Kategorie: 1960er

Episode 195: Die Vögel – Tierhorror und Mommy Issues

Als Melanie Daniels den Anwalt Mitch Brenner in einem Vogelfachgeschäft kennenlernt, ist es Liebe auf den ersten Blick. Die beiden Lovebirds verabreden sich einvernehmlich zu einem Wochenende in Mitches Häuschen am See, in dem er sein nettes altes Mütterchen pflegt. Nebenbei lernen beiden ein bisschen was über Ornithologie. Ende.

Naja, gut. Das erste Treffen der beiden klingt eher, als könnten sie sich auf den Tod nicht ausstehen. Und so richtig einvernehmlich ist das Treffen der beiden in Mitchs nettem Häuschen auch nicht. 

Mitch hat nie zugestimmt, dass sie ihn in seinem Häuschen besucht. Sie stalkt ihm hart hinterher und lässt ihm statt eines Pferdekopfes auf dem Bett zwei Vögel im Wohnzimmer da. Überraschenderweise findet Mitch das gar  nicht so creepy und zwischen den beiden entwickelt sich eine sexuelle und vielleicht auch romantische Spannung. Aber so richtig ausleben können sie das ganze nicht, da sich nach und nach sämtliche Vögel der Umgebung zum Flashmob verabreden und über wehrlose Menschen herfallen.

Der Horror bricht über das Städtchen herein und tatsächlich sterben einige Menschen durch Vogelangriffe. Irgendwann sind sie überall. Die Menschen flüchten, wie auch schließlich unsere Protagonisten, die in eine ungewisse Zukunft fahren.

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Episode 193: Cleopatra (1963) – Teil 2: Und wie sehenswert ist eigentlich der Film?

Endlich ein Episches Historisches Drama, aus der Mitte des Jahrhunderts, Plor. Wie lange haben wir um dieses Genre drumherum manövriert? drei- bis vierstündige große Epen mit großen Kulissen und historischem Unterbau. Männer, als sie noch echte Männer waren, Männer in Rüstung und Rage. Ach ja, und Frauen stehen auch daneben.

Aber Moment, haben wir uns nicht Kleopatra ausgesucht? Stimmt. Die Geschichte zweier Männer, die von einer Frau ruiniert werden. Ja, das klingt nach den 60ern. Wir dürfen vier Stunden dabei zu sehen, wie erst Cäsar und nach seinem Tod Markus Antonius mit Kleopatra anbandeln und ihr verfallen, ihre Frauen betrügen, politisch riskante Manöver fahren, um bei Kleopatra sein zu können, um dann schließlich ihr Leben zu lassen.

Aber weil es die berühmteste Liebesgeschichte der Geschichte ist, ist Kleopatra natürlich nicht nur die giftige Verführerin, sondern auch zutiefst der Liebe verfallen. Ob die Darstellung von Kleopatra, Cäsar und Markus Antonius historisch einigermaßen glaubhaft ist, oder doch zu sehr durch die Brille der 60er guckt, werden wir jetzt ausführlich besprechen müssen.

Plor, du hast Cleopatra nie gesehen, und soweit ich mich erinnere auch sonst nicht viele der großen alten Epen dieser Zeit. Ich kenne dich eigentlich als Completionist, warum bist du denn bisher an diesen Filmen abgeprallt?

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Episode 192: Cleopatra (1963) – Teil 1: Warum hat Hollywood Lack gesoffen?

Es gibt Filme mit absurden Produktionsgeschichten. Auch hier hatten wir schon einige davon: The Man wo killed Don Quijote, Pulgasari, Man on the Moon… Es gibt Filme mit Diven in der Hauptrolle, zerstrittene Produktionsfirmen, überzogene Budgets, Skandale rund um Cast & Crew… und dann gibt es noch Cleopatra. Dieser Monumentalfilm aus dem Jahr 1963 spielt produktionstechnisch nochmal in einer ganz anderen Liga als die zuvor genannten Filme: Geplant als Projekt mit kleinem Budget, um eine angeschlagene Filmindustrie zu retten, entwickelte er sich zu einem der berüchtigsten Katastrophen der Filmgeschichte.

Bereitet euch auf einen wilden Ritt vor, wenn wir uns in der ersten Episode zu diesem monumentalen Desaster mit seiner Produktion und den bizarren Anekdoten drumherum auseinandersetzen.

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Episode 191: Wer hat Angst vor Virginia Woolf? – Die Romantik von toxischen Beziehungen

Es ist zwei Uhr in der Nacht. Der mittelalte Geschichtsprofessor George und seine Frau Martha sind gerade von einer Party nach Hause gekommen und sie machen das, was sie am besten können: Sich triezen, über Nichtigkeiten streiten und sich gegenseitig zerfleischen. Doch heute Nacht steht noch mehr auf dem Programm. Marthas Vater, ein hohes Tier auf dem Campus, hat sie gebeten, nett zu dem jungen Mathe- oder Biologieprofessor Nick und seiner Frau Honey zu sein. Und so hat Martha, zum Missfallen von George, beide kurzerhand zu einer Afterparty eingeladen.

