Conti wirklich ein guter Schauspieler ist, wenn wir den nochmal sehen wollen.
Johannes Franke: Der ist übrigens im Kostüm auf dem Campus rumgelaufen und hat sich gefreut, wie die Studenten reagieren.
Florian Bayer: Er gibt einen sehr guten Einsteiner.
Johannes Franke: Ja, muss man sagen. Sehr, sehr gut gemacht. Eigentlich wollte ich auf etwas ganz anderes hinaus, aber ich weiß nicht mehr, wo wir vorher waren, bevor wir die Tour genommen haben.
Florian Bayer: Weltzerstören, Kettenreaktion.
Johannes Franke: Vorher?
Florian Bayer: Wissenschaftler gehen schlampig mit dem Projekt um.
Johannes Franke: Noch vorher. Viel weiter.
Florian Bayer: Ui. Du hast gesagt, hallo liebes Publikum, herzlich willkommen.
Johannes Franke: War Oppenheimer ein Spion? Was? Spion für die Russen, das stand im Raum.
Florian Bayer: Ja, aber...
Johannes Franke: Ja, war es oder war es nicht?
Florian Bayer: Nein, natürlich war es nicht.
Johannes Franke: Oppenheimer ist tatsächlich in Listen aufgetaucht von Russen, von ihren Spionen.
Florian Bayer: Ja, weil genau, weil er angesprochen, weil er kommunistische Kontakte hatte und weil er angesprochen wurde von Leuten. Deswegen hat er das ja auch dem FBI erzählt.
Johannes Franke: Aber er wurde eindeutig als Spion.
Florian Bayer: Ja, aber es ist nicht viel notwendig, um auf Spionlisten aufzutauchen. Okay. Diese Listen, tatsächlich gab es diese Listen auch aus der DDR-Zeit, wo Menschen draufstehen, die als Informanten oder ich glaube Informant ist dann das Wort.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Und da standen Menschen drauf, die haben gesagt, warum stehe ich da drauf? Ehrlich, ich schwöre, ich weiß nicht, was ich damit zu tun habe. Und Oppenheimer hatte einfach viele Kontakte zu Kommunisten.
Johannes Franke: Ja. Und es gab in Los Alamos tatsächlich noch mehrere nicht identifizierte Spione. Ja.
Florian Bayer: Und witzigerweise ist der der Hauptspion, der der aufgeflogen ist, wurde nicht von Oppenheimer eingestellt. Den Fuchs hat Oppenheimer nicht reingebracht. Ja, nee, ich glaube nicht. Glaubst du, dass Oppenheimer ein Spion war?
Johannes Franke: Nein.
Florian Bayer: Der hatte viel zu viel Angst davor. Also das ist auch dieser Opportunismus und dieses Obrigkeitshörige. Also wir haben die Geschichte ja auch, wir wissen... Er ist sehr proaktiv zu einem vom FBI gegangen, vom Militär und hat gesagt, ich hatte da so ein Gespräch und es gab den Versuch, Informationen zu kriegen und ich wollte Ihnen das sagen, weil mir wurde gesagt, wenn sowas ist, dann soll ich ganz schnell petzen gehen. Also dieser Oppenheimer, der das macht und das wissen wir, dass er das getan hat, der taugt nicht zum Spion.
Johannes Franke: Ja,
Florian Bayer: das stimmt. Und dann haben sie ja wirklich in der Kacke gewühlt, um ihm diese Sicherheitsfreigabe zu entziehen. Und das, was sie gefunden haben für diese Anhörung, mehrere hochrangige Leute, die alles hatten, die ihnen jahrelang abgehört hatten, haben nichts anderes gefunden, als dass er eine Kommunistin gefögelt hat und ein Gespräch hatte mit einem FBI-Beamten. Also nein, die hätten was gefunden. Wenn was gewesen wäre, hätten sie es gefunden.
Johannes Franke: Wie crazy ist übrigens diese Anhörung? Das ist schon echt krass, oder? Und auch, dass es von Strauss so eingefädelt war und es ist ja auch einigermaßen akkurat, was die historische Sache betrifft.
