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Kategorie: Mystery

Episode 127: The Maltese Falcon und der Film Noir

Wir sprechen über „The Maltese Falcon“ alias „Die Spur des Falken“ aus dem Jahr 1941, der gemeinhin als der erste Film Noir der Geschichte gilt. In Film wie in Genre geht es um den archetypischen hardboiled Detective, der auf eine ebenso archetypische Femme Fatale und ebenso archetypische Schurken trifft. Inszeniert wird das Ganze in gediegenen Schwarzweiß-Bildern mit akzentuiertem Licht und viel Schatten, garniert mit einer pessimistischen und misanthropischen Weltsicht.

Was kann uns Humphrey Bogart als knochentrockener Detektiv heute noch geben? Ist der Film ein Relikt seiner Zeit? Heute vielleicht sogar unfreiwillig komisch? Oder kann er mehr?

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Episode 110: Teorema von Pier Paolo Pasolini – Kunstkacke oder rätselhaftes Meisterwerk?

Pier Paolo Pasolini gilt als einer der widersprüchlichsten und kontroversesten Regisseure des 20. Jahrhunderts. Vom Schriftstellertum kommend entdeckte er in den 60er Jahren den Film, drehte einige Werke im Geist des italienischen Neorealismus, um dann seine ganz eigene Vision eines sozialkritischen, marxistischen Kinos zu entwickeln: In diesem ist Jesus ein Subproletarier, wird die sexuelle Entgleisung eines Marquis de Sade mit dem Faschismus der Moderne in Zusammenhang gebracht und – wie in Teorema aus dem Jahr 1968 – wird eine Kritik des Bürgertums anhand der Feiler Erotik, Liebe und Spiritualität entworfen:

Ein einfacher, handgeschriebener Zettel, überbracht von einem engelsgleichen Postboten kündigt von der Ankunft eines Besuchers. Dieser wird von der prototypischen großbürgerlichen Familie, die im Zentrum von Teorema steht, in Empfang genommen und bewirtet: Nach und nach erliegen sie alle seinem Charme (und seinem Schritt): Magd, Mutter, Sohn, Tochter und Vater. Und jeder macht in den anschließenden sexuellen Begegnungen eine Entwicklung durch: Die Magd entdeckt die Spiritualität und zieht zurück aufs Land, die Mutter erlebt einen zweiten sexuellen Frühling, der Sohn kann sich endlich seiner Homosexualität und unterdrückten künstlerischen Ader stellen. Die Tochter wird erwachsen und katatonisch und der Vater lässt alle bürgerlichen Statussymbole hinter sich.

Teorema lässt viel Raum für Interpretation. Ist hermetisch, kryptisch und schreit geradezu nach einer hermeneutischen Analyse, die Pasolinis ambivalentes Leben, Verhältnis zum Bürgertum, Sozialismus, Staat und Religion einschließt…

…Aber wir wollen hier ja auch ein bisschen Spaß haben. Also Johannes: Wenn du von einem gottgleichen Jüngling nochmal komplett aus der Spur gerissen wirst, wohin soll die Reise gehen? In die abstrakte Kunst? In die Arme zahlloser junger Männer? In die Katatonie? Als Wunderheiler aufs Land? Oder doch lieber nackt schreiend in die Wüste?

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Episode 108: Fight Club – Toxic Masculinity, Midlife Crisis und Faschismus

David Finchers Fight Club aus dem Jahr 1999 ist eine Verfilmung von Chuck Palahniuks gleichnamigem Roman aus dem Jahr 1996.

Im Mittelpunkt steht ein namenloser, ungefähr 30jähriger Protagonist, der die Leere in seinem Leben durch Konsum und den Besuch diverser Selbsthilfegruppen zu füllen versucht. Auf einer Geschäftsreise lernt er im Flugzeug den Seifenverkäufer Tyler Durden kennen und fühlt sich von dessen anarchischer Lebensweise magisch angezogen. Gemeinsam gründen sie den Fight Club, einen Ort im Untergrund, an dem Männer noch Männer sein und sich gegenseitig die Fresse einschlagen dürfen. Doch schon bald muss unser Protagonist feststellen, dass Tyler Durdens Ambitionen deutlich weiter gehen, als bloß einen Ort für Hinterhofschlägereien zu verwalten.

