Episode 198: Suspiria und der italienische Giallo-Horror
Die junge amerikanische Tänzerin Suzy reist nach Bielefeld, um dort an einer renommierten Ballettschule zu studieren. Doch bereits bei ihrer Ankunft wird klar, dass in der Akademie nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Eine andere Schülerin wird brutal ermordet, es regnet Marden von der Decke und der Hund des blinden Pianisten verhält sich ausgesprochen merkwürdig. Suzys Mitschülerin Sandra glaubt zudem, dass die Lehrerinnen die Schule nachts nicht verlassen und irgendwo in dem Gebäude die mysteriöse Oberin der Akademie versteckt wird. Und nur ein paar Aufklärungsschritte weiter liegt die Antwort auf der Hand: Hexen, alte Flüche und ein satanischer Orden mit einer ganz eigenen Agenda.
Machen wir uns nichts vor, diese Handlung ist komplett gaga und auch mit Sicherheit nicht der Grund, warum Suspiria im Laufe der Jahre zu einem der am meisten verehrten Horrorfilme überhaupt geworden ist. Das liegt an was anderem. Johannes, konntest du dieses Mehr sehen?
: Podcast: Der mussmansehen Podcast - Filmbesprechungen Episode: Episode 198: Suspiria und der italienische Giallo-Horror Publishing Date: 2024-10-16T08:19:35+02:00 Podcast URL: https://podcast.mussmansehen.de Episode URL: https://podcast.mussmansehen.de/2024/10/16/episode-198-suspiria-und-der-italienische-giallo-horror/
Johannes Franke: Nee, sie hat 90% des Films keine eigene Agenda. Ganz am Schluss, wenn sie versucht, da rauszukommen. Ja, dann ja. Ja,
Florian Bayer: du lässt es sein. Ach, ihr wollt ihr beim Erwachsenwerden bei. Und sie muss mit der Bösartigkeit der Welt konfrontiert werden, um erwachsen zu werden.
Johannes Franke: Ja, als 28-Jährige.
Florian Bayer: Sie muss diesen Aus... Sie muss schnibbitschen. Sie muss diesen Aus-der-Traum-Moment erleben. Die Würde des Menschen ist getroffen, wenn der konkrete Mensch zum Ding degradiert wird, das total erfasst, abgeschossen, registriert, liquidiert und so weiter werden kann. Der Film verletzt in eklatanter Weise die Würde des Menschen. Der Film besteht aus einer Aneinanderreihung von Brutalitäten grausamster Art, die an Menschen verübt werden. Die wenigen Zwischenhandlungen, in denen Brutalitäten geschildert werden, dienen lediglich dazu, die Darstellung der Gewaltszenen erneut vorzubereiten, bzw. die Darstellung der Gewaltakte plausibel zu machen. Der Inhalt des Films ist systematisch auf das genüssliche Ausmalen von Tötungsmethoden ausgerichtet. Dabei wird kaum eine Scheußlichkeit ausgelassen, zu deren Erfindung das menschliche Gehirn in der Lage ist. Der Mensch wird in der oben beschriebenen Weise zum Objekt degradiert, an dem die unterschiedlichsten Tötungs-und Vernichtungsmethoden dargestellt werden können, was die Würde des Menschen in erheblichem Maße verletzt. Der Film ist offenbar geeignet, Kinder und Jugendliche sittlich zu gefährden. Sie hörten die Begründung für die Indizierung des Films Suspiria aus dem Jahr 1983. Der Film ist aus dem Jahr 1977. 1983 wurde er indiziert mit dieser Begründung. Und vielleicht um noch eine schöne Sache daraus vorzulesen. Für den Betrachter, insbesondere den Jugendlichen, kann aus diesem Film eine sozial-ethische Verwirrung entstehen, da hier Gewalt und Brutalität bis zum Ekelgefühl in Szene gesetzt sind.
Johannes Franke: Haben wir den gleichen Film gesehen?
Florian Bayer: Ja. Wir werden auf jeden Fall darüber reden müssen, wie die FSK früher Filme beurteilt hat. 2014 wurde der Film, über den wir heute reden, vom Index genommen und hat mittlerweile eine Freigabe FSK ab 16. Mit der Begründung, dass das Ganze natürlich fantastisch, märchenhaft und so weiter ist. Wir reden über Suspiria von Dario Argento und wir sind immer noch in unserem Horror-Halloween-Monat. Hallo Johannes.
Johannes Franke: Hallo Flor. Ach, ich hoffe, dass es bald zu Ende ist. Du hast ja noch einen weiteren Film für mich. Oh, ich weiß nicht, warum ich mich auf diesen Monat eingelassen habe. Vor allem, weil ich dachte, ich kriege klassische Horrorfilme und nicht einmal das habe ich bekommen, sondern ich habe irgendwelche Kunstkacke in Horrorform bekommen.
Florian Bayer: Aber so, Spiria ist ein sehr klassischer Horrorfilm und mit Sicherheit... keine Kunstkacke.
Johannes Franke: Was?
Florian Bayer: Worüber wir auch auf jeden Fall noch reden werden. Moment. Wir reden heute nicht nur über die FSK und über Indizierungen, sondern auch über Hexen, über satanische Rituale, über Dario Acento und über den italienischen Giallo-Horror. Ach,
Johannes Franke: es wird, ey, schnallt euch an, es wird eine Ride. Ich sag's euch. Ich muss von vornherein sagen, ich bin noch, ich bin Swing State.
Florian Bayer: Ich weiß nicht,
Johannes Franke: ob ich blue oder rot bin. Ich guck mal, wo mich Sinn treibt.
Florian Bayer: Ich hoffe, ihr habt den Film auch alle gesehen. Das ist wirklich ein Klassiker, so viel sei gesagt. Also wenn man bei Horrorfilmen mitreden will, sollte man diesen Film einfach allein schon aus kanonischen Gründen geredet haben. Ob das berechtigt ist, darüber werden wir heute diskutieren und vielleicht auch streiten. Und ich werde einfach mal loslegen, worum es überhaupt in diesem Film geht. Die junge amerikanische Tänzerin Susi reist nach Bielefeld, um dort an einer renommierten Ballettschule zu studieren.
Johannes Franke: Entschuldigung, eine Märchenballettschule.
Florian Bayer: Doch bereits bei ihrer Ankunft wird klar, dass in der Akademie nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Eine andere Schülerin wird brutal ermordet, es regnet Maden von der Decke und der Hund des blinden Pianisten verhält sich ausgesprochen merkwürdig. Susis Mitschülerin Sandra glaubt zudem, dass die Lehrerinnen die Schule nachts nicht verlassen und irgendwo in dem Gebäude die mysteriöse Oberin der Akademie versteckt ist. Und nur ein paar Aufklärungsschritte weiter liegt die Antwort auf der Hand. Hexen, alte Flüche. Und ein satanischer Orden mit einer ganz eigenen Agenda. Okay, machen wir uns nichts vor. Diese Handlung ist komplett gaga und auch mit Sicherheit nicht der Grund, warum Suspiria im Laufe der Jahre zu einem der am meisten verehrten Horrorfilme und Kultfilme überhaupt geworden ist. Das liegt an was anderem. Johannes, konntest du dieses andere bzw. konntest du dieses mehr sehen, das diesen Film auszeichnet?
Johannes Franke: Ich konnte alles sehen. Er hat mir alles gegeben. Er hat mir alle Farben gegeben. Er hat mir alle Handlungen gegeben.
Florian Bayer: Wo wir herkommen. Ich habe Johannes vor zwei Wochen einen meiner Meinung nach gruseligsten Film unserer Zeit gegeben, nämlich Skinner Maring. Und Johannes hat gesagt, ach das war jetzt so ein bisschen ruhig und minimalistisch. Dann habe ich gesagt, okay du willst Farben, du willst Töne. Du willst schreien? Dann gebe ich dir den jetzt. Und dieser Film ist wirklich das genaue Gegenteil von Skin in My Ring. Dieser Film ist laut. Dieser Film schreit dich an. Dieser Film bombardiert dich mit Farben und dieser Film ist enervierend und einfach nur bang auf die Fresse.
Johannes Franke: Ich weiß nicht, ob er enervierend ist. Es kommt darauf an, auf welche Art und Weise. Horrorfilme können enervierend sein, wenn sie besonders spannungsgeladen sind. Das schafft der Film nicht. Nein.
Florian Bayer: Auf so viele Arten und Weisen ist dieser Film enervierend. Nein, er ist nicht spannungsgeladen. Er ist auch nicht gruselig. Nein. Aber er macht das, was für mich so die zweite Spur des Horrors ist. Ja. Neben dem, ich habe dir jetzt die letzten Folgen mal gesagt, Horror, das Wichtigste ist, dass sie Angst machen. Ja,
Johannes Franke: das hast du letzte Woche bekräftigt.
Florian Bayer: Aber ich finde, es gibt noch diese zweite Spur. Und die sagt, Horror soll dir einmal so richtig schön die Fresse polieren, dich anschreien und dich... wie wild hin und her schütteln. Im besten Sinne des Wortes eine Geisterbahn. Oder noch besser, eine Achterbahn durch eine Geisterbahn. Oder eine Geisterbahn, die eine Achterbahn gefressen hat.
Johannes Franke: Okay.
Florian Bayer: Und all das finde ich Hatsusperia. Das ist ein lauter Film, das ist ein wilder Film, das ist ein total abgehobener Film. Und es macht so viel Spaß.
Johannes Franke: Auf ganz seltsame Art und Weise ist dieser Film aber zwischendurch trotzdem auch langwierig.
Florian Bayer: Alter, nein, niemals.
Johannes Franke: Doch, total.
Florian Bayer: Du kannst nicht sagen, dass dieser Film langweilig ist.
Johannes Franke: Zwischendurch langwierig.
Florian Bayer: Langwierig?
Johannes Franke: Was anderes. Langweilig nicht, weil man sich zu sehr aufregt über Dinge. Aber langwierig ein bisschen.
Florian Bayer: Es wird die ganze Zeit geschrien. Es wird die ganze Zeit gequischen. Es ist hysterisch und laut. Allein die Musik. Ich habe in meinen Notizen jetzt nochmal, als ich so die Struktur aufgeschrieben habe, schreibe ich immer so Stichwörter nebendran. Und ich habe ganz oft geschrieben, laut Ausrufezeichen.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Und Ausrufezeichen.
Johannes Franke: Die haben auch nicht geschafft, das ordentlich zu mixen. Die Musik von Goblin.
Florian Bayer: Goblin!
Johannes Franke: Und den Ton, den sie später aufgenommen haben. Die haben ja am Set kaum Ton verwendet, der am Set aufgenommen wurde. Weil auch alle in unterschiedlichen Sprachen gesprochen haben. Und weil das in Italien zu der Zeit in Italien anscheinend echt Gang und Gäbe war. dass man in einem bestimmten Filmbereich einfach gesagt hat, mir egal, was wir am Set aufgenommen haben, wir gehen alle nochmal ins Studio und synchronisieren das nach. Und das ist tatsächlich relativ gut gelungen, muss ich sagen, weil ich nicht durchgängig gesagt habe, ja scheiße, ist das alles schlecht synchronisiert, sondern immer nur so subtil gedacht habe, Moment, spricht der gerade Italienisch oder nicht oder was ist da los? Hast du Englisch geguckt? Ich habe italienische Nationalgäste geguckt. Ja, ja, ja. Mit Untertiteln.
Florian Bayer: Ich finde ja, bei solchen Filmen ist es dann auch, also wo sowieso alles gedubbt ist.
Johannes Franke: Ja,
Florian Bayer: aber das wusste ich vorher.
Johannes Franke: Hättest du mir mal gesagt, Floor, dann hätte ich vielleicht eine Chance auf Englisch.
Florian Bayer: Das Geile ist ja, die hatten ja damals wirklich, nicht nur bei Suspiria, sondern grundsätzlich bei den italienischen Filmen, vor allem bei den italienischen B-Movies am Set. Wir haben auch über Spaghetti-Wurst dann geredet, wo das auch der Fall war. Hatten die ein buntes, internationales Potpourri.
Johannes Franke: Ja, ja,
Florian Bayer: ja. Und die haben dann gesagt, okay... Damit die Leute wissen, was für Texte sie da überhaupt sprechen, damit sie das vernünftig artikulieren können, lassen wir sie die Texte in ihrer Sprache sprechen. Das heißt, es war ein wildes, babylonisches Durcheinander. Und am Schluss gibt es dann halt verschiedene Dab-Versionen, einmal Deutsch, Italienisch, Englisch. Und ich habe diesen Film tatsächlich am meisten deutsch synchronisiert geguckt und jetzt zum ersten Mal englisch synchronisiert. Und ich kann mir vorstellen, dass es scheißegal ist, weil sowieso am Studio nochmal eine Schippe draufgesetzt wird.
Johannes Franke: Aber jetzt bin ich gespannt, wie die unterschiedlichen Synchronfassungen sind. Weil zum Beispiel der Taxifahrer am Anfang Deutsch spricht und dann plötzlich Italienisch. Und ich weiß nicht warum, was soll das? Was ist das für eine Entscheidung? Sogar weil sie im Studio waren und dann einfach bewusst entschieden haben. Der spricht am Anfang Deutsch und dann plötzlich Italienisch.
Florian Bayer: Ja, natürlich, er ist ein Deutscher. Er muss Deutsch sprechen am Anfang, wenn er dann feststellt, dass er eine Amerikanerin da sitzen hat, dann fängt er an Italienisch zu reden.
Johannes Franke: Ja, was ist das?
Florian Bayer: Also im Englischen wechselt er von Deutsch auf Englisch.
Johannes Franke: Achso, das tut er tatsächlich, okay.
Florian Bayer: Aber um nochmal zum Sound zurückzukommen, Goblin ist legit, ne? Das ist eine richtig geile Prog-Rock-Band aus den 70ern.