Florian Bayer: Ich finde es halt ein bisschen schade, dass die Motivik von Straws so sehr reduziert wird auf die Eitelkeit. Aber ja, natürlich, das war eine Anhörung. Und was krass ist, dass sie auch, wir befinden uns in der McCarthy-Ära. McCarthy wollte übrigens auch an Oppenheimer ran. Und dann hat Straws und mit dem er jetzt zusammengearbeitet hat, die haben zu McCarthy gesagt, nee, nee, Oppenheimer gehört uns. Die hatten das auch schon mal zum Thema, dass zur Zeit der McCarthy-Ära verschiedene Institutionen darum gebuhlt haben, gekämpft haben, wen sie dran kriegen dürfen, weil das war so ein Prestigeprojekt. Wenn du diesen Schauspieler fickst... Dann kriegst du zehn Punkte.
Johannes Franke: Mit den zehn Punkten.
Florian Bayer: Und die haben gesagt, McCarthy, du fickst Oppenheimer nicht, der gehört uns. Und dann haben sie es halt so doch anders gemacht, nicht so ein großer öffentlicher Prozess, sondern sie haben dieses kleine, enge Zimmer, sie haben diese Protokolle, aber natürlich nach demselben Drehbuch wie dieser öffentlichen Schauprozess. Und es ist krass und es ist halt spannend, weil wir ja wirklich den wir wissen, was da gesagt wurde und das wurde halt wirklich da gesagt. Der der Von den Dialogen ist dieser Film extrem nah am Originalprozess, den man heute noch nachlesen kann.
Johannes Franke: Das ist übel. Das ist so, so übel, weil er wirklich keinen Einfluss, ihr habt den Film gesehen, wir müssen das nicht wiederholen, aber er hatte keinen Einfluss, keine Einblicke in die Akten der Anwalt, der nur im Dunkeln getappt. Einfach keine Chance. Das ist schon echt hart. Und ich verstehe auch so ein bisschen, warum Oppi dann da sitzt und... und sehr stoisch einfach das Ganze über sich ergehen lässt, weil er merkt, er hat einfach sowieso keine Chance. Es ist ja am Ende ein Kampf, der nicht zu gewinnen ist. Und ich verstehe auch sie, dass Kitty sagt, ihr kämpft doch endlich. Aber ich verstehe auch total ihn, der sagt, na ja, was soll ich jetzt noch machen? Was ich nicht verstehe ist, dass er nicht die Weitsicht besessen hat zu sagen, ich muss mich da gar nicht erst drum kümmern. Nehmen wir die sowieso weg, die Clearance. Also warum sollte ich mich jetzt noch auch nach diesem Tribunal aussetzen?
Florian Bayer: Ja, das ist tatsächlich, keine Ahnung.
Johannes Franke: Aber da kommt es rein, dass ich denke, dass er ein bisschen naiver auf manchen Ebenen, auf so menschlicher Ebene, vielleicht ein bisschen naiv.
Florian Bayer: Ja, das ist natürlich auch ein Teil von dieser Obrigkeitsführigkeit. Vielleicht wusste er auch, was da passiert ist, aber er ist auch vielleicht, vielleicht ist es auch das, vielleicht ist es nicht Naivität, er wusste, was da passiert, aber er ist seiner Bürgerpflicht nachgekommen.
Johannes Franke: Das ist die große allgemeine Frage. Darf man als Wissenschaftler... Politik betreiben. Also darf man für die Politik Wissenschaft betreiben.
Florian Bayer: Natürlich.
Johannes Franke: Weiß ich nicht. Ist das was, was losgelöst sein sollte von Politik? Wie Religion und Politik hier eigentlich getrennt sein soll? Nein,
Florian Bayer: auf keinen Fall, weil wir wollen doch eine Politik, die sich an Wissenschaft orientiert und die sich von Wissenschaft helfen lässt.
Johannes Franke: Naja, aber was ich meine, ist natürlich ein kleines bisschen andersrum. Also er macht ja die Wissenschaft für eine politische... politisch gewolltes Agitieren. Also eine politische Richtung, die jetzt in diesem Fall Krieg bedeutet.
