Episode 175: Adaptation – Postmoderne in der Midlife Crisis
Postmoderne kann sehr sexy sein… oder auch sehr unsexy… und dennoch oder gerade deswegen verflucht unterhaltsam. Adaptation von Charlie Kaufman und Spike Jonze aus dem Jahr 2002 ist so etwas wie die Postmoderne in ihrer Midlife Crisis. Und da die Macher dieses Podcasts sich auch irgendwie in ihrer Midlife Crisis befinden, sieht das doch nach dem perfekten Match aus.
Wir reden über den Journalismus einer Susan Orlean, über selbstverliebte Autoren, die Freude an Selbstreferenzialität und natürlich auch über den fantastischen Nicolas Cage. Wir versuchen, so gut es geht, nicht Meta zu werden, und werden es dann doch irgendwie… und ihr könnt uns dabei zuhören, wie wir versuchen aus dem ganzen Schlamassel wieder rauszukommen.
: Podcast: Der mussmansehen Podcast - Filmbesprechungen Episode: Episode 175: Adaptation – Postmoderne in der Midlife Crisis Publishing Date: 2024-05-08T14:40:12+02:00 Podcast URL: https://podcast.mussmansehen.de Episode URL: https://podcast.mussmansehen.de/2024/05/08/episode-175-adaptation-postmoderne-in-der-midlife-crisis/
Johannes Franke: sondern die Frage ist für mich, was hält Charlie Kaufman wirklich von diesem Guru? Und was hält Charlie Kaufman von diesen Regeln und von den Ideen, die dahinter stecken? Und was vermittelt uns am Ende vielleicht der Film? Flo, ich habe mir vorher Podcasts angehört, die haben alle versucht, irgendwelche Meta-Sachen zu machen und ich fand es furchtbar.
Florian Bayer: Echt? Ich habe keinen einzigen gehört, der Meta-Sachen gemacht hat und ich dachte, ey, wir müssen unbedingt, wir müssen Meta werden. Wir müssen unsere beiden Zwillingsbrüder hier reinbringen. Hallo!
Johannes Franke: Was haben das für Stimmen?
Florian Bayer: It's pathetic. Oder? Das ist das, was wirklich jeder möchte, gern Künstler, Podcaster macht, dass wenn er einen besonders kunstvollen Film nimmt, dass er so richtig prätentiös wird. Und dann sagt, okay, wir versuchen jetzt die Struktur von dem Film aufzugreifen. Also pass auf, wir machen das so. Wir machen nicht einfach nur einen Podcast über den Film Adaptation. Nein, nein, nein. Wir machen das, was Adaptation macht. Wir schreiben uns selbst in diesen Podcast rein, also als Figuren. Und wir schreiben einfach unsere Brüder rein. Und dann haben wir ein Zwiegespräch zwischen uns und unseren Brüdern. Dann können wir nämlich umfassen, was nicht nur was der Film bedeutet, sondern was das für die Filmgeschichte bedeutet, was in der Filmgeschichte überhaupt passiert ist.
Johannes Franke: Aber dann fallen die sich gegenseitig ständig ins Wort. Vier Leute, das ist doch völliger Blödsinn. Wir müssen das schön zu zweit geordnet machen.
Florian Bayer: Struktur wird vollkommen überbewertet. Kommt nicht mit Parkingstruktur.
Johannes Franke: Wir sprechen heute über den Film Adaptation von Kaufmann, von Charlie Kaufmann.
Florian Bayer: Von Spike Jones.
Johannes Franke: Spike Jones Regie. Aber irgendwie hat man das Gefühl... Er hat eher einen Kaufmann-Film als einen Spike-Jones-Film, oder?
Florian Bayer: Weiß ich nicht.
Johannes Franke: Weiß ich auch nicht so genau.
Florian Bayer: Ich bin ja ein großer Charlie-Kaufmann-Fan. Ja. Und ich mag Charlie Kaufmann tatsächlich am meisten. in seinen späteren Werken, wenn er nämlich angefangen hat, Regie zu führen. Und ich weiß, ich stehe da so ein bisschen alleine auf Walter Flo, weil alle gesagt haben, oh Gott, wenn Charlie Kaufmann plötzlich niemanden mehr hat, der ihn so in seine Schranken weist, dann passieren ganz komische Sachen. Und das ist ein Film, wo Charlie Kaufmann in seine Schranken gewiesen wurde. Nicht nur von Spike Jonze, sondern auch von sich selbst. Und er hat quasi sein Selbst, das ihn in die Schranken gewiesen hat, auch so ein bisschen in diesen Film mit reingeschrieben, was eine total geile Idee ist. Und darüber wird zu reden sein. Aber ich finde, es ist tatsächlich... der zugänglichste Charlie Kaufman Film, würde ich behaupten. Und nicht, dass ich ihn nicht mag, aber es ist ein Charlie Kaufman Film, der eine gewisse Verbeugung auch vor denen ist, die sagen, Charlie, das geht so nicht. Du musst das anders machen. Schön!
Johannes Franke: Das ist gut, dass wir denselben Satz im Kopf haben. Charlie, das geht so nicht.
Florian Bayer: Und du hast den Film vorgeschlagen, was ich ja total irritierend finde, weil eigentlich ist so ein prätentiöses Machwerk so ein Film, den ich vorschlage.
Johannes Franke: Naja, die Sache ist die, ich als, sagen wir, 21, 22-Jähriger, der... gerade rausgefunden hat, was Filme alles können und dann auch noch so einen Film sieht, der so Meta ist und ich ja auch gerade versuche irgendwie zu schreiben und irgendwie Sachen und dann noch Horror Vacui, die Angst vor dem leeren Blatt Papier, die man auch sehr gut kennt.
Florian Bayer: Ja, I feel you.
Johannes Franke: Also insofern,
Florian Bayer: total. Aber, dazu muss man auch sagen, darüber wird auch zu sprechen sein, ist es am Ende nicht vor allem doch der Film eines mittelalten Mannes, der darüber rumjammert? dass er nicht klarkommt im Leben, obwohl er verdammt viel erreicht hat. Ein verdammt privilegierter, verdammt reicher, verdammt begabter Mensch, der die ganze Zeit rumjammert, dass er nicht reich, nicht privilegiert und nicht begabt ist.
Johannes Franke: Vor allem einer, der sagt, die ganzen Hollywood-Leute, die wollen mich alle nicht, während er gerade groß gefeiert wird für B. N. J. Malkovich. Aber die Sache ist die, dieses Buch hat er geschrieben, bevor... Being John Malkovich überhaupt rauskam.
Florian Bayer: Ja, und es ist eine Auftragsarbeit. Dieser gesamte fucking Film ist eine Auftragsarbeit, weil irgendjemand auf die chlorreiche Idee gekommen ist, in den 90ern The Orchid Thief von Susan Orlean zu verfilmen und gesagt hat, wow, dieses Buch, das basiert auf einem New Yorker Artikel, das ist so fantastisch, das muss unbedingt ein Film werden. Und vielleicht kann man auch einfach mal einsteigen mit der Frage, Wirklich?
Johannes Franke: Ja, genau. Die Frage ist die ganze Zeit in meinem Kopf durchgegangen. Wer glaubt, dass aus diesem Buch, wie mir das zumindest in diesem Film präsentiert wird, ich habe es nicht gelesen, dass da irgendwas draus wird? Was haben die Leute geglaubt, was Charlie Kaufman da abgibt?
Florian Bayer: Ich würde sogar noch ein Stück weiter gehen. und würde sagen, ich habe den New Yorker Artikel gelesen. Ich habe das Buch nicht gelesen. Ich habe den New Yorker Artikel gelesen. Und wenn du den Artikel liest, dann fragst du dich schon, wer kommt auf die Idee, Susan Orlean zu sagen, ey, daraus musst du ein Buch machen. Weil der Text an für sich, allein der Artikel, ist halt so ein typisches journalistisches, so ein Reportage-Ding. Und in dem so viel drin ist, was ich tatsächlich finde, was an künstlerisch gestalteter Reportage schwierig ist in unserer Zeit, vor allem auch wegen Relotius. Weil das ist genau dieser Relotius-Ding. Ich schreibe mich selbst in den Text rein. meine Empfindungen in den Text rein. Ich versuche eine Geschichte zu erzählen und du hast so das Gefühl, ja, das ist eine spezifische Form von Journalismus. Ja. Das ist vor allem eine Form von Journalismus, die halt auch zum Spinnen und letzten Endes auch zum Lügen, das ist vielleicht zu viel gesagt, aber zum bisschen Flunkern einlädt, um die Geschichte größer und besser zu machen. Und ja, Relotius ist mittlerweile schon ein bisschen länger her, aber genau diese Form von Journalismus hat zu so einem krassen Fall geführt.
Johannes Franke: Ja, das musst du ganz kurz erklären, Relotius.
Florian Bayer: Naja, es ist dieser Spiegelreporter, der halt wirklich... total gefeiert wurde vor ein paar Jahren und großartige Artikel geschrieben hat, die auch so sehr sensibel waren und sehr viele philosophische Gedanken drin hatten. Und bei denen aber vor allem immer wieder in den richtigen Punkten der eigentlichen Story die Sachen passiert sind, die das große Ganze schön umschreiben. Also im besten Sinne des Wortes eigentlich literarische Journalismusstücke. Ganz toll, natürlich liebt das jeder. Das Problem ist, dann hat irgendwann ein Reporterkollege von ihm Ja. der nicht beim Spiegelfest angestellt war, sondern der als freier Autor für den Spiegel gearbeitet hat, nämlich Juan Moreno, der das auch ganz toll kann übrigens. Der sollte mit ihm zusammen was machen und hat dann festgestellt, dass dieser Relotius wohl offensichtlich doch ein bisschen Sachen dazu erfindet. Und zwar nicht nur ein bisschen, sondern richtig viel, dass er sich teilweise komplette Geschichten ausdenkt. Und Juan Moreno ist ganz lange damit beim Spiegel vor eine Wand gelaufen, hat versucht, das aufzudecken. und natürlich haben die, was ja auch irgendwie nachvollziehbar ist, die Chefredaktion hat ihren gefeierten Redakteur verteidigt, aber irgendwann waren die Beweise so viele, dass es nicht mehr anders ging, und das Ergebnis war halt, dass Relotius dann beim Spiegel aufgehört hat und erst mal sich komplett verzogen hat, in der Versenkung verschwunden ist, Juan Moreno darüber ein Buch geschrieben hat, das auch in diesem Stil geschrieben ist, und dass sehr viel darüber debattiert wurde in der deutschen Medienlandschaft, was macht guten Journalismus aus. Und gerade diese spezielle Form von Kulturjournalismus, eben dieser Reportagesstil, der sich so sehr lange ausgefeilte Geschichten ausdenkt, hätte ich fast gesagt, der so lange ausgefeilte Geschichten erzählt, läuft halt eben immer Gefahr, sehr an der Realität vorbeizuschreiben oder die Realität so weit zu formen, dass sich journalistische... der journalistische Ehrenkodex dabei auch irgendwie verletzt wird. Und Orlin, es fällt auch in diese Kategorie.
