Episode 179: Blow Up – Fotografie, Sex, Mord und Pantomime in den Swinging Sixties
Michelangelo Antonioni, seine Zeichens Kind des italienischen Neorealismus, drehte mit Blow up 1966 seinen ersten Film außerhalb Italiens: Zum einen, um der strengen Sitte seines Heimatlandes zu entfliehen, zum anderen auch, weil Thema und Inhalt des Films perfekt ins London der swinging Sixties passt:
Es geht um den jungen Fotografen Thomas, der selbst nicht so genau weiß wo er hin will, der für einen anspruchsvollen Fotoband in einer Obdachlosenunterkunft übernachtet, nur um gleich am nächsten Tag hochstilisierte Models zu fotografieren: Thomas ist immer auf Achse, in mehr als einer Hinsicht immer am Drücker, großmäulig, dekadent, dominant und sexy. Aber auch gelangweilt, orientierungslos und irgendwie verloren in seiner eigenen Welt.
Als er in einem Park ein techtelmechtelndes Paar fotografiert wird er anschließend von der fotografierten Frau verfolgt, die unbedingt an die Negative gelangen will. Bei der Entwicklung der Fotos stellt sich heraus warum: Ein im Gebüsch versteckter Mann mit einer Pistole, ein versuchter Mord… vielleicht sogar ein erfolgreicher Mord inklusive Leiche? Was der Beginn eines Mysterythrillers sein könnte, wird zu etwas ganz anderem. So wie Thomas’ Leben mäandert auch die Handlung weiter vor sich hin: Sex, Drogen, ein bizarres Konzert mit Zombiepublikum… die Leiche wird gefunden, vielleicht aber auch nicht. Und am Ende bleibt nur die grobkörnige Vergrößerung eines einzelnen Fotos, das ebenso ein abstraktes Gemälde sein könnte. Der Protagonist beobachtet Pantomimen beim imaginären Tennisspiel, spielt mit, hört das Aufprallen von Ball und Schläger, bevor er sich vor unseren Augen auflöst.
Blow up dreht sich um Wahrnehmung und Abbildung, um Täuschung und Selbsttäuschung, um den Verlust aller sensitiven Angelpunkte in einer hektischen, konsumorientierten Welt. Das ganze mit viel Jazz, Sex und Rock & Roll. Stilistisch bestimmt dein Fall, Johannes. Aber ich kann mir vorstellen, dass es für dich inhaltlich den ein oder anderen Stolperstein gab. Also dann, für den soften Einstieg: Wie viele Drogen braucht man für den Genuss des Films? Und auf einer Skala von 9 bis 10, wie sexy ist dieser arrogante, selbstgefällige Motherfucker Thomas.
: Podcast: Der mussmansehen Podcast - Filmbesprechungen Episode: Episode 179: Blow Up – Fotografie, Sex, Mord und Pantomime in den Swinging Sixties Publishing Date: 2024-06-05T06:47:53+02:00 Podcast URL: https://podcast.mussmansehen.de Episode URL: https://podcast.mussmansehen.de/2024/06/05/episode-179-blow-up-fotografie-sex-mord-und-pantomime-in-den-swinging-sixties/
Florian Bayer: Wie können sie ihn nicht sehen? Wie können sie ihn nicht bemerken? Das ist wie so ein schlechter Cartoon, hinter einem kleinen Ast versteckt und dann klick, klick,
Johannes Franke: klick. Das ist wirklich absurd.
Florian Bayer: Und es ist der lauteste Fotoauslöser, den du je gehört hast. Und sie machen einfach weiter.
Johannes Franke: Ich hab die ganze Woche Angst gehabt. Angst vor dieser Episode.
Florian Bayer: Oh mein Gott.
Johannes Franke: Ja, ich weiß nicht. Ich will dich nicht jedes Mal enttäuschen. Nein,
Florian Bayer: das ist vollkommen okay. Du darfst mich auch jedes Mal enttäuschen.
Johannes Franke: Hast du mir diesen Film gegeben, damit ich dich enttäusche?
Florian Bayer: Nein, überhaupt nicht. Ich bin auch sehr gespannt auf deine Takes und ich bin sehr gespannt darauf, deine Meinung zu ändern.
Johannes Franke: Ich bin sehr gespannt. Ich möchte heute eigentlich den Film nicht so sehr zerstören, aber... Also vor allem, weil da viele, viele Themen drinstecken, die ich wahnsinnig gerne besprechen möchte. Ja. Die den Film in der Rezeption... Vielleicht nicht so gut machen, aber im Gespräch danach umso besser und deswegen finde ich es gerade eine sehr spannende Episode, die vor uns liegt.
Florian Bayer: Hallo und herzlich willkommen, liebes Publikum, zum Muss-man-sehen-Podcast, wo wir uns gegenseitig wöchentlich Filme zuwerfen. Einer gibt dem anderen immer einen Film als Hausaufgabe auf und danach streiten wir ordentlich über diesen Film. Diese Woche war ich dran und habe Johannes'Blow-up von Michelangelo Antonioni aus dem Jahr 1966 gegeben. Und über diesen Film werden wir dann auch heute reden. Johannes hat ihn zum ersten Mal gesehen, ne?
Johannes Franke: Ja, ich habe ihn zum ersten Mal gesehen. Wie lange hast du ihn nicht gesehen?
Florian Bayer: Es ist tatsächlich schon ein bisschen länger her. Ich muss dazu sagen, weil um gleich das aufzunehmen, was du gesagt hast. Als ich diesen Film zum ersten Mal gesehen habe, war das so ein typischer Fall von Muss ich sehen, weil er irgendwie in den filmischen Kanon gehört. Und danach dachte ich, so what?
Johannes Franke: Okay.
Florian Bayer: Und war wirklich so, okay, dieser Film gibt mir überhaupt nichts. Und hey, ich habe mal wieder einen Film gefunden, der von allen hoch gefeiert wird.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Und der mich ziemlich ratlos, aber eher gelangweilt ratlos zurücklässt.
Johannes Franke: Ja, dann bist du ja voll auf meiner Spur.
Florian Bayer: Dann bin ich voll auf deiner Spur. Wie geil. Ich habe diesen Film... danach mehrmals noch gesehen.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Und das ist ein Film, der mir mit jedem Sehen mehr ans Herz gewachsen ist. Bis zu dem Punkt, wo ich heute sage, der gehört wirklich zu, ich würde sagen, den definitiven Filmen der 60er Jahre. Nicht nur was so einen gewissen Zeitgeist betrifft, den er aufnimmt, sondern auch was Themen betrifft, die meiner Meinung nach teilweise visionär sind. Sowohl in technischer Hinsicht als auch in inhaltlicher Hinsicht. Aber... Du guckst kritisch, wir werden darauf zu sprechen kommen. Wir werden uns heute diesem Film widmen und mal schauen, wo uns das Ganze hinträgt. Und ich lege einfach mal los.
Johannes Franke: Erzähl mal, worum es geht.
Florian Bayer: Michelangelo Antonioni, seines Zeichens Kind des italienischen Neorealismus, darüber haben wir auch schon gesprochen, drehte mit Blow ab 1966 seinen ersten Film außerhalb Italiens. Zum einen, um der strengen Sitte seines Heimatlandes zu entfliehen, zum anderen aber auch, weil Thema und Inhalt des Films perfekt ins London der Swinging Sixties passen. Es geht um den jungen Fotografen Thomas, der selbst nicht so genau weiß, wo er hin will, der für einen anspruchsvollen Fotoband in einer obdachlosen Unterkunft übernachtet, nur um gleich am nächsten Tag hochstilisierte Models zu fotografieren. Thomas ist immer auf Achse, in mehr als einer Hinsicht immer am Drücker, großmäulig, dekadent, dominant und sexy, aber auch gelangweilt, orientierungslos und irgendwie verloren in seiner eigenen Welt. Als er in einem Park ein technisch mechelndes Paar fotografiert, wird er anschließend von der fotografierten Frau verfolgt, die unbedingt an die Negative gelangen will. Bei der Entwicklung der Fotos stellt sich heraus, warum. Ein im Gebüsch versteckter Mann mit einer Pistole? Ein versuchter Mord? Vielleicht sogar ein erfolgreicher Mord inklusive Leiche? Was der Beginn eines Mystery-Thrillers sein könnte, wird zu etwas ganz anderem. So wie Thomas Leben meandert auch die Handlung weiter vor sich hin. Sex, Drogen, ein bizarres Konzert mit Zombie-Publikum. Die Leiche wird gefunden, vielleicht aber auch nicht, und am Ende bleibt nur die grobkörnige Vergrößerung eines einzelnen Fotos, das ebenso ein abstraktes Gemälde sein könnte. Der Protagonist beobachtet Pantomimen beim imaginären Tennisspiel, Spielt mit, hört das Aufprallen von Ball und Schläger, bevor er sich vor unseren Augen auflöst. Blow Up dreht sich um Wahrnehmung und Abbildung, um Täuschung und Selbsttäuschung, um den Verlust aller sensitiven Angelpunkte in einer hektischen, konsumorientierten Welt. Das Ganze mit viel Jazz, Sex und Rock'n'Roll. Stilistisch bestimmt dein Fall, Johannes. Aber ich kann mir vorstellen, dass es für dich inhaltlich den ein oder anderen Stolperstein gab. Also dann, für den soften Einstieg.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Wie viele Drogen braucht man für den Genuss des Films? Und auf einer Skala von 9 bis 10, wie sexy ist dieser arrogante, selbstgefällige Motherfucker Thomas?
Johannes Franke: Okay, Sexiness leider höchstens 2 von 10. Nein! Höchstens. Wirklich? Ja. Für mich absolut. Oh,
Florian Bayer: das ist brav.
Johannes Franke: Ich bin eher, ich bin ja bei Hugh Grant total ausgeflippt.
Florian Bayer: Okay, also unabhängig davon, was du sonst noch über den Film sagst, dass du Thomas nicht sexy findest, das macht mich echt fertig.
Johannes Franke: Dafür ist er einfach zu abgefuckt, arschig und misogyn und so weiter. Und das macht so viel kaputt, dass er einfach keine... eine Form von Sexismus. Also er kann einfach nicht sexy sein.
Florian Bayer: Ist so ein Arschloch. Er ist ein sexistischer Motherfucker. Er ist misogyn. Er ist ein Albtraum von einem Menschen. Er benutzt Leute und lässt sie fallen. Er spielt seine Macht aus. Er versucht ständig, das Geschehen zu dominieren. Er verhält sich richtig ätzend Frauen gegenüber. Und er ist trotzdem so sexy. Ich verstehe dich. Ich kann es nicht ändern. Wenn er da steht, so mit aufgeknöpften Hemden und dieses Gesicht, das aussieht wie zu lange gefeiert und trotzdem noch irgendwie aufgestanden, um irgendwas auf die Beine zu stellen.
Johannes Franke: Was? ...eine sehr akkurate Beschreibung ist, weil dieser Schauspieler tatsächlich während der Dreharbeiten gefeiert, gefeiert, gefeiert hat.
Florian Bayer: David Hemmings. Da klickt es bei mir an so vielen Stellen und ich finde ihn echt, ich finde ihn echt verflucht sexy.
Johannes Franke: Okay, was war die zweite Frage?
Florian Bayer: Wie viel Drogen braucht man, um diesen Film zu genießen?
Johannes Franke: Ich glaube... Es ist genau das, was man über die 60er sagt. Wenn du dich an die 60er erinnerst, dann warst du nicht dabei. Hier braucht man, um diesen Film durchzustehen, so viel Drogen, damit man sich nicht an den Film erinnert.
Florian Bayer: Aber dabei gewesen ist es. Das ist ja so dieses Drogeninduzierte, das wabert ja die ganze Zeit über dem Film. Also es ist irgendwie so am Anfang vielleicht ein bisschen mehr Koks, nachher ein bisschen mehr Halluzinogene und die ganze Zeit irgendwie sowas dazwischen. Weil zumindest... Und ein Großteil des Films ist dann ja doch tatsächlich relativ straightforward, im Sinne von straightforward ohne Plot. Wir sehen halt, wir beobachten halt Thomas, wie er so seiner Arbeit nachgeht, beziehungsweise seiner Nicht-Arbeit und erfahren dabei ganz viel, gar nicht so sehr über, nicht unbedingt über Thomas, der versucht auch ständig ein Rätsel zu bleiben, sondern vielmehr über die Welt, in der er sich bewegt und das, wofür er steht.
Johannes Franke: Und ich glaube, dass wir gar nicht so viel über die Welt erfahren, weil unser Filmemacher diese Welt anscheinend hasst.
Florian Bayer: Ja, das ist ein guter Punkt. Antonioni hat sich selbst als Trotzkisten bezeichnet, oder mindestens Marxisten. Also zumindest ein typischer linker Intellektueller in den 60er Jahren. Und natürlich kann man in diesen Filmen, wenn man will, so volle Pulle Konsumkritik reinlesen, Kapitalismuskritik, Kritik an den Swingin'Sixties und wahrscheinlich auch aus so einem konservativen Standpunkt, dass diese Verwahlung... und vor allem diese Verwahrlosung im Individualismus zu einer Verrohung der Sitten führt. Weil Verrohung der Sitten ist ja irgendwie das, was wir vor allem in Form von Thomas ständig vor den Latz geknallt kriegen.
Johannes Franke: Weißt du, was ich die ganze Zeit denke, warum ich diesen Film so wenig abgewinnen kann? Okay, Boomer. Weißt du, obwohl es eine andere Generation ist, ist es dieser Ausspruch, der mir die ganze Zeit im Kopf bleibt.
Florian Bayer: Pommes ist der Boomer, ne?
Johannes Franke: Nein, vor allem aber der Filmemacher ist der Boomer, der sich die ganze Zeit darüber aufregt, der Konzerte zeigt, wo die Leute einfach nur dastehen und nicht mitmachen und so weiter. Der versucht ja damit irgendwie was zu sagen. Will ja die Swinging Sixties damit verunglimpfen. Und ich denke die ganze Zeit, ja komm, wenn du es nicht magst, mach es halt nicht, was soll's.
Florian Bayer: Ich glaube tatsächlich, die Wertung spielt dabei auf jeden Fall mit rein. Aber es geht auch ganz viel um was Universelleres. Und zwar was Universelleres natürlich mit dem Hauptthema des Films Wahrnehmung. Und ganz groß gesagt könnte man sagen, was ist wichtig im Leben. Aber das ist vielleicht viel zu groß gesagt. Aber inwieweit können wir uns auf uns verlassen? Inwieweit können wir uns auf die Wahrnehmung verlassen, von der wir leben? Und wie orientieren wir uns in so einer Welt? es ist halt nicht nur der Sündenfuhl, der dargestellt wird, weil es gibt ja durchaus auch eine gewisse Faszination für das, was dieser Thomas macht. Und dieser Thomas scheint ja auch in lichten Momenten durchaus mehr Ambitionen zu haben, als deutsche Models mit seiner Kamera zu vergewaltigen.