Florian Bayer: Nee, Krieg ist Kacke. Aber sagen wir mal, du bist Wissenschaftler, eine Stadt kommt auf dich zu und sagt, wir wollen hier ein Millionenprojekt machen, ein Gebäude für Obdachlose hier am Rande von Berlin. Weißt du, dann sagst du doch natürlich, ja lass mich das entwerfen, dass das eine coole Struktur hat und so weiter. Ja,
Johannes Franke: aber das ist ja kein Wissenschaftler, das ist ein Architekt, den du gerade beschreibst. Dann sag...
Florian Bayer: Dann kommt die Politik auf dich zu und sagt, hey, wir brauchen unbedingt Krebsmedikamente. Forsch hier, du kriegst hier Geld. Das haben wir doch ständig, dass Politik Geld in Wissenschaft pumpt, dass sowas entwickelt wird wie im medizinischen Bereich.
Johannes Franke: Ja, aber da meinst du vielleicht eine andere Politik als ich jetzt. Weil das eine ist ja eine Politik, die in der Demokratie einfach sagt, okay, wir müssen Gelder verteilen, die wir als Steuern einnehmen, damit es gesamtgesellschaftlich vorangeht. Aber in diesem Falle, wenn ich mir diesen amerikanischen Vorstoß anschaue, dann ist das ja, da hat kein einziger Bürger dieses Landes einmal gesagt, ja, das ist eine gute Idee, lass uns mal geheimes Geld in geheime Projekte stecken, die einen Massenvernichtungsfahnden herstellen.
Florian Bayer: Okay, das ist jetzt aber auch wirklich ein konkretes Beispiel. Die Frage, wenn du die Frage verkürzt auf, sollte ein Wissenschaftler eine Bombe bauen für ein Land, das damit 250.000 Menschen... Kaputtbomb würde ich sagen, nein. Gut, dann solltest du nicht.
Johannes Franke: Aber gibt es nicht eine Verallgemeinerung der Frage, die irgendwie ein bisschen was ableiten lässt, moralische Standpunkte ableiten lässt?
Florian Bayer: Politik und Wissenschaft sollten zusammenarbeiten, genauso wie Politik und Wirtschaft und Politik und NGOs, weil das in einer demokratischen Gesellschaft wichtig ist, dass alle an einem Strang ziehen.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Oder besser gesagt, dass alle sich einbringen und jeder sich so einbringt, wie er sich einbringen kann in die Entwicklung der Gesellschaft.
Johannes Franke: Aber wer ist wem höre ich hier?
Florian Bayer: Das ist natürlich eine Frage, die immer ausgehandelt werden muss und worauf man immer achten muss. Aber wir leben ja in einer Demokratie, das heißt Kompetenzen ändern sich. Du hast Regierungen, die neu gewählt werden, du hast neue Leute, die... Und dann funktioniert das vielleicht eher auf so einer Projektebene. Aber natürlich gibt es Wissenschaft und Politik. Ich will Wissenschaft und Politik irgendwie miteinander verzahnt sehen, solange keine Atomwaffen gebaut werden.
Johannes Franke: Solange keine Atomwaffen gebaut werden.
Florian Bayer: Aber guck mal, die ganze Entwicklung der erneuerbaren Energien ist doch das perfekte Beispiel, wie das funktionieren kann, ohne dass es kacke ist.
Johannes Franke: Ja, ja,
Florian Bayer: das stimmt. Das ist ja auch ein Mammutprojekt. Wir rufen zur Energiewende auf. Das ist ja was, was auch vom Staat kommt.
Johannes Franke: Ah, ich hatte halt gehofft, man lernt mal was draus oder sowas, was man allgemein anwenden kann, wo man sagt, okay, das ist vielleicht keine gute Idee in einer bestimmten Form für politische Zwecke.
Florian Bayer: Ich glaube, dafür ist dieser Film zu apolitisch.
Johannes Franke: Ja, vielleicht. Wie ist es denn dann andersrum? Darf man Wissenschaft der Wissenschaft willen betreiben, ohne die gefährlichen Implikationen zu beachten?
Florian Bayer: Das ist eine schwierige Frage. Es gibt selten wissenschaftliche Erkenntnisse, die nur... gefährliche Implikationen haben.
