Archive: Episoden

Episode 113: Blind Date – Olli Dittrichs und Anke Engelkes Improtheater

Olli Dittrich und Anke Engelke dürften selbst dem härtesten Fernseh- und deutsche Medienlandschaft – Muffel etwas sagen. Ich kenne Olli Dittrich vor allem aus “RTL Samstag Nacht”, wo er DER Parodist schlechthin war und Anke Engelke kenne ich seit der Wochenshow. Meine Güte bin ich alt.

Die beiden waren also in unterschiedlichen Comedyformaten im Fernsehen unter Vertrag. Und 2001 dachte Olli Dittrich sich offenbar: Die Anke von der Konkurrenz, die ist richtig gut! Mit der muss ich dringend mal was machen. Es schien nur wenig Zeit zu geben, also beschlossen sie eine Impro-Szene zu drehen. Das ganze scheint so erfolgreich gewesen zu sein, dass sie danach noch weitere 5 Folgen drehen durften – obwohl das Format schon wirklich sehr sperrig war, für die Zeit und die Sehgewohnheiten, für das RTL und Sat 1 Publikum.

Zwei Menschen, die sich eine Stunde lang oder gar länger in einem eng abgesteckten Raum begegnen. Das erste Mal ein Blind Date in einem Restaurant, dann in einem Taxi nach Schweinau, im Aufzug, in einem Zug, zur Elternsprechstunde und im Hotelzimmer. Immer überlegen sich beide ihre Rollen vorher, sagen dem anderen aber nicht, was sie sich ausgedacht haben und begegnen dann einander wie Fremde, die sich dann streiten, verlieben, rumjammern und angeben.
Das ganze klingt, als hätte es großes Potenzial zu scheitern. Mit etwas Pech bleibt es einfach nur “Before Sunset” für Arme. Aber! Es sind ja immer noch Olli Dittrich und Anke Engelke. Können die beiden dem Format Leben einhauchen, dem man eine Stunde oder eineinhalb zuschauen möchte? Was meinst du … ah! Moment, diese Frage is mir zu Lmae. nehmen wir lieber die Frage die die ruhige Ruth dem Uwe auf der Taxifahrt stellt: “Was passiert mit dem Loch, wenn der Käse weg ist?”

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Episode 112: Spice World – Der Spice Girls Film

Wir wandern heute ins United Kingdom des Jahres 1997 und zu dem Hype, der damals die gesamte britische und internationale Musiklandschaft bewegt hat. Nein, ihr kleinen Britpop-Schnösel: Nicht Oasis oder Blur, sondern eine Musikindustriepflanze war es, die das ausgehende britische Musikjahrzehnt definierte.

Und man muss wirklich dabei gewesen sein, um zu verstehen, welche Wellen der Spice Girls Hype damals ausgelöst hat. Über 85 Millionen verkaufte Tonträger, Wannabe war omnipräsent im Radio und auf MTV, nicht nur auf der Insel, sondern in ganz Europa und dem Rest der Welt. Und jeder kannte die einzelnen Girls der Band und ihre Archetypen.

Fünf Mädchen, frisch aus der Casting-Hölle, bereit mit viel Girl Power und unter den Fittichen von Simon Fuller die Welt zu erobern. Nachdem ihr Debüt Spice im Vorjahr 1996 wie eine Bombe eingeschlagen hatte, sollte das zweite Album Spice World endgültig zur World Domination führen. Und dazu gehörte natürlich auch der passende gleichnamige Kinofilm. Ganz in der Tradition von den Beatles “A hard days night” eine Mockumentary, die das Tourleben der Band und die einzelnen Charaktereigenschaften von Ginger, Scary, Sporty, Baby und Posh beleuchtet. Inklusive einer Menge selbstreferenziellem Humor und vielen Musikeinlagen.

Johannes, schlüpf in dein Union Jack Hemd, wirf nen Parka über und zieh die viel zu hohen Plateauschuhe an. Wir reden heute über den Film Spice World.

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Episode 111: Der unsichtbare Dritte – Alfred Hitchcocks James Bond?

Wir schreiben das Jahr 1959 – Hitchcock hat schon eine unglaubliche Karriere hinter sich, während James Bond noch drei Jahre auf sich warten lässt.

Was James Bond damit zu tun hat?

