Episode 9: The Man Who Killed Don Quixote, Annie Hall
Wir reden über Terry Gilliams epochales Mammutprojekt The Man Who Killed Don Quixote aus dem Jahr 2018, sowie über den New Hollywood Woody Allen Klassiker Annie Hall von 1977. Bei Zweiterem diskutieren wir auch über die Frage, inwieweit sich Kunstwerk und Künstler voneinander trennen lassen, und inwieweit Woody Allen zu den Künstlern gehört, die man heute noch guten Gewissens unterstützen kann. Ziemlich einig sind wir allerdings dann bezüglich der Qualität seines berühmtesten Stadtneurotiker-Films. Uneinig sind wir uns dagegen, was die Qualität von Terry Gilliams schwerer Geburt, der Auseinandersetzung mit dem berühmten Ritter von trauriger Gestalt betrifft: Meisterwerk, dass Gott sei Dank endlich das Licht der Welt erblickt, oder doch nur ein sehr durchschnittlicher Film, der all die Mühe und all den Hype nicht wert war?
Wie immer gibt es auch wieder Bestenlisten: Dieses Mal werfen wir einen Blick auf die eindrucksvollsten gescheiterten Beziehungen im Film, sowie die spannendsten ambitionierten, überambitionierten Projekte der Filmgeschichte.
Wenn ihr anderer Meinung seid als wir, schreibt uns unter florian@mussmansehen.de oder johannes@mussmansehen.de.
Annie Hall [Woody Allen]
(USA 1977)
Annie Hall. DER Film den man Menschen zeigt, die Woody Allen nicht kennen. Nicht nur als Filmemacher, sondern man bekommt fast den Eindruck, dass man Woody Allen als Privatperson mit diesem Film stereotypisieren kann. Es geht im Grunde um eine gescheitere Beziehung, die Alvy Singer, unser Protagonist, zu verstehen versucht und dabei in Rückblenden reflektiert. Das wars schon. Mehr Geschichte gibt es nicht, obwohl natürlich einiges passiert. Aber eigentlich einigermaßen austauschbar werden Episoden gezeigt, in denen man die Beziehung unserer beiden Hauptfiguren kennenlernt. Für mich war Diane Keaton, seit ich den Film als Jugendlicher gesehen habe, der Inbegriff der verträumten Intellektuellen, die ich sicherlich in vielen meiner Beziehungen gesucht habe. Für die Gesellschaft damals, wurde sie zum Fashion Icon und Ralph Lauren nahm für sich in Anspruch, eine ganze Generation damit geprägt zu haben, obwohl er nur zwei Kleidungsstücke beisteuerte. Ein einflussreicher Film. Damals wie heute.
The Man Who Killed Don Quixote [Terry Gilliams]
(Spanien 2018)
Es dürfte sich um eine der schwierigsten Geburten der Filmgeschichte handeln. Und folgerichtig ist die Erleichterung erst einmal groß, dass der Film, der so lange Zeit im kreativen Fruchtwasser verbracht hat, endlich das Licht der Welt erblickt. 1989 las Monty-Python-Mitglied und Kultregisseur Terry Gilliam den Romanklassiker Don Quixote von Miguel de Cervantes, und seitdem spukte in seinem Kopf die Idee, den Stoff zu verfilmen. Es sollte insgesamt fast 30 Jahre dauern, bis das finale Werk The Man Who Killed Don Quixote einem Publikum auf der großen Leinwand präsentiert werden sollte.
Zwischen der Idee und der finalen Umsetzung steht ein langer, mal quälender, mal absurd komischer, mal einfach nur tragischer Schaffensprozess, bei dem das Projekt gleich mehrmals abgebrochen werden musste: Probleme, Geldgeber zu finden, Streit mit Produktionsfirmen, eine epische Katastrophe beim ersten großen Drehversuch, ein endlos scheinender Rechtsstreit mit einem Produzenten… die Geschichte von der Entstehung dieses Films hat mehr von einer opulenten Tortur, als die Geschichte im Film selbst es jemals haben könnte.
In diesem steht der Filmemacher Toby im Mittelpunkt, der für einen Werbedreh in Spanien ist, wo er zehn Jahre zuvor den Don Quixote mit ortsansässigen Laien verfilmte. Durch Zufall trifft er wieder auf seinen damaligen Hauptdarsteller, den alten Schuhmacher Javier, der sich seit den Dreharbeiten für Don Quixote höchstpersönlich hält. Durch eine Verkettung bizarrer Umstände sieht sich Toby gezwungen, zusammen mit Javier durch das spanische Hinterland zu reisen: Eine Reise, bei der Gegenwart und Vergangenheit, Traum und Wirklichkeit, Realität und Imagination immer weiter verschwimmen.
Ein Meta-Film also, ein übergroßes, überambitioniertes Projekt, dass sich und seine Entstehung irgendwie selbst thematisiert. Das kann ja eigentlich nur ein absolutes Meisterwerk oder ein monumentales Desaster werden… Oder?
Transkript
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