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Kategorie: Amerikanisches Kino

Episode 67: Bonnie und Clyde – Das Kultverbrecherpaar und New Hollywood

Wir befinden uns im Texas der frühen 30er Jahre. Die amerikanische Wirtschaft steckt in einer tiefen Krise: Banken werden geschlossen, Häuser werden verpfändet. Viele Menschen befinden sich am Rande ihrer finanziellen Existenz. In dieser Zeit formiert sich die Barrow-Bande, angeführt von Clyde Barrow überfällt sie Lebensmittelläden, Tankstellen und schließlich vor allem auch Banken. Aus ihren Taten werden sich in den folgenden Jahren und Jahrzehnten romantisierende Legenden um das große Verbrecherpaar Bonnie und Clyde herausbilden.

Wir befinden uns im Hollywood der späten 60er Jahre und das alte Hollywood-Studiosystem steckt in einer tiefen Krise. Zu viele, zu formalisierte Stoffe. Das Publikum langweilt sich und wird zum immer populärer werdenden Fernsehen, nicht dem Hays-Code untergeordneten B-Movies oder der Konkurrenz aus dem Ausland gezogen. In dieser Zeit entwickelt Produzent und Schauspieler Warren Beatty noch im klassischen Studiosystem verhaftet den Stoff für eine Verfilmung der Geschichte von Bonnie und Clyde, die in den kommenden Jahren und Jahrzehnten als Vorläufer und Geburtsstunde des New Hollywood angesehen wird.

So, Johannes, und jetzt gleich zu Beginn die schwierigste Frage an dich. Kriegen wir das irgendwie zusammen? Die Wirtschaftskrise der USA in den 30er Jahren und die Krise des goldenen Hollywood in den 60ern? Kriegen wir das zusammen, die Begeisterung für ein kriminelles Outsiderpaar und die Begeisterung für ein von vermeintlichen Outsidern geschaffenes neues amerikanisches Kino, das stilbildend für die weitere US-Filmgeschichte sein sollte?

Your Turn.

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Episode 66: Das Fenster zum Hof – Alfred Hitchcock und der Voyeurismus

Mit gebrochenem Bein muss der Fotograf Jeff in seinem Hinterhofappartment der Langeweile trotzen und einen Weg finden sich zu beschäftigen, während er sehnsüchtig den Tag erwartet, an dem sein Gips abgenommen werden soll. Eine Woche noch. Dann ist es geschafft.
Aber was macht man mit so einer Woche?

Jeff beschließt seine Nachbarn zu bespitzeln, die wegen einer Hitzewelle alle Fenster weit offen stehen lassen. Und damit Einblicke geben in ihr mehr oder weniger spannendes Leben.
Besonders bei einem Nachbarn wird Jeff im Zuge seiner Beobachtungen misstrauisch. Hat der Typ etwa seine Frau umgebracht? Jeff steigert sich in diesen Gedanken und zieht seine Freundin und einen befreundeten Detective mit in die Sache rein.

Die ganze Zeit sieht man Jeff am Fenster sitzen das nicht zufällig Cinemascope-Format hat. Er schaut wie auf eine Leinwand ins leben der anderen. Ist „Rear Window“ in Deutschland bekannt als „Das Fenster zum Hof“ aus dem Jahr 1954 etwa ein Film über das Filmemachen? Was meinst du Plor?

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Episode 65: This is Spinal Tap

Spinal Tap, das sind David, Nigel, Derek, Viv und Mick. Bestimmt nicht die beste oder erfolgreiche Hardrock- und Heavy Metal Band der frühen 80er Jahre, aber eine Gruppe, die sich nicht unterkriegen lässt und trotz so mancher Misserfolge weiter Platten aufnimmt, weiter tourt, und weiter um ihren Platz in den Annalen der Musikgeschichte kämpft.