Johannes Franke: Ja, na klar.
Florian Bayer: Ich meine, die Kernspaltung hat ja auch Potenzial für Energiegewinnung und so weiter, wie wir nachher wissen. Und das ist ja cool, also dass die Kernspaltung gefunden wurde, hat ja im 20. Jahrhundert auch viel Gutes gemacht. Auch wenn wir froh sind, dass jetzt die letzten Atomkraftwerke abgeschaltet sind.
Johannes Franke: Ja, ja,
Florian Bayer: ja. Eigentlich würde ich mich an den Standpunkt stellen und sagen, Wissenschaft ist nicht moralisch. Erkenntnisgewinn kann nicht moralisch sein. Du musst Erkenntnisse gewinnen, losgelöst. Erstmal, wenn es nur darum geht, die Erkenntnisse zu gewinnen, wie du damit umgehst, ist eine andere Frage. Aber du musst Erkenntnisse gewinnen dürfen, ohne dass eine moralische Frage da dazwischen steht.
Johannes Franke: Ja, wobei du auch nicht ignorieren darfst, dass wir halt Menschen sind. Und Menschen werden immer die schlimmsten Sachen mit den Dingen machen.
Florian Bayer: Aber eine Erkenntnis, was Neues zu lernen, was man vorher nicht wusste, ist erstmal positiv.
Johannes Franke: Ja, ja, ich stimme dir absolut zu. Und ich bin auch nicht der Meinung, dass man Dinge nur wegen ihrer... potenziellen Schlechtigkeit durch schlechte Menschen verteufeln sollte oder gar nicht erst anstoßen sollte. Das ist wie die Verantwortung den Opfern geben. Du hättest dich halt nicht so freizügig anziehen sollen. So eine Argumentationskette ist das. Aber trotzdem muss man mit dem arbeiten, was man weiß, was man an Menschen da hat im Planeten. Man sollte sich trotzdem darüber Gedanken machen, was das bedeuten könnte.
Florian Bayer: Ja, na wichtig ist halt genau, dass du mit allen Erkenntnissen, die du gewinnst, dass du die dann halt wiederum, dass du halt die moralischen Indikationen auch danach stellst, dass du sagst, okay, wir wissen das jetzt. Wir wissen, wir können Atomkerne spalten. Was bedeutet das und was sind die moralischen Fragen, die dabei aufkommen? Wir können jetzt, wir können Maschinen entwickeln, die... Denken können, dass annähernd ähnlich ist wie Menschen denken? Was bedeutet das? Was sind die moralischen Fragen, die daraus entstehen? Wie freundlich muss ich zu einer KI sein? Ich bin immer scheißfreundlich zu Tchikiki. Ich auch. Ich kann nicht anders. Ich sag so oft, bitte, danke, gut gemacht. Ja, genau. Wie so ein kleines Hütschen.
Johannes Franke: Weißt du, was mir am letzten Ende dieses Films noch fehlt und was so ein Problem für mich ist? Dass ich nicht mehr weiß, weil Oppi so wahnsinnig stoisch ist, was die Stakes eigentlich sind. Wenn der seine Clearance verliert, na und?
Florian Bayer: Ja.
Johannes Franke: Warum, ist das ein Problem? Ich weiß ja nicht.
Florian Bayer: Es ist ja auch tatsächlich nicht so, also natürlich ist es so, tatsächlich was, was, also ja, es war natürlich, der ganze Prozess war richtig ätzend und so weiter.
Johannes Franke: Ja, genau.
Florian Bayer: Aber Oppenheimer war ja, so wie er isoliert war in diesem Moment, das hat ja nicht so lange angehalten, ne? Der war ja, der hat dann, der 55 hat er für Rowold gearbeitet. Übrigens auch ganz spannend, dass der Film komplett... da den Cut setzt. Ich hätte die ganze Zeit gedacht, vielleicht hätte er doch besser am Ende von Lost Alamos den Cut gesetzt. Aber dazu kommen wir nachher beim Fazit. Er hat bei Rowold gearbeitet, er war in verschiedenen Gremien unterwegs, er hat Vorträge gehalten, es wurde von Anfang an, vor allem von der Scientic-Community, gesagt, das ist voll kacke, was mit dem passiert ist.
