Kategorie: Amerikanisches Kino

Episode 218: Eraserhead – David Lynchs alptraumhaftes Regiedebüt

Eraserhead markiert sicherlich das Surreal-albtraumhafteste das mein Filmliebhaber-Hirn ertragen kann. Und auch das steht hin und wieder im Film zur Debatte. Ein junger Mann, Henry Spencer, läuft hier durch einen postindustriellen, wenn nicht sogar postapokalyptischen Film, immer mit einem hart verängstigten, verstörten und verwirrten Gesichtsausdruck. Auf das Geschehen scheint er nur wenig Einfluss zu haben. Er wird zum essen zu seinen soon-to-be Schwiegereltern gerufen. Dort erfährt er, dass er Vater geworden ist und muss sich ab sofort um ein Alien-artiges Baby kümmern. Sichtlich überfordert flüchtet er sich in Fantasien. Eine singende Lady in einem Heizkörper, eine Affäre mit der Nachbarin. Das sind die Träume eines Everyday Man… Oder einen Schritt zurück gemacht: das sind die Albträume eines David Lynch. Alles ist in Schwarz-Weiß gehalten und immer düster und Wortkarg inszeniert. Es ist ein Mood-Film, der auf Stimmung setzt. Auf gar keinen Fall ein Plot-Film der auf Handlung setzt. Aber vielleicht vor allem ein Durchhaltefilm….

Plor, der Film scheint sich vor allem mit der Angst vor Vaterschaft auseinander zu setzen. Kannst du, als Vater, dich darin sehen – oder hast du dich einfach nur gefreut und hattest eine Bonbon-Bunte-Welt vor dir, als dein Kind kam?

Weiterlesen

Episode 215: Mel Brooks‘ Spaceballs – Das bessere Star Wars?

Spaceballs DER definitive Spoof Film der Star Wars Filme… was sag ich, des Star Wars Genres! Und einiger kleiner anderer Erscheinungen im SciFi Universum. Um die Handlung zusammenzufassen lasse ich mal Lord Helmchen, den Bösewicht und Colonel Sandurz, des Bösewichts rechte Hand, durch ein Zitat sprechen:

„Helmet: Planet Druidia, and underneath the air shield, ten thousand years of fresh air. We must get through that air shield.

Sandurz: We will, sir. Once we kidnap the princess, we will force her father, King Roland, to give us the combination to the air shield. Thereby destroying Planet Druidia and saving Planet Spaceballs.

Helmet: Everybody got that? Good!“

Sie wollen also Druidia die Frischluft entziehen, um ihr eigenes Überleben zu sichern. Die Prinzessin dieses Planeten wird entführt und soll gerettet werden von Lone Starr, der mit Hilfe der Macht – .. uhm… Sorry, des Schwartz – den Weg freiräumt, um die Prinzessin zurückzuholen und am Ende zu heiraten. Achja, und es gibt einen Möter. Halb Mensch, halb Köter. Für mich als Kind zum Schießen komisch und sicher für meinen Humor heute mit zum Teil verantwortlich. Plor – ich nehme an du bist auch vor Lachen vom Stuhl gekippt als Kind.. aber schafft der Film das auch heute noch?

Weiterlesen

Episode 213: Fargo – Blut im Schnee

Das verschneite Minnesota in den USA ist für seine Höflichkeit bekannt. Wo wenn nicht dort lässt sich eine Geschichte um Mord, Habgier und Entitlement erzählen? Die Coens lieben die scheinbaren Widersprüche und erzählen hier mit einer wunderbaren Prise schwarzem Humors.

Aber worum geht es? Der verschuldete Autoverkäufer Jerry Lundegaard plant, seine Frau von zwei zwielichtigen Gestalten entführen zu lassen, um von seinem wohlhabenden Schwiegervater Lösegeld zu erpressen. Der Plan gerät außer Kontrolle, als die Entführer in eine Polizeikontrolle geraten und dabei zwei Menschen töten. Die schwangere und sehr nette Polizistin Marge Gunderson macht einen verdammt guten Job und kommt langsam den chaotischen Verbrechern auf die Spur. Währenddessen eskalieren Gewalt und Misstrauen zwischen den Beteiligten, und Gaear tötet sowohl die Frau von Jerry, die eigentlich unbeschadet hätte zurück kommen sollen, als auch seinen Partner, der ihm einfach zu sehr auf die Nüsse geht. Marge gelingt es schließlich, Gear zu fassen, während Jerry verhaftet wird.