Wir schreiben das Jahr 1984 als der Dokumentarfilmer Marty sie bei ihrer aktuellen Tour und den Aufnahmen zu ihrem neuesten Album begleitet. Mittlerweile wissen wir natürlich, dass der dabei entstandene Film keine Dokumentation ist sondern eine bissige Satire auf Künstlertum und Musikbusiness. Nichts desto trotz hat der Film This is Spinal Tap einen gewaltigen Impact hinterlassen: Von Roger Ebert damals als witzigster Film des Jahre bezeichnet, bis heute Kultfilm vieler 80er Musikliebhaber, natürlich in der Liste der 1000 Filme, die man vor dem Tod gesehen haben sollte… und nicht zuletzt verantwortlich für eine fiktive aber doch ziemlich beständige Band, die bis zum heutigen Tage tourt und Platten veröffentlicht.

Johannes… mir fällt keine gescheite Frage ein. Also diesmal ganz platt und direkt: Hattest du denn Spaß?

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Episode 63: The Witch – Historizität und Post Horror

Es war einmal… oder? So beginnen doch die klassischen Märchen, die von Hexen und Waldgeistern handeln. Also… Es war einmal ein junger Regisseur namens Robert Eggers, der bei seinem filmischen Debüt persönliche Ängste seiner Kindheit in einem Horrorfilm verarbeiten wollte. Vielleicht war auch einmal ein ambitionierter Regisseur namens Robert Eggers, der vorhatte, ein historisch akkurates Porträt der Pilger- und Puritanerzeit zu gestalten. Oder da war ein spezieller Regisseur namens Robert Eggers, der an düsteren Familiendramen mit tiefenpsychologischem Subtext interessiert war. So ganz lässt sich das nicht auseinanderklamüstern…

Der Debütfilm jenes Robert Eggers, der alle drei Personen in sich vereint, The Witch aus dem Jahr 2015, spielt jedenfalls im Jahr 1630 und begleitet eine Pilgerfamilie, die nachdem sie von ihrer Gemeinde verstoßen wurde, versucht sich am Rande eines Waldes in Neuengland ein neues Leben aufzubauen. Dieses scheint jedoch unter keinem guten Stern zu stehen. Zuerst verschwindet der jüngste Spross, das Baby Samuel, spurlos. Dann verfault die Maisernte und die Familie steht plötzlich vor den Trümmern ihrer Existenz. Hat Gott sie verlassen? Oder ist doch eine im Wald lebende Hexe für das Unglück verantwortlich, wie die jungen Zwillinge behaupten?

The Witch ist ein düsterer Hybrid aus Horror, Historical Period Drama und psychologischer Auseinandersetzung mit Familienbildern, paganer und christlicher Religiosität. Ein Film, der zwischen den Stühlen sitzt und vielleicht gerade deswegen ein Horrorfilm, der dir gefallen könnte, Johannes. Hat er das denn?

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Episode 62: 101 Dalmatiner und das Silver Age des Disney Zeichentrickfilms

Endlich ein Disney-Classic! Oder gehört 101 Dalmatiner aus dem Jahr 1961 überhaupt zu den Disney-Klassikern? Damals läutete dieser Film eine neue Ära ein, heute wird er oft in einem Atemzug mit Dumbo, Pinocchio und Peter Pan genannt.

Doch bevor wir uns um die Umstände seiner Entstehung und seiner Einordnung kümmern ein kurzer Abriss der Story: Der Dalmatiner Pongo lebt bei seinem Haustier Roger, einem Menschen, in einem Dachgeschoss Apartment London. Pongo schaut mitleidvoll auf Roger der noch keine Lebensgefährtin hat und beschließt kurzerhand sich darum zu kümmern. Vielleicht auch weil er sich hals über Kopf in eine Dalmatinerdame verliebt hat. Man könnte meinen der Film kreise um die Eroberung der Herzensdame, aber die Annäherung geht recht schnell und wir springen in der Zeit nach vorn.
Pongo und Perdita erwarten Welpen, wovon Cruella DeVille, eine alte Schulfreundin von Anita, Wind bekommt und die kleinen kaufen will. Als ihr der Kauf versagt bleibt, beschließt sie, sie einfach zu stehlen, sobald sie ihre Punkte im Fell entwickelt haben, um einen Fellmantel daraus machen zu lassen. Natürlich lassen sich die beiden Eltern es nicht bieten und eilen ihren Welpen zur Rettung. Schlussendlich retten sie allerdings nicht nur ihre eigenen Kinder, sondern insgesamt 99 Dalmatinerwelpen, die alle dem kruden Modegeschmack unserer Schurkin zum Opfer fallen sollten.