Johannes Franke: Aber da sagst du was, ne? Er hat Faszination. Der Film hat Faszination für diesen Typen übrig. Ja. Was ein Problem ist. Ich finde das echt ein Problem, weil ich habe keine Faszination für den Ibrich, sondern nur das Gast eigentlich. Ich denke die ganze Zeit, Alter, du bedienst so viele schlimme Klischees. Einmal die Künstlerklischees, dieses Bild vom Genie, das immer nach mehr sucht und immer gelangweilt, unzufrieden von allen ist und alle wie Scheiße behandelt und das dann darf, weil er sich als Genie darstellen kann. Das finde ich immer total dämlich, was der Film leider ein bisschen unterstützt. Hab ich so das Gefühl? Was mir den Filmemacher nicht sympathisch macht, was mir auch in der Recherche den Filmemacher nicht sympathischer gemacht hat, als ich ein paar Sachen gelesen habe, da kommen wir gleich noch zu. Also ich finde, irgendwie atmet dieser Film die ganze Zeit leider nicht unbedingt, ich teile die Bewunderung, die dieser Film für diesen Künstler atmet, nicht. Und deswegen vertraue ich dem Film auch nicht, mich auf eine ordentliche Reise zu mitzunehmen.
Florian Bayer: Ich glaube, was ganz wesentlich ist, ist, dass Thomas nicht unbedingt als Genie dargestellt wird, sondern eher als jemand, der wahrnimmt und dessen Wahrnehmung bzw. dessen gesamtes Leben sich an Gadgets orientiert. Der Begriff, der in diesem Film natürlich nicht auftaucht, weil das ein viel neuerer Begriff ist. Aber Thomas lebt sein ganzes Leben durch Gadgets. Seine Kamera ist im Prinzip... Wir kommen gleich zu der Szene mit Veruschka. Seine Kamera ist sein Phallus. Und immer wenn er mit seiner Kamera unterwegs ist und wenn er seine Kamera auspackt... hat das so was total übergriffiges und auch was sexualisiertes. Und damit kommen wir schon zu Veruschka. Es gibt ja ziemlich früher im Film diesen Fotoshoot mit einem berühmten deutschen Supermodel, die durch diesen Film richtig berühmt wurde, Veruschka von Lehndorf, die er fotografiert in seinem Studio. Und dann haben wir diese Fotografie-Szene, die so eindeutig wie eine Sex-Szene inszeniert ist. Und wie so eine übergriffige Sex-Szene, weil er wirklich mit der Kamera sie benutzt und antreibt. Ich finde die Szene übrigens fantastisch. die mit allen negativen Implikationen und sie am Schluss halt da liegen lässt und quasi so wegwirft, nachdem er da irgendwie fertig ist.
Johannes Franke: Und er setzt sich da aufs Sofa und wir als Zuschauer denken... Oh mein Gott, du hast zehn Minuten gearbeitet. Mehr kann man nicht von dir verlangen.
Florian Bayer: Sie liegt aber auch so da. Sie räkelt sich so auf den Boden, als wäre sie komplett durchgefögelt worden. Und ich würde die zehn Minuten auch in Zweifel ziehen. Ich glaube, der Film arbeitet ja oft mit diesen Katzen. Ich glaube, wir haben hier gerade eher so eine Stunde erlebt und wahrscheinlich war es das heißeste, was sie je hatte. Dann setzt er sich aufs Sofa und muss erstmal eine rauchen, um runterzukommen. Und das sehen wir aber auch in anderen Szenen. Nicht nur, dass seine Kamera so eine Penisverlängerung ist, die er immer wieder rausnimmt, um an Frauen ranzukommen. Auch diese ständige Fixierung auf Objekte. Er ist dann in diesem Antiquariatsladen und sieht diesen Propeller, der nichts ist. Einfach, also ich meine, es sieht schon irgendwie geil aus. Ja, ja, ja. Wenn man die schönen Dinge des Lebens liebt vielleicht. Aber es ist vor allem ein überteuertes... Schrottteil von irgendeinem Flugzeug oder was auch immer.
Johannes Franke: Das ist deine Perspektive. Das ist das,
Florian Bayer: wo ich dachte, wo der Film dich eigentlich kriegen müsste, weil du das voll geil findest. Ich muss das Teil haben!
Johannes Franke: Ich als Fotograf hätte auch gesagt, geil, komm, lass liefern. Ich will's haben.
Florian Bayer: Und das Krasse ist ja, wie geil er dann darauf ist und wie fixiert und er kämpft sich da durch die Sachen durch und die Verkäuferin sagt, nein, das geht doch jetzt nicht, das kannst du doch nicht einfach. Und er so, doch, doch, doch, ich muss dieses Ding haben. Und dann nachher, wenn's geliefert wird, dann nimmt er so, ah ja, okay, stimmt, Propeller. weg damit.
Johannes Franke: Was sich deckt mit dem Gitarrenteil, was er da rettet. Absolut. Aus dieser Masse an Leuten, die alle wahnsinnig gerne die Überreste dieser Gitarre haben wollten, aber er reißt sie an sich, rett raus und schmeißt es dann weg, weil er damit eigentlich nichts anfangen kann. Er will einfach nur haben. Und ich denke die ganze Zeit, was für ein Arschloch. Es gibt so viele Leute, die das wirklich gewertschätzt hätten. Ja,
Florian Bayer: total.
Johannes Franke: Die es gerne hätten haben wollen.
Florian Bayer: Ich meine, er ist echt krass drauf. Er fährt dieses Auto. dieses wirklich, ein Rolls Royce, Silver Cloud Free. Ich hab nachgeschaut, ich hab keine Ahnung von Autos. Und dann hat er da drin einen quasi, einen Prototypen von einem Autotelefon. Ja,
Johannes Franke: K-Radio.
Florian Bayer: Wo er mit seinen Geschäftspartnern Möchtest du Tee? Oh ja, bitte. Und es geht dann ja auch um diesen Antiquariatsladen und dass man den ja kaufen könnte oder für einen Schuh besorgen oder so. Und es ist ihm Also diese Gadgets haben für ihn eine unglaubliche Bedeutung. Natürlich haben wir hier eine Darstellung von Konsumismus und natürlich ist das, was Antonioni erzählt, ist dann auch eine Konsumkritik. Ich finde es ganz spannend, was mit Thomas im Laufe des Films passiert, mit Bezug auf diese Gadgets. Weil wir erleben in diesem Film einen Menschen oder vor allem einen Mann, der sich definiert durch seine Macht, die er hat, durch diese Objekte. Und der ab einem gewissen Punkt im Film fast schon entmännlicht wird. Das ist fast so eine Kastration, wenn sein Studio ausgeraubt wird. Ja,
Johannes Franke: ja, stimmt.
Florian Bayer: Und er plötzlich ohne diese Kamera unterwegs ist. Und er plötzlich irgendwie nicht mehr die Möglichkeit hat, andere zu dominieren und andere festzuhalten im Bild. Ihnen diese Hele zu rauben. Und dann, finde ich, kriegt das ganze Ding schon so ein bisschen mehr als bloß Konsum-Scheiße, Swinging-60s-Scheiße. Olla-Oppa Michelangelo, guck da drauf und find das alles zum Kopf.
Johannes Franke: Ja, versteht die Welt nicht mehr, find's irgendwie scheiße. Ja, ich weiß nicht, vielleicht gibt es da tatsächlich ein kleines bisschen mehr, allerdings hat er mich halt vorher schon verloren. Das ist ein bisschen das Problem. Aber ich muss sagen, ich hab den Film nur einmal gesehen und ich mein, es gibt Filme, da muss man sich vielleicht ein bisschen... dazu bringen und drängeln, den Film nochmal zu sehen, um ihn auch mit einem anderen Auge sehen zu können. Es gibt Filme, bei denen ich das absolut berechtigt finde, wie I'm Thinking of Ending Things, wo man wirklich nochmal ganz anders reingeht, wenn man ein zweites Mal sieht und vielleicht auch eine Recherche gegeben hat. Und in diesem Film kann ich mir schon auch vorstellen, dass man, wenn man ihn ein paar Mal sieht, Und die Themen im Kopf hat, dass man da mehr in Kommunikation mit den Filmen gerät und mehr tatsächlich auch da rausholt und auch mehr Genuss hat. Beim ersten Mal gucken passiert das halt leider nicht.
Florian Bayer: Ich hab's schon gesagt, es ist ein Film, den ich mir auch irgendwie schön gesoffen habe und vielleicht ist es auch ein Film zum Schönsaufen. Ich kann ja mal versuchen zu erklären, was ich spannend finde, was ich da gerade mitnehme, wenn ich das sehe. Also zum einen diese Charakterisierung des Thomas als total im Arsch. der gleichzeitig aber halt auch diese Verlorenheit in sich trägt. Thomas hat auch irgendwie immer so eine gewisse Traurigkeit in sich. Und das sehen wir vor allem zum einen in diesen Szenen, wo er quasi alleine ist, wenn er seine halbgaren Recherchen macht, halt irgendwie da so ein bisschen auch rumstolpert, ohne zu wissen, was er tun soll. Auch schon vor den Recherchen, wenn er im Park da irgendwie so ein bisschen orientierungslos auf und ab geht. Und dann natürlich vor allem in den Momenten, in... in denen man merkt, dass er versucht, ein bisschen mehr Bonding mit anderen Menschen zu haben. Und das trifft vor allem mit dieser Patricia, die wir nicht so wirklich näher definiert kriegen, die aber die Freundin von seinem Künstler-Atelier-Kumpan ist, wie auch immer. Und offensichtlich hat er ja irgendwas für diese Patricia übrig. Wenn sie so miteinander reden, merkt man das ja, dass er eigentlich mit ihr anwendeln will.
Johannes Franke: Ja, wenn man einmal blinzelt, kann man es auch übersehen. Vielleicht,
Florian Bayer: ja. Und dann gibt es ja diesen... diesen Moment, wo man merkt, dass er eigentlich so, ach komm, willst du diesen Typen nicht verlassen für mich? Diesen Bill, diesen, der dem halt doch sowieso nur die ganze Zeit die abstrakten Bilder. Dann haben wir diese eine Szene, wo er sie beim Sex sieht und awkward lange daneben stehen bleibt und guckt. Und sie guckt dann ja auch in seine Richtung. Er hat halt auch keine Kamera, ne? Das ist so dieses...
Johannes Franke: Sonst würde er sie hochreißen und sie fotografieren, definitiv.
Florian Bayer: Genau, sonst würde er die Szene dominieren. Und es gibt einfach diese Szenen... der Verlorenheit von Thomas. Nicht, dass Thomas uns in diesen Momenten sympathisch wird.
Johannes Franke: Nee, das leider nicht.
Florian Bayer: Aber soll er auch, glaube ich, gar nicht. Aber vielmehr, dass wir zumindest so ein Stück mehr in sein menschliches Ich eintauchen. Dass wir halt sehen, dass hinter dieser ganzen Fassade und hinter dieser ganzen Oberflächlichkeit und diesem ganzen Dominanzgehabe halt doch auch einfach ein kleines Kind steckt.
Johannes Franke: Ja. Ja, das ist vielleicht das Problem, wenn man jemanden nicht lang genug kennt. Ich spiele wieder darauf an, dass ich ihn nur einmal gesehen habe, den Film. Wenn man jemanden nicht lang genug kennt, dann kann man solche Menschlichkeiten vielleicht noch nicht einsortieren. Vielleicht hat man noch nicht jemanden lang genug beobachten können, obwohl der Film lang genug geht, muss man sagen, dass man dann bereit ist, auch wirklich diese Menschlichkeiten, die sich offenbaren, wahrzunehmen oder zu sagen. Okay, jetzt gucke ich da mal genauer hin, weil bis dahin, wenn der dann anfängt, menschlich vielleicht zu werden, so ein bisschen, so ein paar kleine Glimpse es gibt, bin ich so weit weg von ihm und bin so... Alter, was ist das? Und diese Sexszene hilft jetzt auch nicht unbedingt, Sympathie oder wenigstens Empathie zu wecken, weil man die ganze Zeit denkt, Alter, stell dich nicht da hin und guck dir da zu und was macht sie da eigentlich? Wieso nickt ihm sie zu und gibt ihm zu verstehen, dass er das sein könnte oder was? Was meint sie damit? Und dann geht sie direkt hinterher in so eine Wohnung. Und dann das Gespräch, was danach folgt, ist ja auch völlig aneinander vorbei. Die funktionieren einfach überhaupt nicht miteinander. alle verloren.
Florian Bayer: Aber das ist ein guter Punkt. Ich glaube, er soll uns nicht sympathisch werden und wir sollen uns auch nicht mit ihm identifizieren.
Johannes Franke: Ich glaube,
Florian Bayer: es ist eher so ein allgemeineres Gefühl, für diese Art Leben zu entwickeln. Für diese Art, für dieses Orientierungslose und dann vor allem halt darin auch Sachen finden, die vielleicht allgemeinere Aussagen über die Wahrnehmung des Menschen in dieser modernen Welt treffen. Nämlich, dass die Wahrnehmung von Welt und von Wirklichkeit sich so ein bisschen auflöst und dass wir, dass es gewisse Unsicherheiten gibt und dass du dich noch so sehr an Objekte klammern kannst und an Sex und Style und so weiter, dass du dem aber trotzdem nicht entkommen kannst, dass es extrem viele Unsicherheiten gibt.
Johannes Franke: Ja, ich glaube, wenn du eine Figur hast, die irgendwie unsympathisch ist, du kannst es ja auf viele, viele Ebenen verteilen. Du kannst Leuten so Käse Happen hinlegen, wo sie ...beißen. Also das eine ist, entweder du hast einen sympathischen Charakter und dann hast du sofort eine große Falle, wo die Maus rangeht. Aber wenn du einen unsympathischen Charakter hast, dann kannst du es vielleicht auf einer anderen Ebene machen. Der hat vielleicht eben eine Leidenschaft und dann will man als Mensch mitgehen und sagen, okay, ich will, dass er seiner Leidenschaft nachgehen kann. Das will der Film in diesem Fall, weil die Leidenschaft ist ja das, was er uns erzählt, die Fotografie. Das Problem ist bloß... Dass ich im ersten Drittel völlig leidenschaftslos nach dieser Sexszene, sehen wir dieses Fotoshooting, wo er die Leute da anbrüllt und die, ja, macht mal die Augen zu. Kein Kaugummi!
Florian Bayer: Und ich gehe her. Kein Kaugummi nicht in meinem Studio!
Johannes Franke: Und das hat ja nichts mit der Fotografie, mit der Leidenschaft zu tun. Nein,
Florian Bayer: überhaupt nicht.
Johannes Franke: Das hat ja nur was mit Macht zu tun. Ich stammel hier auch nur blöde Stocher, bloß auch im Nichts rum, weil mir auch nichts einfällt. Absolut. Es ist so schlimm und deswegen... Kann ich nur bei ihm andocken in den Momenten, wo ich sehe, dass er irgendwo an seine Leidenschaft rangeht. Das ist im Antiquariat ein kleines bisschen so.
