Episode 32: Sein oder Nichtsein, Das Cabinet des Dr. Caligari
In dieser Woche haben wir zwei große Klassiker der filmischen Auseinandersetzung mit dem Deutschland des frühen 20. Jahrhunderts vor uns. Dabei ist zumindest einer davon nicht einmal ein ein deutschsprachiger Film. Das Cabinet des Dr. Caligari von Robert Wiene spiegelt die Auseinandersetzung der Deutschen mit dem beginnenden Autoritarismus nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, und ist zugleich einer der ersten Horrorfilme und formvollendeten expressionistischen Filme überhaupt. Sein oder Nichtsein von Ernst Lubitsch setzt sich mit den Schrecken des Nationalsozialismus auf komödiantische Weise auseinander.
In unseren passenden Bestenlisten üben wir uns in Nazi-Bashing und feiern die besten Schurken in der Geschichte des Kinos.
Das Cabinet des Dr. Caligari [Robert Wiene]
(Deutschland 1920)
Das Kabinett des Dr. Caligari aus dem Jahr 1920 ist – zumindest wenn es nach dem Feuilleton geht – einer der größten, wenn nicht sogar der größte deutsche Film des 20. Jahrhunderts. Dies nachzuvollziehen fällt nicht besonder schwer, haben wir in Robert Wienes Horrordrama doch gleich mehrere Firsts versammelt: Der erste wirklich vollständige expressionistische Film. Check. Der erste Horrorfilm, lange bevor Horror überhaupt ein eigenes Genre war. Check. Einer der ersten großen Plottwists im Kino, check. Und last but not least einer der ersten deutschen Filme, die international ein gewaltiges Echo hervorriefen. Check.
Erzählt wird die Geschichte von Dr. Caligari, ein Schausteller, der mit seinem Somnambulen Cesare, einem hypnotisierten Schlafwandler für einige Aufregung in der kleinen Stadt sorgt, vor deren Toren eher campiert. Merkwürdige Dinge gehen vor sich. Ein Beamter wird brutal ermordet, ebenso Alan, dem Cesare kurz davor den Tod prophezeit hat. Dessen bester Freund Franzis forscht daraufhin Caligari und seinem monströsen Schauobjekt hinterher und kommt einem schrecklichen Geheimnis auf die Schliche.
Das Kabinett des Dr. Caligari lässt die Realität weit hinter sich: Komplett im Studio entstanden bewegt er sich in schiefen, verzerrten, surrealen Kulissen, die mehr ein Fiebertraum denn Abbildung der Wirklichkeit zu sein scheinen.
Sein oder Nichtsein [Ernst Lubitsch]
(Frankreich 1960)
Lubinski, Kubinski, Lominski, Rozanski, und Poznanski. Wir sind in Warschau der Hauptstadt von Polen. August 1939. Europa ist noch im Frieden. Eine Theatergruppe probt allerdings gerade eine Satire auf Nazi-Deutschland und begibt sich in gefährliches Fahrwasser. Das Stück wird verboten, es könnte die Beziehungen zu Deutschland stören. Doch da kommt schon der Überfall. Deutschland marschiert in Polen ein und besetzt die Hauptstadt.
Um sich und die entstandene Untergrund-Widerstandsbewegung zu retten muss die Belegschaft des Theaters in Nazi-Rollen schlüpfen und damit Spione an der Nase herumführen. Im Weg sind ihnen nicht nur die Nazis sondern auch die Schauspieler selbst, deren Ego zu groß, die Rollen zu klein, die eifersucht zu groß, die Szenen zu improvisiert und die Bärte zu angeklebt sind.
Hier treffen nicht große Schauspieler auf böse Nazis, sondern eitle Menschen auf dumme Menschen auf machtgeile Menschen, auf ängstliche Menschen. Menschen die ums überleben kämpfen aber aus ihren menschlichen eigenheiten nicht herauskommen und dadurch in so einem ernsten Kontext, die Komödie möglich machen.
Oder wieviel Komödie hast du in der Tragödie gefunden, Plor?
Transkript
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