Johannes Franke: Ich hab keine Ahnung, aber ja, gerne.
Florian Bayer: Die eine Menge Horrorfilme vertont haben. und eine Menge Horrorfilme sind dank ihnen auch zu Klassikern geworden. Die haben auch die Zombie-Filme gemacht. Dawn of the Dead, den Zombie-Film-Klassiker von George Romero, haben die auch gemacht. Und die hatten davor schon mit Dario Argento zusammengearbeitet, nämlich bei Profondo Rosso, über den ich vielleicht nachher auch noch kurz reden werde, aus dem Jahr 1975. Und die haben nicht einfach nur Film-Soundtrack gemacht, sondern die haben ein echt geiles Rock-Rock-Programm abgezogen. Und die dominieren diesen Film mit ihrem geilen Sound und immer diesem Witsch. Das ist auch... gar nicht erst in Frage stellen bleibst, worum es geht,
Johannes Franke: damit du von Anfang an weißt, das ist keine Story. Was ist das für eine Schule? Das ist keine Schule. Was sind das für Hexen? Das sind doch keine Hexen. Das ist alles völliger Quatsch.
Florian Bayer: Komplett Gaga. Das Geile ist, wie dieses Gaga entstanden ist. Der Weg ist ja so toll. Sie hatten ja ursprünglich, hatte Dario Argento überlegt, das Kinder machen zu lassen. Das sollten Kinder sein. Und das merkt man so oft.
Johannes Franke: Kann er mir nicht bitte am Anfang eine Tafel hinstellen und sagen, liebe Leute, liebe Zuschauer, damit ihr den Film versteht, bitte stellt euch vor, das sind alles Kinder von zehn Jahren. Dann kann ich den Film ganz anders sehen. Dann wüsste ich wenigstens, was er will. Aber so der 18-jährige Schauspieler. Weißt du, was toll war?
Florian Bayer: Die 18-jährigen, 20-jährigen Schauspielerinnen, die sich dann die Zunge rausstecken und sagen bäh, bäh, bäh, bäh,
Johannes Franke: bäh. Vor allem nicht spielerisch die Zunge rausstecken, sondern wütend. Hast du jemals, selbst als Kind, wütend?
Florian Bayer: Aber so funktionieren Kinder immer auch. Und es ist so eine tolle Entscheidung, weil es zu den Störfeuern gehört, die diesen Film so faszinierend machen. Die diesen Film so komplett durch und drüber machen. Und zu diesem Spaß sorgen. Also genau, diese Schule, es macht überhaupt keinen Sinn, was die in dieser Schule machen. Auch wie die da schlafen, auch wie die Lehrerinnen agieren. Ob das so ein großes Thema sein soll, dass die Lehrerinnen nicht nach Hause gehen nachts. So what? Oh mein Gott, die Lehrerin. Ich höre ein gruseliges Schnarchen. Ja, 50-jährige Frauen schnarchen, verdammt nochmal. Genau.
Johannes Franke: Meine Güte, das ist alles, das habe ich alles aufgeschrieben für später, Floor, jetzt. Ich kann nicht am Anfang mit den ganzen Idioten schnarchen. Das sind, meine Güte, alle zwei Sekunden habe ich eine Entscheidung in diesem Film, die ich absolut in Frage stelle. Jede einzelne Entscheidung. Ja, ja. Okay, also folgendes. Tee. Erstmal Tee, Floor.
Florian Bayer: Na bitte Tee.
Johannes Franke: So ein bisschen runter. Wir haben jetzt in... In zwölf Minuten, die dieser Podcast schon läuft oder ein bisschen weniger, haben wir schon die Hälfte des Films niedergemacht.
Florian Bayer: Es ist so wichtig, wenn du Central heißt und durch ein Fenster kletterst, um in einen Raum unten drunter zu springen. Du schaust nach unten, wenn du springst. Du guckst nicht geradeaus zur Wand und bist dann vollkommen überrascht, dass da unten Schacheldraht ist. Es ergibt überhaupt keinen Sinn.
Johannes Franke: Vor allem, als diese Szene war mit diesem Schacheldraht, habe ich gedacht, okay, die sieht... das doch alles eigentlich? Aber dann fällt einem auf, dass das Lichtkonzept also sehr kindlich auch irgendwie ist. Sobald es irgendwo blau ist, ist es eigentlich dunkel, aber wir können alles sehen, weil ja ganz viel blau da ist. Und wenn es rot ist, ist Tag. Oder ist das nicht so? In dem Moment, wo ich denke, die sieht das doch. Und dann denke ich, nee, die sieht das nicht. Das ist ja blau.
Florian Bayer: Also du verteidigst erst nicht wirklich diesen Film.
Johannes Franke: Nein. Aber ich habe versucht, ein Farbkonzept zu finden.
Florian Bayer: Das Farbkonzept ist im Leben. Farben sind geil.
Johannes Franke: Ja, das stimmt. Und
Florian Bayer: Farben. Und wie sieht die Szene jetzt am besten aus? Die Szene sieht am besten aus, wenn ich da noch ein knallrotes Licht hinpacke. Die Szene sieht am besten aus, wenn ich da noch ein gruseliges grünes Licht oder ein blaues Licht hinpacke.
Johannes Franke: Und die grünen sind doch, ich habe gedacht, die grünen sind die Hexen. Also grün steht für die Hexen, die da sind. Und rot für, weiß ich nicht, die Gefahr. Und blau für die Nacht.
Florian Bayer: Es geht doch auch drunter und drüber.
Johannes Franke: Natürlich geht es drunter drüber. Es ist kein echtes Konzept. Es ist nur so, dass mein Gehirn sich an irgendwas festhalten muss.
Florian Bayer: Du hast, glaube ich, zu viel dein Gehirn eingeschaltet während dieses Films.
Johannes Franke: Ich finde es wirklich schlimm.
Florian Bayer: Das Ding ist ja, also dieser Film bringt für mich die richtige Mischung mit aus. Er nimmt sich ernst genug, um nicht eine Parodie zu sein, um nicht eine Selbstparodie zu sein.
Johannes Franke: Ja, okay.
Florian Bayer: Aber er ist auch wild genug und albern genug und steht dabei zu seinen cheesigen Momenten. Ja. Und schämt sich auch nicht dafür. Dieser Film... hat diese ganzen Albernheiten, diesen ganzen Kitsch, dieses ganze, einfach was komplett daneben ist und umarmt es und das ist halt, ich finde das ist erstmal große Unterhaltung. Es ist einfach Spaß. Ja, es ist bunt, es ist wild, es ist chaotisch, aber es macht so viel Spaß. zuzugucken, wie Dario Acento durch diesen Film stolpert.
Johannes Franke: Ja, aber wirklich stolpert. Muss man wirklich sagen. Ich weiß nicht genau, ob ich dafür Spaß als das Wort der Wahl nehmen würde. Ich verstehe es halt nicht, weil ich die ganze Zeit davor sitze und denke, ich will irgendwie, der wollte ja auch einen Film machen. Und der wollte nicht einfach, also unterstelle ich ihm jetzt einfach mal, der wollte ja nicht nur so eine... So stelle ich mir eine Wurstfabrik vor. Da kommt alles rein und dann ist gut.
Florian Bayer: Gute italienische Salami. Ich glaube, es ist ganz wichtig, um diese Freude zu verstehen, die da drin steckt, muss man verstehen, wie der italienische Film damals funktioniert hat und auch wie Dario Argento funktioniert hat.
Johannes Franke: Okay, das musst du mir jetzt erzählen. Klugscheißen mit Plor.
Florian Bayer: Ich fange mal mit einem Zitat von Lucio Fulchi an, auch großer Horrorfilmregisseur aus den 70ern. Der hat gesagt, Alfred Hitchcock ist ein Künstler, der sich für einen Handwerker hält. Dario Argento ist ein Handwerker, der sich für einen Künstler hält. Das ist richtig böse, aber ich glaube, es trifft den Nagelschirm ziemlich auf den Kopf. Und das ist auch gar nicht despektierlich gemeint. Dario Argento war ein Handwerker, aber Dario Argento war ein Handwerker, der damals im italienischen Kino mit den Möglichkeiten, die das italienische Kino zu der damaligen Zeit hat, gearbeitet hat. Ja. Und das heißt vor allem Knaupen. Weißt du, was Knaupen bedeutet? Nein. Das ist so ein Begriff, Knaupen. Ich komme aus dem Saarland. Ja. Im Saarland heißt es Knaupen. Wenn du ein Kabel hast, das da irgendwie komisch aus der Wand rausguckt und du hast ein anderes Kabel und du weißt, die müssen zusammengebracht werden. Ja. Und wenn du dann anfängst, irgendwelchen Mist zu machen, ohne ein Experte zu sein, das irgendwie zusammenzulöten. Okay. Aber am Schluss brennt das Licht. Und es sieht total bekloppt aus und du machst da noch ein bisschen Zement drüber, damit man es nicht sieht, das ist geknaubt. Okay. Wenn irgendwelche komischen Sachen von irgendeinem Laien gemacht werden, sodass sie funktionieren. Aber jeder Experte würde sich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, das ist geknaubt. Und das haben die Italiener damals viel gemacht.
Johannes Franke: Ja, das trifft den Film ganz gut.
Florian Bayer: Und haben damit aber auch wirklich großartige Filme gemacht. Und Dario Argento ist ja jemand, der aus der Filmkritik kommt.
Johannes Franke: Achso.
Florian Bayer: Wie so viele Filmemacher im 20. Jahrhundert, der für Tageszeitungen Filmkritik geschrieben hat und der dann als Drehbuchautor angefangen hat. Er hat dann, spiel mir das Lied vom Tod, 1968 hat er mitgearbeitet. Da war er zusammen mit Bernardo Bertolucci am Drehbuch beteiligt. Krass. Und... In Italien gibt es diese, und das liebe ich für das italienische Kino zur damaligen Zeit, diese Unterscheidung zwischen der Hochkultur und der Trivialkultur oder wie auch immer man es nennen will, gibt es da nicht so, sondern du hast ständig irgendwie Leute, die versuchen mit diesem Palpigen mehr zu machen. Zum Beispiel Sergio Leone, der hat Western gedreht, die ziemlich brutal waren, die eigentlich ziemlich alberne Geschichten waren über Rache und über ganz typische Rachegeschichten, wie man sie schon tausendmal gehört hat. Hat die dann aber sehr operettenhaft inszeniert. Und hat damit versucht, irgendwie groß mehr Kunst zu machen. So irgendwie transzendieren das Ganze. Und das haben die Italiener viel gemacht. Die großen Genres der Italiener, das waren der Giallo-Horror, zu dem ich gleich komme. Der Italo-Western. Und dann aber auch sowas wie diese Polizeifilme, die Policciotti. Und das waren alles Filme, die eigentlich so palp waren. B-Movies. Aber die besten Regisseure der damaligen Zeit, die haben immer versucht, da mehr rauszuholen. Und immer ein bisschen mehr Kunst rauszumachen. Und dadurch hast du immer so eine schräge Mischung aus, oh, da gibt es irgendwie einen Anspruch, der drüber ist. Ja. Und gleichzeitig, Gott ist das Schrott. Oder Gott ist das albern. Und Dario Argento war einer. Es ist Mario Bava, der große Cialo-Regisseur. Das war quasi so eine Art, das war ein guter Freund von Dario Argentos Vater.
Johannes Franke: Der Produzent dieses Films ist.
Florian Bayer: Genau, genau. Und das war deswegen, wie hieß er, Onkel Bava wurde er genannt. Und Mario Bava ist der Mitbegründer vom Cialo-Horror.
Johannes Franke: Ja,
Florian Bayer: okay. Genau und dadurch war Dario Acento da voll drin und ich glaube, ich muss jetzt einmal diesen Bogen schlagen zum Giallo. Nämlich das ist das, wo wir herkommen. Das ist der Giallo-Horror. Und Dario Acento war, bevor er diesen Film gemacht hat, war er einer der angesehenen Giallo-Regisseure. Und Giallo ist ein echtes Thema für sich. Jetzt musst du irgendeinen Jingle spielen, weil ich jetzt anfange jetzt klug zu scheißen.
Johannes Franke: I'm way ahead of you.
Florian Bayer: Was ist Giallo-Horror? Du kennst Giallo, du kanntest Giallo nicht vor diesem Film, ne?
Johannes Franke: Ich habe den Begriff aus deinem Mund immer mal gehört, aber immer genickt und gelächelt. Ansonsten wusste ich nichts.
Florian Bayer: Das Ding ist ja, mein Weg zum Cialo ist über Suspiria gekommen. Cialo habe ich zum ersten Mal gehört, als ich Suspiria geguckt habe. Und Suspiria habe ich geguckt, weil Stephen King himself in einer Videodoku-Reihe, die heißt This is Horror, die lief auf MTV Anfang der 90er, Suspiria als einen der großen Horrorfilme von damals präsentiert hat und gesagt hat, das muss man sehen. Deswegen habe ich das Period geguckt und habe gedacht, alter geil. Und dann habe ich gelesen, es gibt Jalo, das ist ein Genre und da gibt es noch ganz viele Filme. Und dann dachte ich, alter geil. Und dann habe ich angefangen, mir so ein, zwei Jalos anzugucken und dachte, alter langweilig. Und war tierisch enttäuscht, dass die Filme halt nicht so sind wie dieser.
Johannes Franke: Es liegt vor allem daran, dass sie nicht fantastisch sind eigentlich, oder? Genau.