Florian Bayer: Wenn er den Propeller kauft.
Johannes Franke: Wenn er den Propeller kauft, na gut, er kauft halt einen Propeller, was soll's. Aber er hat was, weißt du? Er will was. Ja. Da denke ich das erste Mal, ah, okay, da, da, da, vielleicht wird da seine Fotografie wieder angestoßen und er kriegt wieder Leidenschaft für irgendwas. Er kriegt wieder, vielleicht malt er jetzt Landschaften oder sowas, wenn ich dieses Bild sehe, was er da irgendwo sieht. Oder er geht in den Park und dann denke ich, okay, will er jetzt Blumen? Also für mich. Das ist für mich die dämlichste Idee, aber gut, soll er machen. Und dann denke ich, okay, jetzt ist die Leidenschaft da. Und dann greift es mich wieder, wenn er das erste Mal diese Bilder wieder und wieder vergrößert. Da ist nämlich auch Leidenschaft drin. Da geht es ihm gar nicht darum, den Fall zu lösen, sondern da geht es ihm darum, die Psychologie hinter dem zu verstehen, was er da fotografiert hat. zu gucken, was guckt die Frau da? Was soll das Ganze? Was ist die Szenerie? Was ist das alles? Und das ist ja tatsächlich auch Fotografen in der Hand. Du willst ja als Fotograf nicht nur einfach abbilden und grafisch machen, also manche schon, aber eigentlich willst du ja auch was verstehen. Du willst ja was erzählen mit dem Bild. Und da komme ich an ihn ran. Aber es sind leider so wenige Momente. Weißt du, das ist so schwierig, dich festzuhalten. Und dann fällt man doch wieder von der Klette.
Florian Bayer: Wie findest du denn seine Obdachlosenfotos? Das ist ja offensichtlich das. Also wir haben ja diese zwei Sachen. Zum einen, dass er diese Modefotografie macht, mit der er scheiß viel Geld verdient, wie es aussieht. Und zum anderen übernachtet er in einer Obdachlosenunterkunft und fotografiert Männer am Rande der Gesellschaft. Wie findest du die Fotos?
Johannes Franke: Die Fotos sind phänomenal gut und ich traue sie ihm überhaupt nicht zu. Ich glaube kein einziges Foto davon, dass es von ihm kommt, leider. Der Film verkauft das so, das ist Teil der Geschichte, aber so wie es inszeniert ist, glaube ich einfach nicht, dass dieser Typ in der Lage ist, so gute Fotos zu machen. Also so menschliche Fotos zu machen.
Florian Bayer: Ah, du glaubst, okay, weil er so oberflächlich ist und weil er so ein Arsch ist und die ganze Zeit High Fashion Fotografie macht.
Johannes Franke: Nein, nicht, weil er die ganze Zeit High Fashion macht. Es gibt ganz viele Fotografen, die High Fashion machen und Obdachlose fotografieren. Das funktioniert total gut, das geht. Aber da bist du nicht so ein Arsch, der menschlich völlig unfähig zu sein scheint.
Florian Bayer: Meinst du, Arschlöcher können keine Kunst machen, in der Menschen schön dargestellt werden?
Johannes Franke: In denen Menschen schön dargestellt werden ist was völlig anderes.
Florian Bayer: Oder in denen Menschen menschlich dargestellt werden und... ...die nah am Menschen ist. Ich glaube, das können Arschlöcher. Ich glaube, richtig, richtig böse, richtig miese Menschen... Man sagt ja immer, böse Menschen kennen keine Lieder. Ich glaube, das ist kompletter Bullshit. Wir haben in der Geschichte oft genug richtig absurde Wichser, die, wenn wir erfahren, was sie alles getan haben, abrundig passen. Und dann schauen wir uns ihre Kunst an und denken, shit.
Johannes Franke: In diesem Spannungsfeld bewege ich mich seit 50 Jahren, 40 Jahren, 50 Jahren. Ich bin noch nicht so alt. Seit gefühlten 300 Jahren. Also es ist wirklich so, das ist wirklich ein großes Problem, was mir immer wieder begegnet. Wenn ich lese, dass, nee, Picasso ist nicht so,
Florian Bayer: Picasso war ein Arsch.
Johannes Franke: Ja genau, Picasso war ein Arsch, aber seine Kunst ist nicht so, dass ich denke, der hat irgendwie einen Zugang. In meiner Perspektive. Da werden mir Leute widersprechen, aber ich hab mit Picasso nicht, nein. Dali. Dali, nein, auch nicht. Dali hat den Zugang, den ich meine nicht.
Florian Bayer: Richard Wagner?
Johannes Franke: Oh. Da hast du vielleicht einen Punkt.
Florian Bayer: Ich glaube, man kann 100 andere aufzählen.
Johannes Franke: Aber bei Wagner würde ich es, da würde ich es geben, auf jeden Fall. Woody Allen. Oh, scheiße.
Florian Bayer: Böse Menschen können große Kunst machen. Und zwar nicht nur unmenschliche, dramatische, gewaltige Kunst, die kein Stück Menschlichkeit mehr hat, sondern auch wirklich menschliche Versöhnung. Aber weißt du,
Johannes Franke: was interessant gewesen wäre? Wenn mir dieser Film das offeriert hätte, wenn der Film mir gezeigt hätte, an welchen Stellen schafft er denn es tatsächlich, diese Bilder zu machen. Weil die Bilder spielen ja keine große Rolle. Ich sehe die Bilder einmal, wenn der Agent die irgendwie ausbreitet für das Buch, wenn ich das richtig verstehe. Ja. Dann habe ich das einmal gesehen, bin völlig geflasht davon, dass der so gute Bilder macht und versuche dann die ganze Zeit, das übereinander zu bringen, dass dieser Typ, dieser Arsch. Diese menschlichen Fotos macht, kriege ich nicht zusammen. Und wenn der Film ein kleines bisschen versucht hätte, das übereinander zu bringen und mir ein Glimpse dahin zu geben, es muss ja nur klein sein, einen kleinen Einblick darin, dass dieser Arsch auch diesen menschlichen Moment hat. Aber nicht einmal die Leiche guckt er sich menschlich an, sondern denkt sich, oh, die muss ich fotografieren.
Florian Bayer: Es gibt einen Moment, wo er fotografiert, wo er Bilder macht für diesen Fotoband, weil er was Friedliches will für den Abschluss. Und das ist ja ausgerechnet die Szene, wo er dann den Mord fotografiert, wo er dieses Paar verfolgt. Wir sehen ihn beim Akt des Fotografierens, bei dem man sich zum einen fragt, wie können sie ihn nicht sehen? Wie können sie ihn nicht bemerken? Das ist wie so ein schlechter Cartoon, so hinter einem kleinen Ast versteckt und dann klick, klick,
Johannes Franke: klick. Das ist wirklich absurd.
Florian Bayer: Und es ist der lauteste Fotoauslöser, den du je gehört hast. Und sie machen einfach weiter.
Johannes Franke: Guckt euch diesen Park nochmal an. Es ist doch echt, es sind drei Bäume stehen da. Und er rennt von einem Baum zum nächsten und niemand sieht ihn.
Florian Bayer: Und er steht hinter dem kleinsten Strauch überhaupt. Und dann klick, klick. Das ist wirklich dämlich. Aber da haben wir ja beides. Da haben wir den Moment, wie er fotografiert, wie diese Fotos entstehen. Und wir sehen die Fotos nachher. Und die Fotos sind meiner Meinung nach auch sehr schön, wie er sie eingefangen hat.
Johannes Franke: Ja, ja, ja. Und einmal Kudos an den Typen, der die Fotos tatsächlich gemacht hat. Und zwar... Don McCullen hat die Fotos gemacht für den Film, der dann später sehr viel Kriegsfotografie machen sollte.
Florian Bayer: Ja, passt. Weil die Bilder, die haben, Thomas sagt ja zu den Bildern, dass sie sowas Brutales haben, dass er deswegen irgendwie noch einen Ausgleich gesucht hat und deswegen in den Park gegangen ist und da irgendwie versucht hat, sowas Friedliches zu finden. Und das sind irgendwie Bilder, die eine Schönheit haben, aber auch eine gewisse Brutalität in den Konturen. Und es ist diese, ich steh drauf halt, dieses... 60er Jahre, analog-schwarze Fotografie. Ja, voll.
Johannes Franke: Ich auch.
Florian Bayer: Starken Konturen und starken Gesichtern. Und das sind schon ziemlich geile Fotos. Und ich finde in dem Park... gibt's dann ja, also ich finde die Fotos, die man nachher sieht, sind wirklich schön. Aber es gibt halt diese krasse Diskrepanz zwischen dem, was wir sehen auf den Fotos nachher, wirklich eine harmonische Szene und der Art, wie er diese Fotos macht, die nämlich vor allem dann so eine Art ist von übergriffiger Beobachtung. Er fotografiert sie ohne ihren Consents und scheint auch in diesem Fotografieren unglaublich hektisch zu sein. Aufgewühlt, irgendwie schnell, ich muss das gute Bild finden, das passende Bild finden. Und trotzdem kommen dann nachher Bilder raus, die so harmonisch aussehen. Also natürlich sind es Schnappschüsse im gewissen Sinne, aber es sind trotzdem in sich stimmige Bilder, die das einfangen, was er eigentlich einfangen will, bevor er den Mord einfängt. Nämlich, dass wir hier einfach ein turtelndes Paar im Park haben, das die Welt um sich herum zu vergessen scheint. Und das in diesem... riesigen Naturumfeld ist, wo sonst nichts ist und plötzlich ist alles weg und es existieren nur sie beide. Das finde ich ganz spannend, dass es diesen Kontrast gibt, der sich dann auch nicht auflöst. Wir sehen, wie er das macht, aber er macht es nicht so, wie man meinen würde, wie jemand, der sagt, schön, ich will Frieden einfangen, das macht es, sondern wie der vollgekokste Typ, der halt...
Johannes Franke: Als Fotograf muss ich mal sagen, es ist einigermaßen akkurat, das geht. Ja, tatsächlich. Es ist tatsächlich möglich, diese Fotos so schön in diesem Rahmen und so... friedlich wirken zu lassen, obwohl du sie recht hektisch gemacht hast. Wenn du ein guter Fotograf bist und ein gutes Gefühl dafür hast und genau beobachtest und gut dich reinfühlst in was passiert da gerade, was machen die beiden als nächstes und so, dass du weißt, antizipieren, dann musst du wirklich viel antizipieren und gucken. Dann funktioniert das durchaus. Mein Gott, was ist das für eine Musik?
Florian Bayer: Was war das? Wo sind wir? Ich glaube, wir wurden rausgerissen.
Johannes Franke: Aber wohin?
Florian Bayer: Oh mein Gott, Johannes. Ich befürchte, wir befinden uns in einer Self-Po-Po.
Johannes Franke: Oh nein!
Florian Bayer: Ganz schnell, ganz schnell, damit wir zurück zum Besprech können. Was müssen wir machen? Was müssen wir sagen?
Johannes Franke: Wir müssen den Leuten unbedingt sagen, dass sie uns abonnieren sollen, wo auch immer sie sind. Also auf Spotify oder Apple oder sowas.
Florian Bayer: Team, whatever, was ihr auch nutzt.
Johannes Franke: Also abonnieren und anderen sagen, dass sie uns abonnieren sollen.
Florian Bayer: Auf jeden Fall. Wenn euch die Folge gefällt, gebt uns gerne Sterne, Herzchen, Daumen hoch, was auch immer euer Podcatcher anbietet.
Johannes Franke: Genau, und wenn sie euch nicht gefällt, dann schickt diese Episode weiter an eure Feinde oder eure... ...eure Nachbarn oder sowas.
Florian Bayer: Und wenn ihr uns Feedback geben wollt, wir freuen uns total über jeden Kommentar an johannes.mussmannsehen.de oder florian.mussmannsehen.de.
Johannes Franke: Genau, schickt uns Filmvorschläge und so weiter. Boah, das soll schnell durchkommen.
Florian Bayer: Ja, jetzt schnell raus,
Johannes Franke: schnell wieder zurück ins Gespräch.
Florian Bayer: Und dann haben wir ja diesen losen Faden von einem Plot, der sich plötzlich offenbart. Hast du danach gegriffen? Hast du gedacht, jetzt beginnt der Film? Und es sind gut 30 Minuten vergangen. Hast du gedacht, oh, jetzt wird es zum Best-of-the-Song. Gott sei Dank, ich finde Thomas unsympathisch. Aber ist ja egal, wenn es einen guten Krimi gibt, eine gute Krimi-Handlung. Auf geht's.
Johannes Franke: Tatsächlich. Und auch sein Aufgeblase der Fotos ist tatsächlich etwas... Wo ich denke, oh, jetzt sehe ich einen Film, den ich sehen will. Wo ich wirklich reingehe und wo ich wirklich seinen Blick, ich hänge an seinem Blick, wie er sich die Bilder anschaut. Und wir sehen ja oft nur seinen Blick und nicht die Bilder. Also bevor wir überhaupt irgendwas von den Bildern sehen, sehen wir ganz lange in sein Gesicht. Und das finde ich phänomenal gut.
Florian Bayer: Es ist eine fantastische Szene im Labor. Absolut. Also auch da nochmal, ich meine, wir sind ja sehr digital unterwegs. Ich habe auch keine analoge Kamera. Ich habe auch nie viel mit. Ich hatte nie eine analoge Spiegelreflex zum Beispiel. Ich bin im Alter, in dem ich das hätte haben können. Hatte ich aber nie. Und meine einzige Erfahrung mit analoger Fotografie ist halt tatsächlich mit bringen den Film dann zum Schlecker. Damals gab es noch Schlecker, liebe Kinder. Ich finde es total schön, analoge Fotografie, wie sie im Labor entwickelt wird, zu beobachten.
Johannes Franke: Es ist halt eine Masterclass gewesen. Du hast halt wirklich jeden Prozess, jeden einzelnen Schritt gesehen. Es war ein bisschen viel vielleicht, aber es war halt sehr akkurat.
Florian Bayer: Und es ist wirklich schön, weil wir sehen halt auch... Das ist die einzige Szene, in der er Detektivarbeit macht. Das ist die einzige Detektivszene. Er im Labor mit seinen Bildern und er bringt an, die zu vergrößern. Und er macht halt sein technisches Ding, weil er weiß, wie das geht. Bist du gut da drin? Kennst du dich damit ein bisschen aus? Weil ich kenne mich damit überhaupt nicht aus. Ich sehe, dass er Maschinen benutzt, um Ausschnitts zu kriegen und um diesen Blow-up zu machen. Und ich sehe, dass er riesige Bilder aufhängt und so weiter, aus dem Wasserbad kommt. Aber du würdest mich in ein Fotolabor stellen? Ich könnte kein analoges Foto entwickeln. Ich wüsste nicht, was ich machen würde.