Johannes Franke: Das heißt aber auch, dass wir einen Journalismus haben, der besonders reinzieht, der emotional ist.
Florian Bayer: Total.
Johannes Franke: Wo wir wirklich dem Autoren mitgehen und sagen, oh, was erlebt er da? Und ich fiebere mit, dass der diesen Fall umfassend beschreiben kann und zwar emotional mir auch näher bringt, sodass ich dann eben wie der Autor durch die Geschichte mitkomme.
Florian Bayer: Auf jeden Fall. Und ich bin da auch zwiegespalten. Also ich war nie der größte Relotius-Fan, aber das war die Art von Journalismus, die ich auch gerne gelesen habe. Ich mag Reportagen, die sich zeitfühlsicher nehmen, wo du das Gefühl hast, der Reporter oder die Reporterin ist drin, macht Recherche, beschreibt auch, wie sie sich oder er sich fühlt bei dieser Recherche. Das mag ich alles. Das ist spannend. Aber es ist halt ein zweischneidiges Schwert. Es hat halt diese Kehrseite, die dazu einlädt zu fragen, okay, wie weit darf die Person dann gehen? bei der Ausschmückung der Realität. Weil es gibt diesen Spielraum auf jeden Fall, das würde ich auch behaupten. Also Relotius ist einfach so eine andere Liga, außer Frage. Der hat sich Personen ausgedacht, der hat Geschehnisse erfunden, die nie passiert sind und so weiter. Aber natürlich darf auch im Journalismus ein bisschen ausgeschmückt werden und die größten Journalisten haben das auch gemacht in der Geschichte. Aber es ist halt die Frage, wo ist da die Grenze?
Johannes Franke: Ja, wo ist die Grenze? Wir haben beim Film natürlich viel eher eine klare, fiktionalisierte Version der Wahrheit, während bei Journalismus das ja eher nicht gewünscht ist.
Florian Bayer: Genau, Journalismus hat halt einen Wahrheitsanspruch und Journalismus verkauft auch diesen Wahrheitsanspruch und der ist ja auch wichtig. Journalismus basiert auf Vertrauen und wenn du ein Text liest im Spiegel, ist das was anderes, als wenn du so einen Film guckst. Ja. Dann gehst du davon aus, dass das, was in dem Text steht, zu 99% stimmt. Und wenn du dann sowas liest wie die Bild, dann gehst du davon aus, dass er nur zu 20% stimmt. Aber deswegen liest du halt nicht die Bild, sondern eher den Spiegel. Oder meinetwegen die Zeit, wenn es ein bisschen anspruchsvoller sein soll. Oder die Welt, wenn es unbedingt konservativ sein soll. Entschuldigung. Oder den New Yorker, wenn du das amerikanische Journalismus magst.
Johannes Franke: Oder du guckst diesen Film.
Florian Bayer: Der Guardian ist übrigens sehr gut, wenn du im amerikanischen Journalismus stehst.
Johannes Franke: Mann, Flo. Also, oder du guckst diesen Film und hast diesen Transfer, den ich ganz lustig finde. Weil ja aus diesem... journalistischen Stück ein fiktionalisiertes Ding wird. Also genau dieser Sprung von Journalismus in den fiktionalisierten Filmen und Andy Kaufmann. Charlie Kaufman ist...
Florian Bayer: Das war ein sehr schöner Versprecher.
Johannes Franke: Oh mein Gott. Der greift ganz, ganz, ganz tief in die Trickkiste, weil ihm nichts anderes eingefallen ist. Wir müssen einmal die Geschichte kurz zusammenfassen.
Florian Bayer: Ja, ganz kurz. Und zwar vor allem zuerst mal nur die erste Hälfte des Films, weil das ist nämlich das, was Charlie Kaufman schreibt, was Charlie Kaufman erzählt. Und dann irgendwann haben wir den Bruch und wir erfahren, was Donald Kaufman erzählt. Sein fiktiver Zwillingsbruder, der an dem Drehbuch mitgeschrieben hat. Ja, wir bewegen uns heute sehr viel im Bereich zwischen Fiktion und Realität. In dem Film geht es um Charlie Kaufman, der angeheuert wird, den Roman The Orchid Thief von Susan Orlean. zu einem Film umzuschreiben, als Drehbuchautor. Und er tut sich damit ziemlich schwer.
Johannes Franke: Es geht um Blumen in The Ork.
Florian Bayer: Es geht um Blumen. Und kein Mensch hat je einen Film über Blumen gemacht. Und was machst du daraus? Und wir sehen dann im Film zwei Geschichten parallel erzählt. Zum einen Charlie Kaufman, der sich unglaublich schwer damit tut, dieses Drehbuch zu schreiben. Unter anderem, weil er auch gestresst ist von seinem Bruder Donald Kaufman. der so ein Hallo-Tri ist, der bei ihm zu Hause rumhängt und selbst Drehbuchautor werden will, aber eigentlich vor allem jemand ist, der halt irgendwas sucht, was er machen kann und das gar nicht so richtig verstanden hat. Diese Geschichte von Charlie Kaufman, der mit sich hadert, mit seiner Kunst hadert, mit seinem Leben hadert, der ständig Dates hat, die schief gehen, der es nicht schafft, bei den Frauen zu landen, auf die er steht, der die ganze Zeit denkt, dass er ein totaler Versager ist.
Johannes Franke: Und das sehr stark verbalisiert.
Florian Bayer: Und das sehr stark auch verbalisiert. Und dann parallel wird erzählt in Rückblenden diese Geschichte von Susan Orlean, wie sie ihre Recherche für ihre Reportage macht und wie sie ihre Reportage schreibt. Eigentlich wird in den Rückblenden die Reportage erzählt, wie Susan Orlean auf John Reloach trifft, der sich auf Blumenhandel spezialisiert hat, der vor allem mit Indigenen zusammen in die Sümpfe geht und dort sehr wertvolle Blumen stiehlt, die nicht gestohlen werden dürfen, weil sie unter Naturschutz stehen. Aber es gibt dieses Loophole. dass Indigene das machen dürfen, wegen irgendwelcher Gesetze, die halt ihr kulturelles Brauchtum schützen. Und John Laroche nutzt dieses Loophole und Susan trifft auf ihn und findet ihn total spannend und will dann halt über ihn schreiben. Und das ist auch der Part, der in dem Artikel steht, der in dem Buch steht und der wirklich passiert ist. Es gibt eine Susan Orlean, es gibt einen John Laroche und es gab diese Geschichte und es gab diese Recherche und genau, das wird jetzt zu einem Film gemacht und wir sehen in diesen Rückblenden schon, es ist... Relativ fleischlos, was da passiert, oder?
Johannes Franke: Fleischlos im Sinne von, da passiert halt nicht viel, außer dass sie im Auto sitzen und sich unterhalten über Blumen.
Florian Bayer: Ja.
Johannes Franke: Ich hab nochmal sein Leben so ein bisschen.
Florian Bayer: Und über sein Leben, was auch tatsächlich spannend ist. Die Figur des John Roach ist tatsächlich ziemlich spannend. Ja. Ich hab das jetzt, als ich es nochmal geguckt habe, ich hab es tatsächlich nochmal, noch ein zweites Mal danach geguckt. Oh, okay. Weil ich so ein bisschen so im Hinblick darauf gucken wollte, was sind diese 10? Charlie Kaufman da tatsächlich schreibt. Was ist dieser eigentliche Film, der entstehen sollte? Ja. Und wenn wir das so zusammenpacken, dann kommen wir halt irgendwie so auf ungefähr 20 Minuten. Und das ist schon handwerklich sehr gut gemacht. Das liegt natürlich auch an der Geschichte von Spike Jonze. Aber wir haben hier, obwohl es eigentlich um relativ wenig geht, es geht halt um einen Blumengieb. der total besessen ist von Blumen und später erfahren wir, dass er seine Besessenheit sehr schnell zu anderen Sachen wechseln kann. Und wir haben diese Journalistin, die sehr unglücklich ist mit ihrem Leben in der New Yorker Upper Class und die versucht irgendwie so einen Sinn im Leben auch zu finden und wie die aufeinanderprallen, die sehr unterschiedlich sind. Sie ist so der New Yorker Yuppie und er dieser komische Typ, dieser Ja, der irgendwie so dieser gesellschaftliche Outsider.
Johannes Franke: Ja, ja, genau.
Florian Bayer: Und das ist schon spannend und das ist interessant, aber du kannst dir nicht vorstellen, wie daraus 90 Minuten werden sollen.
Johannes Franke: Charlie Kaufmann konnte es sich auch nicht vorstellen. Und deswegen gibt es auch noch einen zweiten Teil, der ein kleines bisschen off-rail ist. Er erzählt so ein bisschen diese beiden Stränge, wie er versucht, verzweifelt aus einem Buch einen Film zu schreiben und eben... Den Film sehen wir im Grunde, den er da schreibt, wie sie als Journalistin diesen Typen aufgabelt und seine Geschichte sozusagen erfragt und aufschreibt. Und dann kommt die Verzweiflung bei Charlie Kaufmann aber so sehr zum Tragen, dass er seinen Bruder, den er eigentlich für seinen Versuch Mainstream-Kino zu schreiben verachtet, dass er seinen Rat ein bisschen annimmt. und bei einem großen Guru des Drehbuchschreibens.
Florian Bayer: Robert McKee.
Johannes Franke: Ja,
Florian Bayer: den es von Brian Cox,
Johannes Franke: den es auch wirklich gibt.
Florian Bayer: Der sich Gott sei Dank nicht selbst spielt in diesem Film.
Johannes Franke: Ja, genau. Und der auch bestimmt hat, wer ihn spielt.