Das Eintreffen der Gäste hindert Martha und George aber nicht daran, ihr Programm zu ändern: Wir erinnern uns: Triezen, streiten, sich gegenseitig zerfleischen. So geht es munter weiter auf dem Feld der elaborierten psychologischen Kriegsführung, und die Gäste werden ohne Rücksicht auf Verluste in den Konflikt hineingezogen. Und wie es sich für einen runden Abend gehört, werden auch Spiele gespielt: Humiliate the Host, get the guest, hump the hostess und last but not least Bringing up Baby, das finale Spiel, das  in einer bizarren Totenmesse für einen imaginären Sohn endet. Aber auch die jungen Gäste haben ihre verborgenen Abgründe, die im formidablen Spiel und Krieg zwischen George und Martha peu à peu ans Licht gezerrt werden.

Und damit kommen wir auch schon zur zentralen Frage dieser Nacht. Wer in dieser höllischen Menage a quatre ist die schrecklichste Person? Gibt es Hoffnung für eine der beiden Ehen? Achja… und hast du Angst vor Virginia Woolf?

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Episode 179: Blow Up – Fotografie, Sex, Mord und Pantomime in den Swinging Sixties

Michelangelo Antonioni, seine Zeichens Kind des italienischen Neorealismus, drehte mit Blow up 1966 seinen ersten Film außerhalb Italiens: Zum einen, um der strengen Sitte seines Heimatlandes zu entfliehen, zum anderen auch, weil Thema und Inhalt des Films perfekt ins London der swinging Sixties passt:

Es geht um den jungen Fotografen Thomas, der selbst nicht so genau weiß wo er hin will, der für einen anspruchsvollen Fotoband in einer Obdachlosenunterkunft übernachtet, nur um gleich am nächsten Tag hochstilisierte Models zu fotografieren: Thomas ist immer auf Achse, in mehr als einer Hinsicht immer am Drücker, großmäulig, dekadent, dominant und sexy. Aber auch gelangweilt, orientierungslos und irgendwie verloren in seiner eigenen Welt.

Als er in einem Park ein techtelmechtelndes Paar fotografiert wird er anschließend von der fotografierten Frau verfolgt, die unbedingt an die Negative gelangen will. Bei der Entwicklung der Fotos stellt sich heraus warum: Ein im Gebüsch versteckter Mann mit einer Pistole, ein versuchter Mord… vielleicht sogar ein erfolgreicher Mord inklusive Leiche? Was der Beginn eines Mysterythrillers sein könnte, wird zu etwas ganz anderem. So wie Thomas’ Leben mäandert auch die Handlung weiter vor sich hin: Sex, Drogen, ein bizarres Konzert mit Zombiepublikum… die Leiche wird gefunden, vielleicht aber auch nicht. Und am Ende bleibt nur die grobkörnige Vergrößerung eines einzelnen Fotos, das ebenso ein abstraktes Gemälde sein könnte. Der Protagonist beobachtet Pantomimen beim imaginären Tennisspiel, spielt mit, hört das Aufprallen von Ball und Schläger, bevor er sich vor unseren Augen auflöst.

Blow up dreht sich um Wahrnehmung und Abbildung, um Täuschung und Selbsttäuschung, um den Verlust aller sensitiven Angelpunkte in einer hektischen, konsumorientierten Welt. Das ganze mit viel Jazz, Sex und Rock & Roll. Stilistisch bestimmt dein Fall, Johannes. Aber ich kann mir vorstellen, dass es für dich inhaltlich den ein oder anderen Stolperstein gab. Also dann, für den soften Einstieg: Wie viele Drogen braucht man für den Genuss des Films? Und auf einer Skala von 9 bis 10, wie sexy ist dieser arrogante, selbstgefällige Motherfucker Thomas.

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Episode 149: Breakfast at Tiffany’s – Wie feinfühlig, psychologisch tiefgründig, albern, rassistisch, out of date und liebenswert ist der RomCom-Klassiker?

Johannes hat heute einen seiner absoluten Lieblingsfilme mitgebracht: Breakfast at Tiffany’s aus dem Jahre 1961 von Blake Edwards, basierend auf einer Vorlage von Truman Capote. Kann der Klassiker des witzig romantischen Kinos auch heute noch begeistern? Wie stehen wir zum Yellow Facing, Sexismus, zur Verharmlosung von minderjährigen Zwangsehen, wie sie in diesem Film zu finden sind. Und macht dies seine Rezeption kaputt oder wird er durch seinen Humor und Charme gerettet? Oder hat er vielleicht bei einer genaueren Analyse sogar mehr zu bieten als bloßen Feel Good RomCom-Wahnsinn? Dem versuchen wir hier auf den Grund zu gehen.

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Episode 145: The Odd Couple – Jack Lemon und Walter Matthau als seltsames Traumpaar

Diese Woche knöpfen wir uns eine der großen Broadway-Verfilmungen der 60er Jahre und eines der berühmtesten Comedy Duos Amerikas vor: Jack Lemon und Walter Matthau in The Odd Couple aus dem Jahr 1968.