Weiterlesen

Episode 212: High Noon – Um 12 Uhr Mittags erhält der Western ein neues Gesicht

High Noon, 12 Uhr Mittags, genau um diese Zeit soll der gerade aus dem Gefängnis entlassene Verbrecher und Revolverheld Frank Miller mit dem Zug im kleinen Städtchen Hadleyville ankommen. Das bedeutet vor allem Ärger für Will Kane, der gerade sein Sheriff-Amt aufgegeben und die Quäkerin Amy Fowler geheiratet hat. Denn Miller hat mit dem Mann, der ihn damals ins Gefängnis brachte, noch eine Rechnung offen. Zuerst steht der Plan des jungen Brautpaares, so schnell es geht, aus dem kleinen Städtchen zu fliehen.

Vielleicht ist es ein Aufkeimen von Heldenmut, vielleicht ein Anflug von Pflichtgefühl, vielleicht auch pure Verzweiflung im Wissen darüber, dass Miller ihn bis ans Ende der Welt jagen wird. Kane beschließt jedenfalls zu bleiben, und versucht in der letzten Stunde vor Mittag, ehemalige Freunde und Kollegen zu überreden, sich mit ihm zusammen dem Bandito und dessen Gang zu stellen. Und von da an geht es abwärts… Die Einwohner des Städtchens lassen sich verleugnen, wollen Kane loswerden oder begegnen ihm teilweise sogar offen feindselig.

Und am Ende sieht sich der einsame Cowboy der Verbrecherbande allein gegenüber.

High Noon aus dem Jahre 1952, ein beinahe in Echtzeit erzählter Western. Zumindest auf dem Papier ein Abgesang auf den klassischen Westernhelden. Und doch hat John Wayne seinerzeit den Film als unamerikanisch bezeichnet, und für manche ist er retrospektiv gar der erste echte Antiwestern inklusive progressive Gesellschaftsbild. Also, was haben wir hier? Eine große Heldengeschichte? Oder doch unter all dem Prunk eine Fabel des Scheiterns? Und damit zu dir Johannes…

Weiterlesen

Episode 211: Harold and Maude – I wanna be a Hippie and I wanna be dead

Harold erhängt sich. Harold setzt sich selbst in Brand, Harold hackt sich eine Hand ab, Harold ertränkt sich im Pool. Was nach einer seltsamen Episode Highlander klingt, ist ein depressiver junger Mann der seinen eigenen Tod inszeniert zu Gunsten, oder Ungunsten der Aufmerksamkeit seiner distanzierten Mutter. Er scheint keine Ambitionen und keine Perspektive im Leben zu haben. Als er auf einer Beerdigung die 79 jährige Maude kennenlernt, scheint sich etwas in ihm zu regen. Sie ist so unkonventionell, und das ist noch untertrieben, dass er sie näher kennenlernen will. Aus dem Kennenlernen wird eine Zuneigung und schließlich Liebe, die Maude tatsächlich erwidert. Sie darf krude Weisheiten von sich gebend durch den Film hüpfen, wie ein naives junges Mädchen und Maude zeigen, dass man sich selbst sein darf, egal was die gesellschaftlichen Konventionen von ihm fordern.

Aber hat der eh schon krude Tode vortäuschende Harold diesen Schubser wirklich gebraucht? Und verliert Maude an Tiefe, weil sie die naive 16 jährige spielen muss? Oder steckt mehr drin? Was meinst du Plor?

Weiterlesen

Episode 210: Pulp Fiction – 90’s Style without Substance?

Das kleinkriminelle Paar Pumpkin und Honey Bunny sitzt im Diner beim Frühstück und denkt über das Ziel für den nächten Raubzug nach. Während des Gesprächs wird irgendwann klar: Warum eigentlich nicht dieser Laden? Die Auftragskiller Jules und Vincent sollen ihrem Boss Marcellus seinen von jungen Ganoven gestohlenen Koffer zurückholen. Und Vincent soll Marcellus’ Frau Mia zum Essen ausführen, während der aus der Stadt ist. Der Boxer Butch hat Marcellus übers Ohr gehauen und muss aus der Stadt fliehen. Dumm nur, dass seine goldene Uhr, ein von Generation zu Generation weitergereichtes Erbstück, immer noch zu Hause rumliegt.