Florian Bayer: Ja, Robert McKee, Kritiker. und vor allem Autor und vor allem Guru fürs Drehbuchschreiben. Geliebt von seiner Fanbase, hart kritisiert von einigen Leuten aus Hollywood, die sagen, du hast nie ein vernünftiges Drehbuch geschrieben, was erzählst du uns? Und du machst alles nach Formel und so weiter. Du bist nichts anderes als ein Guru für verzweifelte Leute, die Drehbuchautoren werden wollen. Egal, er verdient Geld mit dem, was er macht. Er hat sehr viele Fans, es hat Erfolg. Robert McKee sitzt in seinem Büro und wird angerufen von einem Produzenten, der sagt, Mr. McKee, wir haben da ein Problem. wir haben gerade, wir haben das Drehbuch für einen Film hier liegen, das heißt Adaptation und der Autor, der dieses Drehbuch geschrieben hat, von dem Robert McKee davor noch nie gehört hat, der hat ganz viele ihrer Ideen und ihrer Texte in diesem Drehbuch verarbeitet und hat einfach keine, überhaupt nicht auf Copyright geachtet und ich hab das Gefühl, wenn wir das Ding so veröffentlichen, dann werden sie uns den Arsch wegklagen. Helfen sie mir. Robert McKee sagt, okay Leute, schickt mir das Drehbuch, ich muss es lesen. Robert McKee liest das Drehbuch und sagt, ja, passt auf. wir machen das. Ihr dürft das Zeug von mir benutzen, aber ich will nicht als der Wichser rüberkommen, als den mich Charlie Kaufman geschrieben hat. Ich will ein Redemption-Ark. Ich will irgendwie eine Geschichte, die zeigt, dass ich eigentlich ein cooler Typ bin. Macht was anderes am Ende. Gebt mir irgendwie einen Auftritt, gebt mir eine Rolle. Macht irgendwas, dass ich nicht so rüberkomme, weil er wird die ganze Zeit in dem Film verarscht, weil er halt als der Guru dargestellt wird, der irgendwelche Rezepte hinlegt, wie man ein Drehbuch zu schreiben hat. Und... Robert McKee sagt retrospektiv Und ich habe den Film dadurch gerettet. Ihr seht nämlich im letzten Drittel vom Film, wie nicht mehr Charlie Kaufman schreibt, sondern Donald Kaufman, der meine Ideen berücksichtigt und der feststellt, ja, wir brauchen einen Konflikt. Wir brauchen eine Konfliktlösung. Wir brauchen einen dramatischen dritten Akt. Robert McKee ist sehr großer Verfechter der Drei-Akt-Struktur. Und er ist sehr glücklich mit dem Ergebnis. Er ist auch sehr glücklich, dass er von Brian Cox gespielt wurde. Er hatte wohl ein bisschen Angst, dass er von irgendeinem Comedian gespielt wird, weil es eine Komödie ist.
Johannes Franke: Aber... Da müssen wir noch drauf eingehen, was wir denn glauben, ob er recht hat oder nicht, ob das den Film rettet oder ob überhaupt das das ist, was den Film rettet oder nicht rettet. Jedenfalls beherzigt offenbar der Zwillingsbruder, der übrigens nur erfunden ist, Charlie Kaufmann hat keinen Zwillingsbruder, für den Film erfunden ist, beherzigt seine Ratschläge. obwohl er ihn verachtet und damit nimmt der Film ein kleines bisschen eine Wendung, mit der man nicht rechnet, wenn man den Film vorher guckt.
Florian Bayer: Der Film kriegt alles, was in Hollywood dazugehört. Der Film kriegt große Konflikte, der Film wird zum Genre, der Film wird zum Thriller am Schluss.
Johannes Franke: Und er kriegt eine Autojagd und einen Mord.
Florian Bayer: Eine Autojagd, einen Mord, eine Affäre, nackte Haut. Wir sehen Meryl Streeps Brüste, ich glaube nicht, dass das Meryl Streeps Brüste sind.
Johannes Franke: Ich glaube auch nicht.
Florian Bayer: Wir sehen auf jeden Fall eine Fake Meryl Streeps Brüste. Wir sehen... Eine Liebesgeschichte einer Femme Fatale mit einem komischen Junkie. Wir haben alles drin. Spannung. Mord. Ein Deus Ex Machina.
Johannes Franke: Oh ja.
Florian Bayer: Und ein Happy End. Der Konflikt am Schluss ist gelöst und alle Figuren sind ein bisschen gewachsen in dieser Geschichte. Robert McKee und Donald Kaufman haben übernommen und haben am Schluss aus diesem merkwürdigen... bruchstückhaften Meta-Werk einen richtigen Film gemacht.
Johannes Franke: Ob sich Charlie Kaufman, nachdem er das geschrieben hat, einmal übergeben hat, weil er seine eigenen Ideale verraten hat oder hat er diese Ideale überhaupt? Das ist das Interessante, finde ich, an diesem Film, weil ich natürlich die ganze Zeit überlege, wie viel Charlie Kaufman steckt wirklich in diesem Charlie Kaufman des Films.
Florian Bayer: Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass Charlie Kaufman in echt sehr viel von Donald Kaufman hat. und dass er tatsächlich für diesen Film seine Persönlichkeit zerrissen hat. Über zerrissene Persönlichkeiten wird sehr viel in dem fantastischen Drehbuch von Donald Kaufmann geredet. Ich glaube, er hat sich tatsächlich gesplittet und Charlie Kaufmann hat deutlich mehr von Donald Kaufmann, als man meinen könnte.
Johannes Franke: Ja, das glaube ich auch.
Florian Bayer: Ich kann mir gut vorstellen, dass Charlie Kaufmann auch so... Donald Kaufmann wird... Also, er wäre ein Charlie Kaufmann, der unsichere... Typ in der Midlife-Crisis ist, der große Kunst machen will, weiß Donald Kaufmann, wie man lebt, hat verschiedene Affären, hat es echt leicht bei den Frauen, weil er verdammt charismatisch ist, weil er charmant ist. Er ist witzig, er ist so ein schräger Goofball. Er ist auch ein bisschen dumm und tollpatschig, aber er ist ein sympathischer Typ, mit dem es irgendwie Spaß macht, rumzuhängen. Und der halt auch es irgendwie schafft, Leute mit seiner verrückten Art um den Finger zu wickeln. Ich glaube, Charlie hat sehr viel davon. Ich glaube, Charlie hätte diesen Film nicht so geschrieben, wenn er nur wie dieser Charlie Kaufmann im Film wäre. Weil das ist ja schon ziemlich hart, wie er sich da bloßstellt und wie er sich entwürdigt auf diverse Art und Weise, bis es weh tut.
Johannes Franke: Wollen wir kurz das Ende erzählen, damit wir einmal rund sind? Ja,
Florian Bayer: Donald Kaufmann aus diesem Film.
Johannes Franke: Donald Kaufmann macht einen Drogenhandel draus. Diese Orchideen, die sie da klauen. Kann man anscheinend gut zu Drogen verarbeiten. Das haben die Indigenen, denen er die geklaut hat, anscheinend gemacht. Und dann wird das Ganze aber aufgeblasen zu einem Drug. Kartell quasi. Und Charlie kommt mit Donald da an und die geraten da in die Fänge zwischen den beiden, zwischen der Autorin, die eigentlich nur ihr Subject da irgendwie interviewen will, aber dann angefangen hat, sich in ihn zu verlieben und dann machen die zusammen Drogen und sie ist süchtig.
Florian Bayer: Sie hat angefangen, die Orchideen zu nehmen, zu schniefen und ist dann voll high geworden und fand das total geil. Und ist jetzt absolut auch drin in diesem Odd Game.
Johannes Franke: Und naja, natürlich dürfen Charlie und Donald kaufen wir nichts davon wissen, weil sonst, ja, geraten ins Gefängnis und so weiter. Und deswegen beschließt, es ist so großartig, Susan Orlean beschließt, der muss sterben. Ja. Als es erst nur Charlie ist, als Donald dann auftaucht, muss natürlich auch Donald sterben. Und am Ende stirbt tatsächlich auch Donald.
Florian Bayer: Sie jagen sie in die Sümpfe. Und sie bringt quasi John Lerouge dazu, die beiden zu jagen, im Gewehr hinterher. Jagen sie in die Sümpfe, Charlie und Donald verstecken sich, schaffen es irgendwie abzuhauen. Allerdings wird dabei Donald angeschossen und dann bauen sie auch noch einen Autounfall. hat einen letzten Moment mit Donald, muss sie auch ein bisschen Frieden schließen, weil sie haben ja ständig Konflikte. Und wird aber weitergejagt von Susan und John, flieht wieder in die Sümpfe und dann kommt der berühmte Deus Ex Machina, der ist in diesem Fall ein Krokodil, das John Laroche kurz bevor ihr ihn erschießt, zerreißt. Genau, und dann wird Susan O'Lean festgenommen, Charlie Kaufman telefoniert nochmal in einer sehr bewegenden Szene mit seiner Mutter und schafft es endlich seiner großen Liebe, seine Liebe zu gestehen. Nachdem er sich selbst gefriendzoned hat quasi. Und der Film endet mit einer optimistischen Note, mit einem Happy End, obwohl Donald gestorben ist. Und wohlgemerkt. Susan Orlean ist nicht drogenabhängig. Susan Orlean hatte keine Affäre mit John Roach, aber Susan Orlean hat natürlich dieses Drehbuch auch abgenickt. Und Susan Orlean war, für sie war es okay, dass das daraus wird. Die hat diesen Film geguckt. Die war auch so halbwegs beratend dabei.
Johannes Franke: Also man muss dazu sagen, dass sie nicht von Anfang an einfach so dabei war.
Florian Bayer: Sie fand das zuerst... Zuerst fand sie das ziemlich krass, was ihr da vorgelegt wurde. Und sie dachte, ey, ich kann das nicht machen. Das geht nicht, ihr könnt das nicht machen.
Johannes Franke: Die werden sonst was von mir denken. Und dann hat derjenige, mit dem sie telefoniert hat, gesagt... sie werden sonst was von dir denken? Was glaubst du, was die Leute von Charlie Kaufman denken werden, wenn sie diesen Film sehen? Natürlich ist das alles fiktionalisiert. Also, wer das nicht kapiert, und dann hat sie sich so nach und nach auch überzeugen lassen. Ja,
Florian Bayer: sie hat, es gibt ein witziges Interview mit ihr von vor ein paar Jahren, wo sie erzählt hat, dass sie den Film mit ihrem 15-jährigen Sohn geguckt hat und der ist wohl danach auf sie zugekommen und hat gesagt, Mutter. Ich habe Fragen. Wir müssen reden.
Johannes Franke: Sehr gut.
Florian Bayer: Und sie tatsächlich hat sich, also sie wird eben in diesem Film... unabhängig von diesem fiktionalen Zeug, was am Schluss passiert, wird sie auch am Anfang als eine zutiefst unglückliche Frau dargestellt, die mit ihrem Leben absolut unzufrieden ist. Und die richtige Susan Orlean hat sich dann auch tatsächlich von dem Mann getrennt, mit dem sie eine Beziehung hat in diesem Film und nochmal neu geheiratet. Was es wahrscheinlich für ihren Sohn auch leichter gemacht hat, zu akzeptieren, was da passiert.
Johannes Franke: Es ist so, dass sie tatsächlich auch gesagt hat, Susan Orlean gesagt hat, dass sie überrascht war, was Charlie Kaufman... aus diesem Buch rausgelesen hat. Weil ihr selbst beim Schreiben die Beziehung zu ihrem Mann noch nicht so zu Ende wirkte. Also sie hatte noch nicht diese Scheidung vor sich, die sie dann haben sollte. Aber sie hatte das Gefühl, dass Charlie Kaufmann die schon vorhergesehen hat mit dem Drehbuch. Das ist ein bisschen beeindruckend.