Johannes Franke: Ich könnte das auch nicht. Keine Ahnung. Ich krieg das auch nicht hin. Alles, was ich weiß, sagt, ja, ja, der macht das schon. Das macht er gut. Das sieht aus, als wenn er das macht. Insofern kann ich nicht genau beurteilen, ob das technisch möglich ist in der Form. Ich glaube, dass es... Das ist vielleicht ein kleines bisschen die Realität, stretcht aber nicht viel. Nicht wie heute Leute davor stehen und sagen, enhance! Das ist ja das ursprüngliche enhance, oder? Ja,
Florian Bayer: auf jeden Fall.
Johannes Franke: Jemand steht da und sagt, mach mir das Bild größer und zwar in Full HD, damit ich das Nummernschild von dem Auto da hinten lesen kann.
Florian Bayer: Und dann versuchen wir uns mal ganz kurz daran festzuhalten. Stellen wir uns mal vor, es gibt nicht das, was danach draus wird, sondern es gab ja tatsächlich oft... ...übersichtlich Überlegungen und auch von Antonioni selbst die Idee, da ein bisschen mehr Thriller drin zu haben. Es gab Entwürfe für Szenen, in denen erklärt wird, was da passiert ist, in denen das einigermaßen aufgelöst wird, in denen wir erfahren, wer dieser Typ ist, der den Fotos hinterherläuft, weil es gibt einfach eine Person, die auftaucht und nie wieder auftaucht, einfach verschwindet. Und wir haben ja irgendwie diesen Thriller-Plug. Versuchen wir mal ganz kurz das auseinanderzuklamüstern, was da passiert. Wir haben Jane, die gespielt wird von Vanessa Redgrave, die... meiner Meinung nach im richtigen Punkt auch als Kontrast zu ihm da reinkommt, die genauso orientierungslos ist wie ihn, wie er, die aber unbedingt an die Negative will, die unbedingt die Fotos haben will. Wir wissen in dem Moment nicht genau, warum und er macht das, was er immer macht. Er ist ein Arschloch und spielt seine Macht aus. Und sie ist aber total wild hinter diesen Fotos hinterher und will sie ihm unbedingt irgendwie abluchsen und er nutzt das krass aus.
Johannes Franke: Ja, ja.
Florian Bayer: Gleichzeitig, als sie dann denkt, ich hab verstanden, was du willst, und sich einmal nackt macht, sagt er, nee, zieh dich wieder an. Ich geb dir die Fotos. Was sie nicht davon abhält, kurz darauf trotzdem Sex mit ihm zu haben. Wir haben da auch die ganze Zeit, das haben wir nachher noch mit diesen zwei Models, die ganze Zeit dieses Spiel, wo man sich fragt, okay, sie verführt ihn. Nein, Moment, er missbraucht sie. Sie verführt ihn. Moment, er missbraucht sie. Auf jeden Fall ist es irgendwie so ein komisches Spiel zwischen ihnen.
Johannes Franke: Das ist ein ganz eigenes Thema. Wollen wir dieses Thema jetzt aufmachen oder wollen wir erstmal das andere abschlicken?
Florian Bayer: Lass es uns, weil dann ist es viel runder, wenn wir es nachher mit den beiden Models machen. Okay. Es ist noch eine Nummer krasser. Und sie gibt ihm dann am Schluss die falsche Nummer und er gibt ihr den falschen Film. Und dann ist halt diese Labor-Szene, wo er das Ding entwickelt und er denkt, okay, shit, da ist eine Leiche drauf. Es ist die typische Frage, die in der Rezeption immer mal wieder gestellt wird. Bildet er sich das vielleicht alles nur ein? Ist das echt?
Johannes Franke: Ja, das ist ja nicht der Punkt des Films. Nee,
Florian Bayer: aber bildet er sich das alles nur ein? Ist das echt?
Johannes Franke: Wird ja egal. Der Film, was du ganz am Anfang gesagt hast, das erste Mal gucken, man sitzt da vor und denkt sich, so what?
Florian Bayer: Ja. Habe ich in dem Moment auch gedacht. Ich glaube, es gibt einfach so eine gewisse Ernüchterung, weil man denkt, jetzt kommt ein Thriller-Plot. Weil es ist alles da. Wir haben eine Leiche, vermeintliche Leiche. Wir haben ominöse Fotos. Wir haben eine Femme Fatale.
Johannes Franke: Und wir haben einen Typen, der im Gebüsch sitzt.
Florian Bayer: Wir haben einen Typen mit Waffe. Wir haben Gewalt. Wir haben Sex und Gewalt. Was willst du mehr? Jetzt kannst du einen ordentlichen Thriller erzählen. Das kriegt jeder 60er-Pulp-Film hin. Auf jeden Fall recherchiert er dem dann ja so halbwegs hinterher. Wie gesagt, wir müssen kurz das andere ignorieren. Und wenn man das auf diesen Thriller-Plot beschränkt, ist natürlich die Frage da, was davon ist wirklich passiert und was davon ist Einbildung. Und meiner Meinung nach ist die Antwort obvious. Es ist nicht Einbildung, sondern es ist echt passiert, weil zum einen er geht in der Nacht in den Park zurück und sieht dann die Leiche. Zum anderen, weil er tatsächlich auf den Fotos, in den Einstellungen, wo sie die Kamera abluchsen will, im Hintergrund die Leiche liegen sehen. Und... Moment, worauf wollte ich hinaus? Jetzt fühle ich mich wie Thomas. Ich bin abgelenkt. Oh, nackte Models, lass uns Sex haben. Es ist ja irgendwie so diese Frage, ist hier tatsächlich ein Mord passiert? Will er den Mord sehen? Ist der Mord das, was ihn rausreißen könnte aus seinem tristen, irgendwie gelangweilten Schickimicki-Leben? Will er da mehr haben und entsteht dadurch dieser Mord?
Johannes Franke: Ich glaube, es ist filmemacherisch einfach so, dass er das versucht zusammenzubringen. Ich glaube, da ist kein Plot daraus abzulesen. Leider. Der Filmemacher versucht beides zusammenzubringen. Dass Thomas im Grunde diesen Plot braucht, der sucht ihn in seinem Leben. Er sucht etwas, was passiert, was ihn irgendwie auf eine neue Fährte bringt, was ihn künstlerisch irgendwo anders hinbringt. Und dann kommt das vielleicht gerade gelegen. Auf der anderen Seite versucht natürlich der Filmemacher an der Stelle irgendwie so ein... auch einen Plot aufzumachen, den er nicht weiter verfolgt. Warum macht er ihn überhaupt erst auf?
Florian Bayer: Es gibt ja eine vermeintliche Vorlage für diesen Film, die Geschichte von Julio Cortázar, Las Babas del Diablo.
Johannes Franke: Oder auf Deutsch Teufelsgreifer.
Florian Bayer: Ich habe es versucht zu finden, ich habe es leider nicht gefunden.
Johannes Franke: Ich auch nicht.
Florian Bayer: Ich hätte es gerne gelesen aus dem Jahr 1959.
Johannes Franke: Es gibt einen ersten Satz, den ich interessant finde, den ich gefunden habe aus dem Ding. Er fängt an mit, das Schwierige wird sein, es in der rechten Weise zu erzählen. Weil niemand genau weiß, wer da eigentlich erzählt, ob ich es bin oder ob das, was passiert ist. Oder ob ich einfach eine Wahrheit erzähle, die lediglich meine Wahrheit ist. Also nicht die Wahrheit. Mehr weiß ich nicht. Aber das ist ein Satz.
Florian Bayer: War dies mehr weiß ich nicht von dir?
Johannes Franke: Das war ich.
Florian Bayer: Das passt aber auch sehr gut. Das könnte der nächste Satz. Chat-Sheet-Würde, das ist das nächste Satz.
Johannes Franke: Richtig, absolut. Und ich finde, dass dieser Satz super zum Film auch passt. Ja. Es ist großartig, dass dieser Text sich selbst erstmal vorher schon hinstellt und sagt, übrigens alles, was ich jetzt erzählen werde, mit Vorsicht genießen, ob irgendwas stimmt davon oder nicht, weiß keine Sau. Ja. Mach dir selbst Gedanken, was soll's. Und der Film hätte das vielleicht auch machen können. Vielleicht hätte der Film... früher sagen können, mach dir deine eigenen Gedanken.
Florian Bayer: Der Film versetzt uns ja so ein bisschen in genau diese zwiegespaltenen Perspektiven. Man könnte meinen, dass wir eigentlich die ganze Zeit ganz nah bei Thomas sind, weil wir ganz oft das einfangen, was er einfängt. Gleichzeitig gibt es aber auch zum einen immer dieses Gefühl, dass wir irgendwie wie so ein... Assistent sind, der so ganz dicht an ihm dran sitzt, weil wir gucken ihm im wahrsten Sinne des Wortes ganz oft über die Schultern und zwar nicht in der identifizierenden Hinsicht, sondern wir gucken ihm einfach wirklich über die Schultern, was macht er denn da gerade und verstehen auch ganz oft nicht, was er da macht und versuchen irgendwie Schritt zu halten. Und zum anderen gibt es natürlich auch diese Szenen, die uns immer wieder rausreißen aus dieser Ich-Perspektive von Thomas, nämlich zum Beispiel, wenn wir am Anfang diese Gegenschnitte haben mit den Pantomimen oder wenn wir irgendwann mittendrin diese Gegenschnitte haben mit den Protestanten, wo wir einfach Dinge wahrnehmen und sehen, die Thomas nicht wahrnimmt und nicht sieht. Und das Spannende ist ja auch, auch diese Geschichte hat so eine Or is it? Thriller-Handlung, diese Kurzgeschichte. Aber es geht um was komplett anderes. Es geht um eine vermeintliche Entführung von einem Jungen mit einer Frau und es ist auch ziemlich klar, dass wir uns da irgendwie unsicher fühlen sollen, ob das wahr ist oder ob es erfunden oder ob es gelogen ist.
Johannes Franke: Und es geht um einen Amateurfotografen, der hat eigentlich einen anderen Beruf, ist Amateurfotograf, zieht los und fotografiert dann irgendwie eine Frau mit einem jüngeren Typen und im Nachgang sieht er dann, dass diese Frau eigentlich diesen jungen Typen unter Umständen hinter zu einem älteren Mann bringen sollte, wo sie ihn in ein Auto buxieren und davonfahren lassen. Wie man das aus einem Foto rauslesen kann, ist mir schleierhaft, aber es ist unter Umständen auch so, dass dieser Text... ja viel mehr mit dieser Fantasie des Fotografen spielt. Ja. Also auch, es ist tatsächlich auch so, dass am Ende des Textes, da der Fotograf nicht mehr Infos hat, sich mehr oder weniger ins Bild hinein fantasiert und um da die Situation nochmal neu zu erleben. Es ist auch ein bisschen konvolut, ein bisschen seltsam und ein bisschen surreal. Aber ich glaube, der Text ist besser als der Film.
Florian Bayer: Ich würde ihn unglaublich gerne lesen. Ich war echt traurig, dass ich ihn nicht gefunden habe. Ich finde es ganz spannend. Der Film erzählt das natürlich anders, weil der Film... setzt sich nicht so doll auf diese Fantasien von Thomas, sondern der Film... geht ja eher so ein bisschen in die Richtung, wie kannst du ein Verbrechen aufklären? Wie kannst du überhaupt in Richtung eines Verbrechens ermitteln, in einer Welt, in der alles vollkommen egal zu sein scheint? In der du zum einen abgelenkt bist die ganze Zeit, weil du irgendwas anderem willst, zum anderen, weil dir keiner zuhört oder weil keiner das sieht, was du siehst. Wir haben ja diese Konsequenz. Eigentlich am Schluss bleibt ja dieses große Foto, diese letzte Vergrößerung. Und dann guckt Patricia drauf. und sagt, scheiße, das sieht aus wie eins von diesen abstrakten Gemälden von Bill. Es gibt einfach keinen Realitätsbezugspunkt mehr. Du hast es so weit groß blow up, dass halt nichts mehr greifbar ist.
Johannes Franke: Was ich allerdings wirklich geil finde, das ist einer der großen Punkte dieses Films, die ich herausstellen will als richtig gut. Nämlich der Punkt, je näher du versuchst, der Wahrheit zu kommen, um so... abstrakter und undurchschaubarer wird das Ganze.
Florian Bayer: Und dann haben wir trotzdem wieder diesen Moment, wo Thomas in den Park geht und ganz eindeutig diese Leiche sieht. Manche sagen, das ist ja so offensichtlich eine Puppe, das bildet er sich auch nur ein. Näääh. Leichensahen so aus. Ja. Tut mir leid, liebe Filmwissen. Und auch diesen Blick erhascht. Also er ist ja wirklich nah dran und dann das einzige Mal, wo wir sehen, dass Thomas Angst hat, weil es dann wirklich diese Unsicherheit gibt, wer nicht verfolgt ist, dann noch jemanden weiter wegrennen. Und Dann diese pure Verzweiflung, dass er nur noch auf Desinteresse stößt, wenn er versucht, Ron seinen Agenten dazu zu bringen, damit zu gehen und der ist einfach nur komplett zugekippt oder auf was auch immer er gerade ist.
Johannes Franke: Ja, genau.
Florian Bayer: Und diese Verlorenheit, ich habe gerade ein Verbrechen gesehen und das ist ja auch eigentlich ein klassisches Thriller-Trope. Hier ist ein Verbrechen passiert, irgendjemand muss was tun und alle so. Der kleine Junge, der versucht, seine Familie zu überzeugen, dass da Außerirdische gelandet sind und keiner glaubt ihm.
Johannes Franke: Warum geht er nicht zur Polizei? Das frage ich mich von der ersten Minute an.
Florian Bayer: Die Polizei spielt in seiner Welt keine Rolle.
Johannes Franke: Ja, aber warum nicht?
Florian Bayer: Ich weiß es nicht.
Johannes Franke: Es ist London in den 60ern. Polizei.
Florian Bayer: Würde es diesem Film in irgendeiner Weise guttun, wenn er zur Polizei gehen würde?
Johannes Franke: Nein, aber dem Film tun so viele Sachen nicht gut, die er da macht.
Florian Bayer: Aber ja, wie gesagt, wir verlieren diese Thriller-Handlung dadurch. Das ist alles. Es wird nicht weiter geklärt. Es gibt noch diesen einen Moment, wo Thomas, die vermeintliche Mörderin Jane, verfolgt und sie räumt dann in dieses Konzert rein und lässt er sich ablenken vom Konzert.
Johannes Franke: Er lässt sich sowieso die ganze Zeit von London der 60er ablenken. Absolut. Er geht von einem popkulturellen Event zum nächsten und versucht einfach nur Kommentare auf Popkultur der Zeit zu machen.
Florian Bayer: Er ist der worst Detective ever. Aber wirklich. Es ist auch so geil, weil er hat ja diese Fotos und er entwickelt dann diese Fotos und er ist einer großen Sache auf der Spur und dann ruft er bei seinem Freund an und sagt Junge, da pass auf, ich hab was. Ich glaub, ich hab einen Mord verhindert. Das könnte sein und Ding Dong. Sex! Also dann reden wir über diese Sexszene und reden wir auch nochmal über die Sexszene davor.