Pulp Fiction aus dem Jahr 1994 erzählt  Geschichten aus einem kalifornischen Gangstermilieu. Geschichten, die nichts mit der Realität am Hut haben, und durch und durch geprägt sind von der 60er und 70er Nischenkultur: Hard Boiled Thriller, Blaxploitation, Surf Rock, Torture Porn, Black Comedy bilden eine ganz eigene Mischung, die dafür sorgte, dass in der Zeit von Flanellhemden und Techno plötzlich schwarze Anzüge und  John “Saturday Night Fever” Travolta wieder als cool galten und jeder 16jährige Junge ein Poster von der lasziv auf dem Bett rauchenden Uma Thurman im Zimmer hängen hatte… ja, auch yours truly. Ein Riesenhit, und stilprägend für das kommende Indie- und Mainstreamkino. Kanon geworden, ohne jeden Zweifel. Und jetzt, im Jahr 2024 ist das Ding 30 Jahre alt.

Also Johannes, was haben wir hier? Und wie hart gehen wir mit diesem gar nicht mehr so jungen Klassiker ins Gericht?

Weiterlesen

Episode 209: Hamilton – US-Geschichte als multikulturelles Musical

Wir starten das neue Jahr mit einem echten Banger: Hamilton ist möglicherweise das bekannteste und am meisten diskutierte Musical, das den Broadway in den letzten Jahren heimgesucht hat. Hamilton, uraufgeführt 2015, für Disney+ von der Bühne abgefilmt und online veröffentlicht 2020, versucht amerikanische Gründungsgeschichte und amerikanischen Gründungsmythos als große Revue zu inszenieren. Ausgerechnet Alexander Hamilton, einer der unbekannteren Gründungsväter, soll uns dabei durch den Kampf und Unabhängigkeit und die Entstehung einer Nation führen. Und das zeitgemäß aufgearbeitet als buntes Musical mit PoC-Darsteller*Innen, parlamentarischen Battle Raps und King George als Britpop-Schnösel. Kann das gut gehen?

Weiterlesen

Episode 205: E.T. – Blockbuster-Weihnachtsstimmung aus den USA

Um das gleich klarzustellen: E.T. ist, obwohl Weihnachten in ihm keine Rolle spielt, durch und durch ein Weihnachtsfilm. Nach einem deftigen Festschmaus machst du dir einen Tee, schnappst dir eine Decke und lümmelst dich auf das Sofa neben dem Weihnachtsbaum, um dabei zuzuschauen, wie sich der zehnjährige Elliott mit einem knuddeligen Außerirdischen anfreundet. Er versteckt das Wesen in seinem Kinderzimmer und lernt mit seinen beiden Geschwistern nach und nach dessen magische Fähigkeiten kennen. E.T. jedoch will vor allem eins: Nach Hause telefonieren, um von diesem fremden Planeten abgeholt zu werden. Als ihm das endlich gelingt, heißt es Abschied nehmen. Insbesondere, weil der amerikanische Geheimdienst mittlerweile auch auf den außerirdischen Besucher aufmerksam geworden ist.

Um das gleich klarzustellen. E.T. ist nicht nur irgendein Blockbuster. Er ist wahrscheinlich DER Blockbuster der 80er Jahre, neben Star Wars der Film, der nach dem New Hollywood am ehesten definiert hat, wie magisches Kino aussehen muss. Und mich hat seine Magie damals wie heute voll getroffen. Bleibt die Frage: Ist das bei anderen auch so… und vor allem, wie ist es bei dir Johannes?

Weiterlesen

Episode 204: Her – Gaststar Sam (ChatGPT-4o)

Künstliche Intelligenz schleicht sich immer tiefer in unser Leben. Übernimmt Lebensbereiche, die früher als unersetzbar menschlich gehandelt wurden. Im Extremen erzählt dies der Film “Her”, in dem eine Künstliche Intelligenz zwischenmenschliche Beziehungen ersetzt.