Können uns die Sitcom-Oneliner und der Broadway-Slapstick auch heute noch unterhalten? Wie schlägt sich das Bühnenstück auf der Leinwand und wie schlagen sich Jack Lemon und Walter Matthau in ihrem ersten gemeinsamen Auftritt? Was gibt es zu der Serie sowie späteren Auflagen des Odd Couples zu sagen, und was haben Lemon und Matthau sonst noch gemeinsam auf die Leinwand gebracht? 

In der passenden Top 3 reden wir über unsere liebsten Filmfreundschaften.

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Episode 125: Zazie dans le métro – Die Nouvelle Vague im Slapstickrausch

Wir besuchen mal wieder eine von Plors liebsten Filmepochen: Die Zeit der Nouvelle Vague. Dieses Mal jedoch mit einer Komödie, die durchaus das Zeug hat, auch den Slapstick-Geschmack von Johannes zu treffen: Zazie dans le métro von Louis Malle aus dem Jahr 1960.

Es geht um den Rausch der modernen Großstadt, um den unschuldigen und weniger unschuldigen Blick von Kinderaugen, um Skurrilitäten und  Absurditäten und um die Vermählung von Kunst und infantilem Humor, von Akademikertum und unverblümtem Spaß. 

In unseren zugehörigen Bestenlisten sprechen wir über Filme mit Kindern als Protagonisten, die so gar nicht für Kinder geeignet sind.

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Episode 122: The Apartment – Romantic Comedy mit gesellschaftskritischem Anspruch

Heute sprechen wir über Billy Wilders Tragikomödien-Klassiker „The Apartment“ aus dem Jahr 1960. Wir versuchen herauszufinden, was Wilders Regiekunst so charmant macht, wie er hier zwischen den Genres pendelt und wie weit ein Protagonist auch moralische Instanz sein muss, beziehungsweise wie viel Ambivalenz er verträgt.

In der passenden Bestenliste werfen wir einen Blick auf unsere liebsten everymen der Filmgeschichte, all die George Kaplans, Schultzes und Walter Mittys die da draußen unterwegs sind. Und im wie immer viel zu ausführlichen Sideplot geht es um Heinrich von Kleist und die Improvisationskunst, den Nice Guy Mythos, Karrierismus, sexuelles Fehlverhalten, den Hays Code, die Darstellung von Frauenfiguren im Kino der 50er und 60er Jahre sowie Tropes und Klischees des Romcom-Genres.

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Episode 110: Teorema von Pier Paolo Pasolini – Kunstkacke oder rätselhaftes Meisterwerk?

Pier Paolo Pasolini gilt als einer der widersprüchlichsten und kontroversesten Regisseure des 20. Jahrhunderts. Vom Schriftstellertum kommend entdeckte er in den 60er Jahren den Film, drehte einige Werke im Geist des italienischen Neorealismus, um dann seine ganz eigene Vision eines sozialkritischen, marxistischen Kinos zu entwickeln: In diesem ist Jesus ein Subproletarier, wird die sexuelle Entgleisung eines Marquis de Sade mit dem Faschismus der Moderne in Zusammenhang gebracht und – wie in Teorema aus dem Jahr 1968 – wird eine Kritik des Bürgertums anhand der Feiler Erotik, Liebe und Spiritualität entworfen:

Ein einfacher, handgeschriebener Zettel, überbracht von einem engelsgleichen Postboten kündigt von der Ankunft eines Besuchers. Dieser wird von der prototypischen großbürgerlichen Familie, die im Zentrum von Teorema steht, in Empfang genommen und bewirtet: Nach und nach erliegen sie alle seinem Charme (und seinem Schritt): Magd, Mutter, Sohn, Tochter und Vater. Und jeder macht in den anschließenden sexuellen Begegnungen eine Entwicklung durch: Die Magd entdeckt die Spiritualität und zieht zurück aufs Land, die Mutter erlebt einen zweiten sexuellen Frühling, der Sohn kann sich endlich seiner Homosexualität und unterdrückten künstlerischen Ader stellen. Die Tochter wird erwachsen und katatonisch und der Vater lässt alle bürgerlichen Statussymbole hinter sich.

Teorema lässt viel Raum für Interpretation. Ist hermetisch, kryptisch und schreit geradezu nach einer hermeneutischen Analyse, die Pasolinis ambivalentes Leben, Verhältnis zum Bürgertum, Sozialismus, Staat und Religion einschließt…

…Aber wir wollen hier ja auch ein bisschen Spaß haben. Also Johannes: Wenn du von einem gottgleichen Jüngling nochmal komplett aus der Spur gerissen wirst, wohin soll die Reise gehen? In die abstrakte Kunst? In die Arme zahlloser junger Männer? In die Katatonie? Als Wunderheiler aufs Land? Oder doch lieber nackt schreiend in die Wüste?

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