Johannes Franke: Es ist so gemein, weil mich das die ganze Zeit rauswirft, weil ich auch die ganze Zeit denke, ja, jetzt renne ich vielleicht gerade mal in die Story ein bisschen rein, aber dann kommt so was, was soll das? Ich reiße die Arme hoch und denke, ja, ich will den Film eigentlich gar nicht weitergucken in dem Moment. Weil es ist ja nicht so, dass ich einfach nur einen Arschloch zu sehe, sondern ich sehe auch noch einem Arschloch-Filmemacher darüber zu, wie er diesen Film macht.
Florian Bayer: Aber wir haben schon festgestellt, du hast meiner Meinung nach, dass Arschlöcher gute Kunst machen können. Also ignorier mal den Filmmacher, geh mal auf den Film.
Johannes Franke: Ich kann den Filmemacher nicht ignorieren. Nein, nein, das ist alles zu misogyn und viel zu unkommentiert. Wenn wenigstens irgendwie. Es hat ja keine Konsequenzen. Dieser Typ ist ein Arschloch des ganzen Films über und es gibt keinerlei Konsequenzen.
Florian Bayer: Dann willst du kurz deinen Take auf Michelangelo Antonioni bringen?
Johannes Franke: Und zwar Jane Birkin hat ja die eine gespielt von den beiden Teenagern, die da kommen. Die hat ein Casting gemacht. Und jetzt zitiere ich mal aus einem Bericht, den ich gelesen habe. Dann kam Antonioni zu mir. Das ist, was ich wissen wollte, ob du gefährlich warst. Jetzt werde ich dir drei Seiten lesen, aber denk hart, weil du im Film komplett nackt sein musst. Und sie hat es dann gemacht. Es ist eine Situation, die ich glaube in den 60ern tonnenweise stattgefunden hat, die nur darauf abzielt, irgendwie Macht auszuüben, irgendwelchen sexistischen Scheiß zu machen und sich geil zu fühlen, weil man es kann.
Florian Bayer: Absolut.
Johannes Franke: Und ich muss sagen, dass das ganz oft im Film für mich durchschwingt, dass diese Figur nicht nur als Arschloch dargestellt wird, sondern den Trap reinfällt, auch Wunschvorstellung von Männern zu sein.
Florian Bayer: Mhm, kann man auf jeden Fall so lesen. Also definitiv. Und gerade dieses zwischen verführt werden, Verführung und übergriffig sein, diese Grenzen aufzuweichen, ist ja auch ein sehr beliebtes Trope, um halt... absolut übergriffiges Verhalten zu rechtfertigen, ein bisschen zum Missbrauch oder zur Vergewaltigung. Also wir haben es jetzt erlebt mit diesem großen Rammstein-Skandal, wo ja ganz viel, da wurde ja genau über das Ding geredet, dass es natürlich eine Machtposition gibt von Till Lindemann, dadurch, dass er ein Star ist, dadurch, dass die Frauen ihn anhimmeln und dass dann dieser Übergang vom, ja natürlich, sie wollten nach hinten in den Backstage-Bereich, ja sie wussten, dass es diese Sexgeschichten gibt, zu Dann müssen sie auch alles mitmachen, dass der fließend ist. Und auch, dass es diese Problematik gibt, dass selbst wenn eine Frau sagt, ja, ich will jetzt Sex haben, dass sie sich trotzdem unwohl fühlen kann. Und dass es dann trotzdem diese Responsibility gibt zu sagen, okay, ich merke, dass sich hier gerade jemand unwohl fühlt. dass es gerade eskaliert. Wir machen jetzt hier mal einen Cut, ich sehe, dass du nicht weitermachen willst und so weiter. Und dass das natürlich in dieser Art von Darstellung von Grauzonen, dass so, hey, es ist ja alles Fun and Games und hey, ja, sie hat sich gewährt, aber jetzt gerade zieht sie ihn aus. Dass das ja genau dieses Wunschdenken erfüllt, ein Nein ist nicht immer ein Nein. Und das schwingt da auf jeden Fall mit rein. Absolut. Wir sind hier nicht nur in den 60ern, sondern wir sind auch in den 2000ern. Das ist einfach ein Grundsätzliches Problem, wenn wir über Sexualität reden, vor allem wenn es ein Machtgefälle gibt zwischen den Menschen, die Sex haben und auch gerade wenn es darum geht. Also ich meine, er ist allein schon ein Arsch dafür, dass er offensichtlich ihren Wunsch fotografiert zu werden und als Models zu arbeiten ausnutzt, um ihn ins Text zu haben. Selbst wenn da nichts Übergriffiges drin wäre. Dinge tun würde, die wie eine Vergewaltigung aussehen. Selbst dann wäre es schon was, wo man ein Fragezeichen hinsetzen könnte. Und dann kommt noch dazu, dass es halt diese Szene gibt, wo sie sich zum Beispiel so ganz scheu vor ihm versteckt und dann fängt er an, ihre Klamotten wegzureißen. Und wir denken kurz, fuck, vergewaltigt er sie gerade? Und dann kommen die anderen rein und sie sagen, hey, die ist viel attraktiver als ich, nimm dir die. Und dann spielen sie plötzlich und dann catchen die beiden Frauen. Und es ist komplett... Es ist ekelhaft. Es findet komplett in dieser Grauzone statt.
Johannes Franke: Und da habe ich wirklich das Gefühl, dass der Filmemacher durchkommt und dass es nicht die Szene ist und dass es nicht der Szene dient und nicht der Figurenentwicklung dient, sondern nur der Fantasie des Filmemachers.
Florian Bayer: Ja, wahrscheinlich schon. Also weil natürlich Antonioni, zu diesem Zeitpunkt war Antonioni über 50 Jahre alt. Mh. Sollten wir zumindest Kurz erwähnen. Moment, was war das? Wo kurz im Monodorf bei irgendwas... Ah ja, es gibt einen neuen Film von einem meiner Lieblingsregisseure der aktuellen Zeit, Luca Guadagnoni, mit... Moment, lass mich kurz nachdenken. Ah nee, der war's gar nicht. Darauf freue ich mich aber auch. Nee, es gibt einen anderen Film. Ah, bei Netflix wird gerade irgendwas gepusht. Bei Netflix gibt's einen Film...
Johannes Franke: Meine Damen und Herren, hören Sie Plur beim Denken zu.
Florian Bayer: Ja, ich muss jetzt laut denken, weil ich hab's vor kurzem gelesen. Das ist gar nicht der Film, den ich sehen will. Auf den freue ich mich gar nicht. Aber es ist ein großer Skandal.
Johannes Franke: Das ist ganz normal für den Plur. Dienstags, nachmittags, völlig normal in seinem Kopf.
Florian Bayer: Es ist kein großer Skandal. Aber es ist ein Film. Und zwar ist es von... Es ist Miller's Girl von Jade Halley Bartlett, in der... Jenna Ortega, die wirklich eine coole Schauspielerin ist, eine Schülerin oder Studentin spielt. Sie ist auf jeden Fall schon 18, also sie soll 18 sein in dem Film. die irgendwie mit ihrem Professor aneinander gerät, der von Martin Freeman gespielt wird. Jenna Ortega ist, glaube ich, so kurz über 20 und Martin Freeman ist 60, nicht ganz 60.
Johannes Franke: Echt? Ist er schon 60?
Florian Bayer: Über 50.
Johannes Franke: Über 50 kann ich mir vorstellen.
Florian Bayer: Und genau, es war so in der Kritik, dass hier wieder diese alterren Fantasien bedient werden von einem Professor, der verführt wird von seiner 18-jährigen Studentin. Toll. It happens every day.
Johannes Franke: Ja, Wahnsinn. Und das ist auch nichts, was wir nicht 100 Jahre lang in so vielen Filmen behandelt hätten.
Florian Bayer: Aber Gott sei Dank ist es ja unser... Darsteller von Thomas ist ja nicht so alt. Also insofern, David Hemmings ist jung und sexy. Entschuldigung, ich weiß, er ist ein Arsch, haben wir gesagt. Er ist ein dominantes Arschloch und so weiter. Und er ist übergriffig beim Sex. Mann, sieht der gut aus.
Johannes Franke: Aber wie kann der mit 23 wieder, ich weiß nicht, wie alt er sein soll, aber er sieht aus wie 23. Wie kann er mit 23 so ein Superstar-Fotograf sein? Meine Güte. Ja,
Florian Bayer: das ist schon ein bisschen praktisch mit der Glaubwürdigkeit. Aber ja, wir haben da diese problematische Sexszene. Was ich halt in diesem Film sehe, ist, dass das Thema ist. Sein Dominanzgebaren mit... dieser Kamera und mit seinem Job ist Thema.
Johannes Franke: Ja, es ist Thema, ja.
Florian Bayer: Und es ist halt auch Thema, wie er diese Dominanz verliert. Der Film nimmt ihn und der Film bewundert ihn auch, aber der Film entreißt ihm das auch und der Film macht ihn im wahrsten Sinne des Wortes dann irgendwie auch nackt, indem er ihm eben diese Kamera wegnimmt und zeigt, wie dieser Typ ohne Kamera ist und gibt ihm da das Stück... durch ein Stück Menschlichkeit. Das ist keine krasse Redemption-Ark, die wir hier erleben.
Johannes Franke: Überhaupt nicht. Wir haben ihn in die fucking Kamera weggenommen.
Florian Bayer: Seine Kamera ist alles. Seine Kamera ist sein Penis. Der wurde kastriert.
Johannes Franke: Aber es ist nicht so, dass die Auswirkungen so wahnsinnig groß zu sehen sind.
Florian Bayer: Doch, doch, doch. Er löst sich auf. Ja,
Johannes Franke: er löst sich auf. Nein.
Florian Bayer: Das Fade-out wurde zu früh gemacht. Das war doch nur für die Credits gedacht.
Johannes Franke: Ich, ne, also ich weiß nicht. Ich glaube, dass das Ende müssen wir sowieso besprechen. Das ist ein anderes Thema. Was das Ende bedeutet oder was es nicht bedeutet oder was das soll oder nicht soll, können wir ja noch besprechen.
Florian Bayer: Aber auf jeden Fall, es gibt diese problematische Szene, diesen problematischen Sex. Ich finde, der Film thematisiert das genug, dass ich da nicht den lüsternen Michelangelo Antonioni durchsehe, sondern halt vor allem auch eine Auseinandersetzung mit diesem Machtgefälle.
Johannes Franke: Das Problem ist, dass der Rest des Films das halt auch... immer wieder anteasert und mitschwingt. Die Frauenfiguren sind allesamt schlecht geschrieben. Auf jeden Fall. Keine von denen hat eine eigene Agenda oder irgendwas Wirkliches, außer dass sie irgendwie ihren Film wieder haben will. Aber das ist Prop.
Florian Bayer: Nein, nein, nein. Nein, sie ist irgendwie, das war so der Moment, wo sie noch so ein bisschen femme fatale ist, was man ja auch machen kann, was irgendwie noch so ein klassischer Filmdrop ist. Aber da ist nicht viel Charakter dahinter.
Johannes Franke: Nein.
Florian Bayer: Aber auch... Aber auch hinter Thomas ist halt nicht viel Charakter. Wir sind halt die ganze Zeit in dieser oberflächlichen Welt. Wir sind halt in diesem, irgendwie ist es Fun and Games, until it isn't. Und da sind halt alle irgendwie so Abziehbilder von dem, was sie eigentlich gerne wären oder werden wollten. Thomas sagt zu Jane, als das Telefon klingelt. ihr das Telefon gibt und sie total irritiert ist. Wer weiß denn, dass ich da bin? Und dann fragt sie, wer war das denn? Und er sagt, meine Frau. Nee, eigentlich nicht meine Frau. Aber wir haben Kinder. Nee, wir haben keine Kinder.
Johannes Franke: Ich hab das hier. Das ist der Moment, wo ich sage, ach, ich vertraue dem Film mein Leben in die Hand. Du kriegst das hin. Du weißt genau, was du willst, lieber Film. Er sagt, ah, she isn't my wife, really. We just have some kids. Nein, keine Kinder. Nicht mal Kinder. Manchmal fühle ich mich, als ob wir Kinder hatten. Sie ist nicht wunderschön. Sie ist einfach zu leben mit. Nein, sie ist nicht. Deshalb lebe ich nicht mit ihr.
Florian Bayer: What the fuck?
Johannes Franke: Also was jetzt genau?
Florian Bayer: Das ist ein ganz wichtiger Moment, weil wir hier wirklich erleben, wie sich dieses... In einer Welt, in der sich Wahrnehmung auflöst, weil du dir nicht sicher sein kannst, lösen sich auch Charaktere auf, weil du dir auch über dich selbst nicht sicher sein kannst. Er weiß wahrscheinlich nicht mehr, ob er verheiratet ist. Wie gesagt, es gibt diesen einen Moment, wo er eine emotionale Bindung zu einer Frau hat scheinbar und das ist die Frau, ganz eindeutig die Frau von jemand anderem. Und dieses... Dieser Moment, es ist eigentlich egal, ach es ist nicht wirklich, aber es ist auch eigentlich egal, den haben wir ständig. Wenn er gefragt wird, wer wurde umgebracht, sagt er, someone. Ja,
Johannes Franke: someone in some park. Und ich denke,
Florian Bayer: geht's konkret? Und deswegen auch dieses Zombie-Publikum, wenn er auf diesem Konzert ist. Die Leute haben komplett den Bezug zur Realität, zur Wahrnehmung verloren und niemand weiß so genau, was er ist. Woran sie sich halt alle festklammern, sind dann so diese Artefakte des modernen Lebens. Die stehen da wie angewurzelt. Ich finde, geile Szene. Die Yardbirds, ich komme gleich darauf zurück. Und dann steht das Publikum da und alle sind komplett desorientiert, desinteressiert. Und dann wird die Gitarre ins Publikum gewonnen und auf dem... Auf einmal prügeln sich alle um dieses eine Artefakt. Die Yardbirds!
Johannes Franke: Ich finde, das ist so ein Punkt in diesem Film, wo man sich tatsächlich festhalten kann. So dieses Konzert, die Sex-Fotoshooting-Szene am Anfang. Es gibt so, weiß ich nicht, vielleicht über den ganzen Film verteilt fünf Situationen, wo ich denke, oh ja, das will ich jetzt sehen. Dazwischen ist halt Padding so ein bisschen.
Florian Bayer: Padding?
Johannes Franke: Nein, Padding. Also so aufgefülltes irgendwas.