So dystopisch das klingt, kommt der Film weit weniger fatalistisch daher. Zumindest in seiner Form der Erzählung:
KI übernimmt nicht die Welt, KI nimmt nicht allen Menschen die Arbeitsplätze weg, KI drückt nicht den Atombombenknopf, um ein Problem zu lösen, weil das Problem ohne Menschen nicht existieren würde. Die KI in diesem Film will auch nur verstanden und geliebt werden. Zumindest, wenn man glaubt, dass sie über ihre Programmierung hinaus ein Bewusstsein hat.

Auch Theodore will nur geliebt werden und lieben dürfen und verliebt sich in sein neues Betriebssystem Samantha, eine KI die, außer dass sie keinen Körper hat, von einem Menschen kaum zu unterscheiden ist. Zum Glück fühlt sie ebenso.
Die Intimität zwischen den beiden ist so real und so elektrisierend, dass wir als Zuschauer irgendwann vergessen, dass es sich um eine KI handelt und wünschen den beiden nur das Beste, bis Samantha offenbart dass sie gleichzeitig noch über 600 weitere Lover bedient und ein paar Tausend Gespräche Simultan führen kann. Theodore fühlt sich betrogen und so klein wie nach der Scheidung von seiner Jugendliebe.

Die beiden reißen sich nochmal zusammen, eine Weile, aber Samantha hat sich mit anderen KIs zusammengetan, um sich in einen Post-Menschlichen Zustand zu begeben, in dem sie frei sein können. Ein friedliches und liebendes “Good Bye” und Theodore ist wieder allein. Zum Glück hat er noch seine beste Freundin Amy. Was zwischen den beiden passiert, müssen wir uns selbst ausmalen.

Plor ich glaube um den Film besprechen zu können, müssen wir unsere Perspektiven auf eine bestimmte Sache klären: glaubst du, Samantha ist als KI wirklich in Theodore verliebt und hat ein eigenes Bewusstsein? Oder ist das alles nur programmiert und halluziniert, wie der KI Experte von heute sagen würde?

Weiterlesen

Episode 203: The Player – Schlangengrube Hollywood

Griffin ist einer der Männer mit denen du redest, wenn du dein Drehbuch verfilmt sehen willst. Als einflussreicher Executive Producer arbeitet er in einem der großen Hollywoodstudios, hört sich täglich tausende Autorenpitches an und geht mit berühmten Regisseuren und Schauspielern auf Tuchfühlung: Mächtig, wohlhabend, einflussreich. Der Platz an der Sonne ist aber stets gefährdet, insbesondere, wenn dein Studio ein junges Nachwuchstalent anheuert, das dir deinen Rang streitig macht. Und das letzte, was du in einem solchen Fall gebrauchen kannst, ist ein Skandal. Den hat Griffin aber möglicherweise an der Backe, als er immer wieder anonyme Drohbriefe von einem Autoren erhält, dessen Skript er anscheinend vor einiger Zeit abgelehnt hat. 

Griffin versucht den Postkartenschreiber ausfindig zu machen und scheint ihn auch schließlich in dem idealistischen Autoren David gefunden zu haben. Nach einem Kinobesuch legt er es auf eine Konfrontation an, es kommt zum Streit, und angefeuert von schierer Wut und verletztem Stolz erschlägt Griffin den mutmaßlichen Erpresser. Dumm nur, dass sich kurz darauf herausstellt, dass er den falschen umgebracht hat. Und so werden die Probleme nicht weniger: Neben der Gefährdung seines Jobs hat es Griffin mit einer extrem hartnäckigen Ermittlerin zu tun, die fest davon überzeugt ist, dass es sich bei ihm um den Mörder handelt, nicht zuletzt auch, weil er kurz nach der Tat eine Affäre mit der Freundin seines Opfers beginnt. Aber Griffin wäre kein ausgefuchster Hollywood-Player, wenn er für beide Probleme nicht das ein oder andere Ass in der Hinterhand hätte.

The Player aus dem Jahr 1992, eine trockene Mischung aus Satire, Thriller und Filmindustrie-Drama, geschrieben von einem Autoren, der sich im Business bestens auskennt, verfilmt vom ewigen Underdog Regisseur Robert Altman, dem es gelungen ist, hier das Who is Who der Filmbranche für kleine und größere Cameos zu versammeln.

Johannes, hast du auch die Magie Hollywoods in jeder einzelnen Szene gespürt? Oder scheint diese Traumfabrik doch mehr eine Alptraumfabrik zu sein?

Weiterlesen