Florian Bayer: Jalo-Horrorfilme sind eigentlich nichts anderes als eine Weiterentwicklung von den... deutschen Edgar-Wallace-Filmen. Und man kann noch so viel kommen mit Hitchcock-Einflüsse, mit Gothic-Novel, Gothic-Horror-Einflüssen und so weiter. Aber vor allem sind Jalo-Filme aus diesen Edgar-Wallace-Filmen entstanden. Und die habt ihr alle bestimmt schon mal gesehen. Die typischen Edgar-Wallace-Filme, in denen Whodunit-Filme, richtig klassische Whodunit-Thriller, die nur ein bisschen brutaler sind als die Whodunit-Krimis von Jalo Combs und so weiter. Aber es geht darum, großer Landsitz, viele Menschen, jemand wird umgebracht, noch jemand wird umgebracht. Alle sind verdächtig. Klaus Kinski läuft durchs Bild und guckt dabei kiesgrämig und ist nie der Mörder. Alle halten immer Klaus Kinski für den Mörder, weil der immer den schrägen Butler spielt. Er ist es nie. Und der Mörder ist meistens gezeigt aus der POV mit irgendwelchen Handschuhen oder mit irgendwelchen Masken. Deswegen heißen diese Filme auch so wie der Mönch mit der Peitsche, der Frosch mit den Handschuhen und so weiter. Und am Schluss wird halt aufgeklärt, wer der Mörder ist.
Johannes Franke: Ich will den Frosch mit den Handschuhen sehen.
Florian Bayer: Das waren die Edgar-Wallace-Filme aus den 60ern.
Johannes Franke: Und naja... Cialo hat aber dann doch noch ein bisschen auf Elf gedreht, oder? Also ich meine, die haben ja dann den Slasher mit reingehaut.
Florian Bayer: Nee, der Slasher kam dann später. Cialo, die Italiener haben dann gesagt, das ist ganz nett. Da fehlt ja Blut, da fehlen Titten.
Johannes Franke: Genau.
Florian Bayer: Da fehlt Sex und da fehlt alles was, was einen guten Horror-Thriller ausmacht und haben das dann reingeworfen. Und so sind die Cialos entstanden. Und die berühmtesten Cialos waren vor allem die von Mario Bava damals. Zum Beispiel La Ragassa, Che Sapeva, Troppo, das Mädchen, das zu viel wusste oder Blutige Seide aus den 60ern. Und... In den 70ern, wo wir jetzt sind, hat das Genre so langsam angefangen abzubauen, weil unzählige Jolly produziert wurden. Und das liegt einfach daran, dass das das Genre war, das funktioniert hat. Und es wurde einer nach dem anderen rausgehauen. Das heißt, wenn man sich Jalloh anguckt, ist es so ein Würfelwurf und zwar eher nicht mit einem W6, sondern eher mit einem W100, ob man einen guten Film erwischt.
Johannes Franke: Oh nein.
Florian Bayer: In der Regel erwischt man keinen guten Film. Als ich meine 70er-Film-Retrospektive gemacht habe, vor einem Jahr oder so, habe ich sehr viele Jalloh geguckt und festgestellt, dass ich die meisten Jalloh nicht mag. Weil es halt doch immer so dieselben Filme sind, die halt irgendwie, es geht um einen Killer. Die Identität des Killers wird geheim gehalten. Ja. Mordszenen werden aus der POV des Killers gezeigt. Es gibt sehr gerne dieses Stilmittel, dass Frauen umgebracht werden und dass vor allem auch immer so ein bisschen Sex mitspielt. Gleich begleitete Frauen, die stranguliert werden und dabei noch so halbnackt in die Kamera hächeln.
Johannes Franke: Oh Gott, oh Gott.
Florian Bayer: Und da ist viel Schrott dabei und das hat dann auch das Publikum erkannt und es hat halt Interessen daran gehabt, was auch daran hing, dass die Italo-Western zum einen und zum anderen diese Polizeifilme größer wurden in Italien. Aber eine Zeit lang war ein Jolly wirklich das... Krasseste, was es, das Geilste, was es im europäischen Horrorfilm gab und sehr einflussreich, du hast das so als Slasher-Film reingeworfen, für die Entwicklung des Horrorfilms. Sehr viele Slasher-Film-Regisseure haben gesagt, na klar, wir sind von Jalo inspiriert. Die ganzen amerikanischen Slasher-Filme der frühen 80er Jahre von Halloween über Mike Myers und so weiter, von Halloween über Nightmare on Elm Street, die haben alle mehr oder weniger Jalo-Einflüsse.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Was aber tatsächlich nicht unbedingt im Jalo der Fall ist, ist dieses krasse Farbkonzept. Das ist das, was Mario Bava gemacht hat. Und das war geil. Und das macht auch die Mario-Bava-Filme tendenziell für mich zu den besseren, Charlie.
Johannes Franke: Wegen des Farbkonzeptes?
Florian Bayer: Wegen der Farben. Weil einfach, weil nicht Farbkonzept, sondern einfach, das ist das, was dann auch Argento inspiriert hat. Dass Farben sehr wild wurden, dass sehr viel mit Farben, mit Bräumen gespielt wurde. Dass krasse Bilder gezeigt wurden, die so ein bisschen, ich mein, du bist Wes Anderson-Fan.
Johannes Franke: Ja, ja,
Florian Bayer: ja. Wes Anderson wird von seiner Ästhetik auch ein bisschen vom Giallo inspiriert sein. Diese Räume, die so sehr architektonisch inszeniert sind und du hast diese Fugen, die so im Raum verteilt sind, dann eine krasse Farbe da einmal auf dem Boden. Das war das, was du im Giallo oft hattest. Deswegen würde ich sagen, diese visuellen, das ist das Beste eigentlich am Giallo, diese Bildsprache, das hattest du vor allem bei Mario Bava und Bei Dario Argento. Und deswegen sind das auch die beiden Regisseure, die ich wirklich mag aus dem Genre. Um vielleicht ganz kurz ein paar Filme reinzuhören, die gut sind. Im Blutrausch des Satans. 1971 von Mario Bava. Der ist auf dem Index. Sehr fies, sehr prototypischer Cello, aber sehr gut. Dann gibt es diesen The Child. Der ist von Aldo Lado. Aus dem Jahr 1972. Der ist fast schon eher ein Drama. Hat so ein bisschen diesen Mystery-Aspekt. Ist so ein Vorläufer zu, wenn die Gondeln Trauer tragen. Das ist auch, was ich an Cialo mag, wenn nämlich dieses Übernatürliche mit reinkommt. Deswegen auch Profondo Rosso von Dario Argento ist wahrscheinlich einer meiner liebsten Cialo zusammen mit Perfume of the Lady in Black von Francesco Barilli aus dem Jahr 1974. Du sagst so, ja, kenn ich, hab ich gesehen. Der so was Surreales mit reinbringt und dann fast schon so lynchesk ist. Das sind Ciali, die ich mag. Den typischen Cialo mag ich nicht. Und Suspiria ist auch kein typischer Cialo, weil Suspiria... Einfach dieses Übernatürliche und dieses Sexenthema drin hat. Aber er hat sehr viele Jello-Momente. Diese POV-Killer-Szenen.
Johannes Franke: Hat er eine POV-Killer?
Florian Bayer: Ja, wenn du davon ausgehst, dass der Killer was Übernatürliches ist. Wenn der blinde Pianist ermordet wird, dann hast du diese Perspektive von oben auf ihn und irgendwas.
Johannes Franke: Ja, gut, okay.
Florian Bayer: Du hast ganz oft in den Todesszenen das Gefühl, dass der Killer die Leichen irgendwie beobachtet. Dass du irgendwie mit dem Killer so ein bisschen verbündet bist.
Johannes Franke: Okay, verstehe.
Florian Bayer: Fun Fact. Dario Argento, so wie Hitchcock seine Cameos gemacht hat, Dario Argento hat darauf bestanden, in seinen Filmen die Hand des Killers zu spielen. Immer. Der wollte die Hand des Mörders führen. Hast du eine geile Meta-Ebene rein. Der Regisseur, der seine Leute umbringt, um nochmal zu FSK zurückzukommen, sie hatten recht, das ist total menschenunwürdig, was er da macht. Er besteht nämlich darauf, sein Menschenmaterial abzuschlachten. Und Dario Argento ist dann vom Giallo, weil es halt einfach ein interessanter, neugieriger Regisseur ist. Hat er sich halt weiterentwickelt und hat dann dieses Übernatürliche gefunden und hat im Jahr 1977 mit Suspiria wahrscheinlich genau im richtigen Moment auch so diesen Absprung vom Cialo geschafft hin zum Whatever, was wir jetzt vor uns haben.
Johannes Franke: Genau. Was ich gelesen habe, ist, dass er tatsächlich in dem Moment, wo er Suspiria angefangen hat, gesagt hat, ich weiß nicht, ich will nicht weiter diese... gleiche, ewig gleiche Schiene machen. Ich will ein bisschen weg vom Jallo. Und ich gucke mir den Film an und denke mir, ich weiß nicht, ob du da weggekommen bist. Du hast vielleicht ein bisschen was Übernatürliches hinzugefügt, aber bist du davon weggekommen?
Florian Bayer: Zumindest so weit, dass man sagen kann, es ist eine Evolution. Er hat das Profondo Rosso, der vorgedreht hat, ist deutlich mehr Jallo. Also ist er auch noch ein klassischer Jallo, aber auch da sieht man schon, dass er vielen Motiven des Genres so ein bisschen überdrüssig war und gesagt hat, ich pack. Noch ein bisschen mehr Übernatürlichkeit rein, noch ein bisschen mehr Hitchcock, ein bisschen mehr Suspense. Aber was ist es,
Johannes Franke: wenn es mehr Jalloh ist? Ist es noch blutiger?
Florian Bayer: Nein, überhaupt nicht. Jalloh sind, also Jallies sind teilweise echt blutig. Er macht nicht mehr, er macht was anderes. Und zwar, was hier mit reinkommt, ist dieses, was wir in den 70ern auch haben, auch zeitgleich in Amerika, dieses Okkult-Horror. So wie wir es bei der Exorzist haben oder bei Rosemary's Baby. Dieses Satanische und vor allem, dass diese Gefahr nicht mehr von was Menschlichem ausgeht, sondern von so einer Entität, die allgegenwärtig ist. Und das haben wir hier in diesem Soundtrack. Diese Goblin, die dich die ganze Zeit anschreien mit Wutsch, Wutsch. Die Musik ist so geil, ich liebe die Musik. Und dann immer diese krassen Kameraperspektiven. Die Kamera ist so geil in diesem Film. Widersprich mir, wenn du anderer Meinung bist. Dafür, dass es ein B-Movie ist, ein italienischer Horror-B-Movie, ist die Kamera echt geil. Wir haben diese absurden Räume.
Johannes Franke: Ja, ja,
Florian Bayer: ja. Allein schon, wenn das erste Opfer, wir haben ja gar nicht so viele Mordszenen. Wenn das erste Opfer, Pat heißt sie, sie hat einen Namen, sie hat wirklich einen Namen, flieht aus der Akademie und dann dem Haus von ihrer Freundin unterkommt. Dann haben wir dieses krasse Gebäude, wo die übernachten mit diesem Boden und dieses Rot. Und die Kamera fliegt so über ihr und du hast das Gefühl, da sind überall Geister, die auf sie herabfliegen. abblicken und sie angreifen wollen.
Johannes Franke: Das kommt später nochmal, wenn er auf dem Platz den Hund ermordet.
Florian Bayer: Wenn der Hund ausrastet, auch in den Tanzszenen. Wir haben so oft diese Paranoia-Kamera. Wir sehen sehr viel vom Geschehen, aber da ist irgendwas Unsichtbares, was darauf wartet, was lauert im Hintergrund. Und dann führt es natürlich zu Szenen, die gorlastig sind, die blutlastig sind, aber die so irreal sind in dieser Blutigkeit.
Johannes Franke: Deswegen habe ich in keiner Sekunde das Gefühl, wirklich einen Horrorfilm zu gucken. Weil das alles so drüber ist und so artifiziell überhöht, dass man eigentlich keinen, man sieht da ja nicht den brutalen Mord, außer dass da jemand völlig unnötigerweise noch in dein Herz hineinstößt. Ah, die Szene. Eine Güte. Und dieses hellrote Kuss. Es stimmt alles natürlich nicht. Und deswegen kann ich auch Folgen verstehen, wenn man sagt, ja, ach, FSK, was soll's, mach mal. 16 ist in Ordnung, kriegst du schon hin. Weil nichts davon an deine Realität andockt. Nichts. Und du hast dann dieses Bild, wenn du jetzt gerade am Anfang bist mit dem ersten Mord, da passiert ja sofort alles in diesem Film. Die ersten 10 Minuten sind ja voll gepfropft mit Zeug. Und dann gipfelt das in diesem Bild, diesem Gemälde im Grunde, was du von oben hast, wo die beiden von dem Glas erschlagen sind. Das finde ich als Bild rausgenommen, Wirklich tatsächlich ziemlich gut. Also es ist nicht mein Ding, weil ich mit Blut und so, brauche ich alles nicht unbedingt, aber ich sehe die Kunst in diesem Moment. Ja. Finde ich total in Ordnung, finde ich total gut. Ich muss allerdings sagen, dass der Rest, was die Bilder betrifft und so, mit den Farben und mit allem Set und so, was es ist, es ist ja eindeutig alles Set, Set, Set. Ja. Keine realistischen Räume und kein, man sieht sofort, dass das so eine... so eine aufgebaute Wand ist, die angemalt wurde und dann die Tapete und so. Das ist alles so hart am Kitsch dran. Ja, voll. Dass ich da nicht richtig, ich muss die ganze Zeit an die, Kitsch ist ja als Definition wahnsinnig schwierig. Es ist schwer zu definieren. Ich glaube, es gibt keine allgemein gültige Definition von Kitsch. Was ich mir immer als Definition von Kitsch mit mir rumgetragen habe, ist eine ikonisierte Imitation einer echten Sache. Also du... Du machst etwas nach, um es zu ikonisieren, aber es ist emotional wahnsinnig weit entfernt von der echten Sache.