Nunja, wenn man sich “Der unsichtbare Dritte” bzw. North by Northwest anschaut, bekommt man das unbestimmte Gefühl, dass alle nachfolgenden Bond Filme von ihm abgeschrieben haben. Es ist ein Agenten-Thriller – mit einem Agenten wider willen. Roger Thornhill wird von Spionen für “George Kaplan” gehalten, der ganz oben auf ihrer “to kill” Liste steht.
Also muss Thornhill sich etwas einfallen lassen, wie er am Leben bleiben und gleichzeitig beweisen kann, dass er nicht Kaplan ist. Dabei reist er mit einer sehr sexuell interessierten Dame durch Amerika, entgeht einigen Anschlägen und bekommt es mit echten Geheimagenten, Spionen und Gangstern – und mit sexuellen Eskapaden zu tun.

Nachdem der Film rauskommt, erhält Hitchcock ein Telegramm eines gewissen Ian Flemming, ob er nicht seine Geschichten um einen Agenten mit der Nummer 007 verfilmen möchte.

Plor, warum ist North by Northwest der erste James Bond und warum nicht? Und… was soll North by Northwest bitte schön für einen Himmelsrichtung sein?

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Episode 110: Teorema von Pier Paolo Pasolini – Kunstkacke oder rätselhaftes Meisterwerk?

Pier Paolo Pasolini gilt als einer der widersprüchlichsten und kontroversesten Regisseure des 20. Jahrhunderts. Vom Schriftstellertum kommend entdeckte er in den 60er Jahren den Film, drehte einige Werke im Geist des italienischen Neorealismus, um dann seine ganz eigene Vision eines sozialkritischen, marxistischen Kinos zu entwickeln: In diesem ist Jesus ein Subproletarier, wird die sexuelle Entgleisung eines Marquis de Sade mit dem Faschismus der Moderne in Zusammenhang gebracht und – wie in Teorema aus dem Jahr 1968 – wird eine Kritik des Bürgertums anhand der Feiler Erotik, Liebe und Spiritualität entworfen:

Ein einfacher, handgeschriebener Zettel, überbracht von einem engelsgleichen Postboten kündigt von der Ankunft eines Besuchers. Dieser wird von der prototypischen großbürgerlichen Familie, die im Zentrum von Teorema steht, in Empfang genommen und bewirtet: Nach und nach erliegen sie alle seinem Charme (und seinem Schritt): Magd, Mutter, Sohn, Tochter und Vater. Und jeder macht in den anschließenden sexuellen Begegnungen eine Entwicklung durch: Die Magd entdeckt die Spiritualität und zieht zurück aufs Land, die Mutter erlebt einen zweiten sexuellen Frühling, der Sohn kann sich endlich seiner Homosexualität und unterdrückten künstlerischen Ader stellen. Die Tochter wird erwachsen und katatonisch und der Vater lässt alle bürgerlichen Statussymbole hinter sich.

Teorema lässt viel Raum für Interpretation. Ist hermetisch, kryptisch und schreit geradezu nach einer hermeneutischen Analyse, die Pasolinis ambivalentes Leben, Verhältnis zum Bürgertum, Sozialismus, Staat und Religion einschließt…

…Aber wir wollen hier ja auch ein bisschen Spaß haben. Also Johannes: Wenn du von einem gottgleichen Jüngling nochmal komplett aus der Spur gerissen wirst, wohin soll die Reise gehen? In die abstrakte Kunst? In die Arme zahlloser junger Männer? In die Katatonie? Als Wunderheiler aufs Land? Oder doch lieber nackt schreiend in die Wüste?

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Episode 109: The Addams Family – Von den Cartoons über die Sitcom bis Wednesday

Meine Güte was hab ich mir nur dabei gedacht. Die Addams Family. Es gibt Unzählige Episoden von Animated Series, Live Action Series und über 50 Comics des Original Mr. Adams, der die Familie erfunden hat, gibt es zu sehen.

Gestartet hat die Addams Family als makabrer und düsterromantischer Gegenentwurf zur braven amerikanischen Vorstadtfamilie der 30er Jahre – gezeichnet von Charles Addams, der sich in den 60ern hat überzeugen lassen, dass es Bewegtbildpotenzial gibt für die makabre Familie.