Florian Bayer: Die Yardbirds. Eines der wenigen erhaltenen Stück Bilder, Videos von den Yardbirds in dieser Besetzung. Mit Jeff Beck und Jimmy Page. Aus den Yardbirds sollten später die New Yardbirds... entwachsen die dann zu Led Zeppelin. Also New York Yardbirds waren sie quasi nur in einem Sekundenbruchteil im Kopf von Jeff Beck oder von Jimmy Fletcher. Und daraus sollte Led Zeppelin werden. Und Yardbirds sind quasi Rock'n'Roll-Geschichten, um das kurz zu erwähnen. Es ist eine tolle Szene, weil es halt diese Verlorenheit zeigt und es hat auch immer so ein bisschen was Surreales. Wenn du so ein geiles Rockkonzert siehst, dann hast du Menschen, die einfach da stehen, nur um beim Wurf von einer Gitarre auszuticken. Dann wirkt das so verloren. Und ich glaube, das ist auch der Punkt, wo dann eben diese Pantomimen ins Spiel kommen.
Johannes Franke: Die Pantomimen haben wir noch gar nicht richtig erwähnt.
Florian Bayer: Ja, klar. Aber die Pantomimen sind natürlich die große Klammer um den Film. Und die Pantomimen sorgen für eine der, meiner Meinung nach, besten End-Szenen, Schluss-Szenen der Filmgeschichte.
Johannes Franke: Ja, aber nur, weil der Film so schlecht war.
Florian Bayer: Wenn er in diesen Park geht und dann die Pantomimen beim Tennis sieht und es ist halt, alles ist Fassade und die Fassade ist aber das einzig Echte und das ist das, woran du dich festhalten kannst. Und dann wird die Fassade... tatsächlich wird das Ganze imaginärer, wird zu etwas Echtem. Also die Pandemien spielen Tennis und er ist sich drauf ein.
Johannes Franke: Willst du wirklich aufs Ende jetzt? Ja,
Florian Bayer: bitte.
Johannes Franke: Okay. Um das Ende zu verstehen oder zumindest einzusortieren, muss man sich, glaube ich, so halbwegs entschieden haben, worum dieser Film sich überhaupt dreht. Damit man so ein bisschen sagen kann, okay, was könnte das Ende bedeuten oder wo will das hin? Für mich ist es so ein bisschen das Gefühl von, okay, er gibt auf.
Florian Bayer: Ja, er gibt auf.
Johannes Franke: Er sagt die ganze Zeit, ich suche hier irgendwas und am Ende sagt er, ach, was soll's. So Schulterzucken? Okay, dann mach ich halt mit. Was soll's, liebe Welt? Ich hab keine Energie mehr, irgendwas Echtes zu suchen. Ich mach jetzt einfach mit. Und ich finde es natürlich großartig, wie er den Ball dann aufhebt. Der Schauspieler macht das sehr realistisch. Er macht das nicht wie jemand, der noch nie Pantomime gemacht hat, sondern er macht das wie ein Schauspieler, der richtig Pantomime gelernt hat. Nimmt diesen Ball, man glaubt ihm, dass er den in der Hand hat und wirft ihn dann den Pantomimen wieder zurück, die die ganze Zeit Tennis gespielt haben. Also nicht wirklich Tennis, aber Pantomimentennis. Und dann bleiben wir auf seinem Gesicht, sehen gar nicht, wie der Ball ankommt, sondern hören es nur. Und hören, wie das Tennis dann losgeht. obwohl es ja pantomimisches Tennis ist, also kein Geräusch machen kann. Das heißt, seine Realität geht in die über, die irgendwann mal die Pantomimen etabliert haben, die ja keine Realität im klassischen Sinne ist. Was tatsächlich einer der besten Enden sein könnte, wenn der Film nicht so schlecht wäre. Also ich kann dieses Ende leider nicht... würdigen, weil der Rest des Films mich so runtergezogen hat und ich gedacht habe, ah Mann, ich bin froh, dass er zu Ende ist, okay. Und jetzt kommst du mit sowas um die Ecke? Weil der Sound ist tatsächlich geil, wie der reinkommt, oder? Ja. Das fand ich toll.
Florian Bayer: Es ist dann auf einmal plötzlich einfach da und dieses imaginäre Spiel hat plötzlich die Wirklichkeit. eingeholt und auch überholt. Und dann haben wir ja dieses sehr krasse, also um nochmal auf die Perspektiven einzugehen, wo wir die ganze Zeit so nah bei Thomas sind. Wir haben ein paar Momente, wo wir ihn in einer größeren Distanz sehen, wenn er im Park ist vor allem. Und dann haben wir einmal diese krasse, die größte Distanz, die wir während des gesamten Films von Thomas haben, nämlich indem wir diese Vogelperspektive auf ihn haben und ihn auf diesem riesigen grünen Feld stehen sehen. Kurz das Gefühl, dass nichts anderes um ihn herum ist als Wiese. dann löst er sich kurz vor den Credits auf. Man könnte natürlich, es kann einfach quasi Technik sein. Also eigentlich, es ist ja nichts Ungewöhnliches, dass sich Bilder auflösen vor den Credits oder in die Credits rein. Aber wir haben tatsächlich diese komplette Auflösung von ihm einmal.
Johannes Franke: Das habe ich so nicht gesehen.
Florian Bayer: Das ist so schade, dass du das nicht gesehen hast. Ich habe nochmal zurückgespielt und geguckt, wie groß der Abstand zwischen Thomas löst sich auf, Bild friert ein und Credits kommen ist. Und es ist ein bisschen zu viel. als um es einfach nur so einen Übergang in den Credits einordnen zu können.
Johannes Franke: Das heißt,
Florian Bayer: man sagt entweder, da wurde ein bisschen geschlampt in der Post. Das hättet ihr schneller machen müssen. Oder es findet noch in unserer Handlung statt und nicht nur im Kontext.
Johannes Franke: Okay. Ja, vielleicht.
Florian Bayer: Und wenn es in unserer Handlung stattfindet, ist es natürlich auch konsequent. Weil in dieser Welt, in der alles egal ist und alles irgendwie so ist und es nichts gibt, woran du dich festhalten kannst und was... echt ist und was imaginär ist, sowieso ineinander fließt, ist es nur logisch, dass sich die Person, die einzige Person, an der wir uns irgendwie festhalten konnten, offensichtlich nicht besonders gut, sich auflöst am Schluss und nichts mehr übrig bleibt, außer halt dieses Bild vom Rasen.
Johannes Franke: Der übrigens, der Rasen, der war viel zu dröge, der hat ihn malen lassen, anmalen lassen, im Park zumindest, ich weiß nicht, ob dort auch, aber Antonioni hat die Szene nochmal gedreht und hat gesagt, also er hat den Film angeschaut, die Reels, die sie gedreht haben und hat dann gesagt, ne, der Rasen, das funktioniert nicht und hat sie ansprühen lassen und hat die Szene nochmal gedreht.
Florian Bayer: Was übrigens, es ist sein erster Farbfilm gewesen und wir sind hier auch Mitte der 60er, wir sind so, Farbfilm ist schon was Besonderes noch. Der Film nutzt meiner Meinung nach Farben ziemlich. Gut, auch diesen Kontrast zwischen Farben und Schwarz-Weiß.
Johannes Franke: Weiß ich nicht. Es sagen auch andere. Vanessa Redgrave war auch total begeistert davon. Die meinte, dass viele Filme Farben im Hintergrund irgendwie so ein bisschen mitschwingen lassen. Aber dass dieser Film Farben in Aktion zeigt. Und ich sehe es nicht. In meinem Kopf ist der Schwarz-Weiß.
Florian Bayer: Wow, krass. Ich finde, der ist sowas von farbig.
Johannes Franke: Und ich bin so deprimiert, weil ich ja eigentlich ein Typ für sowas bin. Ich habe ein Auge für sowas, bin Fotograf und für mich ist sowas wichtig. Aber in meinem Kopf ist der Film wahnsinnig schwarz-weiß.
Florian Bayer: Wir haben so viele Momente, wo die Farben auch wirklich Kontraste bauen. Also zum Beispiel, der Park natürlich mit diesem Grün und dem blauen Himmel. Und sonst nicht viel, weil Personen irgendwie immer in Distanz zu sehen sind. Aber auch zum Beispiel diese Szenen im Studio, wenn er in diesen weißen Studiokulissen ist, die ja fast schon futuristisch aussehen. Und dann haben wir so einzeln dieses sehr... krassen Farben von den Kostümen von den Models, die er da stehen hat. Und es sind auch alle Farben da. Wir haben ein lilanes Kostüm, wir haben ein grünes Kostüm, wir haben ein blaues Kostüm.
Johannes Franke: Ich mochte das Pfauen-Ding total.
Florian Bayer: Das Pfauen-Ding ist ziemlich geil. Ja,
Johannes Franke: das ist geil.
Florian Bayer: Ich finde, der Film hat auch so... In Schwarz-Weiß würde dieser Film meiner Meinung nach nicht gut funktionieren.
Johannes Franke: Ja, wahrscheinlich.
Florian Bayer: Weil die Kontraste halt doch sehr entscheidend sind dafür, was da passiert. Auch so Spots gesetzt. Wir haben natürlich so eine gewisse Tristesse in den grauen Straßen Londons, durch die er fährt. Aber dann sind immer sehr starke Kontraste gesetzt. Dann ist es eben eine Jalousie von einem Geschäft, das wirklich in einem strahlenden Blau ist oder ein Schild, das in einem sehr strahlenden Gelb ist. Und ich finde, diese Kontraste machen hier sehr viel. Man hat oft das Gefühl, dass farbige Objekte sehr bewusst in den Szenen platziert sind, um Kontraste zu setzen.
Johannes Franke: Ja gut, irgendwie kann auch sein, dass die Tristesse des Films, des Inhalts des Films mich so überwältigt hat, dass ich einfach die Farben nicht mehr so wahrgenommen habe, dass mich das so sehr beeinflusst hat. Das kann sein.
Florian Bayer: Ja, Tristesse. Es ist kein emotionaler Film, ne? Es ist kein Film, der irgendwie groß Emotionen erwecken soll.
Johannes Franke: Das ist halt auch ein bisschen das Problem. Ich hätte gerne gesehen, wie der Hauptcharakter gerne ein Arschloch ist, aber dann vielleicht danach strebt. kein Arschloch mehr zu sein oder so. Oder irgendwas, irgendeine Besserung zu erleben. Redeeming-Character-Traits zu haben oder irgendwas, aber sowas gibt es leider nicht so.
Florian Bayer: Nee, es ist eher so eine Resignation oder so ein Abfinden, was am Schluss stattfindet, ne?
Johannes Franke: Ja, aber das Problem ist, er fängt ja schon damit an. Er fängt ja auch, also ich weiß nicht genau, was ich mit dem Pantomime am Anfang anfangen soll, aber ich denke so, oh ja, wie man das so kennt, Rioting Pantomimes, das ist halt so in den 60ern. Aber ich weiß nicht, die ganze Zeit sehe ich ja, wie er resigniert und desillusioniert vor sich hin arbeitet und irgendwie an den besten Foto-Opportunities vorbeiläuft. Was ich super geil finde als Idee, einer der großartigen Momente, nur der kleine Moment, wie er aus seinem Studio raus... ...läuft irgendwie so zu seinem Wagen, glaube ich, oder irgendwo anders hin über die Straße und da ist ein Kind an einem Tor. Ja. Das ihn einfach nur anschaut. Perfektes Bild. Und er fotografiert es nicht.
Florian Bayer: Ja.
Johannes Franke: Und ich hätte eigentlich gerne gesehen, wie in jeder Szene irgendwo eine geile Foto-Opportunity ist und er dran vorbeiläuft, weil er es einfach nicht gebacken kriegt. Ich bin mir sicher, dass das absichtlich da drin ist. Man stellt ja ein Kind dann nicht unabsichtlich einfach hin an diesem Tor. Es ist ein großartiges Bild, aber es gibt davon leider nicht so wahnsinnig viele. Ein bisschen schade.
Florian Bayer: Das ist halt die Frage, was seine Foto-Leidenschaft für ihn bedeutet. Und das, um darauf nochmal zurückzukommen, dass du gesagt hast, er wird so als hiesig niedergestellt, was irgendwie doof ist, was sich als arschlöch verhält. Ich glaube für ihn ist es halt vor allem, eines seiner Merkmale ist halt, dass seine Kamera eben nicht das Kunstding ist, sondern seine Kamera ist das Sexding. Und wie er die Kamera benutzt, ist vor allem für diese Dominanz.
Johannes Franke: Ja, aber ist das nicht das, womit er dann irgendwann fertig ist? Also wo er sagt, okay, ich brauch was Neues, ich brauch was anderes. Weil ich glaube nicht, dass er mit seinem Penis die Obdachlosen fotografiert.
Florian Bayer: Wer weiß.
Johannes Franke: Dann werden diese Fotos anders.
Florian Bayer: Wir sehen nicht, wie diese Fotos gemacht werden. Das ist halt ganz spannend. Wir haben wirklich diesen Moment, wo er für den großen Bildband, für sein künstlerisches Werk Fotos macht. Als einzigen Moment haben wir das im Park. Und da ist es auch übergriffig. Und da ist es auch übergriffig und auch sexualisiert.
Johannes Franke: Und deswegen komme ich nicht damit klar, warum der solche guten Obdachlosenfotos macht. Ich kriege es einfach nicht übereinander. Es ist wirklich hart. Wie kann dieser Mensch das irgendwie hinkriegen, die Menschlichkeit aus sich rauszuholen, um diese Leute zu fotografieren auf diese Art? Ich glaube es einfach nicht.
Florian Bayer: Man muss nicht menschlich sein, um... ...sexy zu sein. Und damit würde ich gerne zu unseren...
Johannes Franke: Bloß sabbert und sabbert.
Florian Bayer: Damit würde ich gerne zu unseren Top 3 überleiten.
Johannes Franke: Oh, okay.
Florian Bayer: Sexy Playboys.
Johannes Franke: Jetzt schon? Wir haben noch so viel vor uns. Na gut, okay. Ey,
Florian Bayer: wir sind nur Stunde.
Johannes Franke: unsere Top 3. Okay, wir haben Cocky Playboys. Ja,
Florian Bayer: ich hoffe, du hast sexy Männchen gefunden. Hast du nicht? Nein.
Johannes Franke: Wieso sexy? Du hast cocky gesagt.
Florian Bayer: Ja, ich weiß. Nach diesem Film muss man doch denken, okay, ich brauch viel sexy Film, um das irgendwie auszugleichen. Ja, Top 3 cocky Playboys. Ich hatte kurz überlegt, was war es, analoge Fotografie zu nehmen? Ich hatte irgendwie das Gefühl, wir hatten das auch schon mal, sowas in der Richtung mit Fotografie im Film. Deswegen sind wir bei den Playboys gelandet und hast du ein paar honorable mentions? Willst du gleich mit deinen Top 3 einsteigen?
Johannes Franke: Ja, ich hätte ein paar honorable mentions, aber ich würde die tatsächlich hinten anstellen, dass wir die nachher machen. Platz 3 ist bei mir Cruel Intentions.
Florian Bayer: Oh, ja.
Johannes Franke: Sehr sexy, aber auch sehr hart. Also fast die, wie die mit ihr umgehen und sie da irgendwie auflaufen lassen, es ist schon hart. Ja. Schwer anzuschauen.