Florian Bayer: Schweizer Kuckucksuhr aus Plastik.
Johannes Franke: Zum Beispiel, genau. Und die Schweizer Kuckucksuhr hat vielleicht mal irgendwie einen emotionalen Wert gehabt, aber den hat es massiv verloren. Es gibt einfach keine, die Verbindung ist einfach so dünn geworden, dass es nicht mehr existiert.
Florian Bayer: Jeder kleine Eiffelturm, den du in Paris am Bahnhof...
Johannes Franke: Absolut, genau. Sie hat kaum mehr was mit dem Original zu tun. Und hier ist das auch so. Es gibt... dieses Haus, dieses Walfischhaus oder wie das heißt.
Florian Bayer: In München steht ein Hofbräuhaus.
Johannes Franke: In Freiburg ist das Ding, dieses mit der roten Fassade, wo du eigentlich im Film dir das Ding anguckst und denkst, sowas gibt es doch nicht. Was ist das denn? Völliger Quatsch. Und schon gar keine Ballettschule. Und dann stellst du fest, dass es auch keine richtige Ballettschule ist, weil wir bringen unseren Schülern nicht tanzen bei. Wir gehen davon aus, dass sie das schon können. Und ich denke mir, was? Was macht ihr dann? Also... Alles an der Optik und dann auch im übertragenen Sinn in der Story grenzt an Kitsch. Ja. Und das tut mir weh beim Gucken.
Florian Bayer: Ich bin voll bei dir. Ich gebe dir absolut recht. Ich würde es aber einschränken. Ja. Muss nicht immer negativ sein.
Johannes Franke: Nein, Muss nicht, in dem Fall schon, aber wusstest du nicht.
Florian Bayer: Es war ja mit ein Grund, warum die FSK mittlerweile gesagt hat, okay, das Ding hat nichts auf dem Index zu suchen. Und das kann man ab 16 freigeben, weil das Ganze so märchenhaft ist. Und weil das so behöht ist. Also Märchen ist ein ganz wichtiges Stichwort. Was Argento hier inszeniert, ist ein Märchen. Und zu Märchen gehört meiner Meinung nach auch der Kitsch dazu. Und auch gerade dieser schreiende Kitsch. Und es entsteht durch diese Imitation von Wirklichkeit, die offensichtlich die ganze Zeit... Ich bin Imitation. Entsteht so eine ganz eigene Atmosphäre, die ich total verführerisch finde. Ich finde, dieser Film sieht in seiner merkwürdigen Welt gut aus. Und das ist tatsächlich, ich stimme dir zu, ich finde Kitsch ist ein total treffender Begriff dafür, was da passiert. Es ist halt immer dieser böse gebrochene Kitsch, weil da einfach krasse Sachen passieren. Wir haben Leute, die abgeschlachtet werden. Wir haben nicht viele Mordszenen, aber wir haben brutale Mordszenen. Wir haben dann diese Nazi-Tanzlehrerin, die komplett drüber ist. Wir haben Mahnen, die von der Decke regnen und sowas. Und irgendwie wird der Kitsch damit gebrochen. Und gleichzeitig bewegt sich das auch in dieser, also wie gesagt, wenn das Blut so rot ist, dass es viel zu hell ist, bewegt sich das gleichzeitig in dieser Kitschordnung mit drin. Für mich entsteht tatsächlich so eine Meta-Ebene. Und ich gehe total mit, auch dass Argento hier ein Handwerker ist, der so ein bisschen lieber Künstler wäre, ein bisschen mehr Künstler sein will. Ja. Es funktioniert. Das Ergebnis funktioniert. Das Ergebnis ist halt... Ich finde, es ist weit weg von prätentiösem Scheiß. Es ist einfach heißer Scheiß.
Johannes Franke: Ich weiß auch nicht, ob ich sagen würde, prätentiöser Scheiß. Das würde eine Haltung implizieren, die dieser Film nicht wirklich mit sich trägt. Aber ob er es wirklich gut hinkriegt? Ich habe das Gefühl, dass mir auf zu vielen Ebenen... Sachen gemacht werden, die nicht funktionieren. Zum einen kann ich die Schülerinnen nicht verstehen, weil ich nicht weiß, dass es eigentlich zehnjährige Kinder sind.
Florian Bayer: Ich finde diese Entscheidung so toll.
Johannes Franke: Ich finde, im Nachhinein in der Recherche ist es total süß. Ich denke auch, oh mein Gott, was für eine süße Backstory. Aber ich finde, die Entscheidung funktioniert für den Film überhaupt nicht. Nicht. Was sind das für Dialoge? Was sind das für Ideen? Was du vorhin gesagt hast, diese schnarchende 50-jährige Frau, die nebenan... Natürlich! Und als 10-jähriges Kind findest du es nochmal schlimmer, weil du überhaupt kein Referenzsystem hast in deinen Peers, was das betrifft. Naja, natürlich schnarcht die, was soll das? Ist halt so. Dann ist das nicht gleich eine Hexe, aber für die 10-Jährige ist das eine Hexe. Und ich als Kind hatte das auch, dass ich irgendwie in der Schule Situationen hatte, wo ich gedacht habe, die Direktorin hat mich auf den Kieker und das ist doch eine böse Hexe und dann habe ich mir sonst was ausgemalt, was die will und was sie nicht will. Und das passt total in diesen Film hinein. So viele dramaturgische Entscheidungen passen voll in dieses Schema, dass es Kinder sind, denen das passiert. Aber das, was passiert, kann man mit Kindern so nicht machen und deswegen hat ja der Vater von Argento gesagt, nein, das machst du bitte nicht mit Kindern. Und ich verstehe die Entscheidung. Aber ich verstehe nicht, warum man das Drehbuch dann nicht ändert.
Florian Bayer: Ich finde, es passt so voll Faust aufs Auge in dieses märchenhafte Setting. Wenn wir so was wie Schneewittchen oder Dornröschen nehmen, da haben wir junge Erwachsene. Ich meine, die heiraten in den jeweiligen Märchen, die Prinzen. Und die verhalten sich auch wie achtjährige Kinder.
Johannes Franke: Die heiraten ja auch mit zwölf.
Florian Bayer: Und ihre Gefühle und so weiter, das passt total. Und ich finde es so geil, wie der Film dann dieses Setting nutzt und uns die ganze Zeit anschreit. Ich bin ein Horrorfilm. Und dann haben wir solche Szenen, wie dass sie in dem Schwimmbad sind und sich unterhalten. Und die Kamera zoomt rein und zoomt raus. Die Musik wird lauter und kreischender. Und du denkst, oh mein Gott,
Johannes Franke: gleich passiert was. Das passiert nicht. Aber es passiert natürlich nichts.
Florian Bayer: Es ist fantastisch. Und es liegt da. Sie schlafen ein. Das Licht geht aus. Es wird knallrot. Wir hören das Schnarschen und wieder die Musik. Es ist einfach nur geil. Ich könnte darin baden. Diese... Kitschige und diese Störfeuer, die gehören dazu, um das runter zu machen. Alles, würde der Film zu düster, zu ernst sein, würde der Film diese albernen Momente nicht drin haben. Das würde irgendwie verloren gehen. Dieses Geisterhaus-Feeling. Dieses, ich bin hier auf einer Kirmes und ich hab jetzt mal so richtig Spaß. Ich lass mich durchschütteln. Und ich lass mich anschreien und ich lass diese Musik über mich kommen. Und dann seh ich halt manchmal Blut rumspritzen und die Geigen kreischen. Und es ist toll.
Johannes Franke: Ich frag mich die ganze Zeit, weil der Film ja so berühmt ist. Und auch so viel herbeigezogen wird als großer, toller Horrorfilm. Und ich dann denke, habt ihr einen anderen Film gesehen? Oder was seht ihr darin? Oder können alle auf diese Art und Weise den Film sehen, wie du den jetzt beschreibst? Weil man eigentlich, muss man sagen, in dieser Szene doch auch durchaus sehr, sehr ernsthafte Menschen vor sich hat, die sowas sehr ernsthaft auseinandersetzieren wollen.
Florian Bayer: Absolut.
Johannes Franke: Und dann sind das aber solche Leute und ich denke mir, wie seht ihr die Ironie darin nicht? Seht ihr dieses idiotische Kindliche darin nicht? Was ist da los?
Florian Bayer: Aber es gibt auch eine Rechtfertigung dafür, ihn ernsthaft auseinanderzunehmen, weil du kannst natürlich... in diesen Filmen, gerade weil er so drüber ist, gerade weil so viele Sachen passieren. Du kannst da unglaublich viel reinlesen. Und ich würde mal stark machen, gegen den Snobismus der Filmwissenschaft, die ja unglaublich gerne Godard und Godard ist schon wieder eigentlich das falsche Beispiel, weil Godard ja auch so ein Spieler war, die unglaublich gerne Tarkovsky und Bergmann analysiert und fette Essays schreibt darüber, was das, was für psychologische Motive hier drin vorkommen. Ich finde diese Trivial-und B-Movie-Kultur, die hat ihren eigenen Platz verdient, in der Filmwissenschaft und ich bin auch sehr dankbar dafür, dass sich die Filmwissenschaft teilweise so richtig wild da drauf glitzt. Man kann natürlich da mehr rausnehmen. Ich fände es total vermessen zu sagen, man muss so ein akademischer Regisseur wie Bergmann sein, um Filme zu machen, die analysiert werden. Und wenn wir hier diese Momente haben, wie mit der Farbe Rot gespielt wird. Da wird doch nicht mit der Farbe Rot gespielt.
Johannes Franke: Die wird da einmal hingekleckst riesig. Das ganze Ding, das wird einmal in Rot getaucht.
Florian Bayer: Nein, man findet immer wieder Momente, wo Rot sehr, sehr gezielt gesetzt wird. Also wenn zum Beispiel Susi ankommt und wenn dann sich die Türen öffnen und dann ist da Rot im Hintergrund. Wir haben so Themen wie Unschuldsverlust. Und alles, was in diese klassischen Märchentraditionen reinpasst. Es geht darum, es geht um das Erwachsenwerden. Es geht darum, seine Unschuld zu verlieren.
Johannes Franke: Die Mädchen, die ihre Tage lassen werden.
Florian Bayer: Ja, natürlich. Und Rotkäppchen ist eine Klitoris, auf jeden Fall. Aber das ist doch was. Das ist doch nicht doof.
Johannes Franke: Weiß ich nicht, ob mir das genug ist.
Florian Bayer: Und es ist vor allem auch nicht doof, weil dieser Film ja tatsächlich, dieser Film hat eine sehr dezidiert weibliche Perspektive. Und ja, man kann sich drüber lustig machen, dass ein Dude wie Dario Attenborough die weibliche Perspektive reinbringt.
Johannes Franke: Naja, aber das soll er machen.
Florian Bayer: Wir kommen aus dem Genre und aus einer Filmwelt. Wir sind 1977.
Johannes Franke: Ja, ja,
Florian Bayer: ja. Und wir brauchen vor allem Objektewahn. Und das sind sie ja nicht. Frauen sind hier Täter und Opfer. Frauen sind hier die Ermittlenden, auch wenn ihre Ermittlungen sehr merkwürdig sind. Und sind die, die Dinge herausfinden. Und das Weibliche ist ja auch das, was sich als thematischer Bogen über diesen Film spannt. Weil es geht ja um diese Hexengeschichten und es geht ja um diese drei Mütter. Ich habe bis heute nicht verstanden, worum es geht. Aber es geht um diese drei Mütter und es geht um diese verschiedene, um diese eine Hexe aus Griechenland, diese Leda Marcos. Und es geht um die Mütter, die auch so verschiedene Bedeutungen haben, wie eben Seufzer und Leid und so weiter. It's deep. Ich habe es bis heute nicht verstanden.
Johannes Franke: Das ist das Problem. Zum einen kann ich den Film nicht ernst nehmen. Ich kann nichts davon so richtig ernst nehmen. Außer vielleicht, weil die... Also die Kamera ist tatsächlich, hast du vorhin gesagt, tatsächlich ziemlich gut. Ich finde, die Kamera macht es tatsächlich ziemlich gut. Das Set ist voller Kitsch. Ich kann es kaum ernst nehmen. Ich kann nicht ernst nehmen, wie die da rumwackeln und so tun, als wären sie Ballettis, obwohl D'Agendo offensichtlich keine, weil er Wert darauf legt, dass es tatsächlich um Tänzerinnen geht.
Florian Bayer: Nein, überhaupt nicht.
Johannes Franke: Ich kann dadurch, dass die die Plotpoints nicht ernst nehmen, weil er es offensichtlich selbst nicht ernst nimmt, ich kann die Figuren nicht ernst nehmen, weil sie keine Entwicklung durchmacht und er offensichtlich auch an den Figuren keinerlei Interesse hat. Ich finde es irgendwie nicht, es gibt keinen Punkt, an dem ich sage, okay, das will ich mal ernsthaft angucken. Natürlich ist das eine Kirmes und es macht Spaß irgendwie, aber mir fehlt ein kleines bisschen der Punkt, an dem ich wirklich dann auch reingehen will. Weil das, was du da sagst, was da alles drinsteckt, das steckt da vielleicht drin. Aber ich habe keine Lust, das zu exploren. Warum?