Florian Bayer: Auf jeden Fall. Sie hat ja auch gesagt, Charlie Kaufmann hat es geschafft, den Geist meiner Vorlage einzufangen. Es ging nämlich nie nur um Blumen. Es geht natürlich um viel mehr. In diesen journalistischen Stücken geht es immer um viel mehr. Es geht um Obsession. Es geht darum, was man wirklich will in seinem Leben. Es geht darum, für eine Sache zu brennen und alles zu tun. um diese Sache zu erreichen. Aber es geht eben auch um die Enttäuschung, die man spürt, wenn sich diese Sache dann als doch nicht so glanzvoll entpuppt, wie sie auf den ersten Blick scheint. Und das hat Charlie Kaufmann natürlich auch alles umgesetzt. Das ist das, was auch sehr nah am Buch ist, dass sie mit John L. Roach dann auch mal in die Sümpfe geht, weil sie unbedingt so eine Geister-Orchidee sehen will, die seltenste Blume überhaupt. Und dann ist sie mit ihm unterwegs und sie verlaufen sich. Und das ist ja immer so ein schöner Moment, wo man feststellt, wie jemand wirklich ist. Und er pupt sie an und... macht so sein typisches Ranting von einem alten Typen, der genervt davon ist, dass er Unrecht hat und das nicht akzeptieren kann. Und sie stellt fest, okay, das ist gar nicht so ein faszinierender Verbrecher, sondern das ist auch einfach nur ein normaler Dude, der ziemlich nervig ist und irgendwie sein Leben nicht im Griff hat. Und dann stehen sie vor dieser Geister-Orchidee und sie sagt, das ist nur eine Blume. Das ist nichts anderes.
Johannes Franke: Ich finde diesen Moment so wahnsinnig gut. Wirklich. Dieser Moment, der hat mich auch damals, als ich es das erste Mal gesehen habe, glaube ich fast am meisten beeindruckt. Vom ganzen Film. Sie rennt dieser Blume die ganze Zeit hinterher. Der Film dauert bis dahin schon eine Stunde, 20 Minuten oder sowas. Oder weiß ich nicht genau, eine Stunde vielleicht.
Florian Bayer: 63 Minuten.
Johannes Franke: Okay, bloß weißt du es immer genau mit den Zeiten. Ich bin so beeindruckt. Was hast du denn für eine Zeitleiste stehen?
Florian Bayer: Es ist nicht so schwer für Schlüsselmomente, einmal schnell eine Zahl hinzuschreiben. Es ist nicht so viel verlangt.
Johannes Franke: Auf jeden Fall. Nach einer Stunde Jagd nach dieser Blume quasi, steht sie davor das erste Mal und sagt dann so richtig enttäuscht, das ist nur eine Blume. Was wollte ich hier? Ja. Ich finde das so großartig.
Florian Bayer: Dieser Ernüchterungsmoment.
Johannes Franke: Weil manchmal Dinge einfach, du jagst denen hinterher und manchmal ist es einfach nichts anderes als die Oberfläche zu, also es ist einfach nichts magisches dahinter, sondern es ist einfach der Moment, er ist vorbei, weiter.
Florian Bayer: Diese Ernüchterung haben wir ja mehrmals in diesem Film. Ziemlich früh am Anfang, als Charlie damit kämpft, wie er das Buch machen will, kommt er auf die Idee, okay, Und ich glaube, jeder, der schreibt, kennt das. Ich muss größer werden.
Johannes Franke: Ich muss universeller werden.
Florian Bayer: Das soll von allem handeln. Und der Film fängt an mit so einem Rückblick, wie die Erde entstanden ist, Charlie Kaufman entstanden ist. Und irgendwann in diesem Film, so nach einer halben Stunde oder so, spricht er das in sein Diktiergerät. Und wir fangen damit an, mit dem Anfang allen Seins. Und wir kommen dahin und wir kommen dahin. Und es ist total euphorisch, es ist toll gedreht. Spike Jonze ist einfach ein großartiges Söhr. Und wir sehen wirklich, wie er manisch durch die Wohnung läuft. Wir sind voll dabei, die Musik dröhnt und es ist spannend und er ist voll drin und jetzt hat er es und es muss das sein. Und das Leben, es geht um alles. Und dann Schnitt und wir sehen, wie er sich das anhört. Er sitzt am Küchentisch und hört sich das nochmal an, was er da reingesprochen hat. Und sein Blick sagt nur, shit. Ich bin doch bekloppt. Das ist einfach nur das Geplubber von einem Wahnsinnigen, der keine Ahnung hat, was er sagen soll. Und diese Ernüchterung, es ist genau dasselbe. Er ist total begeistert davon.
Johannes Franke: Das hab ich.
Florian Bayer: Es geht um alles. Und dann sitzt er da und hört sich nochmal an, wie er davon schwadroniert, wie es um alles geht. Und stellt fest, das könnte jeder Verrückte in sein Notizbuch geschrieben haben. Das hat nichts, das hat keinen Wert.
Johannes Franke: Irgendwas mit irgendwelchen Affen, die er da noch rein will. Es ist wirklich krass, was er da alles im Wahn reinwirft. Und eigentlich, wenn du im richtigen Zustand bist, während du den Film guckst, und er es geschafft hat, dich am richtigen Moment abzuholen, dann bist du in dem Moment, wo er das da alles reinspricht in sein Diktiergerät, genauso begeistert wie er.
Florian Bayer: Voll, auf jeden Fall.
Johannes Franke: Weil du echt denkst, oh ja, so, so ist gut. Habt ihr den Film ja schon gesehen, ich weiß ja, dass es gut ist. Also, okay, sehr gut. Und dann dieser Schnitt, der auch für dich als Zuschauer so ernüchternd ist, weil du das eben auch hörst. Du hörst über das Diktilgerät, du hast von der Nahen, du bist auch kameratechnisch großartig aufgelöst, du bist aus der Nahen ganz, ganz nah, wie er das in das Diktilgerät geht. Und dann machst du halt auch mit der Kamera, auch intellektuell, einen Schritt zurück und merkst, ach du Scheiße,
Florian Bayer: was ist da passiert?
Johannes Franke: Was soll das?
Florian Bayer: Und einen ganz ähnlichen Moment haben wir dann ja auch später, und zwar wirklich genau zur Halbzeit des Films. Wenn der Moment kommt, wo er sich selbst in den Film reinschreibt, wo er wieder ins Diktiergerät redet und sagt, und wir sehen das, und wir sehen das, und wir sehen das. Und dann groß, groß Meta, spricht ins Diktiergerät. Diese Szene, in der er gerade drin ist, wie er ins Diktiergerät spricht, was da passiert, und fängt dann auch tatsächlich noch mal an zu referieren, was passiert. Und dann aber auch wieder, er sitzt da. und hört das und sagt so, shit, ich hab mich gerade selbst in den Film reingeschrieben, das ist vollkommen narzisstisch. Das ist pathetisch.
Johannes Franke: Er macht sich da so fertig für. Es ist unglaublich. Und es ist natürlich irgendwie auch narzisstisch, aber ich glaube, es ist eher Verzweiflung. Weißt du, so eine Verzweiflungstat. Er sagt ja kurz vorher, ich weiß nichts. Ich weiß nur, das Einzige, was ich weiß, ist... ist, was ich über mich weiß. Also schreibt er sich da rein. Das ist nur Verzweiflung.
Florian Bayer: Es ist auch so traurig, weil es gibt so viele, es ist vor allem ein Männerphänomen, so viele Autoren, die keine Ahnung haben, worüber sie schreiben sollen. Und dann einfach darüber schreiben, dass sie nicht wissen, worüber sie schreiben sollen. Harald Martenstein hat daraus einen Job gemacht, bevor er daraus einen Job gemacht hat, zum rechten Klubler zu werden. Und es gibt so viele Bücher und so viele Filme und so viele Gedichte von... von 20, 30, 40-jährigen Männern, die über sich schreiben und zwar wirklich nur über sich.
Johannes Franke: Und es gibt so viele Sachen, die auf der Oberfläche nicht so aussehen, als wären sie über sich selbst geschrieben, aber eigentlich trotzdem wieder so ein Self-Insert sind.
Florian Bayer: Und dann auch noch mit diesem universellen Anspruch. Ich schreibe ja über mich, weil das das ist, was ich kann und kenne. Aber eigentlich will ich damit zeigen, wie die Welt ist und wie das Leben ist. In all dieser Verzweiflung, in all dieser Zerrissenheit habe ich natürlich auch Weisheiten mit auf den Weg zu geben und ich habe ein Sendungsbewusstsein. Ja, das stimmt. Meine Sendung.
Johannes Franke: Nichtsdestotrotz, der Film macht das gut.
Florian Bayer: Das Schlimme ist, dass es total geil ist. Ja. Es ist zum Kotzen, weil es ist, er hat mit allem Recht, was er sagt. Es ist narzisstisch, es dreht sich um sich selbst, es kommt zu nichts und so weiter und es ist fucking unterhaltsam.
Johannes Franke: Tja, was sagt uns das, Floor? Also ich will nicht nach draußen senden, dass wir jetzt alle über uns selbst nur schreiben und uns überall reinschreiben sollen, wo es gar nicht um uns geht. Also in The Orchid Thief geht es nicht um Charlie Kaufman. Und nicht jeder soll jetzt nur, weil er nicht weiß, wie er ein Thema behandeln soll, über sich schreiben.
Florian Bayer: Ja, auf jeden Fall. Charlie Kaufman hat das auch oft genug gemacht. Es ist nicht der erste Charlie Kaufman Film, über den wir reden. Wir haben einen Thinking of Ending Things geguckt. Ja,
Johannes Franke: sehr, sehr guter Film.
Florian Bayer: Der mich aber auch voll böse erwischt hat, weil ich fand den Film großartig. Ich dachte, oh, Charlie Kaufman schreibt mal nicht über sich selbst. Und dann am Schluss erfahren wir, doch, dieser ganze Film dreht sich schon wieder nur um Charlie Kaufman.
Johannes Franke: Naja, um diesen Typen. Ja,
Florian Bayer: aber es ist Charlie Kaufman. Obwohl die Vorlage von jemand anderem ist, er schreibt quasi über sich und über seine Verzweiflung, über seine Wünsche und Träume und es ist so. Und das macht er auch in Synecdoche, New York. Und ich liebe Charlie Kaufman, aber er schreibt nur über sich.
Johannes Franke: Ja, ich glaube, das ist die generelle Zerrissenheit von Charlie Kaufman sich selbst gegenüber und seinem Narzissmus und dem Was darf ich und was darf ich nicht im Leben? Und wann gelte ich was und wann gelte ich nichts?
Florian Bayer: Ja, es ist halt, was diesen Film und sein Skript so charmant und verführerisch macht, ist natürlich. dass er sich nicht nur um sich selbst dreht, sondern dass er das die ganze Zeit auch reflektiert. Dieser Film sagt ständig, wie dumm das ist, was er gerade macht. Dieser Film sagt ständig, wie verzweifelt das ist und wie sinnlos und wie narzisstisch und so weiter. Insofern, es ist halt schwer, was zu kritisieren, wenn es sich die ganze Zeit selbst kritisiert.
Johannes Franke: Ja, das ist auch so ein Cop-out, ne?
Florian Bayer: Auf jeden Fall.
Johannes Franke: Es ist schon so ein bisschen so, ich... reflektiert das jetzt so viel, dass keiner mehr kritisieren kann, dass ich es mache, weil ich ja die ganze Zeit selber an mir rumkrittel. Dann nehme ich den Leuten den Wind aus den Segeln. So funktioniert es aber auch nicht immer, muss man sagen.