Florian Bayer: Ja, auf jeden Fall voll sexy. Wie heißt der? Ryan Phillippe, ne?
Johannes Franke: Ich hab den Namen gerade nicht parat.
Florian Bayer: Auf jeden Fall passt voll. Mein Platz 3, liebe Michael Caine-Fans, ihr müsst jetzt alle sehr tapfer sein. Orphe aus dem Jahr 2004. Remake, nicht den Original. Was? Ja, was vor allem an, ich find das Remake ist total unterschätzt. Ich find, die haben es richtig gut geschafft, den Geist des Originals zu treffen. Und meiner Meinung nach vielleicht sogar ein Remake, das besser ist als das Original. Das tut mir so leid. Und lustigerweise ist das Original auch aus dem Jahr 1966. Aber in dem Fall jetzt vor allem wegen Jude Law.
Johannes Franke: Okay.
Florian Bayer: Weil Jude Law einfach ein geiler, cocky Playboy ist. Vielleicht noch ein bisschen mehr diesen Stil, weil er dabei hat als Michael Caine. Wie gesagt, Michael Caine-Fans, ihr müsst jetzt alle sehr stark sein.
Johannes Franke: Okay, verstehe. Ja. Mein Platz 2 ist fast schon eine Dishonorable Mention im Charakter, aber im Film eine absolute Honorable Mention. Magnolia. Oh,
Florian Bayer: Tom Cruise?
Johannes Franke: Tom Cruise.
Florian Bayer: Oh ja.
Johannes Franke: Aber was für eine Wurst eigentlich. Ja, boah. Das ist schon so. Aber er fühlt sich halt als dieser Pick-Up-Artist, dieser große, cocky Playboy. Total, total.
Florian Bayer: Und genau. Ich habe ihn nicht aufgenommen, weil ich ihn wirklich so, ich habe tatsächlich, ich hätte sexy sagen sollen. Und ich dachte nämlich wirklich an Leute, die genau wie... In diesem Film, die so Arschlöcher sind,
Johannes Franke: so großspurige,
Florian Bayer: arrogante, Arschloch-Playboys, maskulinistisch und so weiter, die aber trotzdem Sexappeal haben.
Johannes Franke: Ja, dann hätte es ja aber nicht in diesen Film reingepasst.
Florian Bayer: Uuuuh. Mein Platz 2. James Bond.
Johannes Franke: James Bond? Oh nein.
Florian Bayer: Sean Connery.
Johannes Franke: Okay, verstehe. Na gut. Mein Platz 1 ist eine absolute Sehempfehlung, die relativ neu ist. Ja, Ripley.
Florian Bayer: Ah, ja, ja, du hast mir letzte Woche schon heiß gemacht drauf.
Johannes Franke: Es gibt, ihr kennt vielleicht den Film The Talented Mr. Ripley und davon ist es quasi irgendwie eine Serie von Thomas Scott oder wie heißt der? Nee, Thomas Scott? Nee.
Florian Bayer: Andrew Scott?
Johannes Franke: Andrew Scott. Heißt der Schauspieler, ne? Ja. Mit Andrew Scott, der auch, hab ich mir sagen lassen, sehr sexy wirken kann. In meinem Fall ist es leider nicht ganz. Ich bin, wie gesagt, eher der floppy Hair 90er Jahre... Hugh Grant.
Florian Bayer: Die Nerds mit den wuscheligen Haaren, die ganz fett stottern. Und die immer sexy wirken. Man,
Johannes Franke: null Sex mit mir aufsetzen. Ja,
Florian Bayer: okay, aber Hugh Grant kriegst du. Auf jeden Fall.
Johannes Franke: Aber Andrew Scott ist der Wahnsinn. Er ist richtig gut. Und diese Serie ist in schwarz-weiß und richtig gut. Ganz tolle Italienbilder, ganz tolle Frankreichbilder, ganz tolle Erzählungen. Es ist so wahnsinnig gut gemacht. Und ich überlege die ganze Zeit, ob wir es vielleicht hier im Podcast besprechen müssen. Aber es ist halt eine fucking Serie. Ja,
Florian Bayer: mal schauen. Dann muss ich dir als Ausgleich auch was langes zuwerfen.
Johannes Franke: Ja, vielleicht.
Florian Bayer: Mein Platz 1. Legasins Sauvages, The Wild Boys aus dem Jahr 2017 von Bertrand Mandigot, wie ihr vielleicht gehört habt, ein französischer Film, der echt ziemlich geil ist. Und so kurz um meine persönliche feministische Redemption-Ark, weil ich hier immer wieder solche Filme gebe wie Blow Up. Ein Film, in dem eine Gruppe von Jungs, die so ein bisschen wie Clockwork Orange-like nur Scheiße im Kopf haben und auch sich ziemlich daneben benehmen. die aber komplett von Frauen gespielt werden.
Johannes Franke: Aha, okay.
Florian Bayer: Und die dann auf eine, je nachdem sie ein brutales Verbrechen gemacht haben, quasi festgenommen werden und dann auf einem Schiff, auf eine fremde Insel rehabilitiert werden sollen. Und dann landen sie auf einer Insel, auf der alles Sex ist. Okay. In der sie Pflanzen sind, die wie große sexuelle Organe wirken. Und dann machen sie einen Gender Swap auf dieser Insel. Ein großartiger Film, man kann ihn nicht so gut beschreiben. Surreal, exzentrisch. schräg fantastisch. Du Wild Boys aus dem Jahr 2017.
Johannes Franke: Okay. Und raus aus der Liste. Rein in unseren Film.
Florian Bayer: Nein, ich wollte noch meine Honorable Mention nennen. Wrestling.
Johannes Franke: Du hast Wrestling in den anderen Händen?
Florian Bayer: Limousine Rider, Jetfly, Kiss Dealer, Wheel Dealer, Son of a Gun, who kissed all the girls worldwide and made them cry, Rick Flair. Einer der großen Wrestler, vor allem von WCW, der auch bei der WWF war eine Zeit lang. Der die perfekte Verkörperung des Playboy-Arschlochs war. Der war auch fast immer hier, also immer Bösewicht. Und ich weiß, ich bring ja Wrestling immer nur rein, um Johannes ein bisschen zu ärgern. Aber den muss man erwähnen. Rick Flair ist im... Unterhaltung, Medienunterhaltungsbusiness, einer der großen, großen Playboys der 80er und 90er Jahre.
Johannes Franke: Ich überlege die ganze Zeit, seit wir den Podcast machen, wie die Leute sich uns vorstellen, wenn sie kein Bild von uns haben, aber unsere Stimmen kennen und wie wir über Dinge reden. Und wenn du dann anfängst, Wrestling reinzubringen. dann verändert sich das Bild sofort total. Ich weiß überhaupt nicht, was für ein Bild die Leute von dir zusammenbasteln sollen. Das passt überhaupt Das ist vor allem geil,
Florian Bayer: weil ich der bin, der immer mit diesen schrecklichen Kunstfilmen kommt.
Johannes Franke: Ja, genau.
Florian Bayer: Und dann zwingt du,
Johannes Franke: rest weg. Oh Gott. Fuck. Gott sei Dank weiß ich, dass du die Kämpfe eigentlich einigermaßen langweilig findest und nicht nur den Drumherum-Kram geil findest.
Florian Bayer: Das ist auch viel schlimmer, dieses Soap-Zeug. Dieses wirklich, wirklich schlechte Soap-Zeug auch noch. Also jede Wrestling gegen gute Zeiten, schlechte Zeiten ist Shakespeare gegen Wrestling-Storylines.
Johannes Franke: Aber es ist wenigstens Männer in Spandex, das finde ich auch wieder lustig. Ist schon okay. Okay, ich hätte noch Up in the Air als kleine Honorable Mention. George Clooney. Er gibt einfach einen super cocky Playboy ab. George Clooney ist das ja öfter mal. Das hat er ja quasi abonniert. Und Catch Me If You Can fand ich auch nicht schlecht. Aber Leonardo DiCaprio auch als recht cocky Playboy, der einfach so tut, als wäre er Pilot und dann einfach rumfliegt.
Florian Bayer: Leonardo DiCaprio ist echt das Problem, dass ich ihn zu viel als wirklich jungen Darsteller gesehen habe.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Und das hat sich einfach voll mitgetragen in Filmen, die ich heute von ihm sehe oder auch danach gesehen habe, weil ich ihn immer als diesen jungen Jugendlichen aus Baseball Diaries oder Basketball Diaries waren es, glaube ich, oder Boys Live, ich weiß nicht genau, auf jeden Fall als jungen Darsteller.
Johannes Franke: Aber dann hast du Schwierigkeiten gehabt, The Revenant zu sehen. Ja,
Florian Bayer: durchaus.
Johannes Franke: Weil das ist ja wirklich eine ganz andere Rolle.
Florian Bayer: Er kommt da so rein mit Bart und komplett verschwitzt und abgefuckt und ich denke, oh, wie niedlich. Kann ihm jemand einen Lollipre? Ich glaube auch, dass er als junger Schauspieler so viel Erfolg hatte, war hinderlich dafür, dass er einen Oscar kriegt. Er hat so spät einen Oscar gekriegt. Das war ja irgendwann mal so ein Running Gag der Filmgeschichte, dass Leonardo DiCaprio bei den Academy Awards wieder mal leer ausgehen wird. Und ich glaube, das liegt auch unter anderem daran, dass er einfach diese mittelalten Rollen, dass er dazu viel zu sehr assoziiert wurde, eben mit diesem... wirklich jungen, glatten Gesicht.
Johannes Franke: Aber er hat das wirklich, er hat ja richtig hart gearbeitet dafür, dass er sein Image endlich wechseln darf. The Revenant ist ja eine Verzweiflungstat gewesen in die Richtung, oder? Also muss man mal so lesen.
Florian Bayer: Er hat ja nach ganz vielen anderen Verzweiflungstaten. Und Leonardo DiCaprio war meiner Meinung nach immer ein total guter Schauspieler. Und seine beste Rolle ist wahrscheinlich nach wie vor die in Gilbert Grape.
Johannes Franke: Na, weiß ich nicht. Ach, was er mit Tarantino gemacht hat, ist ja auch großartig gewesen. Ja.
Florian Bayer: Ja, auf jeden Fall.
Johannes Franke: Ich glaube, er kriegt das hin. Diese roughen, abgefuckten Figuren kann er durchaus spielen.
Florian Bayer: Zurück zum Film.
Johannes Franke: Willst du Diskussionen aus dem Weg gehen? Wollen wir einen Podcast nur für Leonardo DiCaprio aufmachen? Das war... unsere Top 3.
Florian Bayer: Ich hab rausgehört, dass du den Inhalt nicht geil fandst, aber die Frage war der Stil. Die Bilder von Carlo Di Palma, die Musik von Herbie Hancock. Ja,
Johannes Franke: Herbie Hancock, ich, oh, warum hab ich das noch nicht gesagt? Ich find's großartig. Von Anfang an bis zum Schluss und ich find's auch toll, dass sie vor allem dann Musik laufen lassen, wenn tatsächlich in der Szene ein Plattenspieler oder sowas da ist oder ein Radio oder irgendwo anders Musik offiziell gespielt wird und dann hört man Herbie Hancock und ich find's großartig.
Florian Bayer: Was für eine schräge Szene, wenn Jane Vanessa Redgrave zum ersten Mal bei Thomas ist und dann auf der Couch sitzt und dann die Musik spielt und sie wippt dann so komplett gegen den Takt und er so, nein, langsamer, anders, mach es anders. Und so, was? Warum gibt's hier gerade Anweisungen,
Johannes Franke: wie sie wippen soll?
Florian Bayer: Und warum wippt sie so komisch? Also es sind zwei Fragen, die hier im Raum stehen, die komplett...
Johannes Franke: Und die dritte Frage, warum sie in ihrer Situation überhaupt auf ihn hört. Und warum ist sie so halb entspannt, halb nicht entspannt? Ich finde die ganze Situation total seltsam, weil eigentlich will sie doch diesen Film haben und dann guckt sie manchmal so blank einfach nur in seine Richtung und ich frage mich, was ist hier los? Ist da ein Reboot am Laufen? Was ist los?
Florian Bayer: Sie war gerade an einem Ort beteiligt, ne?
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Sie ist die ganze Zeit so zwischen devot und dominant. Ja,
Johannes Franke: ganz komisch.
Florian Bayer: Und das finde ich sowieso diese Mischung, die Art, wie er mit... wie diese zwischenmenschlichen Beziehungen aussehen, die bewegen sich ja ständig in diesem Spannungsfeld. Auch wenn sie am Anfang im Park noch versucht, ihm den Film abzunehmen und dann in die Hand beißt. Er wird mehrmals gebissen in diesem Film. Und dann gibt es dieses Ausweichen und Angreifen und dann löst sich die Situation irgendwie aus. Und wie gesagt, das ist vielleicht das auch, was ich diesen Sex-Szenen so gut halte, weil die auch irgendwie so funktionieren. Das ist alles so ambivalent und gleichzeitig egal. Weil man nie genau weiß, wo man dran ist. Und was hier falsch und was richtig ist, ist halt total schwer zu sagen. Und... Und dadurch bleibt es in diesem Grauschleier.
Johannes Franke: Ich habe das Gefühl, dass dieser Film so ein kleines bisschen wie Jazz ist. Kein guter Jazz, aber so ein bisschen wie Jazz. Ich habe nämlich auch bei Jazz das Gefühl, dass Jazz Musik für andere Musiker ist.
Florian Bayer: Ah, ja, ja.
Johannes Franke: So wie, wenn du als Zuschauer da sitzt, es gibt es auch bei Comedy-Shows oder es gibt es auch bei Zirkussachen. Wenn du als Publikum eigentlich im Publikum sitzt und die ganze Zeit denkst, das ist mir... eine Nummer zu hoch, ich weiß nicht, was die da machen, dann ist es meistens so, dass die eigentlich gar nicht mehr fürs Publikum spielen, sondern eigentlich für die Kollegen im Hintergrund, die eigentlich alles schon gesehen haben, die aber endlich mal wieder überrascht werden wollen. Und dann hast du vielleicht Comedians vor dir, die Witze machen, wo du überhaupt nicht mehr weißt, hä, worum geht's hier? Aber im Backstage sind sie laut am Lachen. Und hier ist es genauso. Ich hab das Gefühl, der Film ist für Filmemacher weil du irgendwie alles auflöst und sagst, ich mach nichts mehr, was irgendwie typisch für einen Film ist, sondern ich guck mal, wie ich so meine persönlichen Gedanken, meinen Gedankenstream einfach da reinwerfe und ich hier was mache und hier was mache und ich hab hier eine Kritik und ich find's scheiße und ich find die 60er doof und ich bin selber die ganze Zeit als Künstler am struggeln, also soll der irgendwie struggeln, aber ich hab so meine Situationen da drin, dass die mit dem Zuschauer eigentlich nichts zu tun haben und deswegen kann der Zuschauer oft nicht andocken, hab ich das Gefühl. So eine andere Filmemacher vielleicht, weil sie sehen, was da passiert.