Florian Bayer: Ich glaube, wenn du in so einen Film reingehen willst, wenn du da tiefer eintauchen willst, dann musst du erstmal akzeptieren. Dass das Gefühl, und zwar, ich meine jetzt nicht Emotionen traditionell klassisch, sondern eher so das wilde Gefühl, das sich da irgendwie in diesem Film einstellt. Dass das das ist, was sich reinführt, dieses, das ist so drüber, oh Mann, das ist lustig, oh krass. Und dann, dass es nicht um die Entwicklung von Einzelpersonen geht. Und diesen Diskurs haben wir oft, ne? Ja. Sondern, dass es eher um Themen geht und um eher Allgemeinheiten. Ich gebe dir total recht, keine einzige dieser Personen ist auch nur irgendwie so greifbar, dass man sich mit ihr identifizieren könnte, geschweige denn mit ihr mitgehen will. Lucy, die die ganze Zeit da liegt und pennt, die Hauptermittlungsarbeit macht die Sandra. Genau,
Johannes Franke: die Nebenfiguren machen die Hauptermittlungsarbeit. Sie übernimmt dann am Ende nur noch. Aber ich muss sagen, dass ich ihr gerne zugucke trotzdem.
Florian Bayer: Die Schauspielerin macht das wirklich gut. Jessica Harper.
Johannes Franke: Ja. Die übrigens zu der Zeit auch einen Woody Allen Film hätte machen können, nämlich Annie Hall.
Florian Bayer: Gott sei Dank hat sie es nicht getan.
Johannes Franke: Also aus der heutigen Perspektive würde ich sagen, ja, ist gut so, aber damals hätte ich ihr gesagt, warum beißt ihr jetzt nicht in den Arsch?
Florian Bayer: 1980 hat sie in Stardust Memories von Woody Allen mitgespielt.
Johannes Franke: Ah, okay. Ja, dann ist alles gut.
Florian Bayer: Was wollte ich sagen?
Johannes Franke: Dann hat sie ja jeden Scheiß mitgenommen.
Florian Bayer: Wo waren wir? Die Schauspielerin macht das gut. Aber es ist nicht so, dass wir uns mit der Person irgendwie verbinden. Überhaupt nicht. Aber womit wir uns verbunden fühlen ist dieses, oder zumindest das, was bei mir anklickt, wo ich reinkomme auch emotional, ist dieses Paranoide. Dieser Film hat diese typischen Paranoia-Horror-Motive. Das heißt, du hast die ganze Zeit das Gefühl, du wirst irgendwie beobachtet. Da ist irgendwie eine größere Kraft. Die Schwimmbad-Szene habe ich ja schon genannt, aber auch die Tanzszenen und so. Immer wenn die Musik ansteigt, du hast das Gefühl, du bist nirgendwo sicher und es ist alles so ein bisschen verflucht und du willst den auf den Grund gehen. Dass der Grund dann total gaga ist, ist ja egal, geschenkt. Aber das Gefühl ist erstmal das, was dich reinzieht oder was mich reinzieht.
Johannes Franke: Naja, ich verstehe, was du meinst. Ich verstehe auch, wo du dann angegriffen bist und sagst, okay, ich will da tatsächlich wissen, was los ist. Ich muss das nicht wissen unbedingt als Zuschauer, weil er so brachial auf eine Art und Weise da reinkommt und mir am Anfang gleich eine Schülerin zeigt, die da rausstürmt. auf idiotischste Weise irgendwelche Sachen brüllt und die Hauptfigur sich dann im Laufe des Films besser erinnert. Meine Erinnerung funktioniert andersrum. Also normalerweise erinnere ich mich mit der Zeit schlechter an Dinge, aber egal. Ich finde, dass das so absurd inszeniert ist mit einer Brachialität. Dass ich diese Paranoia so aufgestempelt bekomme mit einer Energie, dass ich mich wehre. Dass ich sage, was soll das? Mach mal ein bisschen ruhiger hier.
Florian Bayer: Komm mal runter. Komm mal runter.
Johannes Franke: Ich nötige mich nicht.
Florian Bayer: Aber ist das nicht eine geile Szene, wenn sie durch diesen Wald läuft und wir sie so von der Seite betrachten? Die Pett, die flieht und dann haben wir so diese Bäume und dieses... Also mich zieht das voll rein.
Johannes Franke: Ja, also die Szene ist, glaube ich, ganz gut tatsächlich.
Florian Bayer: Und ich glaube, du hängst dich auch wieder zu viel an dieser Detektivgeschichte auf. Die Detektivgeschichte ist totaler Quatsch. Wie gesagt, sie fordern nach, weil, oh, ich glaube, sie schlafen. Die Lehrerinnen gehen nicht raus, sie gehen nicht nach links, sondern nach rechts oder umgekehrt.
Johannes Franke: Und wieso hat sie das nicht vorher... Ich meine, wenn das Haus so hellhörig ist, dass sie genau nachvollziehen kann, A, wie viele Schritte sie machen und B, in welche Richtung, wieso hat sie vorher nicht... es geschafft, das schon mal festzustellen. Sondern es musste jemand kommen und sagen, übrigens, sie gehen gar nicht raus, sondern rein ins Haus. Hä?
Florian Bayer: Und dann haben wir ja auch so diese, dann wird so dieser Professor ja ins Bild geschoben. Ich hab hier einen Hexenexperten. What? Wo kommt das auf einmal her?
Johannes Franke: Ich bin Psychologe und Experte für Exposition-Dialoge.
Florian Bayer: Ja, genau das. Das darf... Du darfst die Detektivgeschichte nicht ernst nehmen, aber es ist Udo Kier. Ja, es ist Udo Kier. Und Udo Kier hat in jedem zweitklassigen italienischen Film der damaligen Zeit mitgekriegt. Echt? Genauso wie Klaus Kinski. Ich glaube, die haben, also ich gehe davon aus, dass die in irgendeinem Keller in Rom gefangen gehalten wurden. Und die wurden dann einmal alle drei Monate rausgelassen. Ihnen wurde dann entweder ein Cowboy-Hut aufgesetzt oder ein Ermittler-Hut oder was auch immer. Und dann mussten sie da halt was machen.
Johannes Franke: Exposition-Dialoge.
Florian Bayer: Tanzen und Deutschen sein. Ich find's geil.
Johannes Franke: Aber was soll das? Dann haben die auch noch, was noch viel bekloppter ist, nicht nur, dass sie dann verstohlen irgendwie Exposition-Dialoge runterbringen, sondern Udo Kier darf sogar noch sagen, übrigens, ich weiß, bin der Exposition-Dialog-Monolog eigentlich. Und ich werde irgendwann langweilig. Also stelle ich dir noch einen zweiten Typen, der genau das Gleiche noch mal macht. Auch noch mal vor die Nase.
Florian Bayer: Hat er einen Okkultismus-Experten immer dabei, falls mal jemand das Thema hext? Weil dieser Typ steht einfach nur am Rand. Also muss der immer neben ihm herlaufen und so. Und einmal im halben Jahr, oh Gott, endlich darf ich wieder was sagen.
Johannes Franke: Oh Gott, ist das doof.
Florian Bayer: Das ist total geil.
Johannes Franke: Es ist wirklich, wirklich super, super seltsam. auf die Nuss gemacht. Also du hast nicht das Gefühl, dass irgendwas davon subtil wäre.
Florian Bayer: Nein, überhaupt nicht. Und dann gibt es aber doch diese Szenen, wo du sagst, die funktionieren auf einer subtilen Ebene. Und das sind vielleicht die Momente, die der Film gar nicht so hervorstellt. Aber wenn Susi dann letztendlich, Gott sei Dank, endlich mal anfängt, so ein bisschen in der Schule rumzulaufen und zu recherchieren und dann an dieser Küche mit den alten Frauen, die das Fleisch verhauen, vorbeikommt. Zum Beispiel. oder wenn der kleine Junge von dem Hund angegriffen wird und wir sehen das nicht, sondern wir hören das nur draußen. Wir müssen nicht drüber reden, wie der blinde Pianist dargestellt ist.
Johannes Franke: Doch, doch reden wir drüber. Nein,
Florian Bayer: reden wir nicht drüber. Wenn wir einfach nur hören, wie dieses blonde Kind, du darfst gleich was dazu sagen, wie dieses blonde Kind, das die ganze Zeit gruselig aussieht und wir hören nur, wie es draußen angegriffen wird, dann sind das Momente, die richtig starke Horrormomente sind. Natürlich, die finden in einem albernen, kitschigen, übertretenen Film statt, aber losgelöst sind das absolut gute Horrormomente. Und davon gibt's einige in diesem Film. Mehr als Gewaltszenen.
Johannes Franke: Das Problem ist, dass ich halt keine davon ernst nehmen kann. Also, ich hab den Horrormoment nicht, weil ich die ganze Zeit amüsiert bin darüber, wie schlecht das ist. Ja,
Florian Bayer: du sollst, genau, das ist aber auch, in der Geisterbahn musst du ja auch nicht diesen einen Horrormoment haben, sondern es reicht, wenn du die ganze Zeit Spaß hast und rumgeschlüpft wirst. Komm, bring deine PC-Ansage zu dem Film.
Johannes Franke: Mach ich gleich. Ich möchte noch mal zu dem Horrormusik tiefer reingehen. Ich hab aufgeschrieben. Visual Jazz.
Florian Bayer: Ja,
Johannes Franke: wunderbar. Aber irgendwie nicht im Horror? Für mich ist es das falsche Genre, um diesen Scheiß rumzuspielen. Was soll denn das? Warum denn mit Horror?
Florian Bayer: Oh Gott! Es ist, glaube ich, dieses Anschreien. Es ist eine andere Art von Horror. Manche sagen, der schlimmste Horror für sie ist dieses Jump-Scares. Dieses Angespanntsein, eine Zeit lang, so 10 Minuten und dann kommt der Jump-Scare und dann erschrecken sie. Das ist für mich nicht. Für mich ist es eher so dieses, du hoffst die ganze Zeit, dass ein Chumskat kommt, wie bei Skinner in my Ring. Das macht mir am meisten Angst. Und du wirst nicht erlöst. Es ist die ganze Zeit geflüstert, du wirst nicht einmal angeschrien. Und dieser Film ist halt, du wirst die ganze Zeit angeschrien. Aber das ist auch eine Art von Horror. Manche sagen auch Terrorfilme zu sowas. Zum Beispiel das Kettensängen-Massaker, das Texas Chainsaw-Massaker ist auch so. Das ist ein Film, der wenig Subtilitäten kennt, der die ganze Zeit schreit. Aber das ist was, was Menschen Angst macht. Manchen Menschen. Mir nicht. Die offensichtlich auch.
Johannes Franke: Aber es ist, weißt du, es ist wie so ein Comedian, der eigentlich keine Pointen hat, sondern das ganze Zeit nur ins Publikum schreit.
Florian Bayer: Genau.
Johannes Franke: Und die Leute lachen aus Verzweiflung.
Florian Bayer: Ja, manche finden das aber auch lustig, ne? Was? Manche mögen es, wenn so ein Bit aufgebaut wird und die Pointe sehr spät kommt. Andere finden das voll lustig, wenn ein, guck so einen Film wie Hotshots.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Der Sucker Abrams. Viele würden sagen, Sucker Abrams haben zu viele Witze. Die haben zu viel, eine Pointe nach der anderen. Da ist überhaupt nichts, was irgendwie aufbaut.
Johannes Franke: Okay.
Florian Bayer: Andere würden sagen, das ist sauwitzig, so muss eine Komödie sein.
Johannes Franke: Okay. Ich hab's gerade nicht, ich kann's nicht einsortieren gerade. Das ist nicht genug im Kopf. So, und jetzt gehe ich auf den Blinden.
Florian Bayer: Ja, komm, los, hau ab.
Johannes Franke: Ja, genau so spielt man einen Blinden. Stolpernd, Kopf nach oben, möglichst weit weg von dem gucken, wo man hingucken müsste und den Mund so halb offen. Damit man so ein bisschen retarded aussieht. Weißt du, so, also, meine Güte. Meine Fresse, wie schlimm ist das denn? Ja,
Florian Bayer: 70er Jahre.
Johannes Franke: Das macht mir echt,
Florian Bayer: echt Probleme. Kann ich voll gut verstehen. Es ist total, es ist einfach, ja, geschenkt.
Johannes Franke: Und wir mögen die Figur irgendwann schon, durchaus. Auch wenn sie so schlimm gespielt ist. Aber, und es tut uns leid, dass sie sterben.
Florian Bayer: Er darf ins Hofbräuhaus, ne? Sie haben hauptsächlich in München gedreht. Sie wollen eigentlich in Freiburg sein, aber es ist halt deutsche Stadt, ne? Ja.
Johannes Franke: Der berühmte Freiburger Schublad.
Florian Bayer: Erkennt die nicht. Ja, er ist vor allem der, der mehr weiß. Er wird dann ja entlassen und er schreit dann, ich kann vielleicht nicht drehen, aber ich kann, ich habe. Neu, Kick Powers oder wie auch immer. Und es ist tatsächlich, es sind die einzigen Morde. Wir haben den Blinden, der von seinem Hund zerfleischt wird, was übrigens eine ziemlich geile Szene ist.
Johannes Franke: Die ist ganz gut gemacht tatsächlich.
Florian Bayer: Die auch am ehesten noch als Horrorszene so durchgeht.
Johannes Franke: Total.
Florian Bayer: Dann haben wir Pat und ihre Freundin, die ganz am Anfang ermordet werden. Die eine stranguliert, die andere mit dieser Scheibe und erstochen. Dann haben wir Sarah, den albernsten Morty, dieses Ketten in ein Drahtfeld. Und dann irgendwann wird der Hals aufgeschnitten.
Johannes Franke: Und man sieht eindeutig, dass da kein Stacheldraht dran ist. Einfach nur Draht.
Florian Bayer: Das wäre so leicht, da rauszukommen. Und nochmal, sie hängt da im Fenster. Und sie würde es, selbst wenn sie nicht runterguckt, sieht das da unten nicht. Natürlich. Es ist so albern.
Johannes Franke: Und welche Schule hat den bestimmten Raum mit dem Stacheldraht? Ich war auf einer Ballettschule, muss ich dazu sagen. Wir hatten natürlich einen Raum mit Stacheldraht. Ja, ja.