Johannes Franke: Und du,
Florian Bayer: Louis Strauss und Du Edward Teller, ihr seid die letzten Wichser. Das wurde sehr früh gesagt und zwar vor 1960. Das heißt, es gab eigentlich schon diese Redemption schon länger. Der Impact war nicht so groß. Ja, er hat seine Rechte verloren, da in der Kommission zu arbeiten ist. Er war nicht mehr bei diesem Institut von Louis Strauss. Er war trotzdem anerkannt. Und er hat dann ja auch, ich meine, wir haben dann Anfang der 60er Jahre, war er rehabilitiert und dann war ja Kennedy und Johnson und dann haben sie ihm alle die Hände geschüttelt. Ja. Also es war einfach nicht so ein krasser, langer Teil seines Lebens, der hier in vollkommener Isolation stattgefunden hat. Die McCaffey-Ära hat andere deutlich härter getroffen als Oppenheimer.
Johannes Franke: Das stimmt. Ja, deswegen ist aber auch das Ende für mich so ein bisschen, ja, dieses Ding ist scheiße. Und deswegen will ich dem auch weiter folgen. Aber so ein kleines bisschen ist mir rätselhaft, was jetzt das Problem daran ist.
Florian Bayer: Nolan wird ja oft vorgeworfen, dass er keine Emotionen kann. Wie denkst du es denn bei diesem Film?
Johannes Franke: Ich bin mehrmals den Tränen nah, aber wegen des Themas der Atombombe. Weil ich genau die Implikationen kenne, was die Atombombe angerichtet hat. Und ich dann denke, gutes Thema, gut gewählt. Die Leute müssen das gar nicht transportieren, das macht die Atombombe selber.
Florian Bayer: Für mich bleibt das Urteil stehen. Er ist ein bisschen emotionaler als bei seinen letzten Filmen. Es ist nicht ganz so technokratisch wie Tenet oder wie Interstellar, aber Emotionen kann Nolan immer noch nicht besonders gut.
Johannes Franke: Aber er hat gut drum herum gearbeitet, finde ich. Das ist halt das Schöne.
Florian Bayer: Nolan kann Emotionen nur als bombastischen Pathos. Wie fandst du die Musik? Kein Hans Zimmer. Entschuldigung. Hans Zimmer hat echt tolle Sachen gemacht.
Johannes Franke: Hans Zimmer hat tolle Sachen gemacht.
Florian Bayer: Hans Zimmer ist ein...... Passt ja auch voll zu Nolan, dieses Trönen und dieses Alles ist Musik. Aber ich bin echt froh, dass Nolan sich mal für jemand anderes entschieden hat. Und der kommt ein bisschen aus der Hans-Zimmer-Schule, ist aber nicht ganz so monothematisch, sag ich mal. Ludwig Göransson macht es meiner Meinung nach gut.
Johannes Franke: Hervorragend.
Florian Bayer: Als Musik, die einfach Stimmung und Dramaturgie aufgreift und damit so ein bisschen spielt. Ja,
Johannes Franke: voll.
Florian Bayer: Ja, es ist gut. Also es ist schon wieder sowas, was man im neuen Film erwartet. Es ist halt ein Teppich. Er ist überall. Aber er ist ein bisschen verspielter als zuletzt dieses Brrrrp. Und bin ich zufrieden damit. Ja,
Johannes Franke: ich finde es auch total gut. Absolut.
Florian Bayer: Wollen wir zur Top 3?
Johannes Franke: Unsere Top 3.
Florian Bayer: Ka-Wurm.
Johannes Franke: Ka-Wurm ist also nicht nur drei.
Florian Bayer: Hauptsache Ka-Wurm.
Johannes Franke: Also Explosionen in Filmen.
Florian Bayer: Explosionen in Filmen. Ich glaube, wir haben wir haben bestimmt ähnliche Dinge an der Liste stehen. Ich befürchte es nicht.
Johannes Franke: Mal gucken, mal gucken. Ich bin sehr gespannt. Ich muss mal kurz sortieren.