Florian Bayer: Der Zuschauer ist Johannes Franke. Ich glaube, ja. Also es gibt auf jeden Fall diesen Punkt, wo man sagen kann, ja, dieser Film ist vor allem für Menschen, die sich gerne irgendwie auf einer Meta-Ebene mit Film auseinandersetzen oder selbst Film machen.
Johannes Franke: Ja, genau.
Florian Bayer: Aber ich glaube, er transzendiert das irgendwie in Richtung, es geht allgemein um Wahrnehmung. Weil... Weil wir die Ankerpunkte eben nicht nur in seiner Kunst verlieren, also vor allem in seiner Kunst auch. Aber grundsätzlich, es geht einfach darum, wie viel können wir unserer Wahrnehmung trauen. Egal, ob wir Kunst wahrnehmen, wenn die Fotografie vergrößert, nichts anderes ist als abstrakte Kunst, dann gibt es offensichtlich in diesen Abbildern keine Realität mehr. Aber auch wenn wir durch die Welt laufen und eine Leiche sehen und die Leiche plötzlich weg ist. Oder wenn wir Pantomime irgendwas machen sehen und dann hören wir das. Dann gibt es halt auch da keine Realität mehr. Und ich glaube, der Film ist gar nicht so hart zu den 60ern, wie du ihm vorwirfst. Der ist, glaube ich, gar nicht so konservativ. Sondern der Film sagt einfach, wir befinden uns gerade in einer Zeit des Umbruchs. und offensichtlich das, was wir Anfang des 20. Jahrhunderts Moderne genannt haben, wo alle gesagt haben, oh mein Gott, die Welt wird so schnell. Leute, das war noch nichts. Das wird noch alles viel schneller. Und wenn wir uns anschauen, wie die Realität in diesem Film aussieht und dann nochmal 50 Jahre, 60 Jahre zu uns in die Zukunft springt, dann sehen wir, ja, und es ist so weitergegangen. Und es geht noch so weiter, wenn wir sowas haben heute, wie AI-Veränderung von Fotos, AI-Generierung von Fotos und natürlich auch... die Art, wie Menschen heutzutage mit Medien umgehen, wie sie Medien konsumieren und so weiter, dann hat der Film halt auch was Visionäres. Die Art, wie Thomas an seinem... an seinem geilen Proto-Telefon im Auto hängt, ist eine wunderbare Antizipation von dem, wie wir heute an unseren Handys hängen.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Und die Art, wie Thomas mit Bildern umgeht, ist eine wunderbare Antizipation von dem, wie wir heute auch mit Bildern umgehen. Und diese Frage, ist das, was ich auf dem Bild sehe, echt? Oder hat da jemand irgendwie einer künstlichen Intelligenz gesagt, mach da mal bitte noch einen Schatten rein? Wird halt immer schwerer zu beantworten. Und ich glaube, das wird noch schneller. Und geht noch eine Nummer krasser. Wenn wir uns mit den 60ern vergleichen, sehen wir schon, wie krass es geworden ist. Und damals haben die das halt auch schon gesehen. Also zumindest Antonioni hat es gesehen. Es wird alles nochmal krasser.
Johannes Franke: Aber am Ende sitze ich trotzdem da und zucke mit den Schultern und denke, so what?
Florian Bayer: Ja, du machst den Thomas-Move. Genau das. Du machst den Thomas-Move. Dieses so what ist seine Reaktion und dieses so what ist vielleicht auch... ist ein Stück Aufgabe, vielleicht auch ein Stück sich damit zufrieden geben, was da passiert. Und das auch einfach so nehmen und vielleicht zu sagen, ja, dann... mache ich jetzt halt ein bisschen pantomimisches Tennis und werfe den Ball zurück.
Johannes Franke: Aber was ist das für eine scheiß Botschaft, bitte? Ich will mir nicht einen Film angucken, der mir sagt, ach, zucke doch mit den Schultern und mach einfach, was Gesellschaft von dir will.
Florian Bayer: Im Aufklärungskino der DDR der 60er Jahre findest du ganz tolle Filme, die dir beibringen, wie du über die Straße zu gehen hast.
Johannes Franke: Auch alle scheiße.
Florian Bayer: Wie du ordentlich in deiner Fabrik arbeitest. Wenn du willst, dass es dir eine klare Botschaft gibt,
Johannes Franke: dann bist du da hingehängt. Es soll mir wenigstens Hoffnung geben. Und das ist ja... Jetzt die alte Frage, die du immer stellst.
Florian Bayer: Wenn du Hoffnung suchst, findest du im BRD Heimatfilm der 60er Jahre auch ganz viele tolle Beispiele.
Johannes Franke: Dieser Film hier, hat dieser Film Hoffnung?
Florian Bayer: Hat dieser Film Hoffnung? Auf jeden Fall.
Johannes Franke: Das möchte ich jetzt genauer wissen.
Florian Bayer: Na, die Hoffnung besteht in der Auflösung. Die Pantomimen sind eigentlich das Hoffnungsprinzip, weil...
Johannes Franke: Du hoffst, dass dir jemand einen Ball zurückwirft, der nicht existiert.
Florian Bayer: Ja, weil das Spiel mit der Realität kann halt auch wirklich ein schönes Spiel vielleicht auch sein. Ein Spiel, was ohne diese Dominanz stattfindet. Die Art, wie diese Pantomimen Kunst machen, ist komplett merkwürdig, weil es gibt diese eine Szene, wo sie Geld einsammeln für irgendwas. Aber ansonsten sind die ja einfach nur wie so ein Flashmob unterwegs auf der Straße und machen Party.
Johannes Franke: Und sind laut dabei. Was haben sie nicht verstanden, was an Pantomimen das Wichtige ist? Sie sind laut, was?
Florian Bayer: Das Entscheidende ist... Sie machen das alles auch für sich, ne? Sie sind auf diesem Tennisplatz, Sie haben eigentlich kein richtiges Publikum. Sie machen das einfach, weil es...
Johannes Franke: Na, er ist das Publikum.
Florian Bayer: Ja, aber er wird zum Publikum. Sie hätten das auch gemacht, wenn er nicht da wäre.
Johannes Franke: Das möchte ich bezweifeln. Doch. Nein, das wollte ich nicht.
Florian Bayer: Sie machen nicht diese riesige Show nur für einen Typen. Das kannst du mir nicht erzählen. Zumal er erst so langsam da hinkommt dann, als Sie schon angefangen haben.
Johannes Franke: Ja, weiß nicht. Also spätestens, wenn der Ball über den Zaun geht, das ist für ihn, ja.
Florian Bayer: Aber das ist... dass es da vielleicht auch, die Pandemien sind ein Zeichen dafür, dass es da eine andere Art gibt, mit diesen künstlerischen Mitteln umzugehen, als den, den er hat. Du musst das Publikum nicht ficken. Du kannst auch mit ihm kuscheln.
Johannes Franke: Okay, wenn dieser Film ein paar mehr Konsequenzen hätte, also wenn er zum Beispiel, dadurch, dass er nicht zur Polizei geht, was ich wirklich die ganze Zeit seltsam finde, aber da erwarte ich Handlungen von ihm und Plot, das, was ich vielleicht nicht sollte, dass er nicht ein einziges Mal von der Polizei irgendwie, er wird nicht von Mördern gejagt, er wird nicht von der Polizei gejagt, nee, er geht einfach mit den Pantomimen spielen. Er hat diese Künstlerattitüde, die ich schrecklich finde, dieses Gefühl von, ich bin außerhalb der gesellschaftlichen Normen, ich darf alles machen, was ich will, finde ich auch schrecklich. Ich finde alles an diesen Figuren schrecklich. Die Frauenfiguren sind schlecht geschrieben und sehr misogyn. Seine Arschlaufsituation ist nicht zufriedenstellend. Ich kann also an nichts mich festhalten. Woran ich mich festhalten kann, ist, am Ende viel über den Film nachzudenken. Und das möchte ich dem Film zugute halten. Dass der so viele Themen aufmacht, wenn ich gewillt bin. Ich kann auch den Film ausmachen und sagen, scheiße, nächster Film. Aber ich kann auch sagen, okay, ich setze mich damit auseinander, ich gucke mal, was andere gedacht haben, ich gucke mal, was für Themen drinstecken, die ich vielleicht übersehen habe oder die ich nicht richtig in dem Moment sehen konnte. Was ganz viel passiert in diesem Film. Ich habe ganz viel davon erst in der Recherche in mir gären lassen. Dann ist das ein lohnenswerter Film. Aber es ist schon ein bisschen schwierig, einen Film zu haben, der wirklich erst in der Recherche lohnenswert wird. Bisschen schade.
Florian Bayer: Ja, das waren die Schlussworte von Johannes Drang zu Blow Up. Meiner Meinung nach ein absoluter Muss-man-sehen-Film. Ich glaube, man kann es auf jeden Fall anders sehen. Ich finde das grundsätzliche Thema, dieser Umgang mit Realität und mit Wahrnehmung. und wie sich das Ganze auflöst, sehr stark gemacht in diesem Film. Und wie gesagt, es ist ein Film, der bei mir in der Rezeption gewachsen ist und ich glaube, und das heißt aber nicht, dass es bei dir auch so sein muss, es kann auch sein, dass du diesen Film zehnmal siehst und immer noch kacke findest. Und es gibt gute Gründe, auch nach dem zehnten Mal diesen Film kacke zu finden. Bei mir war es tatsächlich so, dass ich mich beim ersten Mal sehr ähnlich gefühlt habe wie du. Ja. Nach dem Film und jetzt nach dem, keine Ahnung, fünfmal, so oft habe ich ihn jetzt auch nicht gesehen, nach dem fünften Mal sage ich, ja, der hat gehalten und ich finde der Film... vermittelt auch sehr viel und gibt sehr viel. Und ich finde, die Art, wie der Sexismus und die Misogynie in diesem Film stattfinden, die kann man halt auch so lesen, dass es nicht einfach nur ist, dass hier ein misogynes Werk vorliegt, sondern dass hier ein Werk ist, das Misogyne thematisiert, gerade dadurch, dass eben der Protagonist damit konfrontiert wird, was passiert, wenn er seine Macht verliert, wie er davor über Frauen ausgeübt hat. Aber das ist halt auch nur eine Facette dieses Films.
Johannes Franke: Ich finde, wenn wir eine Sache gelernt haben in unserem Gespräch jetzt, ist, dass ich dich sehr bewundere. für deine Renitenz Filme wirklich mögen zu wollen. Du guckst die fünfmal, obwohl du beim ersten Mal gesagt hast, was für ein Scheißfilm.
Florian Bayer: Ich wollte den Film nicht mögen. Ich weiß nicht, warum ich den mehrmals geguckt habe.
Johannes Franke: Ich verstehe es nicht.
Florian Bayer: Ich verstehe es auch nicht. Eigentlich, es gibt ja auch, es gibt wirklich viele Filme, die ich doof finde und dann nie wieder anfasse. Ja. Ich weiß nicht, warum ich den mehrmals geguckt habe. Vielleicht gab es, vielleicht weil es dann doch so irgend so ein kleines Klün drin gab. It's like finding a clue in a detective story. So dieses Ding, so irgendwas, vielleicht ist da doch irgendwas drin, irgendwas könnte klicken. Keine Ahnung, ja.
Johannes Franke: Na gut.
Florian Bayer: Okay, Johannes, vielen Dank, dass du den Film geguckt hast. Vielen Dank, dass du wieder versucht hast, einen Film zu zertrümmern, den ich dir vorgeworfen habe.
Johannes Franke: Ich wollte ihn mögen, wirklich, Flo. Ich glaube dir. Die ganze Woche lang habe ich mich so gequält, weil ich gesagt habe, ich kann dich nicht wieder enttäuschen.
Florian Bayer: Nein, das ist total okay. Du könntest mich nie enttäuschen.
Johannes Franke: Oh, danke. Das ist das Schönste, was du je zu mir gesagt hast.
Florian Bayer: Das ist traurig. Wenn ihr wissen wollt, mit welchem Film Johannes versucht, mich nächste Woche nicht zu enttäuschen oder zu enttäuschen, bleibt dran. Das hört ihr nämlich nach dem Jingle. Ansonsten euch danke fürs Zuhören. Ja, eine wunderschöne Woche.
Johannes Franke: Wunderschöne Woche euch. Bleibt gesund, genießt das Wetter. Bis dahin. Ciao. Ciao. So, Flo, ich hab da was für dich.
Florian Bayer: Ich bin sehr gespannt.
Johannes Franke: Ihr habt meine beste Radiostimme rausgeholt. Um dir anzukündigen, wir machen The Rocky Horror Picture Show. Let's do the time warp again.
Florian Bayer: Grover.
Johannes Franke: Wir werden singen, obwohl wir es nicht können und wir werden trotzdem draufstehen, es zu tun. Ich weiß nicht, ob das ein Verkaufsgrund war gerade, aber ich glaube, ihr werdet trotzdem reinhören wollen, denn was wir über Rocky Horror Picture Show zu sagen haben,
Florian Bayer: Das hat noch nie 1000 andere Leute vor uns gesagt haben. Genau. Na, mal schauen.
Johannes Franke: Wir werden den Spaß Time Over Life haben, oder?
Florian Bayer: Auf jeden Fall.
Johannes Franke: Du hast es schon gesehen, ne? Ja, und du liebst es.
Florian Bayer: Ich liebe den Film. Okay. Es wird, glaube ich, einfach ein großes Vergnügen. Okay. Wenn uns keiner folgen kann und sonst keiner Spaß mit uns hat, dann so be it. Fuck you.
Johannes Franke: Und ich nehme an, wir werden über Tim Curry reden, der ja auch noch andere Sachen gemacht hat als nur diesen einen Film. Und über... den ganzen Wahnsinn drumrum, den es so gibt.
Florian Bayer: Auf jeden Fall. Ich bin unglaublich gespannt und ich freue mich drauf, weil ich habe auch tatsächlich zur Rock Your Rock Picture Show keine großen Hintergrundinfos. Also abgesehen davon, dass ich den Film geil finde, kann ich dir nicht viel dazu sagen, zur Entstehung und so und zum Cold Following. Ja, wahrscheinlich auch total viel zu erzählen.
Johannes Franke: Auf jeden Fall, auf jeden Fall.
Florian Bayer: Wollen wir Reis mitnehmen? Ich weiß, dass Reis geworfen wird.
Johannes Franke: Stimmt, es wird Reis geworfen. Ja, vielleicht werden wir nächste Woche einfach Reis dabei haben. Und ihr werdet auf jeden Fall was davon haben.
Florian Bayer: Und kostümiert.
Johannes Franke: Ja, oh Gott, oh Gott, ja.
Florian Bayer: Und ihr werdet nichts davon sehen.
Johannes Franke: Das wird großartig. Okay, sehr schön. Ich freue mich drauf, Floor.
Florian Bayer: Ja, ich mich auch. Wir sehen uns nächste Woche. Bis dann. Bis dann. Ciao.