Florian Bayer: Und dann krittelt er noch daran rum, dass er an sich rumkrittelt. Ja, genau. Diese Kritik, die du gerade bringst, ist auch obsolet, weil der Film das auch schon macht. Es sind halt einfach zu viele Metaebenen. Der Film hat sich quasi unangreifbar gemacht für jede Form der Kritik.
Johannes Franke: Ja, aber ich kann auch verstehen, dass dann Leute sagen, okay, das ist mir zu viel Masturbationsfantasie. Und es ist ja auch wirklich sehr viel Masturbationsfantasie drin.
Florian Bayer: Und in diesem Film wird auf sehr viele verschiedene Frauen masturbiert, unter anderem auf die Autorin. Ja, auf Meryl Streep. Aber auch auf Tilda Swinton.
Johannes Franke: Tilda Swinton ist großartig in diesem Film, auch wenn sie nur wenig zu tun hat.
Florian Bayer: Tilda Swinton ist wahrscheinlich eigentlich die beste Schauspielerin in diesem Film, aber sie hat am wenigsten zu tun. Dieser Film steckt voll großartig im Acting.
Johannes Franke: Okay, kommen wir zum Acting.
Florian Bayer: Fangen wir mal mit The Obvious an, mit Nicolas Cage. Der große Nicolas Cage,
Johannes Franke: der... Wer einmal noch behauptet, dass Nicolas Cage nicht spielen kann, der muss diesen Film einfach noch und nocher sehen. Also es ist einfach nicht möglich, nach diesem Film noch zu sagen, dass er nichts kann.
Florian Bayer: Und wie großartig er diese unterschiedlichen, diese beiden verschiedenen Charaktere spielt. Diesen Donald und diesen Charlie.
Johannes Franke: Absolut. Und die sehen identisch aus. Ja. Die haben ja nur ein anderes Shirt an. Ja. Das war's.
Florian Bayer: Er geht nicht den einfachen Ausweg, dass er Donald eine vernünftige Frisur gibt und ihn irgendwie ein bisschen attraktiver macht. Nein, nein. Donald und Charlie sehen gleich aus. Und trotzdem erkennst du... Weißt du vom Verhalten, warum Donald so viel attraktiver ist und warum Donald es schafft, die vom Set flachzulegen, während Charlie sich halt in Masturbationsfantasien flüchten muss?
Johannes Franke: Es ist aber auch wirklich ein erbärmlicher Charlie Kaufman. Er spielt ihn unglaublich erbärmlich.
Florian Bayer: Er steckt so voller Fremdscham-Momente. Es gibt wirklich ein paar Szenen, die finde ich schwer zu ertragen. Zum Beispiel in dem Café, wo diese Bedienung einfach nur cool und nett zu ihm ist. Und er macht das, was wir hassen. wo du mittlerweile weißt, das machst du einfach nicht. Er glaubt und dann fragt er sie nachher vor. Und er stellt sich vorher noch vor, wie er mit dieser Blumenmesse ist. Und dann fragt er und ich sterbe innerlich. Und das ist so schrecklich, so ein Fremdschämmoment. Und dann, wenn er da sitzt, verschwitzt vor Tilters Winden und überhaupt nicht klarkommt. Und sie redet und er ist so ein Arsch. Er ist nur in seinem inneren Monolog. Er denkt nur an sich selbst. So ein Scheißkerl. Er hört überhaupt nicht, was sie sagt. Sie hat vielleicht interessante Ideen. Und er denkt nur darüber nach, dass er eigentlich gern mit ihr ins Bett gehen würde. Und dass sie ihn halt so perfettig findet. Und das kreist die ganze Zeit während. Hallo, sie redet. Ihre Augen sind da oben.
Johannes Franke: Weißt du, was ich glaube, was das Ganze ein bisschen schwieriger macht, ist nur auf Narzissmus runterzubrechen. So wie er sich selbst darstellt, würde man sich ja als Narzisst eigentlich besser darstellen. Also er macht ja die beiden Versionen auf. die vielleicht zusammengeführt dann ein echtes Bild von Charlie Kaufman geben würden. Aber so wie Charlie Kaufman in diesem Film ist, also wenn den irgendjemand ernst nimmt, dann will keiner mit ihm arbeiten.
Florian Bayer: Er thematisiert, glaube ich, eher, dass er narzisstisch sein könnte. Er zeigt nicht einen... Weil Charlie Kaufman ist wahrscheinlich gar kein Narzisst. Also das ist ja auch eine Krankheit. Aber was dazugehört ist ja auch, dass man voller Unsicherheiten steckt. Also das ist ja auch ein Teil davon, dass er sich als so unsicher darstellt und dass er diese Selbstverliebtheit, also die Oberfläche zeigt natürlich diese Selbstverliebtheit, weil er schreit sich in den Film selbst rein. Und gleichzeitig zeigt er aber halt auch, wo sie herkommt, nämlich von dieser radikalen Unsicherheit und diesem... Gefühl, oh mein Gott, ich muss irgendwie akzeptiert werden und ich weiß nicht wie und ich krieg das nicht hin. Aber wir waren ja beim Acting. Jetzt hab ich gesagt, die Obvious Nicolas Cage, aber eigentlich ist die Obvious Chris Cooper, weil der hat nämlich einen Oscar gewonnen für seine Rolle als bester Nebendarsteller.
Johannes Franke: Ich find's großartig. Was der mit der Rolle macht, ist wirklich toll. Ich hab am Anfang gedacht, als er so auftauchte, so zahnlos und so seltsam, aber eben wirklich was zu sagen hat, fand ich total gut, dass dieser Kontrast quasi aufgemacht wird, dass so ein Social Outsider, der aber... nicht so typisch nerdy, aber schon irgendwie nerdy und mit der fehlenden Zahnreihe nicht sehr attraktiv.
Florian Bayer: Und auch mit diesen fettigen Haaren.
Johannes Franke: Und den fettigen Haaren.
Florian Bayer: Und den fettigen,
Johannes Franke: fliechten Genau, ich finde es eine wahnsinnig spannende Figur dadurch, weil die so viel in sich irgendwie so Brüche hat.
Florian Bayer: Es gibt einige Momente, wo dieser John L. Roach extrem viel Tiefe kriegt. Natürlich vor allem, wenn erzählt wird, wie er seine Zähne verloren hat und dass er von seiner Frau verlassen wurde. Aber auch davor schon, wo wir merken, zum einen ist es natürlich so ein Herumtreiber, der immer für Sachen brennt, aber der an nichts festhalten kann. Er ist total fasziniert von Schildkröten und von Meerestieren. Und dann irgendwann sagt er, fuck the ocean und hat nichts mehr damit zu tun. Fuck fish. Und dann... Dann mit den Pflanzen, das scheint ja genau dasselbe zu sein, weil plötzlich entdeckt er seine Liebe für Porno-Websites und dann macht er einen Porno-Ring auf. Also das ist halt so diese eine Seite, die erzählt wird. Da denkt man so, okay, wir haben hier einen sehr oberflächlichen und albernen Typen vor uns, der nie richtig erwachsen geworden ist, der sein Leben nicht im Griff hat. Und dann erfahren wir so langsam so Sprengsel aus seiner Hintergrundgeschichte, warum er so ist, wie er ist.
Johannes Franke: Ich finde auch, dass er nie so spielt, dass man das Gefühl hat, dass wir einen albernen Typen vor uns haben. Ich finde, dass in jeder Szene jede Pore seiner Haut atmet. dass er sich hinter diesen Sachen versteckt, um nicht mehr wirklich am Leben teilnehmen zu müssen, um nicht mehr verletzt zu werden.
Florian Bayer: Naja, ich glaube, es geht bei ihm auch um so eine Obsession, an der Obsession. Er will was haben, wofür er brennt. Ja, es ist immer die verzweifelte Suche nach dem, wofür er sein ganzes Leben hingeben kann, weil er riskiert ja auch für alles einiges. Am Anfang wird kurz gezeigt, wie er durch was für... Trittmühlen die Leute gegangen sind, um an diese Blumen zu kommen. Dann wird gezeigt, wie die Leute gestorben sind, als sie in die Blumen zu kommen. So weit geht er nicht, aber ich meine, er riskiert ins Gefängnis zu wandern. Und offensichtlich hat er ja keine Angst vor Konsequenzen. Also er riskiert sein Leben, auch im wahrsten Sinne des Wortes, für diese Obsession.
Johannes Franke: Ich nehme an, das ist eine Stärke des Originals, des Buches und des Artikels. Dass dieser Typ so sehr greifbar und sehr menschlich und sehr gut gezeichnet ist.
Florian Bayer: Ich finde John R. R. Roach... im Artikel bei weitem nicht so charismatisch wie im Film. Deswegen würde ich auch sehr viel, was da passiert, Chris Cooper geben. Der macht das super. Der macht das fantastisch. Ich habe das Gefühl, die Rolle gewinnt noch mal ein gutes Stück mehr. Und dann haben wir natürlich Meryl Streep. die gesagt hat, das war das beste Drehbuch, was sie je gelesen hat. Ja,
Johannes Franke: ja, ja.
Florian Bayer: Und ich glaube, Susan Orlean war sehr glücklich, dass sie von Meryl Streep gespielt wurde.
Johannes Franke: Ja, natürlich. Und Susan Orlean hat gesagt, dass sie findet, dass es die beste Rolle ist, die Meryl Streep je gespielt hat. Nun kann man da natürlich sagen, okay, aus ihrer Warte aus, natürlich würde ich das auch auswählen aus der Vita. Aber sie meinte auch, dass es toll ist, dass sie nicht die Susan Orlean spielt, die sie als Vorlage geben könnte in Real Life, sondern dass Meryl Streep sich entschieden hat, aus der Buchvorlage zu nehmen. Ja. Man könnte jetzt meinen, das ist das Gleiche, aber es ist ja nicht das Gleiche, weil die Buchvorlage natürlich auch eine fiktionalisierte Version der Autorin ist.
Florian Bayer: Ja, und sie macht das großartig.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Meryl Streep, ich weiß nicht, also Meryl Streep ist einfach eine fantastische Schauspielerin, hat so viele gute Sachen gespielt. Ja. Deswegen würde ich erstmal so ein Fragezeichen darstellen, ob das die beste Rolle überhaupt ist, die sie je gespielt hat.
Johannes Franke: Nein, auch nicht unbedingt, aber sie spielt es schon extrem gut. Ja, ja,
Florian Bayer: ja. Und ihre Rolle ist wahrscheinlich die, die am klarsten definiert ist? Weil sie ist schon auch so ein bisschen eine Klischee-Rolle, so diese Upper Class, unzufrieden, unglücklich mit ihrem Leben, sie sehnt sich nach mehr. Trifft deswegen den interessanten Outsider. Aber sie kann es einfach. Und sie spielt sowohl die Traurigkeit und Verletzlichkeit von Susan hervorragend, als auch dann später diese Skrupellosigkeit, wenn wir zum Thriller-Plot kommen.