Plor, gehört der Film zu den Disney-Classics oder ist er der Beginn des Abstiegs Disneys in die mageren Jahre?

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Episode 61: Arizona Junior und das Kino der Coen Brothers

Die Brüder Joe und Ethan Coen gehören zu den renommiertesten Regisseuren Amerikas. Seit mittlerweile über 30 Jahren drehen sie Filme, die sich dezidiert mit den Glanz- vor allem aber auch Schattenseiten des Landes der unbegrenzten Unmöglichkeiten auseinandersetzen. Bei der Frage nach dem besten Film des Paares hat wohl jeder eine andere Antwort: Der frostige und zugleich humanistische Thriller Fargo? Die surreale Groteske Barton Fink? Die Neowestern Actiondekonstruktion No Country for old Men? Die Stoner-Komödie The Big Lebowski? Aber kaum jemand denkt dabei an ihren zweiten Spielfilm Raising Arizona aus dem Jahr 1987, der in Deutschland unter dem Titel Arizona Junior veröffentlicht wurde.

Zeit diesem surrealen Komödienkleinod ein wenig Gerechtigkeit zukommen zu lassen.

Im Mittelpunkt stehen der Kleinkriminelle H.I. und die Polizistin Ed, die sich bei H.I.s zahlreichen Mugshots ineinander verlieben und schließlich heiraten. HI beschließt seine kriminelle Karriere hinter sich zu lassen und eine Familie zu gründen, jedoch wird die junge Ehe davon getrübt, dass Ed keine Kinder kriegen kann. Auch eine Adoption ist wegen H.I.s Vorleben unmöglich. Und so beschließen die beiden das Familienglück in die eigene Hand zu nehmen. Der erfolgreiche Möbelmogul Nathan Arizona wurde gerade mit Fünflingen bedacht. Mehr Babys als er brauchen kann, da wird er es doch verschmerzen können, wenn eines fehlt. Und so entführen Ed und H.I. Nathan Junior, um ihn als ihren eigenen Sohn großzuziehen. Sie ahnen nicht, welche Kette bizarrer Ereignisse sie damit in Gang setzen.

Raising Arizona ist eine wilde und absurde Komödie… und doch so viel mehr: Klein- und Großkriminelle mit dem Herz am rechten Fleck, wohlsituierte Bürger, die dem Wahnsinn anheim gefallen sind, ein US Bundesstaat, in dem jeder Bewaffnet ist und keine Scheu hat wild um sich zu schießen, ein fucking Reiter der Apokalypse und dazwischen Freude Schöner Götterfunken als Blue Grass Hymne. Arizona Junior ist ein kapitalismus- und gesellschaftskritisches Redneck-Märchen, eine tiefenpsychologische Auseinandersetzung mit Familie, Bürgerlichkeit und Antibürgerlichkeit, sowie eine gehässige Satire auf den amerikanischen Traum. Deutlich weiser und tiefgründiger, als er auf den ersten Blick vermuten lässt, deutlich mehr Konzept als die irre und durchgedrehte Fassade vermuten lässt. Oder wie siehst du das, Johannes?

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Episode 59: Murder by Death

Murder by Death aus dem Jahr 1976 ist eine Abrechnung: Mit Agatha Christie, mit Dashiell Hammett und mit Earl Derr Biggers – aber auch einfach allgemein mit dem “who done it”-Film, also mit Filmen in denen es darum geht einen Mord zu klären und wir mitraten dürfen wer es war.

Fünf berühmte Detektive treffen in einem alten Herrenhaus aufeinander und sollen einen Mord der erst noch geschehen soll untersuchen und den Mörder finden um ihre Ehre als beste Ermittler der Welt zu verteidigen. Dabei sind die fünf Figuren echten Romanfiguren nachempfunden.

Der Drehbuchautor schaut mit einem bösen aber auch einem liebenden Auge auf seine Detective-Abziehbilder, die alle Klischees bedienen dürfen und leider auch die rassistischen, sexistischen und homophoben Klischees, zwar auf die Schippe nehmen, aber eben auch affirmieren.
Oder was meinst du Plor?

