Also dann… Machen wir wieder einmal einen Ausflug in die filmhistorische Hochkultur. Die Nouvelle Vague aus Frankreich haben wir ja in unserer “Außer Atem” Episode bereits abgehandelt. Mit Vittorio de Sicas Film Fahrraddiebe aus dem Jahr 1948 reden wir heute über die europäische Filmbewegung, die der Nouvelle Vague unmittelbar vorausging: Den italienischen Neorealismus. Dieser entstand in den frühen 40er Jahren, in der Endzeit des italienischen Faschismus unter Mussolini, und gehört zu den großen Filmschulen des 20. Jahrhunderts.
Fahrraddiebe ist ohne jeden Zweifel Peak Neorealismus, der Film, der am besten auf den Punkt bringt, was diese filmische Schule ausmacht: Erzählt wird in der (damaligen) Gegenwart, eine einfache Geschichte aus dem Arbeitermilieu: Dem Tagelöhner Antonio wird das Fahrrad geklaut, das er für seinen neuen Job als Plakatierer zwingend benötigt. Keine Banalität für den Familienvater, der dadurch die Existenz seiner gesamten Familie auf dem Spiel sieht. Verzweifelt zieht er mit seinem Sohn durch Rom, auf der Suche nach dem Diebesgut und den Dieben.
In dieser einfachen Geschichte, die vom Zufall geleitet wird, verbindet sich ein dokumentarischer Blick mit einem humanistischen Pathos, der den alltäglichen Kampf des Prekariats ums Überleben nuanciert und mitreißend darstellt. Auch heute noch, gut 70 Jahre später für mich absolut fesselnd und berührend, einfach einer der besten Filme aller Zeiten, ein Urteil das ich mit dem Gros des Feuilleton und der Filmkritik teile.
Also bitte Johannes. Hier ist wieder einmal eine heilige Kuh. Bereit für die Schlachtung?
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