Johannes Franke: Ich find's großartig, wie sie den Übergang spielt. wie sie die Drogen dann einmal nimmt und dann feststellt, ah, wie geil, das ist mein Out, das ist mein Ausweg aus dieser ganzen Misere, in der ich mich da gerade befinde. Ich muss da irgendwie raus. Und dann, was du sagst, diese Skrupellosigkeit, die aber trotzdem aus so einer Verletzlichkeit kommt, die sie immer noch mitträgt die ganze Zeit. Das ist wirklich toll gespielt von ihr, weil sie das mitzieht und nicht einfach eine andere Rolle, eine skrupellose Drogendielerin irgendwie spielt, sondern wirklich... die Geschichte mitzieht in den zweiten Teil des Films.
Florian Bayer: Sie kriegt dann ja auch nochmal diesen Moment der Verzweiflung, wenn Le Roche vom Krokodil getötet wurde und wir erstmal alle lachen, weil es wirklich eine witzige Szene ist, aber dann sitzt sie total verzweifelt vor den Römern ihrer Existenz und wird noch einmal von Charlie Kaufman angeschrien.
Johannes Franke: Ja, sie will nochmal von vorne anfangen, sagt sie. Irgendwie sowas in der Richtung, oder? Ja,
Florian Bayer: sie ist einfach fertig. Sie weiß gar nicht wohin und sie weiß, dass es jetzt vorbei ist. Und dann wird sie von diesem erfolglosen, vermeintlich erfolglosen Drehbuchautoren auch nochmal angeschrieben, so halt die Klappe, du bist doch nur eine drogensüchtige Schlampe, ich weiß nicht mehr, was er zu ihr sagt. Ja,
Johannes Franke: es ist was in der Richtung, ja, es ist hart.
Florian Bayer: Aber okay, sie hat versucht, ihn umzubringen, also was erwartet sich. Und ja, genau, aber großartige Rolle und großartige Figur und das ist dann vielleicht auch was, trotz dieser ganzen Metagespiele, was den ganzen, was was sich halt durch diesen Film zieht und was man vielleicht auch als prätentiös erachten könnte, die Figuren sind lebendig, die Figuren atmen. Ja. Und du bist halt bei jeder Figur dabei. Du bist halt, du findest La Roche spannend, du findest Susan spannend und du findest aber auch Charlie spannend. Ja, voll. Und jetzt hab ich ihn als drittes genannt, weil es dann halt doch auch neben ihm genug gibt, woran... man sich festhalten kann, wo man mitgehen kann.
Johannes Franke: Und deswegen ist es ja auch irgendwie tatsächlich eine Adaption dieses Buches. Was ich total schön finde, es sind, wie du vielleicht sagst, diese 20 Minuten, die man rausdestillieren müsste, um wirklich an dieses Buch ranzukommen. Was passiert in diesem Buch? Der Rest ist halt Gespinne drumherum. Aber ich finde diese Geschichte tatsächlich auch sehr spannend. Mit den Blumen, mit dieser Orchidee, mit diesem Typen, der das alles als Obsession hat. Und dieser Autorin, ich finde die Geschichte wirklich, wirklich toll erzählt.
Florian Bayer: Sie taugt halt einfach nicht für 90 Minuten oder geschweige denn 120 Minuten. Weiß ich nicht,
Johannes Franke: vielleicht würde es das sogar. Das wäre eine gute Frage.
Florian Bayer: Ich glaube, dass du Charlie Kaufman und Spike Jonze hätte das wahrscheinlich hingekriegt. Ja. Und es wäre tatsächlich spannend, die Frage, was passiert, wenn man diesen Plot, diesen 20 Minuten Plot aufbaut zu einem. abendfüllenden Film und auf diesen ganzen Metascheiß verzichtet.
Johannes Franke: Weißt du, jetzt habe ich den ganzen Gedanken. Ich glaube, dass Charlie Kaufman das versucht hat und festgestellt hat, dass er diesen ganzen Scheiß, diesen Hollywood-Scheiß, den er ja in diesem Film dann auch am Ende hat, dass er den dazu bräuchte. und dass er das Buch damit ganz schön in die Scheiße reiten würde. Er wäre dem Buch nicht gerecht geworden. Und sein Cop-Out ist, eine Geschichte drum herum zu spinnen, die dazu führt, dass er diesen Cop-Out machen kann, ohne dass das der eigentlichen Geschichte schadet.
Florian Bayer: Weil der Hollywood-Scheiß dann, weil sein Film für den Hollywood-Scheiß verantwortlich ist und nicht die Originalgeschichte.
Johannes Franke: Genau.
Florian Bayer: Okay, Elephant in the Room. Was halten wir von Robert McKee? Und ich weiß, und du darfst jetzt nicht einfach sagen, das ist ein Quacksalber, weil ich weiß, du bist der, der mir ständig Lektionen erhält, dass ich doch bitte, dass wir doch bitte eine Heldenreise bedenken sollen. Die Drei-Akt-Struktur und so. Du bist nämlich der, der alles formalisieren will und sagt, es gibt Regeln.
Johannes Franke: Moment, Moment. Ich bin hier in der Rolle als Kritiker, nicht als Schreiberling. Das heißt, ich bin derjenige, der das überall sieht. Nicht der, der das überall da reinbaut. Sondern ich sehe, dass die Leute das machen einfach wahnsinnig viel. Drei-Akt-Struktur, Heldenreise etc. Save the cat.
Florian Bayer: Ich glaube... Ja? Du darfst gleich weiterreden. Ja. Dreier-Truktur und Heldenreise machen nicht die, die die Dinger schreiben, sondern die, die sie unbedingt reinlesen wollen.
Johannes Franke: Flo, du willst mich nur dissen.
Florian Bayer: Heldenreise ist das überdehnteste Film-Joke überhaupt. Und du kannst dir sogar so was Prototypisches wie fucking Star Wars, was in jedem Filmseminar gelehrt wird, angucken und sagen, nee, das stimmt ja überhaupt nicht, was ist denn das für ein Bullshit? Du musst nicht immer zaudern und der Held zaudert auch nicht immer und nur weil einer mal kurz sich räuspert, ist das kein Zaudern. Weiter im Text, bitte.
Johannes Franke: Das Tolle ist, dass man natürlich all diese Regeln kennen kann und dann sagen kann, ich werfe die alle über Bord, mir doch wurscht, brauche ich alles nicht, aber vielleicht eben einfach im richtigen Moment, weil man weiß. okay, so funktioniert die Geschichte, die ich erzählen will. Und ich sage mit Absicht die Geschichte, die ich erzählen will, weil jede Geschichte anders ist. Jede Geschichte braucht eine andere Technik. Und dann ist es manchmal die Dreiecksstruktur. Ist doch auch in der Schule. Was soll denn das?
Florian Bayer: In der Schule würden Sie jetzt sagen, jeder dreht in seinem Tempo. Ja,
Johannes Franke: genau.
Florian Bayer: Mein Genre ist der Horrorfilm. Was ist das?
Johannes Franke: Also die Frage ist für mich noch nicht einmal, was halte ich von diesem Guru? sondern die Frage ist für mich, was hält Charlie Kaufman wirklich von diesem Guru? Und was hält Charlie Kaufman von diesen Regeln und von den Ideen, die dahinter stecken? Und was vermittelt uns am Ende vielleicht der Film? Beziehungsweise was glauben wir danach? Weil der Film will ja nichts. Ich weiß, ich weiß. Sehr gut.
Florian Bayer: Hast du voll gut gemacht. Ich bin stolz auf dich. Hat ja nur 175 Episoden gedauert.
Johannes Franke: Flo haut mir das jedes Mal um die Ohren. Ein Film will nichts. Er hat keine eigenen Gefühle. Okay, also. Ich finde interessanter zu wissen, zu fragen, was erzählt uns Charlie Kaufman hier? Weil ich habe das Gefühl, dass Charlie Kaufman am Ende so ein bisschen sagt, okay, vielleicht brauchen wir bestimmte... Sachen, die auf eine bestimmte Art und Weise funktionieren. Vielleicht brauchen wir die Cardschase-Szene. Vielleicht brauchen wir einen Mord oder einen Konflikt und einen Redemption-Arc und einen Moment, wo jemand eine Epiphanie hat. Weil die hat ja dann Charlie mit Donald. Diese ganzen Sachen. Vielleicht braucht es das wirklich. Weil der Film endet dann so und ich muss sagen, ich finde das Ende ziemlich geil. Ich mag das Ende. Ich find's großartig. Und nicht nur, weil die Ironie drin steckt, dass er eigentlich das alles verachtet und am Ende doch machen will.
Florian Bayer: Nein, nein, das Ende ist dafür, dass alles so ironisch ist, dass es dann erschreckend unironisch, wie mit dieser Ironie umgegangen wird. Man denkt ja, also wenn man McKee hört und davor diesen Film gesehen hat, denkt man ja ganz oft, ja, natürlich hat er an bestimmten Punkten recht. Natürlich war das gerade so sehr viel Meta-Bullshit. Und es tut dann auch gut, dass mal geschrien wird, bitte. kein Off-Erzähler. Während wir diese Off-Demören, das ist natürlich eine der witzigsten Szenen zu uns.
Johannes Franke: Weil er wirklich, er sitzt in dem Seminar, bei dem Typen, bei dem er verachtet, hat die ganze Zeit seine Off-Stimme, die ihm sagt, was mache ich hier, warum bin ich hier, ich muss gehen, ich muss unbedingt gehen. Und in dem Moment ruft dieser Typ und bitte verzichtet auf euren fucking Off-Erzähler. In dem Moment wird er stumm. Es gibt keinen Off-Erzähler mehr bis zum Ende des Films.
Florian Bayer: Das Witzige ist ja, dass McKee gar nicht so gegen innere Monologe ist. Das wird ja auch nochmal klargestellt im Hinblick auf diesen Film. Sowas habe ich nie behauptet. Natürlich können Off-Erzähler oder innere Monologe oder wie auch immer sehr viel zum Film beitragen. Aber bei anderen Sachen hat er halt auch recht. Wenn er sagt, wenn Charlie Kaufman aufsteht und sagt, ey und wie ist es denn mit einem Film, in dem nichts passiert, weil das Leben doch so ist und er ihn anschreit und sagt, wie, du glaubst im Leben passiert nichts? Sag mal, hast du einen Arsch auf?
Johannes Franke: Richtig laut.
Florian Bayer: Das hat dann... Und wir auf seiner Seite auch irgendwie. Natürlich macht sich Charlie Kaufmann vorher unfassbar viel. lustig über diese Leute, die dem folgen. Ja. Und Donald Kaufmann wird ja auch die schlimmste Art dieser Leute, die solchen Ideen folgen, gezeigt, weil Donald Kaufmann nur noch in dem Skript denken kann, das er vorgesetzt kriegt von McKee. Ich glaube, also der Film, das hat tatsächlich funktioniert. Also McKee hat gewonnen. Wow, the audience and you will be fine? Nee. Du solltest verstehen, dass im Leben was passiert. Was machst du mit deinem Leben, wenn du das Gefühl hast, dass nichts passiert? Okay. Also Charlie Kaufmann sagt zu ihm im Gespräch, was sie gesagt haben da im Saal, als sie mich angeschrien haben, hat nicht nur eine Bedeutung für mein Buch, sondern für mein ganzes Leben. Und hat es ja auch offensichtlich. Also eigentlich ist McKee am Schluss der Sympathische. Ich weiß nicht, ob Charlie Kaufmann das wollte, aber das passiert in dem Film irgendwie. Und wie du sagst, wir sind auch dankbar dafür, dass wir dann dieses McKee-Donald-Kaufmann-Ende kriegen. Auch wenn er am Schluss noch mal einen Offerzeller hat und auch wenn er ein Deus Ex Machina einbaut, wo McKee ja nicht so glücklich damit wäre. Aber irgendwie gewinnt ja am Schluss Hollywood, ne?