Florian Bayer: Und der letzte Mord ist schon der Mord unserer Protagonistin an der bösen Oberhexe Helena Markkross, die dann im Bett liegt, beziehungsweise nicht zu sehen ist.
Johannes Franke: Können wir einmal sagen, Wie absurd unterwältigt alle von den Morden sind. Der geliebte blinde Pianist wird umgebracht, zerfleischt auf schlimmste Art und Weise. Und die sagen, beware of dogs. Selbst schuld ein bisschen. Und die Lehrer sagen das auch bei dem anderen. Selbst schuld, sie hat sich halt mit den falschen Leuten umgeben. Was ist das denn?
Florian Bayer: Na, die Lehrerinnen sagen das alles, um ihren Hexenzirkel zu verbreitern. und die Schülerinnen sind alle unter Drogen. Susi wird dann ja auch irgendwann unter Drogen gesetzt und liegt die ganze Zeit nur noch schläfrig im Bett. Auch übrigens tolles. Unsere Protagonistin, die Person, der wir folgen, liegt meistens im Bett und schläft und wird von der anderen angerüttelt, die sagt,
Johannes Franke: du musst was machen. Die Hexen sind überall. Als ob der Film die ganze Zeit sagen will, Hauptdarstellerin macht Was?
Florian Bayer: Das stimmt. Das ist eigentlich genau genommen. Sarah ist in diesem Moment das Publikum.
Johannes Franke: Ja, genau. Sie sagt,
Florian Bayer: bitte hilf mir, ich will hier Hexen sehen. Ich will nicht, dass du schläfst. Wie fandst du denn die Madenszene? Die ist eklig.
Johannes Franke: Völlig absurd. Die sind auf dem Dach. Zum einen, wer bewahrt verderbliche Lebensmittel wie Fleisch auf dem Dachboden in der Form? Wie schaffen es die Maden, die auf dem Fleisch entstehen? durch die Decke durchzukrabbeln, um dann runterzufallen.
Florian Bayer: Diese Vorstellung ist so abartig.
Johannes Franke: Natürlich ist es aber... Ich finde es wirklich eine eklige Szene.
Florian Bayer: Ja, ja. Vor allem auch dieses, also das ist ja toll geschnitten, ne? Sie hat diese im Kamm dann und in der Bürste und dann sieht sie, da sind sie da und in den Haaren und dann sind sie plötzlich überall. Ja. Funktioniert.
Johannes Franke: Ja, funktioniert. Gekochter Reis übrigens. Gekochter Reis? Ja, also viele, viele von den Sachen, die runterfallen. Achso,
Florian Bayer: das ist gekochter Reis, ja. Ja. Finde ich auch, er hat dann halt doch ein, zwei, drei funktionierende Horrormomente oder Ekelmomente.
Johannes Franke: Ja, also das ist ein Ekelmoment. Der Rest funktioniert für mich als Horrormoment kaum. Wie sie da durch die, es fällt mir jetzt gerade ein, meine Güte, ich komme nicht damit klar. Wie sie da durchstolpert durch diesen dunklen Gang. Dann sieht man richtig die Regieanweisung, wie sie an dem Glas so sich so dran und dann regelt und dann so nochmal sich umdreht, um auch wirklich das Glas noch zerbrechen zu können, um dann weiter zu stolpern zu dieser Tür, die der... Bösewicht dann irgendwie so halb aufmacht oder nicht aufmacht? Wie lange braucht man denn um eine Tür von, wenn man da schon so ein Werkzeug hat und man schon sieht, dass er einfach nur den Hebel da ein bisschen hochheben muss, um das aufzumachen? Was? Was ist da los? Was soll das? Ich verstehe es nicht. Es ist im Grunde, es ist ja ein Albtraum irgendwie. Ja. Ich weiß nicht, wer so ein ausgefeilten Farbkonzept-Albtraum hat, aber es ist ein Albtraum. Und insofern kann ich vielleicht verstehen, dass das man... Mit der Tür, dass man, ne, diese Bedrohung, dass die Tür gleich aufgehen könnte, aber sie geht ewig nicht auf, weil das die inneren Ängste schürt. Dann sind da plötzlich diese Koffer, auf die man draufgehen könnte, um zu flüchten, durch dieses viel zu kleine Fenster da. Das sind alles Albtraum-Momente, die ich kaufe als Albtraum. Insofern kommt das schon irgendwie, geht das schon klar.
Florian Bayer: Ja, auch beim ersten Mal mit Pat. die am Fenster steht, in die Dunkelheit rausgucken. Dann sehen wir diese Wäsche so ein bisschen am Fenster. Und sie guckt wirklich lange hin und sieht da, was sich zu bewegen. Guckt nochmal ein bisschen vorsichtiger, nochmal genauer.
Johannes Franke: Ich weiß halt nicht, dass sie in einem Horrorfilm ist, sonst wäre sie schon längst weg.
Florian Bayer: Aber dieser Moment, bis die Scheibe bricht, das ist ein guter Horrormoment. Das ist auch ein starker Horrormoment. Ja, wir befinden uns in diesem Trüberfilm. Deswegen ist das alles so ein bisschen im Hintergrund.
Johannes Franke: Auch wie sie dann durch die Scheibe durchgezogen wird von der Hand. Ja, klar. Das ist so, naja.
Florian Bayer: Ich find's fantastisch.
Johannes Franke: Super viel Trash, aber na gut. Ja,
Florian Bayer: das ist halt dieser B-Movie-Charme. Und ich mach aber nochmal stark, es gibt diese Momente, machen wir jetzt heute nicht, liest euch was dazu durch, wo man wirklich nochmal tiefer reingehen kann und nochmal sagen kann, ah natürlich, wir haben hier diese Märchenmotive, wir haben hier dieses typische Schneewittchen-Thema, wir haben dieses Thema der Neid, die Eifersucht der Alten auf die Jungen. Wir haben hier dieses Großwerden. mit dem Bösen konfrontiert werden, mit diesem Neid und mit dieser Bösartigkeit in der Welt konfrontiert werden. Wir haben das Thema Autoritäten. Bei Dario Acento sind Autoritäten und vor allem das Auflehnen gegen Autoritäten spielt immer eine große Rolle. Und das haben wir hier ganz extrem. Nämlich, dass diese Tanzakademie, ich wollte es nicht machen, jetzt mache ich es ja doch, als Autorität von den Schülerinnen peu à peu in Frage gestellt wird. Und es braucht einige Weckrufe, damit Susi auch auf diesen, ich stelle jetzt die Autorität dieser Schule in Frage, Zug aufspringt.
Johannes Franke: Wobei das von Anfang an eigentlich klar ist. Da ist niemand, den man als Autorität anerkennen sollte. Von Anfang an nicht.
Florian Bayer: Dieser Umgang mit Leistungsdruck. Es gibt ja durchaus diese Thematisierung der harten Tanzproben und dieser Nazi-Lehrerin. Und was muss ich leisten, um als Frau, als Mädchen in dieser Welt angesehen zu werden? Man kann hier durchaus feministische Motive reinlesen, wenn man will.
Johannes Franke: Wäre der Film schlechter geworden, wenn sie Wert darauf gelegt hätten, dass sie tanzen kann?
Florian Bayer: Nö, aber es ist auch vollkommen egal.
Johannes Franke: Nein, es ist nicht egal. Ich gucke mir sie an und denke, die läuft nicht im geringsten wie eine Balletttänzerin. Keiner von denen, das stimmt nicht ganz, nicht keiner von denen. Aber die Szenen sind super plump gemacht, diese Tanzszenen, die ja nur so ein, zwei Momente mal auftauchen. Und der Satz, wir bringen euch keinen Tanzen bei, weil wir denken, dass ihr das sowieso schon könnt. Was ist dann der Sinn dieser Schule und warum sind die dann überhaupt noch da, wenn die das wissen? Ich finde es völlig absurd, weil wir auch nicht wissen, wo das alles hin soll. Weder wo die Schule hin soll, noch wo die Schülerinnen hin wollen, noch wo die Hexen eigentlich hin wollen, weil wir auch nicht wissen, was für einen Plan die Hexen eigentlich haben. Es ist jegliche Motivation völlig unklar. Das ist dein Argument jetzt für alles.
Florian Bayer: Die Hexen wollen die... Wollen auf jeden Fall die American Bitch loswerden. Ich weiß nicht, wie sie es im Italienischen sagen. Im Englischen sagen sie, die American Bitch must die.
Johannes Franke: Wenn sie die American Bitch loswerden wollten, dann müssten sie sie nur woanders schlafen lassen, als in diesem seltsamen
Florian Bayer: Haus. Nein, auf dieser Handlungsebene macht das überhaupt keinen Sinn. Die ganze Recherchearbeit macht keinen Sinn. Das, was die Hexen machen, macht keinen Sinn, außer dass sie die Oberen da unten verstecken. Aber auf einer Gefühlsebene? Kann man nach viel Sinn reinsehen. Hast du überhaupt schon über die Beziehung von Susi und Sarah nachgedacht, dass wir hier eine romantische Beziehung haben?
Johannes Franke: Das habe ich nicht. Aber ich habe gelesen, dass es das geben könnte, wenn man darüber nachdenkt und das reinliest.
Florian Bayer: So viel Empowerment, so viel Feminismus, so viel Adoleszenz und Auseinandersetzung mit Autoritäten und das, was du siehst, ist, sie kann nicht tanzen.
Johannes Franke: Und sie hat die Hälfte des... Nee, sie hat 90% des Films keine eigene Agenda. Ganz am Schluss, wenn sie versucht, da rauszukommen. Ja, dann ja. Das lässt Sinn.
Florian Bayer: Ach Gott. Ihr beim Erwachsenwerden bei. Und sie muss mit dem Schrecken, sie muss mit der Bösartigkeit der Welt konfrontiert werden, um erwachsen zu werden.
Johannes Franke: Ja, als
Florian Bayer: 28-Jährige. Sie muss diesen Aus der Traumoment erleben. Und diesen Aus der Traumoment erlebt sie. Und es geht ja auch um Traum. Sie kommt nach Deutschland. Sie ist Amerikanerin. Sie ist zum ersten Mal als Zwölfjährige da in der fremden Welt.
Johannes Franke: Sie lebt den deutschen Traum?
Florian Bayer: Ja, weil in Deutschland die besten Tanzakademien sind, wie man weiß, wie man an den Schubladlern sehen kann. Die haben das alle da gelernt. Sie kommt da an und sie wird damit konfrontiert, dass diese Traumverwirklichung so nicht funktioniert. Dass das ein hartes Geschäft ist und dass wenn man nicht tanzen kann, dass man dann an einer Tanzakademie nichts verloren hat. Und deswegen Nasenbluten kriegt und von einer Nazilehrerin vergiftet wird. Aber das sind Sachen, die man lernen muss, um dann über sich hinaus zu wachsen und zu sagen, okay... Dann rede ich jetzt mit dem Professor für Psychologie und Okkultismus, um herauszufinden, dass da unten im Keller eine alte Hexe lebt und meine Zombie-Freundin, die vorher im Stacheldraht umgekommen ist, damit ich die abstechen kann, damit das Haus verbrennt und ich endlich meinen Traum wahrmachen kann, in München in ein Hofbräuhaus zu gehen und ordentlich Bier zu trinken. Ich weiß nicht, was du gegen diesen Film hast.
Johannes Franke: Das Film ist super zusammengefasst. Ich habe gerade den realistischsten Teil des Films identifiziert für mich. Und zwar, wenn du als Tänzerin oder angehende Tänzerin an einer staatlichen Schule nicht angenommen wirst und so verzweifelt bist, so einer Schule so viel Geld in den Rachen zu werfen, dann bleibst du natürlich durch alle möglichen idiotischen und seltsamen Situationen dort, weil du hast a, sehr viel Geld verloren schon, du kannst jetzt nicht noch rausziehen und sagen, nee, ich mach das nicht und b, hast du sonst nirgendwo eine Chance, Tänzerin zu werden, also musst du da bleiben. Das ist traurig realistisch leider.
Florian Bayer: Schatz, ich habe Angst vor diesen Hexen und vor diesen Monstern da hinten. Ja, aber wir haben doch jetzt schon dafür bezahlt. Jetzt sollten wir das Ding auch weitermachen.
Johannes Franke: Der deutscheste Satz überhaupt. Ihr habt Geld dafür bezahlt, also wird das jetzt gefälligst passieren?
Florian Bayer: Ich weiß nicht, ich finde es kurz.
Johannes Franke: Also es gibt ganz viele Situationen, die den Film für mich unterminieren, weil sie so viel Unrealistisches machen. Das macht ein bisschen ein Problem.
Florian Bayer: Du darfst einfach nicht den Realismus erwarten. hatten, wenn du Alice im Wunderland guckst? Oder Schneewittchen?
Johannes Franke: Naja, Alice im Wunderland sagt mir ganz eindeutig, dass sie im Wunderland ist und gibt mir eine Zeit davor und danach, damit ich abgleichen kann, was ist realistisch und was ist nicht realistisch.
Florian Bayer: Ach, ja. Lewis Carroll hat aber auch echt für Idioten geschrieben.
Johannes Franke: Danke. Wow.
Florian Bayer: Top 3.
Johannes Franke: unsere Top 3. Wir haben eine Top 3. Rot. Einfach nur Rot mit Ausrufezeichen.
Florian Bayer: Rot mit Ausrufezeichen. Was war es sonst bei diesem Film, oder? Du musst anfangen.