Florian Bayer: Ich muss ja Gott sei Dank anfangen. Ich habe zwei, zwei, zwei, zweimal zwei vergeben. Ich habe zwei Ties.
Johannes Franke: Okay.
Florian Bayer: Weil ich kann mich nicht entscheiden. Entscheide dich, Bro. Nein, ich kann mich nicht entscheiden. Dinge, die sehr nah beieinander liegen. Und zwar deswegen auf Platz 3 und 4 zusammen.
Johannes Franke: Okay, erzähl.
Florian Bayer: Und zwar beides Sucker Abrahams. Entweder nehme ich Top Secret. Da gibt es eine tolle Autoverfolgungsjagd, wo ein Wagen dann ganz am Schluss so ganz klein, also Spoof-Filme, Komödien, ganz leicht das andere Auto berührt, so pling. Und dann macht es, es gibt eine Riesenexplosion. Wollen wir diesen Action-Job spielen?
Johannes Franke: Okay.
Florian Bayer: Und vielleicht noch ein bisschen toller macht das die nackte Kanone. Oh, wie geil. Tolle Squad. Okay. Leslie Nielsen verfolgt im Wagen jemand anderen, einen Arzt, der hypnotisiert war, um seinen Kollegen umzubringen, egal. Und der fährt mit seinem Auto dann in eine riesige Kanone. Ja. In einen Panzer. Okay. Also zuerst verliert er sein Dach, dann fährt er in diesen Panzer, dann sitzt er auf der Rakete dieses Panzers und fährt damit in einen Feuerwerkladen.
Johannes Franke: Okay.
Florian Bayer: Und dann haben wir dieses Haus. wo das Feuerwerk verkauft wird, Raketen und so weiter. Und alles explodiert und es fliegen Sachen rum und Menschen stürzen vom Dach. Und Leslie Nielsen als Lieutenant Trent steht davor und sagt zu den Leuten, hier gibt es nichts zu sehen. Und wir sehen diese wunderschöne Szene hinter ihm, wo alles explodiert. Es ist Feuerwerk, es ist bunt und es gibt hier nichts zu sehen. Gehen Sie weiter. Fantastisch.
Johannes Franke: Sehr geil. Okay, ich hab auf Platz 3 The Dark Knight. Da ist der Joker, wie er mit diesem blöden Auslöser rumfiddelt. Und es ist ja tatsächlich am Set so gewesen, dass die Explosion hinten im Krankenhaus sollte gleichzeitig kommen. Er sollte draufdrücken und das Ding sollte explodieren. Dann hat aber das eine Verzögerung gegeben und Heath Ledger hat einfach weitergekriegt. Der hat einfach, oh ja, ich probiere noch mal ein bisschen rum. Und dann kam die Explosion und er ist sehr zusammengezuckt, weil sie dann doch kam und ihn überrascht. Aber er hat das zu... Super weitergespielt. Einfach die Szene durchgezogen. Und das sieht so geil aus.
Florian Bayer: In diesem Krankenschwestern-Kostüm. Ja,
Johannes Franke: total großartig.
Florian Bayer: Ist mein Platz zwei. Zusammen mit, ich konnte mich nicht entscheiden, Tenet in Tenet. Auch Chris Nolan, also zweimal Chris Nolan. Gibt es auch eine großartige Explosion. Und zwar spielt Tenet ja mit dieser Zeit, die sich rückwärts und vorwärts abspielt. Und dann gibt es dieses Haus, das explodiert. Zusammengeführt wird, weil die Zeit rückwärts läuft und dann nochmal explodiert.
Johannes Franke: Oh, krass.
Florian Bayer: Und im Film sagen sie irgendwann, don't try to understand it, feel it. Und das macht man auch in dieser Szene. Das ist einfach krass. So eine Explosion, die in verschiedene Richtungen läuft zeitlich. Toll, krass.
Johannes Franke: Ich habe ihn noch nicht gesehen. Ich habe immer noch Tenet nicht gesehen.
Florian Bayer: Muss man mal sehen? Nee.
Johannes Franke: Okay.
Florian Bayer: Dein Platz 2?
Johannes Franke: Mein Platz 2 ist Fight Club. Ganz am Ende explodiert er da.