Johannes Franke: Ja, das ist es halt. Und auf eine Art und Weise, die sich nicht nur darüber lustig macht. Wie du sagst, dafür ist es... fast ein bisschen zu ernst inszeniert, als dass es irgendwie nur eine ironische Überhöhung sein könnte.
Florian Bayer: Nein, er will ja das Publikum glücklich machen. Und wir wissen, wenn wir uns angucken, was Charlie Kaufman danach gemacht hat, vor allem was er auch, wo er Regie geführt hat, dann ist das nicht das, was Charlie Kaufman macht. Charlie Kaufmans Filme machen uns nicht glücklich am Ende. Ja. Und ich finde, ein Thinking of Ending-Film, das geht noch einigermaßen, aber sowas wie Anomalisa... Ja. pure Depression am Schluss. Du sitzt am Schluss vor diesem Film und sagst, ich will sterben. Und dann, es ist schon was anderes. Und das ist halt Donald Kaufman. Charlie und Donald Kaufman sind beide, sind auch Donald Kaufman ist der erste fiktionale Person, die für einen Oscar nominiert ist.
Johannes Franke: Super großartig, oder?
Florian Bayer: Und Charlie und Donald Kaufman haben zusammen das Drehbuch geschrieben. Der Film ist Donald Kaufman gewidmet, weil er ja tot ist.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Und Donald Kaufman ist der, der diesen Film am Schluss auch rettet. Oder aus dem Film das macht, was daraus geworden ist. Weil Spike Jonze hätte jeden Shit von Kaufman mitgemacht. Hat er davor ja auch bei John Malkovich.
Johannes Franke: Genau. Aber Spike Jonze scheint schon auch ein bisschen derjenige zu sein, der das Ganze schiebt in so eine leichtere Richtung, in so eine lebensfröhlichere Richtung, eine komödiantischere Richtung.
Florian Bayer: Spike Jonze ist ein... unglaublich guter Regisseur. Der hat so wenig gedreht, das ist total deprimierend. Immer wenn ich auf die Filmografie von Spike Jones gucke, denke ich, warum? Gib dem mehr in die Hand, der muss mehr machen.
Johannes Franke: Vielleicht hat er auch keine Lust, vielleicht sagt er auch einfach, ich bereite mich lieber drei Jahre, vier Jahre, fünf Jahre vom Film vor und den Rest der Zeit sollen die anderen machen.
Florian Bayer: Mit Where the Wild Things Are, der hat meinen liebsten, meiner liebsten Film aller Zeiten gedreht, der ganz weit oben ist. Und Hör, das hast du, glaube ich, auch ordentlich abgefeiert. Ja,
Johannes Franke: Hör war super, großartig.
Florian Bayer: Ich finde, vielleicht noch ganz spannend, Um dieselbe Zeit rum wie Adaptation ist Confession of a Dangerous Mind entstanden.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Von Kaufmann. Und der ist tatsächlich eher so ein Donald Kaufmann Skript. Wir müssen gleich nochmal über Donald Kaufmann Skript reden. Ja. Weil das ist wirklich ein unterhaltsamer Film und auch so ein bisschen palpiger Film und so ein cheesy Film. Und wie genial ist das Skript von Donald Kaufmann. Ich will The Three sehen. Ohne Bedingt. Johannes, worum geht's in The Three?
Johannes Franke: Es gibt wohl anscheinend einen Film, der tatsächlich relativ ähnlich ist dem... Die Frage ist, worum geht es in The Three? Es geht um einen Cop, einen Opfer und einen Täter, die am Ende eine und dieselbe Person sind?
Florian Bayer: Ja, der Serienkiller hält das Opfer gefangen, der Cop ermittelt und verliebt sich währenddessen das Opfer, ohne es gesehen zu haben. Und es gibt eine ganz großartige Jagdszene, wo der Copt auf Fährt...
Johannes Franke: Fährt gegen Motorrad.
Florian Bayer: dem Motorrad hinterher jagt. Und da haben wir natürlich auch so ein Sinnbild für den Kampf Natur gegen Technik. Und die sind alle drei die gleiche Person immer noch.
Johannes Franke: Und weißt du was? Dann stellen wir uns vor einen Spiegel und dann zerbricht dieser Spiegel und das ist sinnbildlich für die Zerrissenheit unserer Hauptfigur. Ich will diesen Film sehen. Ich war so, oh Gott, wie geil.
Florian Bayer: Und es ist nicht geil, dass Donald Kaufman, dass Charlie so mehr oder weniger freiwillig, dass das Skript halt irgendwem zuwirft, weil er denkt, da wird sowieso nichts draus. Und dann sind die alle begeistert davon. Und die wollen das alle verfilmen.
Johannes Franke: Das ist aber auch eben nicht nur am Ende und und. Ich kann mir auch vorstellen, dass genug Leute sagen, der macht sich nur darüber lustig und er findet es irgendwie scheiße. Aber ich habe das Gefühl, auch selbst in diesen Szenen, wo er Donald Kaufman in seinen Skript geschrieben hat, also quasi eine Split Personality hat, und sich im Film darüber lustig macht, Split Personalities zu benutzen, dass er einfach nicht nur platt sagt, das ist alles scheiße, sondern einfach diese Zerrissenheit zwischen diesen Dingen, die einfach funktionieren und diesen vielleicht leicht oberflächlichen oder diesen sensationalistischen Sachen und den True-to-Life-Sachen, die er eigentlich schreiben möchte.
Florian Bayer: Auf jeden Fall, da bin ich voll bei dir. Ich glaube, Charlie Kaufman hat ganz viel von Donald Kaufman und hat das in diesen Film auch reingepackt. Und vielleicht auch, weil er davor diesen Film gemacht hat, wo er noch mehr von Donald Kaufman drin hatte, von der Art, wie Donald Kaufman schreibt. Und ich glaube, er hat diesen Film aber auch so ein bisschen benutzt, um dieses Donald-Kaufmännische in sich, zumindest in seinem Künstlerischen, zu beerdigen. Ja. danach kam eigentlich nicht mehr was, was diese Leichtigkeit hatte, sondern er wurde von Mal zu Mal düsterer.
Johannes Franke: Das ist aber traurig. Ich habe nämlich den Film eigentlich so gelesen, dass er gesagt hat, okay, ich lasse es mal zu. Ja,
Florian Bayer: genau. Und am Schluss lasse ich Donald sterben.
Johannes Franke: Ach Gott, nein, fuck.
Florian Bayer: Donald stirbt in diesem Film. Und wenn wir seine Filme sehen, hat Donald auch nicht gesiegt.
Johannes Franke: Nein, aber ich dachte, dass es vielleicht eine gute Synergie geben würde am Ende.
Florian Bayer: Passiert nicht, Donald stirbt einfach.
Johannes Franke: Shit. Aber Charlie hat was gelernt.
Florian Bayer: Auf jeden Fall, natürlich. Das gehört sich ja auch so für einen Film. Er muss durch eine Krise gehen, durch einen Konflikt und muss am Schluss als anderer Mensch rauskommen. Oder zumindest als gewachsener Mensch.
Johannes Franke: Trotzdem, ich habe die ganze Zeit Spaß. Ich habe die ganze Zeit Spaß daran, wie er sich über Hollywood lustig macht. Wie er sich über die ganzen Tropes lustig macht. Wie er aber auch verzweifelt da sitzt und einfach nichts gebacken kriegt.
Florian Bayer: Das Starke ist halt wirklich, dass es ganz viel prätentiöse Kunstkacke ist. Aber es ist so witzig und so unterhaltsam die ganze Zeit. Du lachst in diesem Film ständig. Es ist die inneren Monologe von Charlie, die Gespräche zwischen Charlie und Donald, dieser Blick auf das Filmbusiness, diese schrägen Figuren, die da rumlaufen, wie zum Beispiel der Agent von Charlie, der ihn beraten soll, aber dann die ganze Zeit nur sagt, was für Frauen er gerne flachlegen soll. Le Roche natürlich. Dann diesen Twist, den der Film in der Mitte kriegt. Es ist einfach ein sau witziger und sau unterhaltsamer Film.
Johannes Franke: Der Guru sollte eigentlich einen Monolog bekommen. der so seitenlang ist, wir darüber redet, dass man keine seitenlangen Monologe halten soll. Ja. Das ist so geil. Aber das haben sie rausgenommen, weil es halt ein seitenlanger Monolog war.
Florian Bayer: Ich glaube, an dem Plot wurde wahrscheinlich auch sehr viel rumgestückelt. Charlie Kaufman hat selbst wahrscheinlich auch nochmal sehr viel geändert. Und dann auch mit den Vorgaben vom Studio. Und es ist erstaunlich, dass das Ding durchgekommen ist. Und es wurde dann ja gedreht für 19 Millionen Dollar. Und es war zumindest national nicht so, aber international war es durchaus ein kleiner Erfolg. Also hat natürlich noch von diesem Bing Chen-Malkovich-Ruhm gelebt. Da konnte man sagen, der nächste Film von Charlie Kaufman, bevor er dann immer mehr wieder so ein bisschen in die Vergeißenheit geraten ist und eher von so einem Nischenpublikum angebetet wird mittlerweile. Aber ja, mit 32,8 Millionen Box-Office durchaus okay. Also vor allem bei so einem verrückten Skript und bei so einer verrückten Umsetzung. Und bei den Oscars hat er ja auch ein paar Nominierungen abgesahnt. Ja. Und sogar einen Oscar. Krass,
Johannes Franke: ne? Das ist schon beeindruckend. Ich hatte gerade noch den Gedanken, dass er vielleicht auch einfach am Ende, wenn wir schon bei der Synergie sind, vielleicht sagt Charlie Kaufman auch aus dem Hintergrund die ganze Zeit, nimm was immer du willst. Wenn es für dich passt, Hauptsache du hast Leidenschaft dabei. Hauptsache du steckst alles rein, was dir zur Verfügung steht. Und wenn es das Verkopfte ist, dann ist es das. Und wenn es das... Donald Kaufmann einfach drauf losschreiben und irgendwelchen Mist da reinbauen. Wenn du Spaß dran hast und dich ordentlich reinstürzt und es wirklich machst und nicht nur halbherzig, dann ist das vollkommen in Ordnung.
Florian Bayer: Ich glaube, eins kann man Charlie Kaufmann aus künstlerischer Perspektive mit Sicherheit nicht vorwerfen und das ist Mangel an Leidenschaft.