Johannes Franke: Ich hätte auf Platz 3 The Red Balloon, ein Kurzfilm aus dem Jahre 1956. Kenne ich den? Mit Sicherheit hat jeder schon mal irgendwo in Social Media einen kleinen Ausschnitt daraus gesehen. Ein Kind läuft mit einem roten Ballon in der Gegend. umher und der rote Ballon hat mehr oder weniger eine Art Eigenleben und die erleben Abenteuer zusammen einfach. Und der Film... Ist so von der Farbigkeit her, dass ziemlich viel in so einem sehr gedämpften Grau der Stadt untergeht, aber der rote Ballon einfach raussticht. Und das ist sehr süß.
Florian Bayer: Also ich habe gerade so das Gefühl, ich habe den Film nicht ganz gesehen, aber Bild habe ich gesehen davon.
Johannes Franke: Ja, ja. Also dürfte ziemlich jedem so gehen, weil das so sehr, sehr berühmtes kleines Bild ist. Aber kaum jemand hat sich den ganzen Kurzfilm angeschaut. Aber lohnt sich.
Florian Bayer: Okay, cool. Ich glaube, den muss ich gleich mal gucken. Mein Platz 3. Rosso, Farbe des Todes im Deutschen, beziehungsweise Profondo Rosso im Italienischen oder Deep Red im Amerika. Meiner Meinung nach, neben Suspiria, der beste Film von Dario Argento, ist auch schon ziemlich drüber. Und wenn du Suspiria nicht magst, wirst du den auch nicht mögen, glaube ich. Aber ganz toller Giallo, der auch schon über das Genre hinausweist und sehr viel Mystery und Okkultismus und so Zeug an Bord hat und wirklich ein ganz, ganz... Toller Giallo aus den 70er, 1975. Der direkte Vorläufer von Suspiria.
Johannes Franke: Okay. Ich habe auf Platz 2 Sweeney Todd.
Florian Bayer: Oh ja, sehr blutig, sehr rot.
Johannes Franke: Ja, sehr blutig, sehr blutig, sehr rot. Ich habe versucht ein bisschen was zusammen zu mischen. Das eine ist der rote Ballon, weil einfach die Farbe rot mit dem Ballon und so ein psychologisches Element und ein Metapher Ding ist. Und das zweite ist eben mein Blut. Und das dritte ist eine Farbkorrektur, das werden wir gleich haben. Sweeney Todd, einfach nur der Barbier der Fleet Street oder, ne, wie heißt das? Fleet Street? Ist das die Fleet Street? Ich weiß es nicht. Irgendeine Straße in London vor vielen, vielen Jahren. Und er ist sehr blutig, weil er sehr viele Leute umbringt auf seinem
Florian Bayer: Friseurstuhl. Ich bleibe noch an den 70ern. 1973, Lady Snowblood aus dem Jahr 1973 aus Japan. Ein wirklich ziemlich, ziemlich cooler... Naja, schon so ein Martial-Arts-Film am ehesten, der viel Inspiration war für Tarantinos Pickle Bill. Und ein Film, der ein ganz tolles auch Blutkonzept hat, nämlich Blut in Schnee und wunderschöne Bilder damit macht. Und der was Poetisches hat, was Düsteres und auch was Tragisches und wirklich ein großartiger Film ist. Ist auch ein bisschen B-Movie, wie viele Actionfilme aus Japan aus der damaligen Zeit. Aber absolut sehenswert, Ladies in the Blood, guckt. Guckt ihn euch auf jeden Fall an.
Johannes Franke: Okay, ich ab auf Platz 1. Wir angekündigten etwas mit Farbkonzept, Farbkorrektur in der Post-Production mehr oder weniger. Wir haben Amelie gesehen. Amelie habe ich jetzt nicht genommen, weil wir den gerade erst hatten. Aber Her hat auch ein sehr, sehr rotlastiges, rotlastige Farbkorrektur. Sehr interessantes Farbkonzept. Ich glaube, dieses Rot steht vor allem für das Corporate. rot von dieser KI-Stimme, die das Betriebssystem darstellt, in das er sich verliebt.
Florian Bayer: Ja, okay.
Johannes Franke: Hör hast du gesehen.
Florian Bayer: Ja, ja, hab ich gesehen. Ja. Hatten wir auch, glaube ich, wollten wir auch mal irgendwann.
Johannes Franke: Wollten wir mal machen. Ich glaube, das könnten wir demnächst mal machen. Ja. Weil, ja, ja, ja.
Florian Bayer: Jetzt müssen wir ganz kurz den Spaß, einmal keinen Spaß mehr. Mein Platz 1 ist Schindlers Liste. Ui. Und ich weiß, über den Film wird auch immer mal wieder hergezogen, dass er so die Shoah zum großen Hollywood-Drama macht und so. Ist auch teilweise berechtigt als Kritik, aber ich finde trotzdem, Steven Spielberg hat damit einen unglaublich wichtigen Beitrag zur Auseinandersetzung mit der Shoah geliefert. Und es gibt dieser, der Film ist ja komplett schwarz-weiß, aber es gibt diese eine Szene, wo Oskar Schindler beobachtet aus der Ferne, wie ein jüdisches Ghetto aufgelöst wird und Leute rausgejagt werden und von den Nazis abgeschleppt werden und so. Und dann sieht er dieses eine kleine Mädchen im roten Kleid, das da über die Straßen irrt. Aber von niemandem so richtig wahrgenommen wird. Und das ist die einzige Farbe, die wir in diesem Film sehen. Dieses rote Kleid von diesem Mädchen. Und das werden wir später noch mal sehen. Und das ist wirklich gut gemacht. Und es ist so sehr, sehr, sehr pointiert gesetzt. Und es erzeugt meiner Meinung nach genau die richtige Emotion. Den würde ich auch gerne mal, glaube ich, im Podcast besprechen. Also gerade auch aus der Hinsicht. kann Hollywood das leisten? Kann ein Steven Spielberg das leisten, ein Drama über die Shoah zu machen? Funktioniert das? Ist das dann einfach nur Genozid-Kitsch oder ist das mehr? Meiner Meinung nach ist es mehr und trotzdem sehe ich diese kritischen Punkte.
Johannes Franke: Bin mir nicht sicher, ob ich den Film richtig gesehen habe, ehrlich gesagt.
Florian Bayer: Oh wow, krass. Okay, interessant.
Johannes Franke: Vielleicht gucken wir den mal zusammen. Okay, das war unsere Liste.
Florian Bayer: Das war unsere Liste.
Johannes Franke: Gehen wir wieder zurück in den Film. Das war unsere Top 3. Kommen wir also wieder zurück in den Film und wir haben noch gar nicht über das Ende geredet. Das Ende.
Florian Bayer: Die Schule verbrennt, alle sind glücklich.
Johannes Franke: Ja, aber sie lächelt. Also, wenn ich jetzt sowas erlebt hätte, ja? Ich komme aus der Schule raus und gehe da die Straße lang. Also, zum einen hätte ich vielleicht auch ein anderes Ziel als sie. Zum Beispiel entweder die Polizei oder keine Ahnung. Aber gut, wir wissen nicht, wo sie hin will. Aber dann würde ich vielleicht auch nicht auf diese Art und Weise lächeln. Gibt es da etwas, eine Interpretation, die du irgendwie bevorzugst?
Florian Bayer: Sie ist erwachsen geworden, sie ist aufgewacht, sie hat abgeschlossen mit diesem Teil ihres Lebens und jetzt geht es in eine strahlende Zukunft. Was wäre denn deine Interpretation? Sie ist von der Hexe besessen?
Johannes Franke: Ja, was ist denn damit? Also ich meine, es gibt da zwei Sachen. Entweder die Hexe ist jetzt bei ihr, also sie ist von der Hexe besessen oder sie hat die Hexe besiegt, also hat sie ihre Kräfte. Das ist noch das eigentliche Traditionelle, oder?
Florian Bayer: Das gehört auch zum Erwachsenwerden dazu, dass man Hexenkräfte erlangt. In einer Ballettschule in München oder in einem Feld. Nee, Freiburg. Ja, es ist auf jeden Fall ein cooles Ende. Es passt halt auch irgendwie zu der Gesamtatmosphäre.
Johannes Franke: Ich weiß nicht, mich hätte es irritiert, muss ich sagen. Weil wir nichts davon erzählt bekommen, was ich jetzt rein fantasiere. Und das ist auch, glaube ich, nicht das, was er da irgendwie will. Aber warum lächelt sie? Ich finde, das ist eine sehr seltsame Entscheidung. Irgendwie kommt mir das komisch vor. Ich finde das ganze Ende super, super trashig.
Florian Bayer: Ja, es ist voll.
Johannes Franke: Was ist das für eine Auflösung? Sie ist plötzlich unsichtbar, sie macht trotzdem den Dolch da in den Hals oder was auch immer, wohin auch immer. Und das war's. Das ist ja kein Klimax, keine Richtung.
Florian Bayer: Das ist irgendwie so Hals über Kopf und dann ist es schon vorbei. Aber es passt in diesen Rahmen der Nicht-Story. Es ist nichts, was groß dahin führt. Es ist nichts groß, was da geschieht. Und dann ist es auch irgendwie vorbei. Und das Krasse ist, ich habe den Film jetzt echt schon ein paar Mal gesehen, ich vergesse immer wieder so ein bisschen die Handlung und erinnere mich nur an diese Bilder, weil die Handlung so gaga und drüber ist. Und wir könnten jetzt natürlich auch nochmal drüber reden, dass Dario Acento von Thomas de Quincy inspiriert wurde und dass diese Hexengeschichten und jene Hexengeschichten.
Johannes Franke: Irgendeine Mutter von irgendjemandem, ich glaube nicht von ihm, hat erzählt, dass sie irgendwo, ich glaube, Violine gelernt hat auf einer Schule, wo angeblich genau solche Sachen passiert sind. Und da kommt dann das her.
Florian Bayer: Es ist nicht wichtig, weil es so ein Motivgemenge ist.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Weil es so ein Motivgemenge im Traum ist. Und deswegen ist alles irgendwie drunter und drüber. Und es ist nicht wichtig, was die Hexen da konkret vorhatten, wer diese Helena Marcos tatsächlich ist, was sie gemacht hat und so weiter. Das spielt letzten Endes keine große Rolle.
Johannes Franke: Aber warum nicht? Den Film hätte ich gerne gesehen.
Florian Bayer: Haben wir das nicht das letzte Mal schon festgestellt? Wichtig ist nicht, dass du die Hexe ermordest, sondern wichtig sind die Freunde, die du auf dem Weg dorthin kennengelernt hast.
Johannes Franke: Aber es sind alle verbrannt. Obwohl die meisten davon sind im Bolschoi-Theater. Und ihre Einladung ist in der Post verloren.
Florian Bayer: Ja, so war es aber auch.
Johannes Franke: Schlimm. Meine Güte. Und wie sie sich erinnert an, was die Frau da gesagt hat, dass sie rausgebrannt ist. Dass da die Lilien da diese Sachen drehen.
Florian Bayer: Kompletter Quatsch.
Johannes Franke: Vor allem schreit sie das ja in die Schule rein. Ja. Das heißt, sie schreit das einer Mitschülerin zu, um mir zu sagen, geh da hin und begib dich in die Gefahr, in der ich gerade war. Was soll das?
Florian Bayer: Sie wird doch getötet. Sie kriegt doch ihre Bestrafung dafür, dass sie den Quatsch macht. Wie fandst du denn die Musik? Goblin, kannst du damit was anfangen? Ist das geil?
Johannes Franke: Ich weiß es nicht. Ich war so erschlagen von allem, dass diese Musik natürlich ein Tropfen aus dem heißen Stein war. Und ich dann irgendwie, ich weiß nicht. Ich befinde mich in so einem seltsamen Zustand zwischen A und B, zwischen... Tod und nicht Tod zwischen Fasses übergelaufen und Fasses noch so halb leer.
Florian Bayer: Schrödingers Filmrezeption.
Johannes Franke: Ganz genau das.
Florian Bayer: Der Film hat genau das erreicht, was er wollte und sollte. Bester Film ever, oder? Also wir sind uns ziemlich einig gerade. Das ist einfach mal der beste Film, den wir bisher in diesem Podcast besprochen haben.
Johannes Franke: Das ist das beste seltsame Etwas, was wir je gesprochen haben.
Florian Bayer: Ich habe so eine merkwürdige Masse vor mir und ich weiß jetzt nicht, wo ich das hinziehen soll. Aber du warst von Flashgarden, warst du glaube ich auch begeistert.
Johannes Franke: Also umarme es,
Florian Bayer: umarme den Trash. Freu dich an den Symbolen und Motiven und mach ein bisschen Spaß.
Johannes Franke: Wenn ich mal nicht weiter weiß im Leben, dann gucke ich mir die Udo Kier Sache an und lasse mir einfach einmal Exposition mir monologmäßig alles erklären.
Florian Bayer: Und immer an den Okkult-Professor denken, den du in der Tasche hast. Ja,
Johannes Franke: richtig. Sehr, sehr wichtig. Und was ist das für ein scheiß Arzt, der dir sagt, ja, du brauchst einfach Wein. Jeden Abend Wein. Ja. Dann wird das alles schon wieder weg.
Florian Bayer: Das waren die
Johannes Franke: 70er. Und es gab eine kleine, schöne Liebesgeschichte, die sich hätte andeuten können. Ja. Der Typ, aber der gehörte ja blöderweise dazu.
Florian Bayer: Ja, nee, der Typ, der war, das war schräg. Dieser, wie habe ich ihn genannt? Cute. Er kriegt glaube ich einen Namen, aber ich habe ihn vor allem als Cute Boy die ganze Zeit notiert. Nee, aber die eigentliche Liebesgeschichte ist ja die zwischen Sarah und Susi. Dieses zarte Band, was im Erwachsenwerden geknöpft wird. Und was bestehen würde, wenn die eine nicht in einen Fake-Stacheldraht fallen würde.