Florian Bayer: Where is my mind? Ja, geil.
Johannes Franke: Ja, das ist schon ziemlich gut.
Florian Bayer: Die ganzen Banken explodieren dann,
Johannes Franke: ne? Achso, genau. Diese ganzen Banken. Du sitzt da bei ihm im Stockwerk von diesem großen Haus da hoch raus und im Hintergrund explodiert Zeug.
Florian Bayer: Platz 1, Kawoom, Dr. Seltzer.
Johannes Franke: Ah, okay.
Florian Bayer: Wir reiten mit der Bombe. Das sagst du nicht? Nein, das sag ich nicht. Okay, wir reiten mit der Bombe, weil der Pilot schafft es nicht, die Bombe abzufeuern und springt deswegen auf sie und reitet dann wie ein Cowboy mit schwingendem Hut Richtung Erde.
Johannes Franke: Ich habe auf Platz 1 das größte Kawoom, was du dir hättest vorstellen können. Nicht ganz, aber das größte Kawoom, was ich jetzt in Filmen gesehen habe. Melancholia. Ganz am Ende. Uh. Die Planeten, die aufeinander... Treffen. Und das ist einfach, naja, da bleibt nichts übrig. Kawoom.
Florian Bayer: Ja, das ist wirklich Kawoom. Okay. Schöne Top 3.
Johannes Franke: Ja, ich mochte sie sehr. Sehr schön. Wir sollten öfter solche lautmalerischen Socken benutzen. Kawoom.
Florian Bayer: Das war unsere
Johannes Franke: Top 3. Und wieder zurück zum Film.
Florian Bayer: Und zum Fazit, würde ich sagen, oder?
Johannes Franke: Und irgendwie zum Fazit. Es gibt so viele Sachen, die man hier noch hätte besprechen können. Gebt es uns nach, aber wir können nicht fünf Stunden Episode machen. Wir haben wie der Film bestimmt ganz viele Sachen angeteasert, aber nicht zu Ende ausdiskutiert. Aber das macht ihr in eurem Kopf einfach. Ich finde, dass dieser Film einfach sich so viel vorgenommen hat und dass er... sehr viele gute Entscheidungen trifft, sich auf bestimmte Sachen zu konzentrieren. Es gibt ja ganz viele Biopics, die es nicht schaffen, wo man dann sich gewünscht hätte, dass man vielleicht nur so einen kleinen Ausschnitt aus dem Leben eines Menschen sieht, damit man wenigstens ein Gefühl dafür bekommt, was für ein Mensch das ist. Aber hier hat Nolan es tatsächlich geschafft, ein Gefühl für eine Person zu geben, ohne sich nur auf ein Jahrzehnt oder so zu konzentrieren. Sondern er hat wirklich von Student bis am Ende... die Leute die Hand schütteln nochmal und sagen, ja, hast du gut gemacht, das zu erzählen. Und wir kriegen ein Gefühl dafür, wer ist das? Sehr streitbare Persönlichkeit, aber eben auch tragisch und man kriegt ein Gefühl für die Atombombe und so. Es ist, ich finde es wahnsinnig beeindruckend.
Florian Bayer: Chris Nolan ist ja ein totaler Regisseur der Überwältigung. Ich glaube, wir haben das Wort Überwältigung noch gar nicht benutzt, das muss man eigentlich ständig benutzen. Das stimmt. Er hat das bis jetzt immer mit Action gemacht und das ist der erste Film, wo er es ohne Action macht. Aber trotzdem macht er es mit seinen typischen Stilmitteln, sprich großartiges Schauspiel, tolle Kamera, ein Musikteppich, der über allem liegt. Das ist alles richtig virtuos, das ist ganz toll geschnitten und trotzdem fühlt es sich für mich ganz oft erschreckend trivial und substanzlos an. Angefangen bei dem Dialog mit Einstein, der sich ja ganz am Schluss dann so offenbart und der so unfassbar trivial ist. Es ist so bedeutungslos, so... egal, was er mit ihm redet. Und es wird nur noch einmal dieses Thema, was wir so schon die ganze Zeit hatten, aufgegriffen, diese mögliche Reue.