Johannes Franke: Ja, genau. Ich glaube, wir haben uns ziemlich totgequatscht. Lass uns mal in unsere Top 3 hineinrutschen. unsere Top 3 Top 3 Blumen Blumen in Filmen
Florian Bayer: Charlie Kaufman sagt irgendwann, jemand hat jemals Filme über Blumen gemacht. Ich will einen Film über Blumen machen und Donald sagt, ich weiß nicht mehr, er nennt irgendwas, was aber kein Film ist. Aber natürlich wurden Filme über Blumen gemacht. Ich hab mich trotzdem schwer getan.
Johannes Franke: Ich hab keine Filme über Blumen in der eigentlich. Ich hab so, Blumen spielen irgendwie eine größere Rolle oder haben eine bestimmte Symbolik oder sonst irgendwas.
Florian Bayer: Mein Platz 1 ist voll der Cheat. Und ich muss sogar noch anfangen. Ja. Und dann nehme ich den einzigen Film in meiner Liste, der wirklich sich um Blumen dreht. Und der war okay. Also das war schon ein guter Film, aber das war jetzt wirklich es war ein guter Film. Den kann man sehen. Deswegen gehört, es ist kein Muss-Man-Sehen-Film, aber es ist ein Kann-Man-Sehen-Film. Und zwar ist das Tulip Fever aus dem Jahr 2017. Uff. der spielt in den Niederlanden im 18. Jahrhundert, lass mich nichts Falsches sagen, und dreht sich um das sogenannte Tulpenfieber im 17. Jahrhundert. Als die Tulpen gekauft wurden als Investition und alle Leute verrückt gespielt haben, angefangen haben, Tulpen zu kaufen. und damit gehandelt haben quasi. Das war Börse, eine Tulpenbörse. Und manche sind darauf pleite geworden und wurden in den Selbstmord getrieben. Wir haben richtig so ein krasses Spekulationssystem mit diesen Blumen. Und erzählt wird die Geschichte von Sophia, gespielt von Alicia Vikander, die mit einem Typen verheiratet ist, mit einem Kaufmann, der eben genau das macht, mit Blumen handeln, der gespielt wird von Christoph Walz. Oh! Und sie ist... Naja, sie ist irgendwie so eine Mischung aus Kind, Gefangene und Ehefrau, wie das halt in der Zeit öfter mal war. Und dann wird ein Maler engagiert, der ein Bild von ihr anfertigen soll. Und es kommt natürlich zu einer Affäre. Und es gibt auch viele Klischees in dem Film, aber er ist sehr exquisit inszeniert und hat... Es ist ein schöner Historienliebesfilm.
Johannes Franke: Exquisit inszeniert.
Florian Bayer: Gute Bilder, gute Kulissen, gute Kostüme.
Johannes Franke: Okay. Exquisite Inszeniert. Das habe ich noch nie aus deinem Mund gehört. Exquisite Inszeniert.
Florian Bayer: Du bist dran.
Johannes Franke: Entschuldigung. Ich weiß nicht, wie komme ich da wieder raus. Ich habe auf meinem Platz 3 der kleine Horrorladen. Eine fleischfressende Pflanze als Zentrum eines Films.
Florian Bayer: Ganz großartiges Film. Sehr,
Johannes Franke: sehr lustiges Musical.
Florian Bayer: Mit Rick Moranis. Ja,
Johannes Franke: stimmt.
Florian Bayer: Genau, toller Film. 1986, Little Chopper, V-Ross. Den müssten wir auch mal gucken. Den musst du mir eigentlich irgendwann geben. Ja,
Johannes Franke: ich muss den irgendwann mal geben. Auf jeden Fall.
Florian Bayer: Mein Platz 2 ist Blumenzähne aus American Beauty. Weil sie einfach schön ist.
Johannes Franke: Ja, ich hätte sie auch fast reingenommen.
Florian Bayer: Eine wunderschöne Traumszene, in der eine junge Frau, etwas jung für unseren Mit-40er-Protagonisten, von einem Rosenregen begegnet. Von einem Rosenregen.
Johannes Franke: Sie klebt an der Decke, die Rosen auch. Sie kommen langsam auf ihn runter, geregnet.
Florian Bayer: Danke. Genauso. Und es ist eine schöne Szene und es ist eine sehr gelungene Szene.
Johannes Franke: Die roten Rosen als
Florian Bayer: Leidenschafts-und Luftsymbol.
Johannes Franke: Ja, Platz zwei wäre bei mir Wizard of Oz. Wie sie im Mondfeld liegen und schlafen. Ich finde es ganz toll. Und es ist einer der ersten Farbfilme, die irgendwie auch die Lust an der Farbe in Blumen überhaupt. dann gefeiert haben. Ich fand's ganz toll.
Florian Bayer: Schöne Szene. Platz 1, voll der Cheat, Magnolia. Magnolia ist einfach mein Lieblingsfilm und der heißt Magnolia. Blumen spielen, glaub ich, keine Rolle, außer im Vorspann und im Abspann sieht man diese Blumen, die sich öffnet. Und man könnte jetzt auch irgendwas von sinnbildlich für die Person...
Johannes Franke: Aber jetzt will ich was von dir hören.
Florian Bayer: Guckt euch Magnolia an.
Johannes Franke: Na gut, okay. Auf Platz 1, City Lights. haben wir besprochen, das Blumenmädchen, das bei Charlie Chaplin, das blind ist und Charlie Chaplin muss, will, verliebt sich in sie und ja, will ihr irgendwie helfen. Sehr cool. Das war eine kurze Liste. Das war schnell abgehandelt.
Florian Bayer: Wir sind heute sowieso so ein bisschen auf Speed, ne?
Johannes Franke: Sind wir irgendwie.
Florian Bayer: Ich habe auch das Gefühl, also liebes Publikum, wir haben nicht gekokst vor dieser Episode und wir haben uns auch keine Orchideen reingezogen.
Johannes Franke: Hätten wir machen sollen. Ja.
Florian Bayer: Hast du mal recherchiert, wie das ist mit Orchideen? Nee,
Johannes Franke: keine Ahnung.
Florian Bayer: Gibt es das wirklich? Also ist das ein Ding?
Johannes Franke: Keine Ahnung. Schreibt uns, wenn ihr wisst, wie das mit Orchideen ist.
Florian Bayer: Kann man Orchideen trocknen und zu Pulver verarbeiten und dann schnüffeln? Wenn ja, wenn ihr, also wir nehmen Fanpost an, das wisst ihr. Zurück zum Film.
Johannes Franke: Das war... unserer Top 3. Okay, dann sind wir jetzt im Film. Haben wir irgendwas noch rauszuholen? Irgendeine große Baustelle, die wir aufmachen wollen oder wollen wir uns in unser Urteil hineinstürzen?
Florian Bayer: Auf ins Urteil. Das
Johannes Franke: Das Ursal. Sehr schön, dann Flor, erzähl doch mal. Ja,
Florian Bayer: es ist ein Muss-man-sehen-Film. Es ist wirklich, es ist einer der wirklich schönen, einer der schönsten selbstreferentiellen Filme, die es da draußen gibt. Ja. Ich stehe auf Selbstreferentialität. Wenn man genervt ist von sowas und das prätentiös und platt findet, dann ist der Film vielleicht nicht das richtige für einen, aber ich glaube, er ist witzig und unterhaltsam genug. und ironisch genug in diesem künstlerischen Anspruch, dass man trotzdem Spaß dran haben kann.
Johannes Franke: Ich glaube, dieser Film ist nicht nur ein Muss-man-sehen-Film, sondern ein Muss-man-20-mal-sehen-Film, weil so viele kleine Details drin sind. Auch natürlich, wenn man den einmal gesehen hat und weiß, wo der Hase langläuft, man dann noch mal und noch mal durch das ganze Ding geht und wieder und wieder Sachen findet, die irgendwie geil sind und Gags und kleine versteckte Dinge. also auch die Doppelbödigkeit nochmal in eine Dreifachbödigkeit hinaus ausdehnen kann. Und ja, also insofern schaut ihn euch immer wieder an, findet die ganzen kleinen Sachen. Ich finde, dass der Titel Adaptation natürlich total großartig ist, weil er einfach eine Adaption schreiben soll, aber das nicht hinkriegt und dann aber einen Haufen Figuren hat, die irgendwie sich anpassen. Sie, der Autorin, passt sich irgendwie an ihn an. und er scheitert daran, sich ans Leben anzupassen. Also Haufen solcher Dinge. Charlie versucht sich an Donald anzupassen und irgendwie wird da eine Synergie draus oder auch nicht am Ende, wie Plore das so sagt.
Florian Bayer: Donald will sich an Charlie anpassen und bezahlt damit mit seinem Leben.
Johannes Franke: Also solche Sachen, nur solche Ebenen, die es noch und nöcher gibt, die kann man noch entdecken. Insofern schaut ihn euch an und gerne, wenn wir irgendwas übersehen haben, was wir hätten besprechen sollen, dann schreibt uns.
Florian Bayer: Ein stimmiges Urteil heute. Ein Muss-man-sehen-Film. Ich hoffe, ihr habt ihn schon gesehen. Wenn ihr wissen wollt, was ich Johannes für nächste Woche aufnehme, bleibt dran. Das erfahrt ihr nämlich nach dem Jingle. Ansonsten euch vielen Dank fürs Zuhören. Johannes, danke, dass du den Film...
Johannes Franke: Ja, wahnsinnig gerne. Danke, dass du ihn geguckt hast. Und jetzt darfst du gerne den Jingle einmal imitieren, damit ich ihn nicht einspielen muss. Und los.
Florian Bayer: So happy together. Was? How is the weather?
Johannes Franke: Vielleicht spiele ich doch lieber den Jingle an. Ciao, bis nächste Woche. Tschüss. Und los, Flor, erzähl mir was.
Florian Bayer: Wir haben schon mehrmals über diesen Regisseur und Autoren gesprochen. Ja. Und vor allem Autoren. Und wir haben beide Filme gefunden, die wir von ihm mochten.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Und beide Sachen, die wir, glaube ich, nicht so gut fanden. Du hast von ihm unter anderem das The Boat That Rocked und Blackadder vorgeschlagen.
Johannes Franke: Okay. Ich dachte schon, du lässt mich raten, aber jetzt wird mir natürlich...
Florian Bayer: Richard Curtis und einer meiner liebsten Filme von ihm. Einer meiner liebsten Rom-Coms überhaupt. Four Weddings and a Funeral. Vier Hochzeiten und ein Todesfall.
Johannes Franke: Okay, dann werden wir nächste Woche Hugh Grant einmal anschmachten und werden uns vier Hochzeiten und einen Todesfall anschauen.
Florian Bayer: Genau. Guckt euch den Film vorher an. Wie immer werden wir ganz viel spoilern und wir freuen uns, euch nächste Woche nicht zu hören. Aber ich hoffe, wir freuen uns, dass ihr uns nächste Woche hört. Bis dahin, ciao.
Johannes Franke: Bis dahin, ciao.