1964 bis 1966 lief die erste Serie und ihr sollten viele, viele mehr oder minder gute Versuche folgen, den Spirit des Originals einzufangen.

Plor, natürlich müsste ich dich folgerichtig fragen: welche der Vorliegenden Verfilmungen trifft denn für dich den Geist von Charles Adams am Besten. Aber das sollten wir vielleicht erst am Ende resümieren. Deshalb mal ganz von vorn angefangen: gefällt dir die Idee der Addams Family überhaupt? Kannst du mit dieser Gothic-Overkill-Idee etwas anfangen?

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Episode 108: Fight Club – Toxic Masculinity, Midlife Crisis und Faschismus

David Finchers Fight Club aus dem Jahr 1999 ist eine Verfilmung von Chuck Palahniuks gleichnamigem Roman aus dem Jahr 1996.

Im Mittelpunkt steht ein namenloser, ungefähr 30jähriger Protagonist, der die Leere in seinem Leben durch Konsum und den Besuch diverser Selbsthilfegruppen zu füllen versucht. Auf einer Geschäftsreise lernt er im Flugzeug den Seifenverkäufer Tyler Durden kennen und fühlt sich von dessen anarchischer Lebensweise magisch angezogen. Gemeinsam gründen sie den Fight Club, einen Ort im Untergrund, an dem Männer noch Männer sein und sich gegenseitig die Fresse einschlagen dürfen. Doch schon bald muss unser Protagonist feststellen, dass Tyler Durdens Ambitionen deutlich weiter gehen, als bloß einen Ort für Hinterhofschlägereien zu verwalten.

Also dann: Stylishe Action, eine bizarre Geschichte mit komplexem Subtext, Basic CGI, Konsumkritik, Bullet Time Sex und ein Electroscore von den Dust Brothers. Also wenn das nicht End-90er ist, dann weiß ich es auch nicht. Anyway, Johannes, gegen wen würdest du denn gerne kämpfen?

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Episode 107: Schultze gets the Blues

„Schultze gets the Blues“ aus dem Jahr 2003 handelt von Schultze.

Schultze hat ein sehr eingetaktetes Leben in einem kleinen anhaltinischen Ort. Sein Leben pendelt zwischen Arbeit im Bergwerk, Kneipenbesuch, Schrebergarten, Musikverein und Angeln. Aber Schultze und seine Kumpels Manfred und Jürgen werden in den Vorruhestand geschickt.

Plötzlich gibt es eine Lücke im Leben zu füllen, die offenbart, dass Schultze vielleicht auch noch andere Ambitionen gehabt hätte. Er hört einen Song im Radio, der ihn erst zu schockieren, dann zu faszinieren scheint: Zydeco, Musik aus Louisiana – die er gleich an seinem Akkordeon ausprobiert. Irgendwie lässt es ihn nicht los, trotz seiner erfolglosen Versuche, die anderen für diese Musik zu begeistern.

Aber sein Musikverein erkennt seine Leidenschaft und schickt ihn zum Kulturaustausch nach Louisiana – wo er zur “Wurstfeier” mit Jodlern und deutscher Nationalhymne, seine Polka spielen soll.

Eine späte Reise zu neuen Leidenschaften.
Plor, welche Leidenschaften könntest du dir vorstellen im alter zu entdecken?

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Episode 106: Full Metal Jacket – Die Möglichkeiten und Grenzen des Antikriegsfilms

Stanley Kubricks Full Metal Jacket aus dem Jahr 1987 ist ein Film über die Ausbildung von amerikanischen Soldaten in den 60er Jahren und deren anschließenden Erlebnisse im Vietnamkrieg. Im ersten Teil erzählt er von den harten Bedingungen, unter denen die jungen Soldaten in South Carolina auf den Krieg vorbereitet werden. Während der clevere James, Nickname Joker, sich schnell an die Anforderungen des kommandierenden Ausbilders Sergeant Hartman anpassen kann, wird das Camp für Leonard, Nickname Pyle zur Hölle: Schikaniert und gedemütigt von Hartman, ausgegrenzt und schließlich gequält von seinen vermeintlichen Kameraden wird der einfache junge Mann zur tickenden Zeitbombe, die in einem Gewaltrausch explodiert.