Johannes Franke: Aber das ist ja auch wichtig für die Szene, ne? Es geht ja darum.
Florian Bayer: Ja, aber genau. Aber das ist der Aufhänger für unsere Schurkengeschichte, für unseren Antagonisten. Das ist halt dieses Triviale, dass es runtergebrochen wird auf ein... Jemand ist beleidigt. Das ist eine beleidigte Leberwurst. Es schlagen so zwei Herzen in meiner Brust. Natürlich war ich gefesselt von diesem Film. Natürlich war das Bildgewaltig. Das war tolles, episches, monumentales Kino und das bei einem so trockenen Thema. Ja. Weil ganz ehrlich, die Lebensgeschichte von Oppenheimer ist jetzt nicht das Aufregendste.
Johannes Franke: Ja, weiß ich nicht, doch irgendwie schon, aber Quantenphysik ist vielleicht nicht das Thema.
Florian Bayer: Aber du hast andere Wissenschaftler, da hast du viel krassere Geschichten von Flucht und Krieg und so weiter.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Und er schafft das ganz großartig, das zu vermitteln und trotzdem habe ich am Schluss das Gefühl, auch unter anderem, weil er so, weil ich diese Verschachtelung zum... zweiten Mal eigentlich nach Prestige eher als Gimmick wahrgenommen habe. Sonst habe ich diese Verschachtelung bei Nolan nie als Gimmick wahrgenommen. Dass das Ganze so ein bisschen Style over Substance ist. Nolan ist gut. Du sitzt drei Stunden in diesem Film und denkst, wow, I'm blown away. Aber danach fühlt sich der Mund auch so ein bisschen trocken an. Du denkst so, es gibt schwächere Nolan-Filme, es gibt bessere Nolan-Filme, es gibt keinen richtig schlechten Nolan-Film. Nolan-Film kann man sich immer angucken. Nolan-Film ist immer sehenswert. Und das ist der auch. Aber... Dieser Hype um ihn inklusive, er kriegt 35 Trillionen Oscars. Wir reden nächste Woche über den Film, damit diesem Film den Boden auffischt.
Johannes Franke: Ja, wir haben ja Babenheimer, ich habe es fast wieder vergessen. Okay, wir werden nächste Woche, nach dem Jingle wird jetzt nichts mehr kommen, glaube ich. Wir wissen einfach, was wir als nächstes machen.
Florian Bayer: Nächstes Mal wird es pink.
Johannes Franke: Wir machen Barbie nächste Woche und werden den dann ausspielen gegen... Oppenheimer und mal gucken, wer gewinnt. Am Ende gibt es so ein Ding-Ding-Ding-Ding, so ein Gong aus dem Ring und irgendjemand wird dann den Arm hochhalten und sich freuen.
Florian Bayer: Wir vergleichen. Welcher Film hat die cooleren Kleidchen? Welcher Film hat die besseren pinken Cadillacs?
Johannes Franke: Was? Wer hat die besseren Explosionen?
Florian Bayer: Explodiert bei Barbie irgendwann was? Wir werden es sehen. Ich freue mich auf jeden Fall sehr, mit dir über Barbie zu reden. Ansonsten vielen Dank. dass du mir den Film vorgeschlagen hast, weil ich musste den endlich nachholen.
Johannes Franke: Ja, natürlich.
Florian Bayer: Ich lästere so viel. Ich bin auch froh, dass ich ihn gesehen habe. Es ist ein Nolan-Film. Nolan-Filme sind stark. Nolan-Filme sind großes Kino.
Johannes Franke: Ich finde, absoluter muss man sehen-Film. Und am besten natürlich eigentlich in einem Kino, das 70mm ordentlich darstellen kann.
Florian Bayer: Ein absoluter kann man sehen-Film.
Johannes Franke: Oh Mann, Plor.
Florian Bayer: Meinetwegen auch ein sollte man sehen-Film. Aber kein muss man sehen-Film. Und bitte, bitte in Deutsch und und nicht im Kino.
Johannes Franke: Das ist so fies. Oh mein Gott. Ich weiß gar nicht, ob ich diesen Wort mit dir weitermachen kann. Wie schlimm. Das ist ja richtig hart. Oh Gott.