Also dann: Stylishe Action, eine bizarre Geschichte mit komplexem Subtext, Basic CGI, Konsumkritik, Bullet Time Sex und ein Electroscore von den Dust Brothers. Also wenn das nicht End-90er ist, dann weiß ich es auch nicht. Anyway, Johannes, gegen wen würdest du denn gerne kämpfen?

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Episode 100: Jubiläum mit Citizen Kane… dem besten Film aller Zeiten?

Hollywood 1940: Gefeiert für seine Theaterinszenierungen und Hörspiele und mit einer Carde Blanche seines Studios ausgestattet dreht der gerade mal 25jährige Orson Welles das fiktive Biopic Citizen Kane. Der Rest ist Geschichte: Wegen seiner eindeutigen Referenz auf den Mogul William Randolph Hearst wird der Film von dessen Medienimperium ignoriert und boykottiert. Erst später erfährt er peu à peu die Gerechtigkeit die er verdient: Zahllose Lobpreisungen, Auszeichnungen, ein Ehrenoscar für Orson Welles 1971, Aufnahme in den Filmkanon und dort wird er ganz nach oben gespült, bis er den berüchtigten Ruf hat, der beste Film aller Zeiten zu sein.

Dabei erleben wir hier doch eine recht simple Geschichte: Aufstieg und Fall des Charles Forster Kane. Als Erbe eines gigantischen Fonts und mit wenig Interesse für Wirtschaft und Industrie baut er mit der Tageszeitung Inquirer ein Medienimperium auf, heiratet zweimal, baut seiner zweiten Frau ein Opernhaus und schließlich einen gigantischen Palast im nirgendwo. Und dennoch scheint er in seinem Leben kein Glück gefunden zu haben, was seine letzten, voll Bedauern ausgesprochenen Worte “Rosebud” allzu deutlich machen. Die Handlung des Films selbst ist dann auch nicht mehr als die Jagd eines Reporters nach dem Sinn dieser Worte mit der Hoffnung, dadurch den Bürger Kane verstehen zu können.

Also wie kommen wir ran an das vermeintliche oder echte Meisterwerk? Versuchen wir es mal so: Johannes, du hast endlich deinen Lehrstuhl an einer der renommiertesten Filmschulen des Landes erhalten. Was aus Citizen Kane nimmst du mit für deine erste Vorlesung?

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Episode 89: Letztes Jahr in Marienbad – Auf der Suche nach dem Sinn im Surrealismus

Letztes Jahr in Marienbad aus dem Jahre 1961 von Alain Resnais ist schwer in kurze Worte zu fassen.

Worum, geht es in diesem Film?

Auf dem Papier ist die Story sehr simpel. Ein Mann versucht in einem mondänen Hotel eine Frau davon zu überzeugen, dass sie sich letztes Jahr kennengelernt und geliebt haben. Ob er ihr in der Erinnerung auf die Sprünge helfen kann, bleibt offen. 1,5 Stunden lang.

Wenn man die Frage “Worum geht es in diesem Film?” jedoch ernsthaft beantworten möchte, gerät man unweigerlich ins straucheln. Die Dialoge und Monologe des Films scheinen nicht den wesentlichen Teil der Handlung zu tragen. Vielleicht nichtmal die handelnden Figuren. Es ist eher die Art der Inszenierung, der Erzählung, wenn man sie so nennen will.

Soweit mein Gestrauchel. Plor, worum geht es in diesem Film?