Johannes Franke: Wie doof ist es übrigens, dass sie erst da hinzieht, raus aus der Schule, mit jemandem eine Freundschaft anfängt. Wir denken dann, okay, es geht in diesem Film also um diese Freunde. Und dann ist die plötzlich weg. Tauchst du die nochmal auf, das Olga oder so?
Florian Bayer: Nee, diese Olga ist ja böse. Also nicht böse, aber diese Olga ist ja so, das ist ja die, die sagt, ey, ich habe gehört, wenn man mit S anfängt, dann ist man eine Schlange.
Johannes Franke: Kindisches.
Florian Bayer: Die wird, glaube ich, nur eingeführt, damit Susi sich mit Sarah anfreunden kann. Damit wir einmal sehen, diese Olga, das ist ein Miststück, bei der willst du nicht übernachten. So, jetzt gehst du mal zu der Susi, zu der Sarah und da fühlst du dich wohl.
Johannes Franke: Okay, also, du darfst jetzt gerne nochmal ein Fazit sagen. Das Wursthalm.
Florian Bayer: Fantastischer Märchenhorrorfilm. Unbedingt ein Muss-man-sehen-Film. Laut, schräg, wild, spaßig und mit sehr vielen interessanten Gedanken, die Sie erst beim zweiten oder dritten Sehen offenbaren.
Johannes Franke: Oder im Gespräch mit Plor.
Florian Bayer: Und das sage ich, ich bin kein Cialo-Fan, aber dieser Film ist einfach nur der Hammer.
Johannes Franke: Also, ich glaube, es ist kein Wunder, dass jemand davor gesessen hat und gesagt hat, das geht doch besser. Das machen wir nochmal. Und dann einen eigenen Spin darauf macht und vielleicht einen ganz guten Film draus gemacht. Ich habe immer gehört, dass er ganz toll gut sein soll. 2018 oder wann war das?
Florian Bayer: Ja, Luca Guadagnoli, der ein fantastischer Richter ist. Und dieser Film wird, zumindest von den Fans vom Original, wird dieser Film echt nicht gemocht. Also ich hatte eher so das Gefühl, als ich nochmal so quer gehört habe und gelesen habe, dass viele sagen, langweilig, doof, okay. Ich fand, das war ein toller Film. Das war ein super Remake. wenig mit dem Original zu tun, nimmt sich natürlich viel ernster, viel düsterer. Aber von Luca Guadagnino, dessen Namen ich nie gut aussprechen kann, aber der unter anderem Bickers Splash, Call Me By Your Name hat, der wirklich ein fantastischer Regisseur ist. Meiner Meinung nach gehört er wirklich zu den richtig starken Regisseuren unserer Zeit. Ein guter Film, auf jeden Fall. Absolut sehenswert auch. In gewissem Sinne auch besser als das Original, weil er halt nicht so trashig ist. Und Tilda Swinton ist dabei. Allein dadurch ist natürlich jeder Film schon dreimal so gut. Ja,
Johannes Franke: das stimmt wohl. Okay, für mich hat dieser Problem, für mich hat dieser Problem, ja, für mich hat dieser Film so viele Probleme. Mit dem Blinden angefangen, was einfach wirklich unstreitbar nicht klar geht und einfach nicht gut ist. Aber auch, dass ich einfach nicht reinkomme, weil alles all over the place ist und ich nicht erzählerisch einfach nicht reinkomme und alles so kitschig ist und ich eigentlich diese Tapete bei mir zu Hause an der Wand hatte. Und hier in diesem Film denke ich mir, warum habe ich diese Tapete jemals ausgesucht? Weil die so nur kitschig ist, inszeniert ist in diesem Film, nichts echtes hat und das alles irgendwie... Eine Distanzaufmacht, die mich nicht mal den Horrorfilm darin sehen lässt. Obwohl wir Horrorfilm-Monat hatten.
Florian Bayer: Also zu deinem Fazit fällt mir da nur eins ein. Gegen die Entscheidung kann innerhalb eines Monats ab Zustellung schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Verwaltungsgericht in Köln Anfechtungsklage erhoben werden. Die vorherige Einlagen, bla bla bla. Die Bundesprüfstelle. Nochmal als Abschlusswort zur Indizierung von diesem Film.
Johannes Franke: Ich habe keine Lust mehr auf lange Einstellungen, auf ängstliche Frauen, die hilfebedürftig reinschauen und rumwabern. Das habe ich aufgeschrieben am Ende des Films. Tut mir sehr leid, aber das ist echt zu viel gewesen.
Florian Bayer: Du wirst den Film lieben, den ich dir nächste Woche aufgebe.
Johannes Franke: Oh nein! Floor, kannst du nicht nochmal überlegen, ob du einen anderen Film nimmst? Ich will das nicht. Oh nein. Aber auch so ein Horrorfilm-Trop irgendwie. Frauen, die endlich reingucken.
Florian Bayer: Wenn ihr wissen wollt, worüber wir nächste Woche reden, bleibt noch dran. Nach dem Jingle gibt es den... Ankündigung des letzten Horrorfilms für unseren Horrormonat. Johannes, danke, dass du diesen Film geguckt hast.
Johannes Franke: Danke, dass du ihn mir aufgegeben hast.
Florian Bayer: Danke, dass du mich mit mir für mich durch diesen Horrormonat quälst. Ich finde es ganz großartig.
Johannes Franke: Ich weiß immer noch nicht, wie ich diesen Film finde. Das ist unglaublich. Was ist da los?
Florian Bayer: Schlaf nochmal,
Johannes Franke: Trüffler. Eine Sache noch am Ende, ich war in Wales und ich war in London. Ja.
Florian Bayer: Zwei Wochen lang. Ich hab dich vermisst.
Johannes Franke: Ich hab dir natürlich was mitgebracht. Wie man das so macht. Sie sind noch original verpackt, glaube ich.
Florian Bayer: Was ist das jetzt hier aus?
Johannes Franke: Ich muss das jetzt auspacken.
Florian Bayer: Zwei Sachen?
Johannes Franke: Unsere Tradition, naja, eins aus Wales und eins aus London. Unsere Tradition ist, dass wir uns gegenseitig Dinge mitbringen, die wir vom Abreise-oder Anreiseort... Oh,
Florian Bayer: fantastisch, das ist Wales. Das ist ein Drache, oder?
Johannes Franke: Das ist ein Drache. Und ich finde, das ist Wales, eine der besten Flaggen... auf der ganzen Welt hat. Das ist so ein mystischer Drache auf einem Post. Genau, so eine Art Bierdeckel.
Florian Bayer: Der Preis ist noch dran, sehr gut.
Johannes Franke: Ja, super, sehr gut.
Florian Bayer: Und noch ein Bierdeckel?
Johannes Franke: Ja!
Florian Bayer: Du hast mir zwei Bierdeckel mitgebracht. Die Queen!
Johannes Franke: Da ist der Preis auch noch drauf, glaube ich. Scheiße, warum habe ich das nicht mitgebracht?
Florian Bayer: Die Queen! Er hat mir die Queen als Bierdeckel mitgebracht.
Johannes Franke: Mit Todesdatum.
Florian Bayer: Meinst du, die haben das... nachher drauf gedruckt, dass die Dinger vorher ohne Todesdatum waren. Dann haben sie die alle wieder eingezogen und haben gesagt, lass uns mal noch Geburts-und Todesdatum eintragen. Oh Gott,
Johannes Franke: oh Gott, oh Gott. Die Queen ist das kitschigste, was ich hier gesehen habe. Fibulis.
Florian Bayer: Wir vermissen dich. Ja, ist das. Wow, Wahnsinn. Es ist ein, um das noch zu sagen, genau, es ist einmal ein Bierdeckel mit einem roten, ein schwarzer Bierdeckel mit einem roten Drachen aus so, wie heißt das, so Schiffer?
Johannes Franke: Ja, genau, Schifferzeug. Schiffer,
Florian Bayer: genau. Und dann ist es ein Bild von der Queen, ich würde behaupten, in sehr jungen Jahren.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Also auch ein Bierdeckel, aber für ein deutlich größeres Glas. Und Zepter auf dem Thron, das Bild habt ihr vielleicht sogar schon gesehen, relativ blasse Farben. Und sie schaut in die Kamera und sie ist jung, ja sie ist wahrscheinlich so Mitte 20, Ende 20. Ja,
Johannes Franke: könnte hinkommen.
Florian Bayer: Und darüber steht in goldener Schrift Queen Elizabeth II. 1920 bis 2022. 1926 bis 2022. Ja, schön.
Johannes Franke: Ich hatte Dinge in der Hand, die dir vielleicht sogar in deinem Haushalt hätten helfen können. Aber das wäre, nein. Das war...
Florian Bayer: Das Geile ist ja, ich mache Herbsturlaub in Tempin. Ich bin mal gespannt, was ich da finde. Das wird eine Herausforderung.
Johannes Franke: Okay, schön. Na dann, ich würde sagen, ihr hört euch nochmal den Jingle an und freut euch auf unsere Ankündigung, was wir nächste Woche haben. Und an euch da draußen, vielen Dank, dass ihr das durchgestanden habt mit mir zusammen.
Florian Bayer: Party!
Johannes Franke: Bis zum nächsten Mal. Ciao.
Florian Bayer: Ich habe echt lange mit mir gehadert. Tatsächlich, wirklich überlegt, ob ich dir den Film geben will. Er gehört zum Genre, um das ich auch immer einen Bogen gemacht habe, wenn es darum geht, dir Filme zu geben, weil es wirklich ein hartes Genre ist. Es ist die New French Extremity, Anfang des 21. Jahrhunderts, also so 2000 bis 2010 oder so sind verschiedene Filme entstanden.
Johannes Franke: Also sowas wie Climax.
Florian Bayer: Genau, Climax ist von Gaspar Noé, ist nicht nur Horrorfilme in der New French Extremity entstanden. Gaspar Noé hat eher so Thriller und so merkwürdige Sachen gemacht. Aber es gab auch Horrorfilme in der Ecke und wirklich harte und brutale Horrorfilme. Das, was man als Extremhorror bezeichnen würde.
Johannes Franke: Ach du Scheiße.
Florian Bayer: Und der, der aber wirklich so bei mir am stärksten in Erinnerung geblieben ist, also es sind auch ganz viele Scheißfilme in der Zeit entstanden, aber der wirklich bei mir in Erinnerung geblieben ist, weil er so eine Metaebene hat, die voll faszinierend ist, ist der Film Martyrs.
Johannes Franke: Okay.
Florian Bayer: Aber das ist ein berüchtigter Film und ich bin jetzt schon wieder am Zweifeln, ob das richtig ist, ihn dir zu geben. Das ist ein Film, wo damals, als er rauskam, deswegen habe ich ihn geguckt, hieß es, traut ihr euch diesen Film zu gucken?
Johannes Franke: So ungefähr. Das ist doch eine blöde Marketing-Masche, hör mal.
Florian Bayer: Weil der Film wirklich düster und wirklich hart ist und das Thema Gewalt eine große Rolle spielt.
Johannes Franke: Okay.
Florian Bayer: Und ich finde, es ist ein guter Film, aber es ist was komplett anderes, als das, was wir diese Woche gesehen haben. Da gibt es wenig Platz für selbst. Ironie und Humor und locker. Also wenn man irgendwie hofft, dass ein bisschen Humor was auflockert. Der Film hat vielleicht sogar ein, zwei unfreiwillig komische Momente. Vielleicht findest du die. Aber es ist ein Film, der sich sehr ernst nimmt und der sein Thema sehr ernst nimmt. Aber es ist auch ein Film, der sich mit dem Genre auseinandersetzt, meiner Meinung nach. Und keine Ahnung. Ich bin gespannt.
Johannes Franke: Also der erste echte Horrorfilm, den du in diesem Monat auspackst?
Florian Bayer: Es waren alles Horrorfilme. Ich wollte ja so ein, Horror ist halt mehr als, keine Ahnung, was du als Horrorfilm, was ist für dich der echte, was ist für dich der prototypische Horrorfilm, an den du gedacht hättest? Dann würde ich sagen,
Johannes Franke: Get Out, Jordan Peele.
Florian Bayer: Okay, Get Out ist ja auch schon mehr, ist ja auch ganz viel, ich finde halt Horror ist einfach mehr als, keine Ahnung, als Conjuring und ich finde deswegen so eine Bandbreite von Horror. Das ist ganz spannend. Aber ja, es ist tatsächlich, es ist wahrscheinlich der von diesen Filmen jetzt, der am ehesten in die Richtung Horror geht. Der richtig, also der wirklich, das ist glaube ich, was du auch als Horror verstehst. Und ich weiß nicht, ob das so geil ist, dir den zu geben. Echt nicht.
Johannes Franke: Ich bin gespannt.
Florian Bayer: Du bist so unschuldig. Ich will dich nicht vernichten.
Johannes Franke: Oh Mann.
Florian Bayer: Aber dann ist auch wirklich erst mal Ruhe mit Horror und vielleicht ist es auch gut so. Und dann gebe ich dir als nächstes wieder sowas wie Blues Brothers.
Johannes Franke: Okay, Blues Brothers ist gut, aber das haben wir jetzt leider schon hinter uns.
Florian Bayer: Also, wir reden nächste Woche über Martyrs und das ist ein harter Film. Ja,
Johannes Franke: okay. Aber danach haben wir unsere 200. Episode und da freue ich mich schon sehr drauf. Dann machen wir Party, Party, Party und dann auf die nächsten 200 Episoden.
Florian Bayer: Ja, begeistert. Okay. Genau, in zwei Wochen könnt ihr mit uns anstoßen auf die 200. Und ansonsten euch danke fürs Zuhören, wie immer.
Johannes Franke: Ja, wir hören uns nächste Woche. Schaut euch den Film an, geht durch die Hölle mit mir zusammen und dann werden wir das Ganze besprechen. Bis dahin.
Florian Bayer: Bis dann, ciao.