Aber so schrecklich die Ausbildung ist, der Kriegsschauplatz in Indochina ist nicht weniger als die Hölle auf Erden. Joker, eigentlich als Kriegsreporter unterwegs, verschlägt es an die Front von Huế, wo er im Kampf gegen die vietnamesischen Guerrila erleben muss, wie den fertig ausgebildeten Soldaten auch noch das letzte Stück Menschlichkeit ausgetrieben wird… auch ihm selbst.

Full Metal Jacket gilt neben Francis Ford Coppolas Apocalypse Now als bester Vietnamfilm überhaupt: Erbarmungslos, direkt… und doch… ja selbst unter den genialen Händen von Stanley Kubrick unter dem Problem leidend, das alle Antikriegsfilme mit sich rumschleppen: Allzu leicht von dem fasziniert zu sein, was sie eigentlich anklagen wollen. Oder was denkst du Johannes?

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Episode 105: Doris Day als Spion in Spitzenhöschen

Endlich ein Doris Day Film. Da wir eh viel über Doris Day reden werden, echt nur schnell die Zusammenfassung der Handlung: Die Witwe Jennifer Nelson arbeitet als Meerjungfrau bei ihren Eltern. Als solche wird sie vom neuen Chef aufgegabelt und nach allen Regeln der Kunst objetkifiziert. Natürlich verliebt sie sich daraufhin in ihn. Da sie in den 60ern bei der NASA arbeiten, eignet sich das Grundgerüst eines Spionage-Spoofs bestens für die kommenden Verstrickungen. Jennifer Nelson wird der Spionage verdächtigt, weil sie jeden Tag ihren Hund Wladimir anruft.

Im Grunde eine „Bekommen sie sich oder bekommen sie sich?“ Geschichte, mit albernen Slapstickeinlagen und ganz vielen Harmlosigkeiten.

Deswegen meine Frage jetzt an dich, um im Sinne des Films zu bleiben: Und du so?

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Episode 104: 28 Days Later und das Genre des Zombiefilms

Es ist mal wieder Zeit für Horror, und darüber hinaus für ein Subgenre des Horrorfilms, das ich Johannes schon lange vorsetzen wollte. Der Zombiefilm wurde von George A. Romero mit seiner herausragenden Living Dead Trilogie in den späten 60ern und frühen 70ern definiert, verkam dann aber sehr schnell zum Synonym für billige, alberne und vor allem überflüssig Brutale Splatter-B-Movies. Erst in den 2000ern erlebte er ein unfassbares Revival, das ihm zu einer Popularität verhalf, die – The Walking Dead sei Dank – bis zur heutigen Zeit anhält.

Verantwortlich für dieses Revival ist unter anderem Danny Boyles “28 Days later” aus dem Jahr 2002: Der Fahrradkurier Jim wacht nach einem Koma in einer Welt auf, die von Menschen, die mit “Wut” infiziert sind, überrannt wurde. Die Infizierten haben keinerlei Vernunft mehr in sich, keinerlei Moral und keinerlei Menschlichkeit. Alles was sie wollen, ist verletzen und töten. Wer mit ihrem Blut in Berührung kommt, wird innerhalb von Sekunden selbst infiziert. Jim irrt durch das evakuierte, immer noch von Infizierten heimgesuchte London. Er findet in Selena eine Retterin und Mitstreiterin und flieht schließlich mit ihr und Frank, sowie dessen Tochter Hannah aus der verlorenen Stadt. In der Nähe von Manchester hoffen sie, Rettung in Form einer paramilitärischen Zufluchtstelle zu finden.

Zombie-Puristen mögen anmerken, dass es sich bei den Infizierten in 28 Days Later ja gar nicht um Untote handelt, aber ansonsten besitzt der Film alle Ingredienzen eines Zombiefilms: Eine Postapokalypse, in der der Schrecken hinter jeder Ecke lauert, ein soziopolitischer Subtext sowie ein Mäandern um Themen wie Verlorenheit, Einsamkeit, Hilflosigkeit. Gedreht in dreckigem Digitalformat gehört er zum Realistischsten, Bedrückendsten und Immersivsten, was das Genre aufzuweisen hat.

Also dann Johannes: Meckere erst mal über die Technik, die räudigen Bilder und die übertriebene Gewalt… und dann lass uns zum Kern dieses Meisterwerks vordringen.

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