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Episode 87: Scared Stiff – Dean Martin und Jerry Lewis sind starr vor Angst

Jerry Lewis und Dean Martin. Eines DER Duos der 40er und 50er Jahre. Zusammen haben sie siebzehn Komödien gedreht und eine riesige Fangemeinde bis heute hinter sich versammelt, wobei Dean Martin gefühlt fast immer der Salonsänger und Jerry Lewis immer der tolpatschige Antiheld war.

In Scared Stiff aus dem Jahr 1953 muss Dean Martin wegen einer Verwechslung vor der Verfolgung durch die Polizei flüchten und hängt sich an eine zufälligerweise sehr schöne Frau, die ihm auch noch sehr gewogen ist. Gemeinsam mit Jerry Lewis flüchten die drei nach Cuba, wo sie eine Insel besitzt auf der ein Spukschloss steht, das natürlich für Gruselmomente sorgen soll.

Plor. Hat es dich gegruselt? Und wenn ja, dann der spannungsvollen Inszenierung wegen, oder wegen der Einfallslosen Slapstikeinlagen und der Stereotype deren sich der Film bedient?

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Episode 81: Charade – die perfekte Melange aus Screwball und Thriller?

Plor, ich bin schwer enttäuscht, dass du diesen Film noch nicht kanntest. Dieser Film hätte von dir kommen müssen, nicht von mir.
Dieser Kriminalfilm aus dem Jahre 1963 hat keine Johannes-Typischen Tanzeinlagen.
Diese Liebeskomödie mit Cary Grant und Audrey Hepburn hat keine schnellen Dialoge die mit ihrem Wortwitz über eine dürftige Handlung hinwegtäuschen wollen.

In diesem Thriller von Stanley Donen singt niemand aus heiterem Himmel los und alle machen mit.
In diesem Agentenfilm werden keine 1000 Taschen verwechselt, er ist nicht in schwarz/weiß, kein Slapstick-duo stolpert sich durch den Film und er ist auch nicht von Wes Anderson.

In diesem Film wird ein Mann ermordet, dessen Frau daraufhin von 3, nein 4, nein 5 zwielichtigen Gestalten heimgesucht wird, um sie um das Vermögen des verstorbenen Mannes zu erleichtern. Das klingt doch nach Hitchcock! Das klingt doch nach einem Plorfilm, wenn es schon Hollywood der 60er sein muss!
Plor, wie konnte dieser Film an dir vorüber gehen?

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Episode 66: Das Fenster zum Hof – Alfred Hitchcock und der Voyeurismus

Mit gebrochenem Bein muss der Fotograf Jeff in seinem Hinterhofappartment der Langeweile trotzen und einen Weg finden sich zu beschäftigen, während er sehnsüchtig den Tag erwartet, an dem sein Gips abgenommen werden soll. Eine Woche noch. Dann ist es geschafft.
Aber was macht man mit so einer Woche?

Jeff beschließt seine Nachbarn zu bespitzeln, die wegen einer Hitzewelle alle Fenster weit offen stehen lassen. Und damit Einblicke geben in ihr mehr oder weniger spannendes Leben.
Besonders bei einem Nachbarn wird Jeff im Zuge seiner Beobachtungen misstrauisch. Hat der Typ etwa seine Frau umgebracht? Jeff steigert sich in diesen Gedanken und zieht seine Freundin und einen befreundeten Detective mit in die Sache rein.

Die ganze Zeit sieht man Jeff am Fenster sitzen das nicht zufällig Cinemascope-Format hat. Er schaut wie auf eine Leinwand ins leben der anderen. Ist „Rear Window“ in Deutschland bekannt als „Das Fenster zum Hof“ aus dem Jahr 1954 etwa ein Film über das Filmemachen? Was meinst du Plor?