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Episode 58: Moonlight

Moonlight von Barry Jenkins aus dem Jahr 2016 ist ein Triptychon, das aus drei Episoden aus dem Leben des schwarzen Homosexuellen Chiron in den 80er und 90er Jahren des 20. Jahrhunderts erzählt. Ein Triptychon, bestehend aus drei Episoden, die allerdings von einem zentralen Handlungspunkt zusammengehalten werden: Dem Strand Miamis.

Drei Schlüsselszenen sind es, die an diesem Strand spielen und dem Leben Chirons, dem Protagonisten dieses ebenso fantastischen wie zersplitterten Films eine klare Kontur geben. Am Strand lernt „Little“ Chiron (Alex R. Hibbert) von seinem Ersatzvater, dem Drogenhändler Juan als Zehnjähriger das Schwimmen. Am Strand macht der sechzehnjährige Chiron (Ashton Sanders) seine ersten sexuellen Erfahrungen. Und ein Strand ist es, den wir auch in der letzten Szene noch einmal sehen, noch einmal im Blick des erwachsenen Chiron (Trevante Rhodes), durch die Augen des Kindes, hinaus ins Meer und schließlich zu uns Zuschauern. Der Strand ist in Moonlight immer Sehnsuchtsfläche und Hoffnungsschimmer, in einem Film der sonst schweren emotionalen Ballast mit sich herumträgt: Es geht um eine zerbrochene Kindheit, um Außenseitertum, um frühen Kontakt mit dem was Drogen mit Menschen machen können. Es geht um Gewalterfahrung, Mobbing, darum keinen Platz in der Gesellschaft zu finden.

Und so scheint sich der Film im ständigen Zwiespalt zu befinden: Poesie oder Realismus? Hoffnungsloses Gesellschaftsporträt oder magische Coming of Age Geschichte? Selbstverlust, Selbstbehauptung, Selbstfindung? Pessimismus oder Optimismus?

Was hat bei dir denn überwogen, Johannes?

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Episode 57: City Lights – Die Lichter der Großstadt und Charlie Chaplin

Charlie Chaplin darf sich in City Lights aus dem Jahr 1931 als der mittellose Tramp in ein blindes Blumenmädchen aus ärmlichen Verhältnissen verlieben. Dieses hält ihn für einen eleganten reichen Typen, kein Wunder, besucht er sie doch immer wieder, bringt ihr Geldgeschenke und Essen und bezahlt schließlich sogar ihre Augenoperation. Woher der Tramp das Geld hat? Von einem betrunkenen reichen Taugenichts, der ihn nur unter Einfluss von Alkohol als besten Freund erkennt, dann aber für ihn Partys schmeißt und ihn reich beschenkt.

Das beste von Chaplin in einem Film: Slapstick, Romantik und …Ach überhaupt alles was das Genius von Chaplin ausmacht. Plor im Vergleich zu Monsieur Verdoux vom letzten Mal; wieviel Genius siehst du in diesem Film? Bitte beachte, dass die richtige Antwort “100% Genius und kein einziger Punktabzug, weil perfekter Film” ist, und wir uns prügeln müssen wenn du es wagst eine andere Meinung zu haben.

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Episode 55: Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)

Riggan Thomsons Ruhm verschwindet langsam in der Versenkung. Immer wieder macht er sich Vorwürfe, seine große Erfolgsrolle des Birdman abgegeben zu haben. Beziehungsweise eigentlich beschwert sich Birdman, der Riggan immer wieder in Visionen erscheint. Meist nur als Stimme, aber einmal auch in full flesh und in full costume mit riesigen Schwingen.

Riggan Thomson will etwas von Bedeutung schaffen: Eine Theateradaption einer Kurzgeschichte am Broadway. Er gibt alles was er emotional und finanziell zu bieten hat in dieses Projekt.

Birdman aus dem Jahr 2014 besteht aus einem einzigen zweistündigen Shot (zumindest will er so wirken), ein Film über Theater und Filmbusiness, über Fanservice versus Kunst, ein Film über Ambitionen und ein Film übers Scheitern.

Apropos Scheitern… Plor, Alejandro Iñárritu wirkt mit dem Projekt schon ein wenig größenwahnsinnig. Scheitert er? Oder hält er alles in der Waage, ohne dass der Film kippt?

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