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Episode 63: The Witch – Historizität und Post Horror

Es war einmal… oder? So beginnen doch die klassischen Märchen, die von Hexen und Waldgeistern handeln. Also… Es war einmal ein junger Regisseur namens Robert Eggers, der bei seinem filmischen Debüt persönliche Ängste seiner Kindheit in einem Horrorfilm verarbeiten wollte. Vielleicht war auch einmal ein ambitionierter Regisseur namens Robert Eggers, der vorhatte, ein historisch akkurates Porträt der Pilger- und Puritanerzeit zu gestalten. Oder da war ein spezieller Regisseur namens Robert Eggers, der an düsteren Familiendramen mit tiefenpsychologischem Subtext interessiert war. So ganz lässt sich das nicht auseinanderklamüstern…

Der Debütfilm jenes Robert Eggers, der alle drei Personen in sich vereint, The Witch aus dem Jahr 2015, spielt jedenfalls im Jahr 1630 und begleitet eine Pilgerfamilie, die nachdem sie von ihrer Gemeinde verstoßen wurde, versucht sich am Rande eines Waldes in Neuengland ein neues Leben aufzubauen. Dieses scheint jedoch unter keinem guten Stern zu stehen. Zuerst verschwindet der jüngste Spross, das Baby Samuel, spurlos. Dann verfault die Maisernte und die Familie steht plötzlich vor den Trümmern ihrer Existenz. Hat Gott sie verlassen? Oder ist doch eine im Wald lebende Hexe für das Unglück verantwortlich, wie die jungen Zwillinge behaupten?

The Witch ist ein düsterer Hybrid aus Horror, Historical Period Drama und psychologischer Auseinandersetzung mit Familienbildern, paganer und christlicher Religiosität. Ein Film, der zwischen den Stühlen sitzt und vielleicht gerade deswegen ein Horrorfilm, der dir gefallen könnte, Johannes. Hat er das denn?

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Episode 41: Inland Empire

David Lynch… achja, David Lynch. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll: Meine erste surreale Filmliebe. Ich war wahrscheinlich 16, als ich zum ersten Mal Lost Highway gesehen habe. Und natürlich habe ich nicht verstanden, was da auf dem Bildschirm vor sich geht. Muss man bei Lynch auch gar nicht, und sollte man wahrscheinlich auch nicht. David Lynchs große surrealen Filme funktionieren nämlich trotz ihres akademischen, experimentellen Gestus vor allem als emotionale Filme, die Unterhaltung und Arthaus, traditionelles Kino und Experiment miteinander verbinden. Sie bedienen sich beim Pulp, beim Mystery, beim Film Noir, beim Horror, beim Thriller und bei der Erotik und zerfransen und zerfasern sich dann aber so, dass sie im Gegensatz zu den traditionellen Genrefilmen keine kohärente Handlung mehr besitzen. Sie sind Puzzles, die nicht gelöst werden können, nicht gelöst werden wollen. Cineastische Möbiusbänder, auf Zelluloid gebannte Paradoxien. Aber eben auch verflucht unterhaltsame Trips ins Unterbewusstsein. Kein Wunder, dass Lynch als der Mainstreamigste unter den Experimentalfilmern gilt… oder eben auch der experimentellste unter den Mainstream-Regisseuren, je nachdem aus welcher Richtung man kommt.

Dennoch ist sein letzter Langfilm Inland Empire aus dem Jahr 2006 harter Tobak. Wahrscheinlich sein experimentellster und dekonstruktivistischster Film seit seinem Debüt Eraserhead. Zu Gunsten des Spiels mit der damals noch jungen digitalen Videotechnik verzichtet Lynch größtenteils auf die von ihm sonst bekannten düsteren Hochglanzbilder und erzählt in dreckigen, überbelichteten, unterbelichteten, mit dem Look & Feel von homemade Amateurfilmen spielenden Sequenzen die Geschichte von einer Frau in Nöten. So beschreibt er selbst zumindest den Film in einem Satz. Und den Rest sollen wir uns selbst zusammenreimen.

Also dann… ohne groß auf den Inhalt einzugehen und dich möglicherweise zu sehr zu beeinflussen, Johannes. Lass uns ein wenig puzzlen. Lass uns herausfinden, worum es in diesem improvisierten Patchwork-Film geht.

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